Instanzenzug:
Gründe
I. Mit Beschluss vom XI S 23/02 (PKH) —BFH/NV 2004, 48— bewilligte der Senat Prozesskostenhilfe (PKH) für die bereits eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde XI B 164/02 hinsichtlich der Streitjahre 1986 und 1987 mit der Maßgabe, dass der Antragsteller nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens im Falle des Unterliegens die Kosten des Verfahrens aus seinem Vermögen zu tragen habe. Nach den Angaben des Antragstellers sei zwar davon auszugehen, dass er die Kosten einer Prozessführung nicht aus seinem Einkommen bestreiten könne; er besitze aber zwei Grundstücke. Es sei nicht auszuschließen, dass bei deren Verkauf ein über die eingetragenen Belastungen hinausgehender Erlös erzielt werden könne, der ggf. zur Deckung der Prozesskosten eingesetzt werden könnte. Hinsichtlich der Streitjahre 1983 bis 1985 wurde PKH mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgelehnt; das Finanzgericht (FG) hatte die Klage insoweit mangels Vorverfahren als unzulässig abgewiesen.
Der Beschluss über die Gewährung von PKH wurde dem Antragsteller am zugestellt. Die Beschwerde wurde, nachdem eine Begründung ausblieb, durch Senatsbeschluss vom XI B 164/02 (BFH/NV 2004, 969) als unzulässig verworfen.
Mit Schreiben vom legte der Prozessvertreter des Antragstellers betreffend die Streitjahre 1986 und 1987 „sofortige Beschwerde” gegen den PKH-Beschluss in BFH/NV 2004, 48 ein und beantragte wegen der Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Mit weiterem Schreiben vom beantragte er wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist im Beschwerdeverfahren in BFH/NV 2004, 969 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründete die Nichtzulassungsbeschwerde. An der Einhaltung der Beschwerdefrist sei der Antragsteller ohne sein Verschulden aus gesundheitlichen Gründen seit einem Krankenhausaufenthalt im Juni 2003 verhindert gewesen; hierzu legte der Prozessvertreter ein ärztliches Gutachten vor.
Mit Schreiben vom erweiterte er die „sofortige Beschwerde” gegen den PKH-Beschluss in BFH/NV 2004, 48 auf die Streitjahre 1983 bis 1985 und beantragte auch insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist. Der Antragsteller sei aus den bereits angeführten Gründen auch insoweit gesundheitlich verhindert gewesen und finanziell weiterhin zur Führung eines Rechtsstreits nicht in der Lage.
Zur Begründung führte der Antragsteller aus, mit der Beschwerde werde die uneingeschränkte Bewilligung von PKH verfolgt. Im Falle einer Veräußerung der Grundstücke sei kein Überschuss zu erwarten; seit der Belastung der Grundstücke sei der Bodenrichtwert pro qm von seinerzeit 360 DM (rd. 184 €) auf 110 € gefallen. Zudem diene ihm eines der beiden Grundstücke als Wohnung. Hinsichtlich der Streitjahre 1983 bis 1985 sei zudem mittlerweile das Vorverfahren durchgeführt worden. Das Verfahren über die hiergegen erhobene neue Klage sei vom FG eingestellt worden, weil das FG eines seiner Schreiben als Klagerücknahme gewertet habe. Damit könne —so der Antragsteller— „auch über die Streitjahre 1983 bis 1985 nunmehr im Rahmen der Revision entschieden werden”.
II. Die als Gegenvorstellung anzusehende Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Soweit der Antragsteller mit seiner Beschwerde eine Überprüfung des Beschlusses in BFH/NV 2004, 48 dahin gehend verfolgt, dass ihm für die Streitjahre 1986 und 1987 PKH uneingeschränkt zu gewähren sei, ist sein Schreiben nicht als —grundsätzlich mögliche— Stellung eines neuen PKH-Antrags aufzufassen; der Antragsteller hat insoweit keine wesentlich neuen Angaben unterbreitet, sondern verweist lediglich —wie bereits in seinem ersten Antrag— auf die Belastung der Grundstücke.
Mangels anderweitig statthaftem Rechtsmittel ist die vom Antragsteller —so bezeichnete— „sofortige Beschwerde” in analoger Anwendung des § 321a der Zivilprozessordnung (ZPO) als Gegenvorstellung auszulegen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 142 Rz. 37); die Bestimmungen über die Anhörungsrüge i.S. des § 133a der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. von Art. 10 Nr. 2 des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vom (BGBl I 2004, 3220) kommen vorliegend noch nicht zur Anwendung. § 321a ZPO enthält den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass die Beseitigung schweren Verfahrensunrechts nach Ergehen einer mit förmlichen Rechtsmitteln nicht anfechtbaren Entscheidung durch das entscheidende Gericht selbst zu erfolgen hat (vgl. , BFH/NV 2005, 307, m.w.N.).
Die Gegenvorstellung ist unzulässig. Der Antragsteller hat die nach § 155 FGO i.V.m. § 321a Abs. 2 Satz 2 ZPO entsprechend geltende Frist von zwei Wochen seit Zustellung des Urteils nicht gewahrt (vgl. , BFH/NV 2004, 660, m.w.N.). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Beschwerdefrist ist nicht zu gewähren. Der Senat verweist hierzu auf seinen Beschluss XI B 164/02 vom heutigen Tag. Im Übrigen kann eine sog. Gegenvorstellung nur in bestimmten Ausnahmefällen zur Änderung einer formell rechtskräftigen Entscheidung führen. Dies ist der Fall bei schwerwiegenden Grundrechtsverstößen oder wenn die angegriffene Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (vgl. BFH-Beschlüsse vom X S 2/02 (PKH), BFH/NV 2002, 1611; vom V B 250/02, BFH/NV 2003, 1596, und vom IX S 1/03, BFH/NV 2003, 937, jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind substantiiert darzulegen (vgl. , BFH/NV 2000, 1131). Hierzu hat der Antragsteller indes weder etwas vorgetragen, noch sind Anhaltspunkte für einen derartigen Verstoß ersichtlich.
2. Die „Beschwerde” enthält nach Auffassung des Senats zugleich erneute PKH-Anträge hinsichtlich der beiden für das Beschwerdeverfahren XI B 164/02 gestellten Wiedereinsetzungsanträge in den vorigen Stand vom (betreffend die Streitjahre 1986 und 1987) bzw. vom (betreffend die Streitjahre 1983 bis 1985) und ein hierdurch eventuell wieder eröffnetes Beschwerdeverfahren. Die Anträge sind zulässig, da gerichtliche Entscheidungen im PKH-Verfahren nicht in materielle Rechtskraft erwachsen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 142 Rz. 22, m.w.N.; , juris Nr: STRE200451293), aber nicht begründet.
Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 ZPO wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten erbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Wie sich aus dem Beschluss des Senats XI B 164/02 vom heutigen Tag ergibt, sind die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand weder für die Jahre 1986 und 1987 noch für die Jahre 1983 bis 1985 gegeben. Die weitere Verfolgung der bereits mit Beschluss in BFH/NV 2004, 969 rechtskräftig abgelehnten Beschwerde kann deshalb keinen Erfolg haben.
3. a) Hinsichtlich der neu gestellten PKH-Anträge ist eine Kostenentscheidung nicht zu treffen; Gerichtsgebühren sind für den PKH-Antrag nicht entstanden (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ZPO; § 1 Nr. 3 i.V.m. § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes —GKG—).
b) Eine Kostenentscheidung hinsichtlich des Verfahrens über die Gegenvorstellung ist mangels einer gesetzlichen Regelung nicht zu treffen.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 312 Nr. 2
QAAAB-73484