Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ZPO § 531 Abs. 2; GmbHG § 60 Abs. 1 Nr. 4; GmbHG § 65 Abs. 1 Satz 3; InsO § 80
Instanzenzug: LG Mainz 1 O 532/01 vom OLG Koblenz 8 U 358/03 vom
Tatbestand
Die Klägerin, eine Bauträgergesellschaft, über deren Vermögen am das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, nimmt den beklagten Architekten wegen fehlerhafter Berechnungen des umbauten Raumes der Einheiten einer Wohnanlage auf Schadensersatz in Anspruch. Der Insolvenzverwalter gab die Forderung am frei. Die Forderung unterfiel einer Globalzession, welche die Klägerin der Sparkasse am erteilt hatte. Am trat die Sparkasse die Forderung wiederum an die Klägerin ab. Im Laufe des Berufungsverfahrens schlossen die Klägerin, der Insolvenzverwalter und die Sparkasse am eine "klarstellende Vereinbarung", in der die Freigabe und die Rückabtretung nochmals bestätigt wurden und sich Insolvenzverwalter und Sparkasse mit der Geltendmachung der Forderung im vorliegenden Verfahren einverstanden erklärten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch in vollem Umfang weiter.
Gründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung.
I.
Das Berufungsgericht meint, die Klage sei bereits unzulässig, weil die Klägerin nicht ordnungsgemäß durch den Insolvenzverwalter vertreten sei. Darüber hinaus habe sie als GmbH "i.L." klagen müssen.
Diese Ausführungen beanstandet die Revision zu Recht. Die Klage ist zulässig.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs ist der Verwalter nicht Vertreter des Schuldners, sondern Partei kraft Amtes (z.B. BGHZ 88, 331, 334; 100, 346, 351; , WM 1996, 1411, 1412). Partei- und Prozessfähigkeit des Schuldners bleiben von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unberührt. Gleiches gilt für die Organstellung der Organe einer juristischen Person. Die Organe bleiben bestehen, nehmen aber nur solche Kompetenzen wahr, die nicht die Insolvenzmasse betreffen (MünchKomm-InsO/Ott, § 80 Rn. 112; Kübler/Prütting/Lüke, InsO § 80 Rn. 10; vgl. auch Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 80 Rn. 4). Der Verwalter war damit nicht der gesetzliche Vertreter der Klägerin in Bezug auf das hier streitige "freie" Vermögen, das nicht zur Masse gehört. Auf dieser Ansicht beruht bereits das Senatsurteil vom (IX ZR 281/03, WM 2005, 1084, z.V.b. in BGHZ 163, 32). In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte eine GmbH & Co. KG geklagt, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Die Forderung gehörte nach ihrer Freigabe zum freien Vermögen der Klägerin und konnte deshalb von dieser eingeklagt werden.
Das Berufungsgericht, das abweichend von der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung der Vertretertheorie folgt, hat im Übrigen übersehen, dass selbst nach dieser Theorie sich die Vertretungsbefugnis auf die Masse beschränkt und nicht auf das insolvenzfreie Vermögen erstrecken kann (vgl. Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 6 Rn. 55; MünchKomm-InsO/Graeber, § 56 Rn. 105).
2. Das Fehlen des Zusatzes "i.L." macht die Klage nicht unzulässig. § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO verlangt (nur) die Bezeichnung der klagenden Partei in der Weise, dass kein Zweifel an deren Identität besteht und sie sich für jeden Dritten ermitteln lässt (Thomas/Putzo/Reichold, ZPO 27. Aufl. § 253 Rn. 7; Zöller/Greger, ZPO 25. Aufl. § 253 Rn. 8). Zweifel daran, wer Kläger ist, bestehen unabhängig von dem Zusatz "i.L." nicht. Die Liquidationsgesellschaft ist mit der werbenden Gesellschaft identisch (Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 9. Aufl. § 69 Rn. 1).
3. Soweit die Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht hat, die Klägerin sei nach den Feststellungen des Landgerichts im Handelsregister gelöscht und aus diesem Grund nicht mehr partei- und prozessfähig, ist dies unzutreffend. Das Berufungsgericht hat eine Löschung der Klägerin nicht festgestellt, sondern im Tatbestand lediglich die Ausführungen des Landgerichts dargestellt, wonach die Klägerin trotz ihrer Löschung parteifähig sei. Eine Löschung lag indessen nicht vor, die Ausführungen des Landgerichts beruhen insoweit, wie die erstinstanzlichen Ausführungen des Beklagten, auf einer Verkennung des Unterschieds zwischen Auflösung und Löschung einer GmbH. Der Beklagte hatte zwar behauptet, die Klägerin sei infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von Amts wegen im Handelsregister gelöscht worden. Zur Begründung hatte er aber unter Vorlage eines entsprechenden Handelsregisterauszugs lediglich die Auflösung der Klägerin dargelegt, die infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG eingetreten und entsprechend § 65 Abs. 1 Satz 3 GmbHG ins Handelsregister eingetragen worden war. Die Fähigkeit, vor Gericht zu klagen, verliert die GmbH aber erst mit ihrer Vollbeendigung (vgl. , ZIP 1996, 842). Diese ist hier während des laufenden Insolvenzverfahrens noch nicht eingetreten. Eine Löschung wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG, § 141a FGG ist weder behauptet worden noch ergibt sie sich aus dem vorgelegten Handelsregisterauszug.
