BFH Beschluss v. - I B 211/07

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; Fragen des innerkirchlichen Rechts sind im Revisionsverfahren nicht klärungsfähig

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2, FGO § 116 Abs. 3, KiStG Bayern Art. 2

Instanzenzug:

Gründe

I. Streitpunkt ist, ob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) als Angehöriger der Maronitischen Kirche kirchensteuerpflichtig ist.

Der Kläger wohnte in den Streitjahren 1997 bis 2000 im Territorium der katholischen Diözese X und gehörte in diesem Zeitraum der Maronitischen Kirche an. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Kirchensteueramt) setzte gegen den Kläger für die Streitjahre Kirchensteuer fest. Es holte im Einspruchsverfahren ein Gutachten zur Zugehörigkeit der Maronitischen Kirche zur Katholischen Gesamtkirche ein und wies den Rechtsbehelf zurück. Die dagegen gerichtete Klage hat das abgewiesen, nachdem es einem mit Reiseunfähigkeit des Prozessbevollmächtigten begründeten Terminsverlegungsantrag des Klägers zurückgewiesen hatte und für den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen war.

Der Kläger beantragt mit seiner Beschwerde die Zulassung der Revision gegen das FG-Urteil und begründet sein Begehren mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und mit Verfahrensfehlern des FG.

Das Kirchensteueramt beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

1. Der Kläger hat den geltend gemachten Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht hinreichend dargetan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

a) Zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsache muss der Beschwerdeführer zunächst eine für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen. Erforderlich ist des Weiteren ein konkreter und substantiierter Vortrag, aus welchen Gründen im Einzelnen die Klärung durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625; vom VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890; vom VIII B 50/98, BFH/NV 1999, 1220). Darüber hinaus sind Darlegungen dazu erforderlich, aus welchen Gründen die Rechtsfrage streitig ist, was wiederum ggf. eine Auseinandersetzung mit den in Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage vertretenen Auffassungen gebietet (BFH-Beschlüsse vom XI B 67/06, BFH/NV 2006, 2076; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N.).

b) Dem werden die Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger stellt es darin ganz allgemein als klärungsbedürftig dar, ob ein Angehöriger der Maronitischen Kirche durch seinen Wohnsitz im Territorium der Diözese X dieser gegenüber kirchensteuerpflichtig ist. Er beachtet dabei indes nicht, dass nach der in den Entscheidungsgründen des FG-Urteils in Bezug genommenen Einspruchsentscheidung des Kirchensteueramts die Kirchensteuerpflicht des Klägers aus dem Zusammenspiel mehrerer Normen abzuleiten ist und sich in diesem Zusammenhang eine Vielzahl verschiedener Rechtsfragen stellt. So wird zunächst aus Art. 2 des in Bayern geltenden Gesetzes über die Erhebung von Steuern durch Kirchen, Religions- und weltanschauliche Gemeinschaften (Kirchensteuergesetz) vom (Gesetz und Verordnungsblatt —GVBl— 1994, 1026) der Grundsatz abgeleitet, dass es für die die Kirchensteuerpflicht auslösende Kirchenzugehörigkeit auf das innerkirchliche Recht ankomme. Sodann wird unter Bezugnahme auf einschlägige Literaturstellen und das vom Kirchensteueramt eingeholte Sachverständigengutachten ausgeführt, dass die Maronitische Kirche als eine der 21 katholischen Ostkirchen trotz ihrer Selbstverwaltung und der Pflege eines eigenständigen Ritus´ Teil der Katholischen Gesamtkirche sei und dass die in Bayern —wo kein Jurisdiktionsbezirk der Maronitischen Kirche bestehe— lebenden Maroniten nach dem Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium (CCEO) dem jeweiligem lateinischen katholischen Bischof —der auch für die Gläubigen einer anderen Katholischen Kirche Sorge zu tragen habe— als Ersatzhierarchen und eigenem Oberhirten unterständen.

Welche der sich in diesem Zusammenhang stellenden Rechtsfragen nach Auffassung des Klägers vom FG unrichtig beantwortet und überdies von grundsätzlicher Bedeutung sein sollen, ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Soweit es dort heißt, entgegen der Auffassung des FG seien die Maroniten nicht in die für den Wohnsitz zuständige Diözese eingegliedert, ist nicht ersichtlich, dass es sich hierbei um eine Rechts- und nicht um eine Tatsachenfrage handelt. Überdies fehlt in der Beschwerdebegründung jegliche inhaltliche Befassung mit dem vom Kirchensteueramt eingeholten Gutachten und sonstiger einschlägiger Literatur.

Schließlich wären die mit dem innerkirchlichen Recht zusammenhängenden Fragen in einem Revisionsverfahren ohnehin nicht klärungsfähig. Denn der Senat wäre gemäß § 118 Abs. 2 FGO an die diesbezüglichen Feststellungen des FG wie an Tatsachenfeststellungen gebunden, weil es sich bei den innerkirchlichen Rechtssetzungsakten weder um Bundesrecht noch um nach § 118 Abs. 1 Satz 2 FGO revisibles Landesrecht handelt (, BFHE 172, 570, BStBl II 1994, 253; vom I R 85/03, BFHE 210, 573, BStBl II 2006, 139; vom I R 63/02, BFH/NV 2004, 814).

2. Eine Revisionszulassung aufgrund der Verfahrensrügen des Klägers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) ist nicht geboten.

a) Der Kläger bemängelt, das FG-Urteil sei nicht hinreichend begründet worden, weil es in den Entscheidungsgründen lediglich auf die Einspruchsentscheidung des Kirchensteueramts Bezug nehme und sich nicht mit seinem Einwand befasse, der Diözesanbischof trage entgegen seiner kirchenrechtlichen Verpflichtung weder durch Priester noch durch Personalpfarreien des maronitischen Ritus´ Sorge für die Maroniten, so dass mangels des Angebots einer Gegenleistung eine Kirchensteuerpflicht nicht bestehen könne. Die Rüge bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.

aa) Das FG durfte sich gemäß § 105 Abs. 5 FGO in den Entscheidungsgründen auf die Feststellung beschränken, dass es der Einspruchsentscheidung des Kirchensteueramts folgt.

bb) Es bedarf keiner Entscheidung, ob das FG dadurch, dass es sich mit dem Einwand des Klägers nicht befasst hat, der Diözesanbischof sei seinen kirchenrechtlichen Verpflichtungen gegenüber den Maroniten nicht nachgekommen, dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) verletzt hat. Denn selbst dann, wenn das FG-Urteil insoweit als i.S. von § 119 Nr. 6 FGO nicht mit Gründen versehen anzusehen wäre (dazu näher Senatsbeschluss vom I R 136/76, BFHE 121, 298, BStBl II 1977, 351; , BFH/NV 2002, 1485), könnte dies in einem Revisionsverfahren nicht zur Aufhebung und Zurückverweisung führen. Denn der übergangene Einwand des Klägers ist zur Begründung des Klageanspruchs ungeeignet (vgl. , BFHE 95, 529, BStBl II 1969, 492; vom I R 80/99, BFH/NV 2001, 1277; , BFH/NV 1988, 35). Steuern —auch Kirchensteuern— sind gemäß § 3 Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzlich als Abgaben definiert, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen. Ihre Zahlung kann deshalb prinzipiell nicht wegen einer unterbliebenen oder schlecht erfüllten „Gegenleistung” der steuererhebenden Körperschaft verweigert werden (Senatsbeschluss vom I B 147/06, BFH/NV 2007, 1710).

b) Das FG hat nicht dadurch den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, dass es dessen am eingegangenen Antrag auf Verlegung des auf den anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung nicht entsprochen und im Termin trotz Abwesenheit seines Prozessbevollmächtigten die Klage abgewiesen hat. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hatte gegenüber dem FG vor der Durchführung des Termins keine erheblichen, zur Terminsaufhebung zwingenden Gründe i.S. von § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung dargelegt und glaubhaft gemacht. Ein solcher erheblicher Grund liegt zwar regelmäßig bei einer plötzlichen und nicht vorhersehbaren Erkrankung vor, die den Beteiligten oder dessen Prozessbevollmächtigten an der Wahrnehmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung hindert. Wird ein Antrag auf Terminsverlegung jedoch erst kurz vor dem anberaumten Termin gestellt und mit einer plötzlichen Erkrankung begründet, obliegt es dem Beteiligten, die Gründe für die Verhinderung so darzulegen und zu untermauern, dass das Gericht die Frage, ob die betreffende Person verhandlungs- und reiseunfähig ist oder nicht, selbst beurteilen kann. Ein für diesen Zweck vorgelegtes privatärztliches Attest muss deshalb die Verhandlungsunfähigkeit eindeutig und nachvollziehbar beschreiben (ständige BFH-Rechtsprechung, z.B. Beschlüsse vom VII B 7/04, BFH/NV 2005, 64; vom II B 47/04, BFH/NV 2005, 2041; Senatsbeschluss vom I B 54/06, juris).

Diesen Voraussetzungen genügt die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers am per Telefax an das FG übersandte privatärztliche Bescheinigung vom nicht. Darin wird lediglich die Reiseunfähigkeit des Prozessbevollmächtigten für „voraussichtlich 1 Woche” wegen „Erkrankung” bescheinigt. Für das FG ergab sich aus dieser pauschalen Angabe kein hinreichend konkretes Bild über die Intensität der Erkrankung und deren Einfluss auf die Reise- und Verhandlungsfähigkeit des Prozessbevollmächtigten. Trotz des noch am Vormittag des per Telefax an den Prozessbevollmächtigten übermittelten richterlichen Hinweises auf die Unzulänglichkeit der vorgelegten Bescheinigung hat der Prozessbevollmächtigte es versäumt, bis zu der am auf 12.00 Uhr terminierten Verhandlung die Verlegungsgründe weiter zu konkretisieren und glaubhaft zu machen.

Fundstelle(n):
DAAAC-87971