UStR 39c. (Zu § 3a UStG (§ 1 UStDV))

Zu § 3a UStG (§ 1 UStDV) [1]

39c. Auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG

Anwendungsbereich

(1)  1Eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung im Sinne des § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG ist eine Leistung, die über das Internet oder ein elektronisches Netz, einschließlich Netze zur Übermittlung digitaler Inhalte, erbracht wird und deren Erbringung auf Grund der Merkmale der sonstigen Leistung in hohem Maße auf Informationstechnologie angewiesen ist; d.h. die Leistung ist im Wesentlichen automatisiert, wird nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erbracht und wäre ohne Informationstechnologie nicht möglich (vgl. Artikel 11 und 12 sowie Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1777/2005, ABl. EU Nr. L 288 S. 1) . 2Der Ort der auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen bestimmt sich nach § 3a Abs. 3 UStG (vgl. hierzu Abschnitt 38) und nach § 3a Abs. 3a UStG.

(2) Auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen umfassen im Wesentlichen:

  1. Digitale Produkte, wie z.B. Software und zugehörige Änderungen oder Updates;

  2. Dienste, die in elektronischen Netzen eine Präsenz zu geschäftlichen oder persönlichen Zwecken vermitteln oder unterstützen (z.B. Website, Webpage);

  3. von einem Computer automatisch generierte Dienstleistungen über das Internet oder ein elektronisches Netz auf der Grundlage spezifischer Dateneingabe des Leistungsempfängers;

  4. sonstige automatisierte Dienstleistungen, für deren Erbringung das Internet oder ein elektronisches Netz erforderlich ist (z.B. Dienstleistungen, die von Online-Markt-Anbietern erbracht und die z.B. über Provisionen und andere Entgelte für erfolgreiche Vermittlungen abgerechnet werden).

(3) Auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen sind insbesondere:

  1. 1Bereitstellung von Websites, Webhosting, Fernwartung von Programmen und Ausrüstungen.

    2Hierzu gehören z.B. die automatisierte Online-Fernwartung von Programmen, die Fernverwaltung von Systemen, das Online-Data-Warehousing (Datenspeicherung und -abruf auf elektronischem Weg), Online-Bereitstellung von Speicherplatz nach Bedarf;

  2. 1Bereitstellung von Software und deren Aktualisierung.

    2Hierzu gehört z.B. die Gewährung des Zugangs zu oder das Herunterladen von Software (wie z.B. Beschaffungs- oder Buchhaltungsprogramme, Software zur Virusbekämpfung) und Updates, Bannerblocker (Software zur Unterdrückung der Anzeige von Webbannern), Herunterladen von Treibern (z.B. Software für Schnittstellen zwischen PC und Peripheriegeräten wie z.B. Drucker), automatisierte Online-Installation von Filtern auf Websites und automatisierte Online-Installation von Firewalls;

  3. Bereitstellung von Bildern, wie z.B. die Gewährung des Zugangs zu oder das Herunterladen von Desktop-Gestaltungen oder von Fotos, Bildern und Bildschirmschonern;

  4. 1Bereitstellung von Texten und Informationen.

    2Hierzu gehören z.B. E-Books und andere elektronische Publikationen, Abonnements von Online-Zeitungen und Online-Zeitschriften, Web-Protokolle und Website-Statistiken, Online-Nachrichten, Online-Verkehrsinformationen und Online-Wetterberichte, Online-Informationen, die automatisch anhand spezifischer vom Leistungsempfänger eingegebener Daten etwa aus dem Rechts- und Finanzbereich generiert werden (z.B. regelmäßig aktualisierte Börsendaten), Werbung in elektronischen Netzen und Bereitstellung von Werbeplätzen (z.B. Bannerwerbung auf Websites und Webpages);

  5. Bereitstellung von Datenbanken, wie z.B. die Benutzung von Suchmaschinen und Internetverzeichnissen;

  6. Bereitstellung von Musik (z.B. die Gewährung des Zugangs zu oder das Herunterladen von Musik auf PC, Mobiltelefone usw. und die Gewährung des Zugangs zu oder das Herunterladen von Jingels, Ausschnitten, Klingeltönen und anderen Tönen);

  7. 1Bereitstellung von Filmen und Spielen, einschließlich Glücksspielen und Lotterien.

    2Hierzu gehören z.B. die Gewährung des Zugangs zu oder das Herunterladen von Filmen und die Gewährung des Zugangs zu automatisierten Online-Spielen, die nur über das Internet oder ähnliche elektronische Netze laufen und bei denen die Spieler räumlich voneinander getrennt sind;

  8. 1Bereitstellung von Sendungen und Veranstaltungen aus den Bereichen Politik, Kultur, Kunst, Sport, Wissenschaft und Unterhaltung.

    2Hierzu gehört z.B. der Web-Rundfunk, der ausschließlich über das Internet oder ähnliche elektronische Netze verbreitet und nicht gleichzeitig auf herkömmlichen Weg ausgestrahlt wird;

  9. 1Erbringung von Fernunterrichtsleistungen.

    2Hierzu gehört z.B. der automatisierte Unterricht, der auf das Internet oder ähnliche elektronische Netze angewiesen ist, auch sog. virtuelle Klassenzimmer. 3Dazu gehören auch Arbeitsunterlagen, die vom Schüler online bearbeitet und anschließend ohne menschliches Eingreifen automatisch korrigiert werden;

  10. Online-Versteigerungen (soweit es sich nicht bereits um Web-Hosting-Leistungen handelt) über automatisierte Datenbanken und mit Dateneingabe durch den Leistungsempfänger, die kein oder nur wenig menschliches Eingreifen erfordern (z.B. Online-Marktplatz, Online-Einkaufsportal);

  11. Internet-Service-Pakete, die mehr als nur die Gewährung des Zugangs zum Internet ermöglichen und weitere Elemente umfassen (z.B. Nachrichten, Wetterbericht, Reiseinformationen, Spielforen, Web-Hosting, Zugang zu Chatlines usw.).

(4) Von den auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen sind die Leistungen zu unterscheiden, bei denen es sich um Lieferungen oder um andere sonstige Leistungen im Sinne des § 3a UStG handelt.

(5) Insbesondere in den folgenden Fällen handelt es sich um Lieferungen, so dass keine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen vorliegen:

  1. Lieferungen von Gegenständen nach elektronischer Bestellung und Auftragsbearbeitung;

  2. Lieferungen von CD-ROM, Disketten und ähnlichen körperlichen Datenträgern;

  3. Lieferungen von Druckerzeugnissen wie Büchern, Newsletters, Zeitungen und Zeitschriften;

  4. Lieferungen von CD, Audiokassetten, Videokassetten und DVD;

  5. Lieferungen von Spielen auf CD-ROM.

(6) In den folgenden Fällen handelt es sich um andere als auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen im Sinne des § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG, d.h. Dienstleistungen, die zum wesentlichen Teil durch Menschen erbracht werden, wobei das Internet oder ein elektronisches Netz nur als Kommunikationsmittel dient:

  1. Data-Warehousing – offline – (§ 3a Abs. 1 UStG);

  2. Versteigerungen herkömmlicher Art, bei denen Menschen direkt tätig werden, unabhängig davon, wie die Gebote abgegeben werden – z.B. persönlich, per Internet oder per Telefon – (§ 3a Abs. 1 UStG);

  3. Fernunterricht, z.B. per Post (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a UStG);

  4. Reparatur von EDV-Ausrüstung (§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe c UStG);

  5. Zeitungs-, Plakat- und Fernsehwerbung (§ 3a Abs. 4 Nr. 2 UStG);

  6. Beratungsleistungen von Rechtsanwälten und Finanzberatern usw. per E-Mail (§ 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG);

  7. Anpassung von Software an die besonderen Bedürfnisse des Abnehmers (§ 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG, vgl. Abschnitt 39 Abs. 13);

  8. Internettelefonie (§ 3a Abs. 4 Nr. 12 UStG);

  9. Kommunikation, wie z.B. E-Mail (§ 3a Abs. 4 Nr. 12 UStG);

  10. Telefon-Helpdesks (§ 3a Abs. 4 Nr. 12 UStG);

  11. Videofonie, d.h. Telefonie mit Video-Komponente (§ 3a Abs. 4 Nr. 12 UStG);

  12. Zugang zum Internet und World Wide Web (§ 3a Abs. 4 Nr. 12 UStG);

  13. Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz bei gleichzeitiger Übertragung der Sendung auf herkömmlichem Weg (§ 3a Abs. 4 Nr. 13 UStG, vgl. Abschnitt 39b).

Besteuerungsverfahren

(7)  1Nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die im Gemeinschaftsgebiet als Steuerschuldner ausschließlich sonstige Leistungen auf elektronischem Weg an in der EU ansässige Nichtunternehmer erbringen, können sich abweichend von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG unter bestimmten Bedingungen dafür entscheiden, nur in einem EU-Mitgliedstaat erfasst zu werden (§ 18 Abs. 4c UStG). 2Macht ein Unternehmer von diesem Wahlrecht Gebrauch und entscheidet sich dafür, sich nur in Deutschland erfassen zu lassen, muss er dies dem für dieses Besteuerungsverfahren zuständigen BZSt vor Beginn seiner Tätigkeit in der EU auf dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument anzeigen.

(8)  1Abweichend von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG hat der Unternehmer in jedem Kalendervierteljahr (= Besteuerungszeitraum) eine Steuererklärung bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums elektronisch beim BZSt abzugeben. 2Hierbei hat er die auf den jeweiligen Mitgliedstaat entfallenden Umsätze zu trennen und dem im betreffenden Mitgliedstaat geltenden allgemeinen Steuersatz zu unterwerfen. 3Der Unternehmer hat die Steuer entsprechend § 16 Abs. 1a UStG selbst zu berechnen (§ 18 Abs. 4c Satz 1 UStG). 4Die Steuer ist spätestens am 20. Tag nach Ende des Besteuerungszeitraums zu entrichten (§ 18 Abs. 4c Satz 2 UStG).

(9)  1Bei der Umrechnung von Werten in fremder Währung muss der Unternehmer einheitlich den von der Europäischen Zentralbank festgestellten Umrechnungskurs des letzten Tages des Besteuerungszeitraums bzw., falls für diesen Tag kein Umrechnungskurs festgelegt wurde, den für den nächsten Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums festgelegten Umrechnungskurs anwenden (§ 16 Abs. 6 Sätze 4 und 5 UStG). 2Die Anwendung eines monatlichen Durchschnittskurses entsprechend § 16 Abs. 6 Sätze 1 bis 3 UStG ist ausgeschlossen.

(10)  1Der Unternehmer kann die Ausübung des Wahlrechts widerrufen (§ 18 Abs. 4c Satz 4 UStG). 2Ein Widerruf ist nur bis zum Beginn eines neuen Kalendervierteljahres (= Besteuerungszeitraum) mit Wirkung ab diesem Zeitraum möglich (§ 18 Abs. 4c Satz 5 UStG). 3Das allgemeine Besteuerungsverfahren (§ 18 Abs. 1 bis 4 UStG) und das Besteuerungsverfahren nach § 18 Abs. 4c UStG schließen sich gegenseitig aus.

(11) Das BZSt kann den Unternehmer von dem Besteuerungsverfahren nach § 18 Abs. 4c UStG ausschließen, wenn er seinen Verpflichtungen nach § 18 Abs. 4c Sätze 1 bis 3 UStG oder seinen Aufzeichnungspflichten (§ 22 Abs. 1 UStG) in diesem Verfahren wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt.

(12) Nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die im Inland als Steuerschuldner nur steuerbare sonstige Leistungen auf elektronischem Weg an Nichtunternehmer erbringen, die Umsatzbesteuerung aber in einem dem Besteuerungsverfahren nach § 18 Abs. 4c UStG entsprechenden Verfahren in einem anderen EU-Mitgliedstaat durchgeführt wird, sind nach § 18 Abs. 4d UStG von der Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen und der Steuererklärung für das Kalenderjahr im Inland befreit.

(13)  1Nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die im Gemeinschaftsgebiet als Steuerschuldner ausschließlich sonstige Leistungen auf elektronischem Weg an in der EU ansässige Nichtunternehmer erbringen und von dem Wahlrecht der steuerlichen Erfassung in nur einem EU-Mitgliedstaat Gebrauch machen, können Vorsteuerbeträge nur im Rahmen des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens gelten machen (§ 18 Abs. 9 Satz 8 UStG i.V.m. § 59 Nr. 4 UStDV). 2In diesen Fällen sind die Einschränkungen des § 18 Abs. 9 Sätze 6 und 7 UStG nicht anzuwenden. 3Voraussetzung ist, dass die Steuer für die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen entrichtet wurde und dass die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit diesen Umsätzen stehen. 4Für Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit anderen Umsätzen (z.B. elektronisch erbrachte sonstige Leistungen durch einen nicht in der Gemeinschaft ansässigen Unternehmer an einen in der Gemeinschaft ansässigen Unternehmer, der Steuerschuldner ist) gelten die Einschränkungen des § 18 Abs. 9 Sätze 6 und 7 UStG unverändert.

Aufzeichnungspflichten

(14)  1Der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer hat über die im Rahmen der Regelung nach § 18 Abs. 4c und 4d UStG getätigten Umsätze Aufzeichnungen mit ausreichenden Angaben zu führen. 2Diese Aufzeichnungen sind dem BZSt auf Anfrage auf elektronischem Weg zur Verfügung zu stellen (§ 22 Abs. 1 Satz 4 UStG). 3Die Aufbewahrungsfrist beträgt zehn Jahre (§ 147 Abs. 3 AO).

Fundstelle(n):
zur Änderungsdokumentation
JAAAC-53796

1Absatz 4 enthält zwei weitere Fälle von sonstigen Leistungen, bei denen sich der Leistungsort nach dem Sitzort des leistenden Unternehmers richtet. Mit der zitierten EG-Verordnung wurden erstmals Durchführungsvorschriften zur 6. EG-Richtlinie (ab : MwStSystRL) aufgrund der Rechtsgrundlage in Artikel 29a der 6. EG-Richtlinie erlassen. Die Durchführungsvorschriften sind - als unmittelbar geltendes Recht - sowohl für die Mitgliedstaaten, die Europäische Kommission als auch den EuGH rechtlich bindend. Die Durchführungsvorschriften sollen eine einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten sicherstellen und sind ausschließlich vom Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung an rechtsverbindlich. Die Verordnung ist mit einer Ausnahme am in Kraft getreten.