II.
Das Berufungsgericht hat gemeint, die Klage sei jedenfalls unbegründet, weil die Forderung nicht der Klägerin, sondern der Sparkasse zustehe. Wegen der Globalzession habe der Insolvenzverwalter die Forderung nicht freigeben können, weil damit in die Berechtigung der Zessionarin eingegriffen worden wäre. Die Rückabtretung der Forderung sei ins Leere gegangen; denn die Klägerin sei bei Abschluss dieses Abtretungsvertrages nicht vom Insolvenzverwalter vertreten worden. Die im Verlauf des Berufungsverfahrens geschlossene "klarstellende Vereinbarung" habe im Hinblick auf § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr in den Rechtsstreit eingeführt werden können.
1. Sieht der Richter eine Klage als unzulässig an, darf er sie nicht daneben oder stattdessen als unbegründet abweisen. Die Ausführungen zur fehlenden Begründetheit der Klage gelten in einem solchen Fall als nicht geschrieben. In Rechtskraft erwachsen könnte nur die Abweisung der Klage als unzulässig (BGHZ 11, 222, 224; 46, 281, 284; , MDR 1976, 138; v. - II ZR 319/98, WM 2000, 2315, 2316; Thomas/Putzo/Reichold, aaO vor § 253 Rn. 8; Zöller/Vollkommer, aaO vor § 253 Rn. 10).
2. Davon abgesehen können die Erwägungen des Berufungsgerichts in der Sache eine Abweisung der Klage nicht tragen.
a) Soweit die Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gerügt hat, die Klägerin habe wegen ihrer Löschung im Handelsregister keine Vermögenswerte mehr erwerben können, ist dies schon deshalb unzutreffend, weil eine Löschung nicht festgestellt worden ist. Auf die Ausführungen oben unter I 3 wird Bezug genommen.
b) Der Insolvenzverwalter konnte die Forderung der Klägerin gegen den Beklagten freigeben. Der Verwalter ist auch im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft befugt, einen Massegegenstand freizugeben ( aaO). Das gilt auch dann, wenn die freizugebende Forderung mit einem Absonderungsrecht belastet ist. Die Freigabe stellt keinen Eingriff in die Rechte des Absonderungsberechtigten dar, weil dessen Recht unverändert bestehen bleibt. Ein Grund für eine Beeinträchtigung oder Aufhebung dieses Rechts im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar. Das Berufungsgericht hat für seine gegenteilige Annahme auch keinerlei Begründung anzugeben vermocht.
c) Die Rückabtretung der Forderung durch die Sparkasse an die Klägerin war wirksam. Die Forderung ist am freigegeben worden; die Rückabtretung erfolgte zeitlich später, nämlich am . Wie bereits ausgeführt, wurde die Klägerin durch ihren Geschäftsführer vertreten, nicht durch den Insolvenzverwalter. Hinsichtlich des freigegebenen Vermögens war dieser uneingeschränkt handlungs- und verfügungsbefugt. Er konnte einen Vertrag über die Rückübertragung der Forderung an die Klägerin schließen. Das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Verwalters bezieht sich gemäß § 80 InsO nur auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen.
d) Das neue Vorbringen über die klarstellende Vereinbarung vom war unstreitig. Schon deshalb musste es vom Berufungsgericht berücksichtigt werden (BGHZ 161, 138, 141).
Im Übrigen hätte das Berufungsgericht dieses Vorbringen selbst dann nicht gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zurückweisen dürfen, wenn es streitig gewesen wäre. Das Landgericht hatte keinen Zweifel an der Aktivlegitimation der Klägerin. Aus der Sicht des Berufungsgerichts (die hier maßgeblich ist, vgl. BGHZ 158, 295, 302; Zöller/Gummer/Heßler, aaO § 531 Rn. 21) ging es also um einen rechtlichen Gesichtspunkt, der vom Gericht des ersten Rechtszuges für unerheblich gehalten oder übersehen worden war (§ 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO; vgl. BGHZ 158, 295, 302). Deshalb durften auf die (freilich unzutreffenden) Hinweise des Berufungsgerichts zur angeblich fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin neue Angriffsmittel vorgebracht werden. Sie mussten dann auch berücksichtigt werden. Andernfalls würde die Hinweispflicht leer laufen (, BGH-Report 2005, 671 m.w.N.).
III.
Bei der Zurückweisung hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Die Anordnung der Gerichtskostenfreiheit für das Revisionsverfahren beruht auf § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F., § 72 Nr. 1 GKG (vgl. , BRAGOreport 2003, 206).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
LAAAC-00680
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein