Gleich lautender Ländererlass BStBl 2008 I S. 730

Anwendungsfragen zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach§ 8 Nr. 1 GewStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom (BGBl. 2007 I S. 1912, BStBl 2007 I S. 630)

Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurden u. a. die bisherigen Regelungen in § 8 Nr. 1 bis 3 und 7 GewStG a. F. zur Hinzurechnung von Entgelten für die Nutzung von Betriebskapital durch die Regelung des § 8 Nr. 1 GewStG ersetzt. Die Änderungen sind erstmals für den Erhebungszeitraum 2008 anzuwenden (§ 36 Abs. 5a GewStG). Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind bei der Anwendung des § 8 Nr. 1 GewStG auch nachfolgende Grundsätze zu beachten:

I. Allgemeine Hinweise

1. Allgemeine Grundsätze zur Anwendung bestehender Richtlinien zu § 8 GewStG

1Die Grundsätze der Gewerbesteuer-Richtlinien 1998 (GewStR 1998) und der Rechtsprechung zu § 8 Nr. 1 bis 3 und 7 GewStG a. F. sind bei der Auslegung des § 8 Nr. 1 GewStG unter Berücksichtigung der Neuregelungen sinngemäß weiter anzuwenden. So sind beispielsweise die Grundsätze des Abschn. 46 GewStR 1998 bei der Frage, ob ein Entgelt für eine Schuld vorliegt, weiter zu berücksichtigen. Musste bisher z. B. eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG a. F. nur deshalb unterbleiben, weil eine Verbindlichkeit des laufenden Geschäftsverkehrs vorlag, so kommt es ab dem Erhebungszeitraum 2008 zu einer Hinzurechnung, da dieses Ausschlusskriterium für die Hinzurechnung weggefallen ist. Entsprechendes gilt, wenn nach den Richtlinien bzw der BFH-Rechtsprechung eine Hinzurechnung von Mieten und Pachten unterblieben ist, weil es sich um Mieten oder Pachten von Grundbesitz handelte und solche Aufwendungen – im Gegensatz zu § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG – nach dem § 8 Nr. 7 GewStG a. F. nicht hinzurechnungsrelevant waren.

2. Hinzurechnung von gewinnmindernden Aufwendungen

2Hinzugerechnet werden nach § 8 Nr. 1 GewStG vorbehaltlich des § 8 Nr. 1 Buchstabe a Satz 3 GewStG nur die Beträge, die bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Maßgebend ist die Gewinnermittlung des Steuergegenstands (des Unternehmens) im Sinne des § 2 Abs. 1 bis 3 GewStG. Deshalb unterliegen Sondervergütungen eines Mitunternehmers im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG weiterhin nicht der Hinzurechnung. Dies gilt auch für Gewinnanteile eines atypisch stillen Gesellschafters (vgl. Abschn. 50 Abs. 3 GewStR 1998).

3Aufwendungen, die bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt wurden und Bestandteil von vertraglichen Gestaltungen sind, z. B. von Umlageverträgen bei verbundenen Unternehmen, sind unabhängig von dieser rechtlichen Gestaltung hinzuzurechnen, wenn sie ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach die einzelnen Tatbestände des § 8 Nr. 1 GewStG erfüllen.

4Für die Unternehmen in einem Organkreis wird der Gewerbeertrag weiterhin jeweils gesondert ermittelt. Zur Vermeidung einer doppelten Belastung aus einer Hinzurechnung sind auch künftig die Grundsätze des Abschn. 41 GewStR 1998 zu beachten.

3. Hinzurechnung unabhängig von der gewerbesteuerlichen Behandlung beim Überlasser des Betriebskapitals

5Die Hinzurechnung der Nutzungsentgelte für das dem Betrieb überlassene Geld- und Sachkapital (Betriebskapital) nach § 8 Nr. 1 GewStG ist unabhängig davon vorzunehmen, ob die Beträge beim Überlasser des Betriebskapitals der Gewerbesteuer unterliegen oder nicht. Damit unterliegen insbesondere auch die bei einer Betriebsaufspaltung vom Betriebsunternehmen an das Besitzunternehmen gezahlten Nutzungsentgelte für überlassenes Betriebskapital beim Betriebsunternehmen nach den Grundsätzen des § 8 Nr. 1 GewStG der Hinzurechnung.

