BGH Beschluss v. - VII ZB 89/06

Leitsatz

[1] Haben die durch den Verwalter vertretenen Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft einen Rechtsanwalt mit der Erhebung einer Klage beauftragt und ist diese erhoben worden, bevor der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung zur fehlenden Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft geändert hat (, BGHZ 163, 154), ist die Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO grundsätzlich erstattungsfähig.

Gesetze: BRAGO § 6 Abs. 1 Satz 2; ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1

Instanzenzug: LG Cottbus 2 O 352/02 vom OLG Brandenburg 6 W 101/06 vom

Gründe

I.

Die Kläger sind Miteigentümer einer Eigentumswohnanlage, die von der Beklagten als Bauträgerin errichtet worden ist. Vertreten durch den Verwalter haben sie im Jahr 2002 die Beklagte wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums auf Zahlung von 26.612,51 € in Anspruch genommen. Nachdem ein klageabweisendes Urteil des Landgerichts vom Berufungsgericht aufgehoben und die Sache zurückverwiesen worden war, hat das Landgericht die Beklagte mit rechtskräftigem Urteil vom zur Zahlung von 3.877,14 € nebst Zinsen verurteilt. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger 85 %, die Beklagte 15 % zu tragen.

Mit Kostenausgleichsantrag vom haben die Prozessbevollmächtigten der Kläger für das erstinstanzliche Verfahren gemäß § 6 BRAGO eine Erhöhungsgebühr um 20/10 wegen zwölf Auftraggebern (1.364,40 €) in Ansatz gebracht. Die Prozessbevollmächtigten der Kläger in der Berufungsinstanz haben im Kostenausgleichsantrag vom mit gleicher Begründung eine Erhöhungsgebühr um 26/10 (1.773,72 €) angesetzt.

Mit Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom hat die Rechtspflegerin beim Landgericht die Erhöhungsgebühr als berechtigt angesehen und bei der Kostenfestsetzung berücksichtigt. Die hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerden der Beklagten hatten keinen Erfolg. Mit den zugelassenen Rechtsbeschwerden will die Beklagte eine Kostenfestsetzung ohne Erhöhungsgebühr erreichen.

II.

Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaften und auch im Übrigen zulässigen Rechtsbeschwerden sind nicht begründet. Den Prozessbevollmächtigen der Kläger steht eine Erhöhungsgebühr zu. Diese ist auch erstattungsfähig.

1. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO liegen vor. Der anwaltlichen Tätigkeit für die Kläger liegt derselbe Gegenstand im Sinne des Gebührentatbestands zugrunde. Die Prozessbevollmächtigten sind auch für mehrere Auftraggeber tätig geworden. Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die in der Klageschrift namentlich aufgeführten zwölf Wohnungseigentümer die Klage erhoben haben und nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft Klagepartei war. Daran ändert entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nichts, dass der Verwalter die Vollmacht zur Klageerhebung für die "Eigentümergemeinschaft" erteilt hat. Darunter war nach damaligem Verständnis die Gesamtheit der Wohnungseigentümer zu verstehen (vgl. , BauR 1977, 341, 342; OLG Köln, NJW 2006, 706). Im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung und auch der Klageerhebung galt die Wohnungseigentümergemeinschaft als nicht rechts- und parteifähig. Erst mit , BGHZ 163, 154) ist unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung eine Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft anerkannt worden.

2. Die durch die Erhöhungsgebühr entstandenen Kosten sind notwendige Kosten der Rechtsverfolgung und deshalb nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO erstattungsfähig.

a) Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, die Kläger hätten unnötig Kosten verursacht, weil sie als Wohnungseigentümergemeinschaft hätten klagen können, so dass nur ein Auftraggeber vorhanden gewesen wäre. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft rechts- und parteifähig ist, soweit es um die Durchsetzung der geltend gemachten Ansprüche geht (vgl. dazu Wenzel, ZWE 2006, 109, 111 f.). Denn die Klage ist vor der Änderung der Rechtsprechung erhoben worden. Die Kläger durften sich an der damals gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs orientieren und gemeinsam einen Prozessbevollmächtigten beauftragen (vgl. OLG Zweibrücken, JurBüro 2006, 536; OLG Köln, NJW 2006, 706; a.A. OLG Koblenz, JurBüro 2006, 315). Es gilt nichts anderes als in den vom Bundesgerichtshof bereits entschiedenen Fällen, in denen die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Klage erhoben hatten, bevor eine gesicherte Rechtsprechung vorlag, die der Außengesellschaft des bürgerlichen Rechts Rechts- und Parteifähigkeit zubilligte (vgl. dazu , WuM 2005, 792; Beschluss vom - VIII ZB 69/02, JurBüro 2004, 145, 146; Beschluss vom - VIII ZB 6/02, JurBüro 2003, 89, 90).

b) Der Erstattungsfähigkeit der Erhöhungsgebühr steht auch nicht entgegen, dass die Wohnungseigentümer die Möglichkeit hatten, den Verwalter zur Durchsetzung der Ansprüche wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums zu ermächtigen und dieser sodann als Prozessstandschafter den Prozessbevollmächtigten hätte beauftragen können. Grundsätzlich ist ein Rechtsinhaber nicht gehalten, unter dem Gesichtspunkt der kostensparenden Prozessführung (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO) von der selbständigen Verfolgung seiner Rechte abzusehen, wenn die Rechte auch anderen Gläubigern zustehen und die Klage gemeinsam erhoben werden soll (vgl. OLG Köln, NJW 2006, 706; OLGR 1993, 187, 188; OLG Düsseldorf, JurBüro 1990, 1157, 1158; OLG München, MDR 1985, 857, 858).

Allerdings können besondere Umstände eine Ausnahme von diesem Grundsatz begründen. So kann z.B. ein Prozessbevollmächtigter einer Anwaltssozietät insbesondere bei Honorarklagen eine Erhöhungsgebühr regelmäßig nicht geltend machen (, FamRZ 2004, 623). Die Anwälte sind gehalten, für eine häufig vorkommende Aufgabe wie die Einziehung von Honorarforderungen ein Sozietätsmitglied allein mit der Erledigung zu betrauen, um dadurch die Prozessführungskosten im Interesse des vertretenen Mandanten gering zu halten. Diese Ausnahme beruht auf der Eigenart der Honorarklage einerseits und der besonderen Treuepflicht aus dem Mandantschaftsverhältnis andererseits. Vergleichbare Umstände sind für eine Klage der Wohnungseigentümer gegen den Bauträger wegen Mängeln nicht festzustellen und werden von der Rechtsbeschwerde auch nicht vorgebracht. Insoweit ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass die Ansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer gegen den Bauträger rechtlich unterschiedlich beurteilt werden können, so dass jeder Wohnungseigentümer ein Interesse daran haben kann, selbst als Partei aufzutreten.

Fundstelle(n):
NJW 2007 S. 1464 Nr. 20
RAAAC-41136

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja