BMF - IV B 4 - S 1320 - 12/04 BStBl 2004 I S. 1184

Zwischenstaatliche Amtshilfe in Steuersachen;
Delegation von Zuständigkeiten nach § 1a EG-Amtshilfegesetz

Unter Bezugnahme auf die Erörterungen zu TOP 4.2 der Sitzung ASt I/03 und mit Zustimmung der FinMin Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland überträgt das BMF hiermit gemäß § 1a Abs. 4 EG-Amtshilfegesetz den Finanzämtern des jeweiligen Zuständigkeitsbereichs die Aufgaben einer zuständigen Behörde im Sinne des Artikels 1 Abs. 4 der Richtlinie 77/799/EWG für den Auskunftsaustausch mit den Steuerbehörden der französischen Interrégion Est im Bereich der Steuern vom Einkommen und Vermögen.

Anwendungsbereich und Umfang der Delegation ergeben sich aus den Artikeln 1 bis 3 der als Anlage beigefügten Absprache mit dem französischen Ministerium für Wirtschaft, Finanzen und Industrie vom . Im Übrigen verbleibt es für den Bereich der direkten Steuern bei den bisherigen Zuständigkeiten (vgl. Tz. 1.6 des Merkblatts zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Auskunftsaustausch in Steuersachen vom , BStBl 1999 I S. 228, 974).

Die Finanzämter haben bei der Wahrnehmung der Aufgaben einer zuständigen Behörde die allgemeinen Regeln der zwischenstaatlichen Amtshilfe zu beachten, wie sie im Einzelnen im Merkblatt vom zusammengefasst sind. Dazu gehört in den Fällen der Artikel 2 und 3 der Absprache ggf. auch die Pflicht zur Anhörung inländischer Beteiligter (§ 117 Abs. 4 AO; Tz. 5 des Merkblatts).

Die Übertragung der Zuständigkeit erfolgt mit Wirkung ab . Für Verfahren, die bis Ende 2004 anhängig geworden sind, verbleibt es bei der bisherigen Zuständigkeit.

ABSPRACHE ZWISCHEN DEN ZUSTÄNDIGEN BEHÖRDEN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND UND DER FRANZÖSISCHEN REPUBLIK ÜBER DIE DURCHFÜHRUNG DES AUSKUNFTSAUSTAUSCHES BEI DEN STEUERN VOM EINKOMMEN UND VOM VERMÖGEN (DIREKTE STEUERN)

Der Bundesminister der Finanzen und der Minister für Wirtschaft, Finanzen und Industrie,

  • von dem Wunsch geleitet, die Amtshilfe zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik durch engere Zusammenarbeit der Steuerbehörden im grenznahen Gebiet zu intensivieren,

  • auf der Grundlage der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften Nr. 77/799/EWG vom in der jeweils geltenden Fassung über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern und der Mehrwertsteuer (im Folgenden als „Richtlinie” bezeichnet),

    in innerstaatliches Recht transformiert

    • auf deutscher Seite:

      durch das Gesetz zur Durchführung der EG-Richtlinie über gegenseitige Amtshilfe im Bereich der direkten und indirekten Steuern (EG-Amtshilfe-Gesetz) vom ,

    • auf französischer Seite:

      durch Artikel L 114 A des Steuerverfahrensgesetzes

    in der jeweils geltenden Fassung,

haben sich wie folgt verständigt:

Artikel 1 Anwendungsbereich

  1. Für die Durchführung des Auskunftsaustausches (unmittelbarer Auskunftsaustausch) nach dieser Absprache gelten als zuständige Behörde im Sinne des Artikels 1 Abs. 5 der Richtlinie 77/799/EWG

    • auf deutscher Seite:

      die Finanzämter der Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und des Saarlandes,

    • auf französischer Seite:

      die Finanzdirektionen der folgenden 14 Departements:

      Bas-Rhin, Haut-Rhin (région d’Alsace),
      Moselle, Meurthe et Moselle, Vosges, Meuse (région de Lorraine),
      Ardennes, Marne, Aube, Haute-Marne (région de Champagne-Ardenne),
      Jura, Doubs, Haute-Saône, Territoire de Belfort (région de Franche-Comté),

      die Betriebsprüfungsdirektion der Interrégion Est,

    wenn die betroffenen Steuerpflichtigen Wohnsitz, Sitz, Geschäftsleitung oder Betriebsstätte in dem Bezirk haben, für den diese Behörden allgemein zuständig sind oder wenn der Anlass für die Ermittlungen in deren Bezirk liegt.