4. Aufteilung gemischter Verträge

6Entgelte für die Nutzung des dem Betrieb überlassenen Betriebskapitals werden nur hinzugerechnet, wenn einer der Tatbestände des § 8 Nr. 1 Buchstabe a bis f GewStG erfüllt ist. Enthält ein Vertrag Vereinbarungen über mehrere Leistungskomponenten (gemischter Vertrag) und sind diese trennbar, so ist jede Komponente für sich nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 Buchstabe a bis f GewStG zu beurteilen (vgl. Abschn. 53 Abs. 1 Satz 14 und 15 GewStR 1998). Dies gilt insbesondere auch für sog. Franchise-Verträge. Das Entgelt ist – erforderlichenfalls durch Schätzung – auf die verschiedenen Leistungskomponenten aufzuteilen.

7Stellt bei einem gemischten Vertrag das Vertragsverhältnis ein einheitliches und unteilbares Ganzes dar, scheidet eine Aufteilung des Vertrages aus. Steht dabei im Einzelfall eine Leistung, die keinen Tatbestand des § 8 Nr. 1 GewStG erfüllt, im Vergleich zu einer Leistung, die den Tatbestand erfüllt, derart im Vordergrund, dass sie dem Gesamtvertrag das Gepräge gibt, so fällt der Gesamtvertrag regelmäßig nicht unter § 8 Nr. 1 GewStG. Nach diesen Grundsätzen scheidet z. B. bei Verträgen über kurzfristige Hotelnutzungen oder bei kurzfristigen Kfz-Mietverträgen eine Hinzurechnung regelmäßig aus. Entsprechendes gilt z. B. bei Vereinbarungen zur fortlaufenden Reinigung bzw. zum fortlaufenden Austausch beschädigter Teile bei einem Mietservice von Berufskleidung oder Fußmatten. Bei Zeit-Charterverträgen steht die Beförderungsleistung unter Einsatz des gestellten Personals im Vordergrund; ein Herausrechnen des Entgelts für die Überlassung des Schiffs scheidet aus (vgl. Abschn. 53 Abs. 1 Satz 5 GewStR 1998). Gibt demgegenüber eine Leistung, die einen Tatbestand des § 8 Nr. 1 GewStG erfüllt, dem Gesamtvertrag das Gepräge, unterfällt der Gesamtvertrag der Hinzurechnung.

5. Folgen der Einordnung der Nutzungsüberlassung als Übergang des wirtschaftlichen Eigentums

8Eine Hinzurechnung von Mieten, Pachten oder Aufwendungen für die Überlassung von Rechten nach § 8 Nr. 1 Buchstabe d bis f GewStG setzt eine Überlassung voraus. Ist die Nutzungsvereinbarung als Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an dem genutzten Wirtschaftsgut anzusehen, so liegt ein Ratenkauf vor. Dieser ist nach allgemeinen bilanzsteuerlichen Grundsätzen zu behandeln. Soweit für einen Kaufpreis eine Verbindlichkeit zu passivieren ist, ist der in der Rate enthaltene Zinsanteil nach den Grundsätzen des § 8 Nr. 1 Buchstabe a GewStG hinzuzurechnen.

9Zum Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auf den Leasingnehmer vgl. die in den (BStBl I S. 264), vom (BStBl I S. 188), vom (Anhang 21 III EStH 2006) und vom (BStBl 1992 I S. 13) niedergelegten Grundsätze.

II. Einzeltatbestände des § 8 Nr. 1 GewStG

1. Hinzurechnung von Entgelten für Schulden nach § 8 Nr. 1 Buchstabe a GewStG

a) Allgemein

10Auf die Dauerhaftigkeit der Schulden kommt es im Rahmen der Neuregelung nicht mehr an (insbesondere auch Verbindlichkeiten des laufenden Geschäftsverkehrs fallen unter die Neuregelung). Für die Frage, ob ein Entgelt für eine Schuld vorliegt, sind die Grundsätze des Abschn. 46 GewStR 1998 weiter anzuwenden. Ein hinzuzurechnender Finanzierungsanteil liegt nicht vor, wenn ein Versicherungsnehmer an Stelle des fälligen Jahresbetrags die Versicherungsprämie zum Beispiel in betragsmäßig höheren monatlichen Teilbeträgen entrichtet.

b) Durchlaufende Kredite

11Bei einem Unternehmen, das einen Kredit aufgenommen und weitergeleitet hat, liegt ein hinzurechnungspflichtiger Zinsaufwand nach § 8 Nr. 1 Buchstabe a GewStG vor. Dem steht das (BStBl 2005 II S. 102) nicht entgegen, da es auf das Tatbestandsmerkmal „nicht nur der vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals” nicht mehr ankommt.

c) Aufzinsungsbeträge nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 3a EStG

12Die Regelung des § 8 Nr. 1 Buchstabe a Satz 1 GewStG lässt die bisherige Rechtslage unberührt, nach der sich aus der Abzinsung und der nachfolgenden Aufzinsung von unverzinslichen Verbindlichkeiten nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG und von Rückstellungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG keine Entgelte im Sinne des § 8 Nr. 1 GewStG ergeben (vgl. Rdnr. 39 des BStBl I S. 699).

d) Aktivierung von Bauzeit- und Erbbauzinsen als Anschaffungs- oder Herstellungskosten

13Als Herstellungskosten aktivierte Bauzeitzinsen sind dem Gewinn weder in dem Erhebungszeitraum der Aktivierung noch in den Erhebungszeiträumen, in denen sie sich über Abschreibungen auf den Gewinn auswirken, als Entgelte für Schulden nach § 8 Nr. 1 Buchstabe a GewStG hinzuzurechnen (vgl. BStBl II S. 192). Entsprechendes gilt für die Aktivierung von Erbbauzinsen. Zu Erbbauzinsen vgl. auch Rdnrn. 26 und 32.

e) Zins-Swap-Geschäfte

14Grundsätzlich tauschen bei einem Zins-Swap-Geschäft zwei Parteien ihre Zinszahlungen auf einen nominellen Kapitalbetrag – üblicherweise Festsatz gegen variablen Satz –, ohne dabei den Kapitalbetrag auszutauschen. Im Regelfall dient der Zins-Swap-Vertrag der Absicherung des Zinsrisikos eines oder mehrerer anderer Darlehens- oder Kreditverträge. Der Zins-Swap-Vertrag kann aber auch ohne den Hintergrund eines anderen Vertrages zur Erzielung von Spekulationsgewinnen abgeschlossen werden.

15Nach den Grundsätzen des (BStBl 2004 II S. 517) ist der Zins-Swap, der nicht mit dem kreditgebenden Institut, sondern mit einem Dritten abgeschlossen wird, grundsätzlich eine Maßnahme, durch welche – ähnlich einem Devisentermingeschäft bezogen auf das Währungsrisiko oder auch bei Abschluss einer Risikoversicherung – ein Teil der mit einer Kreditaufnahme verbundenen Risiken der auftretenden Zinsschwankungen abgedeckt wird. Aufwendungen für ein derartiges Geschäft unterfallen nicht der Hinzurechnung. Soweit mit anderen Swap-Verträgen andere Finanzierungsmethoden und Gestaltungsformen kombiniert werden, ist auf Grundlage der vorstehenden Grundsätze zu prüfen, ob die Aufwendungen als Entgelt für Schulden zu beurteilen sind.

f) Skonti und ähnliche Abzüge bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

16Den Entgelten für Schulden nach § 8 Nr. 1 Buchstabe a Satz 1 GewStG wirtschaftlich gleich steht der Aufwand nach § 8 Nr. 1 Buchstabe a Satz 2 GewStG, der dem Betrieb dadurch entsteht, dass Forderungen aus Lieferungen und Leistungen vorzeitig erfüllt werden und hierbei ein Abschlag gewährt wird. Geschäftsübliche Skonti und Abschläge aus anderen Gründen (z. B. Treuerabatte und Mengenrabatte) werden von der Hinzurechnungsfiktion nicht erfasst. Dagegen liegt zum Beispiel kein geschäftsüblicher Skonto vor, wenn ein Skonto trotz unüblich langem Zahlungsziel vereinbart wird; in diesen Fällen ist der volle Abschlag in die Hinzurechnung einzubeziehen. Kein Fall des Skonto liegt vor, wenn ein Versicherungsnehmer zum Beispiel an Stelle von Monatsraten einen betragsmäßig geringeren Jahresbetrag entrichtet; es findet keine Hinzurechnung statt.

g) Verkauf von anderen Geldforderungen (echtes Factoring)

17Nach § 8 Nr. 1 Buchstabe a Satz 2 GewStG unterliegen auch Diskontbeträge bei der Veräußerung von Wechsel- und anderen Geldforderungen der Hinzurechnung. Hierunter fallen insbesondere die Abschläge aus dem Verkauf von aktivierten Forderungen (vgl. aber Rdnr. 23).

h) Teilwertabschreibung

18Der Aufwand, der dem Unternehmen aus einer steuerlich zulässigen Abschreibung der Forderung auf den niedrigeren Teilwert entsteht, fällt nicht unter die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG. Dies gilt auch dann, wenn das Unternehmen die abgeschriebene Forderung im Folgenden zu diesem abgeschriebenen Wert verkauft.

i) Forfaitierung von Ansprüchen aus schwebenden Verträgen
– Allgemein

19Nach § 8 Nr. 1 Buchstabe a Satz 3 GewStG fällt auch der rechnerische Aufwand im Zuge der Forfaitierung von Ansprüchen aus schwebenden Verträgen unter die Hinzurechnung. Der hinzuzurechnende Aufwand ergibt sich aus der Differenz zwischen der Summe der zu erwartenden Raten (jeweils zum Nominalwert), die der aus dem Vertrag Verpflichtete über die Laufzeit zu entrichten hat, und des vom Käufer der Ansprüche erhaltenen Erlöses.

20Bei der Ermittlung der Summe der zu erwartenden Raten sind die Werte maßgebend, die die Vertragsparteien bei der Forfaitierungsvereinbarung zu Grunde legen. Bei Entgeltanpassungsklauseln kommt es nicht darauf an, ob und in welchem Umfang diese künftig wirksam werden.

– Zeitpunkt der Hinzurechnung

21Der Erlös aus der Forfaitierung wird nach allgemeinen Grundsätzen nicht im Zeitpunkt der Vereinnahmung, sondern verteilt über die Restlaufzeit des schwebenden Vertragsverhältnisses berücksichtigt (vgl. BStBl I S. 9). Entsprechend diesen Grundsätzen ist der Aufwand im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchstabe a Satz 3 GewStG linear verteilt über die Restlaufzeit des schwebenden Vertrags hinzuzurechnen.

– Altfälle

22Eine Hinzurechnung nach den vorstehenden Grundsätzen unterbleibt in den Fällen, in denen die Forfaitierung von Ansprüchen aus schwebenden Geschäften vor dem erfolgt ist.

j) Nebenkosten beim Factoring und bei der Forfaitierung

23In den Abschlägen enthaltene Wertermittlungskosten oder vergleichbare Gebühren (z. B. Risikoprämien) unterfallen nicht der Hinzurechnung.

Beispiel 1 (echte Forfaitierung):

Die V-GmbH überlässt der S-GmbH am ein Grundstück zur Miete. Der Mietvertrag ist bis zum befristet. Der jährlich auf den 01.01. im Voraus zu entrichtende Mietzins beträgt 1 Mio. €. Die V-GmbH verkauft sämtliche Mietzinsansprüche aus dem Vertragsverhältnis am an die K-GmbH und tritt sie mit sofortiger Wirkung ab. Das Ausfallrisiko geht auf die K-GmbH über. Der Kaufpreis für die Forderung beträgt 7,5 Mio. €. Von dem Differenzbetrag zum Nennwert der Forderung (9 Mio. € abzgl. 7,5 Mio. € = 1,5 Mio. €) entfallen nachweislich 10.000 € auf Wertermittlungskosten und 300.000 € auf die Risikoübernahme.

Lösung:

Es handelt sich um eine echte Forfaitierung. Bei der V-GmbH ist der Forfaitierungserlös mittels eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens auf die Jahre 02 – 10 linear zu verteilen (vgl. BStBl I S. 9). Ein gewinnmindernder Zinsaufwand in Höhe der Differenz zwischen dem Nennwert der abgetretenen Forderung und dem erzielten Verkaufserlös ist bei der V-GmbH bilanzsteuerrechtlich nicht zu erfassen. Gleichwohl ist der Differenzbetrag abzgl. der Wertermittlungsgebühren und der Risikoprämie i. H. von 1,19 Mio. € (1,5 Mio. € abzgl. 10.000 € und abzgl. 300.000 €) nach § 8 Nr. 1 Buchstabe a Satz 3 GewStG bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages zu erfassen, und zwar linear verteilt auf die Restlaufzeit des schwebenden Vertrags (hier auf die Jahre 02 – 10, vgl. auch Rdnr. 21).

Beispiel 2 (unechte Forfaitierung):

Die V-GmbH überlässt der S-GmbH am ein Grundstück zur Miete. Der Mietvertrag ist bis zum befristet. Der jährlich auf den 01.01. im Voraus zu entrichtende Mietzins beträgt 1 Mio. €. Die V-GmbH verkauft sämtliche Mietzinsansprüche aus dem Vertragsverhältnis am an die K-GmbH und tritt sie mit sofortiger Wirkung ab. Das Ausfallrisiko verbleibt bei der V-GmbH. Der Kaufpreis für die Forderung beträgt 7,8 Mio. €. In dem Differenzbetrag zum Nennwert (9 Mio. € abzgl. 7,8 Mio. € = 1,2 Mio. €) sind Wertermittlungskosten in Höhe von 10.000 € enthalten.

Lösung:

Bilanzsteuerrechtlich handelt es sich um eine Darlehensaufnahme durch die V-GmbH (Buchungssatz: Bank 7,8 Mio. € und aktive RAP 1,2 Mio. € an Verbindlichkeiten 9 Mio.). Gewerbesteuerlich kommt es zu einer Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchstabe a Satz 1 GewStG. Der aus der Auflösung des aktiven RAP resultierende jährliche Aufwand ist bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages anzusetzen, soweit er nicht auf die Wertermittlungskosten entfällt.

k) Hinzurechnung bei Versicherungsunternehmen

24Versicherungsunternehmen unterlagen bisher mit ihren versicherungstechnischen Rückstellungen sowie ihren aus Versicherungsverhältnissen entstandenen Verbindlichkeiten gegenüber Versicherungsnehmern auf Grund der vom RFH und BFH entwickelten Grundsätze regelmäßig in der Anwartschaftsphase und der gesamten Leistungsphase der Versicherungsverträge nicht der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG a. F. (vgl. Abschn. 45 Abs. 9 GewStR 1998). Diese Grundsätze finden auch künftig Anwendung, soweit die Rückstellungen und Verbindlichkeiten von Vermögenswerten des gebundenen Vermögens im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 VAG gedeckt werden. Das gilt auch für Pensionskassen bzw. -fonds, soweit sie nicht steuerbefreit sind. Für die versicherungstechnischen Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen in der Pflegeversicherung gilt Entsprechendes.

2. Hinzurechnung für Renten und dauernde Lasten nach § 8 Nr. 1 Buchstabe b GewStG

a) Renten und dauernde Lasten

25Auf einen Zusammenhang der Renten und dauernden Lasten mit der Gründung oder dem Erwerb des Betriebes kommt es im Rahmen der Neuregelung nicht mehr an. Ebenso wenig ist entscheidend, wie die Beträge beim Empfänger gewerbesteuerlich behandelt werden.

26Erbbauzinsen gelten nicht als dauernde Last im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchstabe b GewStG (entgegen Abschn. 49 Abs. 2 GewStR 1998, vgl. BStBl II S. 654). Erbbauzinsen sind rechtlich und wirtschaftlich ein Entgelt für die Überlassung des Grund und Bodens zur Nutzung. Sie sind gewerbesteuerrechtlich wie Miet- und Pachtentgelte zu behandeln und unterliegen der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG (vgl. Rdnr. 13 und 32).

b) Aufwendungen für Zusagen auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung

27Nach § 8 Nr. 1 Buchstabe b Satz 2 GewStG sind Pensionszahlungen auf Grund einer unmittelbar vom Arbeitgeber erteilten Versorgungszusage nicht als dauernde Last anzusehen. Das Gleiche gilt für Aufwendungen des Arbeitgebers oder eines nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG Verpflichteten für Zusagen über eine Direktversicherung, eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder eine Unterstützungskasse.

