BMF - IV A 5 - S 7124 - 5/06

Lieferungen von Gas oder Elektrizität und damit zusammenhängende sonstige Leistungen;

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung des Bilanzausgleichs und des zwischenstaatlichen Differenzausgleichs, der Netzverluste bei der Übertragung von Elektrizität sowie des Eigenbedarfs selbsterzeugter Mengen an Erdgas bzw. Elektrizität

Vielen Dank für Ihr Schreiben vom , mit dem Sie um Klärung mehrerer Auslegungsfragen zu dem (BStBl 2005 I S. 849) bitten. Zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen nimmt das BMF unter Bezugnahme auf die Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung:

1. Gehören Netzverluste zum Eigenverbrauch?

Die Auffassung, wonach Netzverluste bei der Beurteilung der Wiederverkäufereigenschaft i.S.d. § 3g UStG bei der Ermittlung des eigenen Verbrauchs des Unternehmens nicht zu berücksichtigen sind, schließt sich das BMF an.

Jedoch ist die Annahme, nur Verbräuche (von Gas oder Elektrizität) in Kraftwerken gehörten zum Eigenverbrauch, nicht gerechtfertigt. Denn auch der Verbrauch außerhalb des Kraftwerks, wie z.B. in allgemeinen Verwaltungsgebäuden, führt zu einem Verbrauch zu unternehmerischen Zwecken. Darüber hinaus ist auch der Verbrauch zu nichtunternehmerischen Zwecken in die Betrachtung einzubeziehen.

2. Kann davon ausgegangen werden, dass vorrangig die selbst erzeugten Mengen an Gas oder Elektrizität „eigenverbraucht” werden?

Für die Beurteilung der Wiederverkäufereigenschaft bleiben nach Tz. 1.5 des o.g. selbst erzeugte Mengen an Gas oder Elektrizität außer Ansatz. Dies bedeutet, dass die nach § 3g UStG erforderlichen Grenzwerte nur hinsichtlich der (von anderen Unternehmern) erworbenen Mengen erfüllt sein müssen. Ob die selbst erzeugte Menge veräußert oder zum Verbrauch (im eigenen Unternehmen) verwendet wird, ist daher unbeachtlich. Ebenso ist die veräußerte Energiemenge, die selbst erzeugt wurde, hinsichtlich der Beurteilung der Wiederverkäufereigenschaft aus der Gesamtmenge der veräußerten Energie auszuscheiden; sie beeinflusst die nach § 3g UStG einzuhaltenden Grenzwerte nicht.

Unter den geschilderten Umständen, wonach der Kraftwerkseigenbedarf (sowie ggf. auch der für die übrigen Unternehmensteile erforderliche Bedarf) aus der Differenz zwischen Bruttoerzeugung (z.B. Output des Generators) und Nettoerzeugung (Abgabe in das Netz zur Verfügung durch andere Unternehmer) gespeist wird, ist die Annahme daher zutreffend.

Anders verhält es sich jedoch, wenn tatsächlich die gesamte Bruttoerzeugung zunächst in das Netz eingespeist wird und der Eigenbedarf im Anschluss daran vollständig aus dem Netz entnommen wird. Dieser Fall wird zwar von Ihnen als unlogisch bezeichnet, könnte aber vor dem Hintergrund des Gesetzes über erneuerbare Energien (EEG) durchaus vorkommen, wenn der Stromerzeuger für den selbst erzeugten (sog. grünen) Strom eine höhere Einspeisevergütung erhält als von ihm für den abgenommenen Strom zu zahlen ist oder ihm Stromzertifikate zugeteilt werden. In diesem Fall würde der Eigenbedarf aus dem zugekauften Strom gedeckt, was zur Folge hätte, dass die erworbene Menge an Elektrizität insoweit zum eigenen Bedarf verwendet würde und bei der Beurteilung der Wiederverkäufereigenschaft einzubeziehen wäre.

Die Betrachtung des gesamten Unternehmens, im Falle einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft also des gesamten Organkreises, gilt bei der Prüfung der Wiederverkäufereigenschaft auch bei der Beurteilung des Eigenbedarfs sowie der verkauften Menge.

3. Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von Bilanzkreisabrechnungen

Beim sog. Bilanzkreisausgleich besteht die Leistung des Übertragungsnetzbetreibers nicht in der Abgabe von Elektrizität zum Ausgleich von Mehr- oder Mindermengen gegenüber dem geplanten Transfervolumen der angeschlossenen Verteilernetzbetreiber, sondern vielmehr darin, durch Einspeisung oder Ausspeisung von Energie die Spannung innerhalb des Übertragungsnetzes auf einem Niveau zu halten, das eine möglichst verlustfreie Durchleitung der Elektrizität ermöglicht. Zwar wird über die Leistung des Übertragungsnetzbetreibers „wie über eine Lieferung” abgerechnet, jedoch beinhaltet der den angeschlossenen Übertragungsnetzbetreibern in Rechnung gestellte Betrag neben dem eigentlichen Energiepreis (Primärenergiepreis) auch die sog. Regelleistung des Übertragungsnetzbetreibers. Das Entgelt (Regelenergiepreis) deckt somit alle diesem entstehenden Betriebskosten ab und ist dementsprechend wesentlich höher als der Primärenergiepreis. Aktuell liegt z.B. der Regelenergiepreis mit ca. 109 €/MWh etwa beim Doppelten der Höhe des Primärenergiepreises mit ca. 57 €/MWh (Stand: März 2006).

Es wird daher davon ausgegangen, dass die Abgabe von Energie im Rahmen des sog. Bilanzkreis- oder Regelzonenausgleichs sich nicht als eigenständige Lieferung vollzieht und dementsprechend bei der Beurteilung der Wiederverkäufereigenschaft unberücksichtigt bleiben kann.

4. Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des sog. Differenzausgleichs

Bezüglich der Behandlung des sog. Differenzausgleichs teilt das BMF die Rechtsauffassung, nach der insoweit kein Leistungsaustausch vorliegt. Denn der Differenzausgleich wird lediglich gezahlt, um die den Netzbetreibern im Einzelfall in unterschiedlicher Höhe je nach tatsächlicher Durchleitung entstehenden Kosten für die (gegenüber den Stromhändlern) unentgeltliche Durchleitung der Energie gleichmäßig auf alle Netzbetreiber und letztendlich auf alle Kunden zu verteilen. Eine tatsächliche Leistung ist damit hingegen nicht verbunden. Die Ausgleichszahlungen sind darüber hinaus auch keiner tatsächlichen Netzbelastung konkret zurechenbar.

Der Differenzausgleich zwischen den Netzbetreibern ist daher umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich. Soweit hierüber bislang mit gesondertem Steuerausweis abgerechnet wurde, wird dies für Abrechnungszeiträume, die vor dem enden, nicht beanstandet.

BMF v. - IV A 5 - S 7124 - 5/06

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:


Fundstelle(n):
UR 2007 S. 122 Nr. 3
IAAAC-26297