BFH Beschluss v. - VIII B 233/05

Zeitpunkt der Berücksichtigung von Wertminderungen einer Darlehensforderung des Gesellschafters gegen die Personengesellschaft

Gesetze: EStG § 16

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin zu 1. (Klägerin zu 1.) ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).

Die Klägerin zu 1. hat den behaupteten Verfahrensverstoß gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Im Übrigen wäre die Beschwerde, selbst wenn der gerügte Verfahrensmangel vorläge, im Ergebnis unbegründet (§ 126 Abs. 4 FGO).

1. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und tatsächlich auch vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung des Finanzgerichts (FG) beruhen kann.

Die Geltendmachung eines Verfahrensmangels verlangt die genaue Angabe der Tatsachen, die den gerügten Mangel ergeben und gleichzeitig den schlüssigen Vortrag, inwiefern das angefochtene Urteil —ausgehend von der insoweit maßgebenden, ggf. auch unrichtigen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des FG— ohne diesen Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom XI B 220/02, BFH/NV 2004, 345; vom XI B 51/98, BFH/NV 1999, 1099).

a) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das FG seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens, also den gesamten konkretisierten Prozessstoff, zugrunde zu legen. Neben dem Vorbringen der Beteiligten ist insbesondere auch der Inhalt der dem Gericht vorgelegten Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen. Das Urteil des FG beruht auf einem Verfahrensfehler, wenn es eine nach der Aktenlage klar feststehende Tatsache unberücksichtigt gelassen hat und die Entscheidung, wenn das FG den betreffenden Umstand in Erwägung gezogen hätte, möglicherweise anders ausgefallen wäre (vgl. BFH-Beschlüsse vom VII B 38/04, BFH/NV 2005, 1496, m.w.N.; vom III B 151/04, juris; vom IX B 194/03, BFH/NV 2005, 1354).

Allein mit der Behauptung, das FG habe den Sachvortrag übergangen, wird noch kein Verfahrensverstoß i.S. von § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO dargetan (, BFH/NV 2006, 101). Grundsätzlich ist, insbesondere, wenn das Vorbringen im Tatbestand des angefochtenen Urteils erwähnt wird, davon auszugehen, dass das Gericht den Vortrag zur Kenntnis genommen hat. Ob es daraus die zutreffenden Schlüsse gezogen hat, kann hingegen nicht im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geprüft werden (, BFH/NV 2006, 72).

Auch wenn ein Vortrag nicht ausdrücklich in den Entscheidungsgründen gewürdigt wird, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das zur Kenntnis genommene Vorbringen auch bei der Urteilsfindung in die Würdigung miteinbezogen worden ist (BFH-Beschlüsse vom I B 169/00, BFH/NV 2002, 774; vom X B 19/04, juris; vom X B 102/02, BFH/NV 2003, 1209). Das FG ist nämlich nicht verpflichtet, auf jede Einzelheit in seinem Urteil ausdrücklich einzugehen. Seine Pflicht zur vollständigen Berücksichtigung des Streitstoffes verletzt das FG erst, wenn es einen bestimmten Tatsachenvortrag erkennbar unberücksichtigt lässt, obwohl dieser auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Auffassung entscheidungserheblich sein kann (, BFH/NV 2005, 994). Macht ein Beteiligter geltend, dass im konkreten Fall das Gericht Umstände nicht berücksichtigt habe, so muss er hierfür konkrete besondere Anhaltspunkte benennen (, juris).

Einwendungen gegen die tatsächliche Würdigung des streitigen Sachverhalts oder gegen die rechtliche Würdigung betreffen hingegen keine Verfahrensmängel, sondern die Anwendung materiellen Rechts, die als solche nicht zur Zulassung der Revision führen kann (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 101).

b) Das FG hat im Tatbestand ausdrücklich auf den Erörterungstermin vom sowie auf die mündliche Verhandlung vom und die entsprechenden Sitzungsniederschriften Bezug genommen. In den Urteilsgründen hat das FG zwar zwei gegen eine Teilwertabschreibung sprechende Umstände besonders hervorgehoben, nämlich die entgeltliche Übertragung der Gesellschaftsanteile einschließlich der Darlehenskonten sowie die Einbringung des Grundstücks W. Es hat diese beiden Aspekte erkennbar gegen die ausdrücklich erwähnten wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens der Klägerin zu 1. abgewogen, sie jedoch als nachhaltigen Beitrag zur Konsolidierung der Finanzlage und zur Weiterführung der Produktion gewürdigt.

Die mit dem Abschluss als Diplom-Betriebswirtin tätige Liquidatorin hat zwar mit nachgelassenem Schriftsatz vom auf die auch mit der Nichtzulassungsbeschwerde herausgestellten Umstände bezüglich der Einbringung des Grundstücks und der Ermittlung des Kaufpreises für den Geschäftsanteil hingewiesen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) hat indes in seiner Erwiderung mit Schriftsatz vom auf die abweichenden Verhältnisse des Streitjahres 1998 abgehoben.

Selbst wenn die Würdigung des FG unzutreffend wäre, so läge darin allenfalls ein materiell-rechtlicher Mangel, nicht jedoch ein Verfahrensverstoß des FG (vgl. auch BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1496, m.w.N.).

2. Die Beschwerde könnte im Übrigen, selbst wenn der gerügte Verfahrensmangel vorläge, im Ergebnis keinen Erfolg haben, weil eine zukünftige Revision nicht begründet wäre. § 126 Abs. 4 FGO ist auch im Verfahren der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision entsprechend anwendbar (, BFH/NV 2005, 1276, m.w.N.).

Darlehensforderungen des Gesellschafters gegen die Personengesellschaft sind, wenn sie mit dem Gesellschaftsverhältnis wirtschaftlich zusammenhängen, als Sonderbetriebsvermögen I in dessen Sonderbetriebsvermögen zu aktivieren (, BFHE 191, 347, BStBl II 2000, 347; vom VIII R 78/97, BFHE 187, 227, BStBl II 1999, 163).

In der Steuerbilanz der Personengesellschaft stellen sie Fremdkapital dar (, BFHE 183, 379, BStBl II 1998, 180). In der Gesamtbilanz erhöhen sie das Gesamtkapitalkonto des Gläubiger-Mitunternehmers als Eigenkapital (, BFHE 202, 395, BStBl II 2003, 871; in BFHE 183, 379, BStBl II 1998, 180). Die einkommensteuerrechtliche Folge der Wertung als Sonderbetriebsvermögen I ist, dass ein Gesellschafter seine Forderung gegen die Personengesellschaft auch bei einer Insolvenz während des Bestehens der Personengesellschaft nicht gewinnmindernd wertberichtigen darf (vgl. zum Grundsatz der sog. korrespondierenden Bilanzierung im Rahmen der additiven Gewinnermittlung , BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226).

Wertminderungen für den Gesellschafter wirken sich somit erst mit Vollbeendigung der Personengesellschaft oder einer vorherigen Betriebsaufgabe i.S. von § 16 des Einkommensteuergesetzes gewinnmindernd aus (, BFHE 182, 33, BStBl II 1997, 277; in BFHE 202, 395, BStBl II 2003, 871; in BFHE 191, 347, BStBl II 2000, 347; zum Ganzen ausführlich Schmidt/Wacker, EStG, 25. Aufl., § 15 Rz. 540 bis 544, m.w.N.).

Im Streitfall war die Klägerin zu 1. indes weder im Zeitpunkt des Stichtags der Bilanzerstellung noch im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung bereits voll beendet.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:





Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 2110 Nr. 11
YAAAC-09341