3. Hinzurechnung von Gewinnanteilen des stillen Gesellschafters nach § 8 Nr. 1 Buchstabe c GewStG

28Die Gewinnanteile des stillen Gesellschafters sind unabhängig von der gewerbesteuerlichen Behandlung beim Empfänger hinzuzurechnen. Für die begriffliche Abgrenzung des Gewinnanteils des stillen Gesellschafters vgl. Abschn. 50 Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStR 1998.

4. Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter nach § 8 Nr. 1 Buchstabe d und e GewStG

a) Allgemein

29Die Miet- und Pachtzinsen sind unabhängig von der gewerbesteuerlichen Behandlung beim Empfänger hinzuzurechnen. Zu den Miet- und Pachtzinsen gehören auch die Aufwendungen des Mieters oder Pächters für die Instandsetzung, Instandhaltung und Versicherung des Miet- oder Pachtgegenstandes, die er über seine gesetzliche Verpflichtung nach bürgerlichem Recht hinaus (§§ 582 ff. BGB) auf Grund vertraglicher Verpflichtungen übernommen hat; nicht hinzuzurechnen sind reine Betriebskosten wie Wasser, Strom, Heizung.

b) Abgrenzung der Mietverträge über unbewegliche Wirtschaftsgüter zu Mietverträgen über bewegliche Wirtschaftsgüter

30Bei einem einheitlichen Vertrag über unbewegliche Wirtschaftsgüter, insbesondere von Ladenlokalen, ist zu prüfen, ob Vertragsbestandteil auch die Überlassung von Wirtschaftgütern ist, die, hätte der Mieter hierfür Herstellungskosten aufgewendet, nach den Grundsätzen von H 4.2 (3) EStH 2007 Mietereinbauten wären. Soweit die Mietaufwendungen auf bewegliche Wirtschaftsgüter entfallen, ist § 8 Nr. 1 Buchstabe d GewStG maßgebend.

31Schiffe und Flugzeuge sind bewegliche Wirtschaftsgüter im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchstabe d GewStG.

c) Abgrenzung der Miete und Pacht zu übrigen Überlassungsverhältnissen

32Für die Abgrenzung des Miet- und Pachtvertrags zu anderen Vertragstypen gelten die bisherigen Grundsätze weiter (vgl. BStBl 1984 II S. 17). Untermietverträge gelten als Miet- und Pachtverträge im Sinne von § 8 Nr. 1 Buchstabe d und e GewStG; sie sind nicht als Überlassung von Rechten im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchstabe f GewStG zu beurteilen. Erbbauzinsen sind rechtlich und wirtschaftlich ein Entgelt für die Überlassung des Grundstücks zur Nutzung. Sie sind gewerbesteuerrechtlich wie Miet- und Pachtentgelte zu behandeln und unterliegen der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchstabe e GewStG.

5. Hinzurechnung von Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten nach § 8 Nr. 1 Buchstabe f GewStG

a) Allgemein

33Zu den Rechten im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchstabe f GewStG gehören insbesondere: Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte, Urheberrechte, Lizenzrechte und Namensrechte. Eine Hinzurechnung kann nicht allein dadurch vermieden werden, dass einzelne Rechte nur für kurze Zeit überlassen werden.

34Entgelte, die für die Nutzung des sog. Grünen Punktes an die Duale System Deutschland GmbH (DSD) entrichtet werden, erfüllen nicht den Tatbestand einer zeitlich befristeten Überlassung von Rechten nach § 8 Nr. 1 Buchstabe f GewStG. Entsprechendes gilt für die Nutzung vergleichbarer Systeme zur Erfüllung der Verpflichtungen nach der Verpackungsverordnung.

b) Zahlungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts für überlassene Rechte

35Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten nach § 8 Nr. 1 Buchstabe f Satz 1 GewStG können auch vorliegen, wenn das Recht durch die öffentliche Hand überlassen wird (z. B. Glückspiellizenzen an Spielbanken oder Konzessionen für die Nutzung öffentlicher Verkehrsflächen an Energieversorger).

