Leitsatz
[1] Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gesetze: ZPO § 564 Abs. 1 a.F.
Instanzenzug: OLG Koblenz 8 U 1802/99 vom LG Mainz 1 O 23/99 vom
Tatbestand
Der Kläger war bis Ende 1985 als Einzelkaufmann Inhaber eines Kfz-Betriebes mit Verkauf und Kundendienst. Im Jahre 1985 wurde der Betrieb aufgespalten. Der Kläger gründete eine GmbH und übertrug dieser den gesamten Geschäftsbetrieb seines Unternehmens. Gesellschafter der GmbH waren der Kläger mit einem Anteil von 78.000 DM sowie seine beiden Söhne mit je 36.000 DM. Die Betriebsgrundstücke verpachtete der Kläger an die GmbH. Die daraus erzielten Einkünfte versteuerte er als solche aus dem Gewerbebetrieb.
Der Beklagte war von 1984 bis 1989 und - nach dem bestrittenen Vortrag des Klägers - erneut ab November/Dezember 1992 Steuerberater des Klägers. Dieser übertrug am seine GmbH-Anteile zu gleichen Teilen auf seine Söhne. Im Jahre 1997 stellte das Finanzamt die Beendigung der Betriebsaufspaltung fest. Dies führte zu einer Abänderung der Einkommen-, Kirchen- und Gewerbesteuerbescheide für 1993 mit einer zusätzlichen Steuerlast von insgesamt 157.481,40 DM.
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch, weil er ihn vor der Übertragung seiner Gesellschaftsanteile über deren steuerliche Auswirkungen fehlerhaft beraten habe. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und den Beklagten im Wesentlichen antragsgemäß verurteilt. Mit der Revision begehrt dieser die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Gründe
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht ist nach Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass zwischen den Parteien bereits im November/Dezember 1992 ein mündlicher Beratungsvertrag geschlossen worden sei und der Beklagte den Kläger fehlerhaft beraten habe. Der Beklagte habe den Kläger nicht darauf hingewiesen, dass die Übertragung seiner GmbH-Anteile auf seine beiden Söhne eine steuerschädliche Beendigung der Betriebsaufspaltung darstelle. Hätte der Beklagte dies getan und Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung der steuerlichen Nachteile aufgezeigt, wären die von dem Kläger für das Jahr 1993 nachgezahlten Steuern nicht angefallen.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, wie sich der Kläger verhalten hätte, wenn er vom Beklagten pflichtgemäß belehrt worden wäre. Der Hinweis, die von dem Kläger für das Jahr 1993 nachgezahlten Steuern wären nicht angefallen, wenn der Beklagte den Kläger auf die mit der Übertragung der GmbH-Anteile verbundenen Nachteile hingewiesen und Gestaltungsmöglichkeiten zu ihrer Vermeidung aufgezeigt hätte, reicht nicht aus.
2. Der Vortrag des Klägers hätte solche Feststellungen auch nicht erlaubt, weil er unschlüssig ist.
a) Um die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung eines steuerlichen Beraters für einen Schaden festzustellen, ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten genommen hätten, insbesondere wie der Mandant darauf reagiert hätte, und wie dessen Vermögenslage dann wäre (ständige Rechtsprechung, vgl. , WM 2004, 475, 476). Dabei hat grundsätzlich der Geschädigte den Ursachenzusammenhang zwischen der Vertragsverletzung und dem Schaden als anspruchsbegründende Voraussetzung darzutun und nachzuweisen (BGHZ 123, 311, 313).
b) Nach dem Vortrag des Klägers hätte er bei zutreffender Unterrichtung über die Steuerbelastung entweder ganz von der Übertragung der Gesellschaftsanteile Abstand genommen oder aber einen anderen Weg gesucht und gefunden, den Kfz-Betrieb allmählich in die alleinige wirtschaftliche Verantwortung der Söhne zu überführen, beispielsweise durch Gründung einer neuen Gesellschaft, die dann nach und nach die geschäftlichen Aktivitäten der GmbH hätte übernehmen können. Dieser Vortrag genügt nicht, um den Ursachenzusammenhang zwischen der Fehlberatung des Beklagten und dem geltend gemachten Schaden darzustellen.
aa) Trägt der Mandant vor, dass als Reaktion auf eine zutreffende Beratung mehrere objektiv gleich vernünftige Verhaltensmöglichkeiten in Betracht gekommen wären, so muss er den Weg bezeichnen, für den er sich konkret entschieden hätte. Auch trifft ihn dann die volle Beweislast, weil der Anscheinsbeweis in einem solchen Fall nicht eingreift (BGHZ 123, 311, 319; , WM 2000, 1351, 1352). Weiterer Vortrag hätte nur unterbleiben dürfen, wenn steuerrechtlich sämtliche Wege ein vollkommen gleiches Ergebnis erbracht hätten, so dass sich im jeweiligen Gesamtvermögensvergleich identische Schadensbilder ergeben hätten.
bb) Im vorliegenden Fall ist nicht feststellbar, dass auch nur eine der vorgetragenen Handlungsmöglichkeiten zu dem von dem Kläger gewünschten Erfolg geführt hätte.
(1) Hätte er - gemäß der ersten Variante - von der Übertragung der GmbH-Anteile auf die Söhne abgesehen und auch sonst alles beim Alten gelassen, wäre nicht auszuschließen, dass der steuerliche Nachteil ebenso, nur etwas später, eintreten würde. Da die im Spätjahr 1992 getroffene Regelung gewisse Züge einer vorweggenommenen Erbfolge aufweist, liegt es möglicherweise nahe, ist es in Ermangelung jeglichen Vortrags jedenfalls nicht auszuschließen, dass der Kläger ohne diese Vorwegnahme seine Erbfolge genau so gestaltet hätte. Dann entfiele die personelle Verflechtung künftig in der gleichen Weise, wie sie im Spätjahr 1992 entfallen ist. Durch diese Beendigung der personellen Verflechtung aufgrund Erbgangs würde die Betriebsaufspaltung ebenfalls beendet und die stillen Reserven würden aufgelöst (Kirchhof/Reiß, EStG 4. Aufl. § 15 Rn. 112). Gegebenenfalls würde der Schadenseintritt also nicht vermieden, sondern lediglich hinausgeschoben. Allerdings würde der Schaden dann nicht bei dem Kläger, sondern bei den Söhnen eintreten. Ob ein solcher Erfolg dem Kläger erwünscht gewesen wäre, ist jedoch nicht dargetan.
(2) Ob die Söhne des Klägers bei der von ihm vorgetragenen Alternative - allmähliche Verlagerung der geschäftlichen Aktivität auf eine neu zu gründende GmbH - überhaupt bereit und in der Lage waren, die für die Neugründung notwendigen Mittel, insbesondere das Mindeststammkapital, aufzubringen, ist nicht dargelegt. Der Antrag des Klägers, über die wirtschaftliche Möglichkeit dieses Vorhabens ein Sachverständigengutachten einzuholen, ersetzt keinen konkreten Sachvortrag.
Im Übrigen hätte dieser Weg, selbst wenn er wirtschaftlich gangbar gewesen wäre, rechtlich keinen Erfolg versprochen. Er hätte ebenfalls zum Wegfall der personellen Verflechtung geführt, weil der Kläger an dem neuen Betriebsunternehmen nicht mehr beteiligt gewesen wäre. Die Betriebsaufspaltung hätte also - mit den entsprechenden steuerlichen Nachteilen - auch nach dieser Variante ihr Ende gefunden.
III.
Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Die Sache ist zur Endentscheidung reif, weil die Schlüssigkeit der Klage unter dem Gesichtspunkt der Ursächlichkeit einer etwaigen Pflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden schon in dem erstinstanzlichen Urteil bezweifelt worden ist und der Kläger ausreichend Gelegenheit hatte, etwaige Möglichkeiten zur schlüssigen Begründung seiner Klage zu nutzen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
EAAAC-00130
1Nachschlagewerk: nein; BGHZ: nein; BGHR: nein