Leitsatz
[1] In einem Berufungsurteil, das auf eine nach dem geschlossene mündliche Verhandlung ergeht, ist eine Beschwer nicht festzusetzen. Geschieht dies dennoch, ist das Revisionsgericht daran nicht gebunden.
Gesetze: EGZPO § 26 Nr. 8
Instanzenzug: OLG Rostock vom LG Schwerin
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt, § 26 Nr. 8 EGZPO.
1. An die - verfehlte - Festsetzung der Beschwer (auf über 20.000 €) durch das Berufungsgericht ist das Gericht der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gebunden, da das seit dem geltende Zivilprozeßrecht, das hier anzuwenden ist, im Gegensatz zum früheren Revisionsrecht (§ 546 Abs. 2 ZPO a.F.) eine Festsetzung der Beschwer nicht vorsieht. Vielmehr hat das Revisionsgericht über die Höhe der Beschwer selbst zu befinden (vgl. Zöller/Gummer ZPO 24. Aufl. § 26 EGZPO Rdn. 12).
2. Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde beschwert die Entscheidung des Berufungsgerichts den Kläger und Widerbeklagten allenfalls in Höhe von 15.388 € (25 x 1.200 DM = 30.000 DM).
a) Das Berufungsgericht hat die Klage auf Gewährung des ungehinderten Zutritts zum Grundstück der Beklagten abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage verurteilt, die von ihm genutzte Teilfläche des Grundstücks unter Abriß des aufstehenden Werkstattgebäudes zu räumen.
Wie auch die Beschwerde einräumt, findet eine Zusammenrechnung der Beschwer hinsichtlich der Klage und der Hilfswiderklage nach § 5 ZPO nicht statt, da insoweit teilweise Identität des Streitgegenstandes vorliegt.
Das Berufungsgericht hat den Streitwert des Klageantrages und des korrespondierenden Räumungsantrags der Widerklage auf der Grundlage eines Jahrespachtwerts von 1.200 DM nach § 16 GKG a.F. auf diesen Wert festgesetzt. Dies wird von der Beschwerde nicht angegriffen und läßt Rechtsfehler nicht erkennen.
Es kann dahinstehen, ob die insoweit nach § 8 ZPO festzusetzende Beschwer dem in dieser Vorschrift als Höchstbetrag genannten 25fachen Jahreswert (hier 30.000 DM) entspricht oder die streitige Zeit hier geringer anzusetzen ist. Ein höherer Wert der Beschwer als 30.000 DM (15.388 €) kommt jedenfalls nicht in Betracht.
b) Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde erhöht sich die Beschwer des Klägers dadurch, daß er das auf der zu räumenden Teilfläche befindliche Gebäude abzureißen hat, nicht um die Höhe der Abrißkosten oder gar den Verkehrswert des Gebäudes. Das Verlangen, das Gebäude zu entfernen, ist Teil des mit der Widerklage geltend gemachten Rückgabeanspruchs; der damit verbundene Kostenaufwand erhöht weder den Gebührenstreitwert noch die Beschwer (vgl. Senatsbeschluß vom - XII ZR 240/94 - NJW-RR 1995, 781, 782; - NJW-RR 1994, 256).
c) Ferner erhöht sich die Beschwer des Klägers entgegen dessen Auffassung auch nicht durch die Abweisung seines Hilfsantrages, dem Räumungsbegehren der Widerklägerin nur Zug um Zug gegen eine angemessene Entschädigung stattzugeben. Der Beschwerdewert für das Rechtsmittel bestimmt sich nur dann nach dem Wert des geltend gemachten Gegenrechts, wenn die zur Räumung verurteilte Partei mit ihrem Rechtsmittel nicht mehr ihre Verurteilung als solche angreift, sondern lediglich erreichen will, daß sie nur Zug um Zug gegen Erfüllung ihres Gegenanspruchs zur Räumung verurteilt bleibt (vgl. Senatsbeschluß vom - XII ZR 204/94 - NJW-RR 1995, 706; - NJW-RR 2004, 714). Hier hat die Nichtzulassungsbeschwerde jedoch ausdrücklich den Revisionsantrag angekündigt, das Berufungsurteil (insgesamt) aufzuheben, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt wurde. In einem solchen Fall ist allein der Wert des in erster Linie bekämpften Räumungsanspruchs für die Festsetzung der Beschwer maßgeblich (vgl. Zöller/Herget aaO § 3 Stichworte "Gegenleistung" und "Zug-um-Zug-Leistungen").
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
SAAAC-06336
1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: ja