36Soweit in der Vergangenheit z. B. Konzessionsabgaben für die Nutzung öffentlicher Verkehrsflächen in eine Grundstücksüberlassung und in eine Überlassung von beweglichen Wirtschaftsgütern aufgeteilt worden sind (vgl. Abschn. 53 Abs. 5 Satz 8 GewStR 1998 unter Verweis auf das RStBl S. 509), fällt künftig die Gesamtvergütung unter den Hinzurechnungstatbestand des § 8 Nr. 1 Buchstabe f GewStG.

c) Zeitlich befristete Überlassung von Rechten

37Die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchstabe f GewStG setzt u. a. voraus, dass die Überlassung des Rechts zeitlich befristet ist. Eine zeitlich befristete Überlassung liegt auch dann vor, wenn bei Abschluss des Vertrages noch ungewiss ist, ob und wann die Überlassung endet (vgl. BStBl 1978 II S. 355). Eine Überlassung liegt nicht mehr vor, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein Übergang des wirtschaftlichen Eigentums anzunehmen ist. Dies gilt auch für Lizenzen im Bereich von Forschung und Entwicklung. Maßgebend sind die Verhältnisse im Einzelfall. Nach diesen Grundsätzen ergibt sich beispielsweise für:

– Verlagsverträge

38Mit einem Verlagsvertrag erhält der Verleger vom Werkinhaber (Autor) das Recht eingeräumt, das vom Autor verfasste Werk zu verlegen; der Autor erhält hierfür eine Vergütung. Der Verlagsvertrag ist nicht als zeitlich befristete Überlassung des Werks anzusehen, wenn die Überlassung die gesamte Schutzfrist des Rechts umfasst (z. B. Zeitspanne des § 64 UrhG – 70 Jahre nach Tod des Urhebers). Entsprechendes gilt bei zeitlich kürzerer Überlassung, wenn bei Vertragsabschluss zu erwarten ist, dass sich das Recht bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise während der Dauer der Überlassung verbraucht.

– Lizenzverträge

39Im Verlagswesen kommt es durch den Lizenzvertrag regelmäßig zur Abspaltung von Nebenrechten aus dem Verlagsvertrag (z. B. Abspaltung von Unterlizenzen zum Verlegen von Taschenbüchern an einen Taschenbuchverlag). Die Behandlung der Aufwendungen des Unterlizenznehmers richtet sich nach den für Lizenzverträge geltenden Grundsätzen.

d) Voraussetzungen für das Vorliegen von „Durchleitungsrechten”

40Nach § 8 Nr. 1 Buchstabe f Satz 1 GewStG kommt es zu keiner Hinzurechnung, wenn die dem Unternehmen überlassenen Lizenzen ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen. Die Ausnahmeregelung findet deshalb auf der letzten Stufe der „Überlassungskette” keine Anwendung. Deshalb kommt es beispielsweise bei Buchverlagen, die auf der Grundlage eines mit einem Rechteverwerter abgeschlossenen Lizenzvertrags über ein Werk Bücher oder vergleichbare Sachen produzieren und verkaufen, zu einer Hinzurechnung der Lizenzgebühren; Rdnr. 37 bleibt unberührt. Erstreckt sich der mit einem Rechteverwerter abgeschlossene Lizenzvertrags über ein Werk dagegen ausschließlich auf das Vortragen, Aufführen oder Vorführen (z. B. in einem Kino) im Sinne des § 19 UrhG, gilt dieses nicht als in der letzten Stufe der „Überlassungskette” erbracht.

41Die Ausnahmeregelung ist über ihren Wortlaut hinaus nicht nur bei überlassenen Lizenzen, sondern auch bei jedem anderen überlassenen Recht im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchstabe f GewStG zu prüfen. Auch bei dem an Dritte überlassenen Recht muss es sich nicht um eine Lizenz im Rechtssinne handeln.

42Dagegen erfordert das Ausschließlichkeitsgebot, dass zur Weiterüberlassung vorgesehene Rechte ihrerseits wieder nur zur Weiterüberlassung verwendet und dabei grundsätzlich nicht „verändert” oder bearbeitet werden dürfen. Räumt beispielsweise ein Theaterverlag, dem ein Autor sein Manuskript über ein Theaterstück überlassen hat, verschiedenen Theatern das Recht ein, dieses Stück aufzuführen, und übermittelt er diesen Theatern hierzu auch eine Druckversion des Stücks, so ist dieses Drucken nicht schädlich im Sinne des Ausschließlichkeitsgebots.

e) Ausnahmeregelung des § 8 Nr. 1 Buchstabe f Satz 2 GewStG

43Aufwendungen, die nach § 25 des Künstlersozialversicherungsgesetzes Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe sind, sind nicht hinzuzurechnen. Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn Bemessungsgrundlage für die Ausnahmeregelung auf der Grundlage eines zur Abwicklung der Vorgaben des Künstlersozialversicherungsgesetzes eingesetzten und von den maßgebenden Gremien dieser Sozialkasse nicht beanstandeten Verfahrens ermittelt wird.

6. Freibetrag nach § 8 Nr. 1 GewStG

a) Bemessungsgrundlage

44Die Bemessungsgrundlage für den Freibetrag nach § 8 Nr. 1 GewStG ist die Summe der sich aus § 8 Nr. 1 Buchstabe a bis f GewStG ergebenden Finanzierungsanteile. Diese Summe, vermindert um den Freibetrag von 100.000 €, ist Ausgangsgröße für die Anwendung des Faktors von 25 %.

b) Organschaft

45Für die Unternehmen in einem Organkreis wird der Gewerbeertrag weiterhin jeweils gesondert ermittelt. Der Freibetrag nach § 8 Nr. 1 GewStG ist bei jeder Ermittlung jeweils gesondert zu berücksichtigen.

c) Umstellung des Wirtschaftsjahrs

46Nach § 10 Abs. 2 GewStG ist bei vom Kalenderjahr abweichendem Wirtschaftsjahr der Gewerbeertrag maßgebend, der auf das im Erhebungszeitraum endende Wirtschaftsjahr entfällt. Nach § 7 Satz 1 GewStG ermittelt sich der Gewerbeertrag auf der Grundlage des im Wirtschaftsjahr bezogenen Gewinns unter Berücksichtigung der Hinzurechnungen nach § 8 GewStG. Diese Hinzurechnungen ermitteln sich unter Berücksichtigung des Freibetrags nach § 8 Nr. 1 GewStG.

47Enden bei Umstellung des Wirtschaftsjahrs im Erhebungszeitraum zwei Wirtschaftsjahre, ist für jedes dieser Wirtschaftsjahre ein Gewinn zu ermitteln, der sich jeweils um Hinzurechnungen des § 8 GewStG erhöht. Der Freibetrag von 100.000 € ist für jedes Wirtschaftsjahr zu gewähren.

d) Abwicklung und Insolvenz

48Nach § 16 GewStDV ist für den gesamten Abwicklungs- und Insolvenzzeitraum ein Gewerbeertrag zu ermitteln. Dies hat zur Folge, dass der Freibetrag nur einmal gewährt wird.

Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder.

Inhaltlich gleichlautend
Gleich lautender Ländererlass v.
Finanzministerium Baden-Württemberg v. - 3 G 1422/42
Bayerisches Staatsministerium der Finanzen v. - 33 - G 1422 - 108 - 22603/08
Senatsverwaltung für Finanzen Berlin v. - III A - G 1422-5/2007
Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg v. - 35 - G 1422 - 1/08
Die Senatorin für Finanzen der Freien Hansestadt Bremen v. - G 1422 - 270
Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg v. - 53 - G 1422- 012/06
Hessisches Ministerium der Finanzen v. - G 1422 A - 104 - II42
Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern v. - IV 302 - G 1422 - 5/07
Niedersächsisches Finanzministerium v. - G 1422 - 107 - 31 1
Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen v. - G 1422 - 95 - V B 4
Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz v. - G 1422 A - 07-009-444
Ministerium der Finanzen des Saarlandes v. - B/3-1 - 45/2008 G 1422
Sächsisches Staatsministerium der Finanzen v. - 33 - G 1422-38/21-10978
Ministerium der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt v. - 43 - G 1422 - 39
Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein v. - VI 323 - G 1422 - 163
Thüringer Finanzministerium v. - G 1422 A - 28 - 204


Fundstelle(n):
BStBl 2008 I Seite 730
QAAAC-84536