  2. Die Absprache gilt nur für die Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (direkte Steuern).

Artikel 2 Auskunftsaustausch auf Ersuchen

  1. Die zuständigen Behörden erteilen sich nach dieser Absprache Auskünfte auf Ersuchen im Einzelfall (Artikel 2 der Richtlinie 77/799/EWG) über Sachverhalte, die die Besteuerung natürlicher und juristischer Personen betreffen.

  2. Ausgenommen sind der Auskunftsaustausch im Zusammenhang mit der Anwendung des Doppelbesteuerungsabkommens auf Geschäftsbeziehungen zwischen nahe stehenden Personen, auf Betriebsstätten und feste Einrichtungen, der Auskunftsaustausch im Zusammenhang mit Ersuchen, die Ermittlungen bei Kreditinstituten erfordern und der Auskunftsaustausch im Rahmen von Verständigungsverfahren.

Artikel 3 Spontaner Auskunftsaustausch

Die zuständigen Behörden erteilen sich Auskünfte spontan (Artikel 4 der Richtlinie 77/799/EWG) über Sachverhalte, die betreffen:

  1. Veränderungen des Wohnsitzes einer Person von einem Staat in den anderen Staat;

  2. den Erwerb oder die Veräußerung von Immobilien;

  3. die folgenden gesellschaftsrechtlichen Vorgänge: Gründung, Zeichnung und Veräußerung von Gesellschaftsrechten sowie während des Bestehens einer Gesellschaft durchgeführte Maßnahmen (z.B. Kapitalerhöhung oder -herabsetzung, Änderung der Rechtsform, Fusion, Auflösung);

  4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und Einkünfte aus Aufsichtsratstätigkeit;

  5. Einkünfte von Künstlern und Sportlern;

  6. Provisionen, Honorare, Maklergebühren und sonstige an natürliche und juristische Personen gezahlte Vergütungen;

  7. Sachverhalte, die in einem Staat zu einer Steuerermäßigung oder Steuerbefreiung führten, die für den Steuerpflichtigen zu einer Besteuerung oder Steuererhöhung im anderen Staat führen könnten.

Artikel 4 Durchführung des unmittelbaren Auskunftsaustausches

  1. Der Auskunftsaustausch erfolgt

    • auf deutscher Seite:

      durch Korrespondenten des jeweiligen Finanzamtes,

    • auf französischer Seite:

      durch die Direktoren der Steuerdirektion der 14 genannten Departements und ihre Abteilungsleiter für die Steuerkontrolle;

      durch den Direktor der Betriebsprüfungsdirektion der Interrégion Est und seine Abteilungsleiter für die Steuerkontrolle.

  2. Der Auskunftsaustausch erfolgt in schriftlicher Form und, soweit möglich, mittels zweisprachiger Vordrucke.

  3. Die Durchführung des unmittelbaren Auskunftsaustausches wird von einer deutsch-französischen Arbeitsgruppe begleitet.

Artikel 5 Geheimhaltung und Begrenzung des Auskunftsaustausches

  1. Hinsichtlich der Geheimhaltungsbestimmungen und Beschränkungen des Auskunftsaustausches gelten die Artikel 7 und 8 der Richtlinie 77/799/EWG.

  2. Falls übermittelte Auskünfte fehlerhaft oder unvollständig sind oder nicht hätten übermittelt werden dürfen, ist die zuständige Behörde gehalten, mit der zuständigen Behörde des anderen Staates unverzüglich Verbindung aufzunehmen. Letztere ist gehalten, die betreffenden Daten entsprechend den übermittelten neuen Hinweisen zu berichtigen oder zu vernichten.

Artikel 6 Erstmalige Anwendung

Diese Absprache findet ab dem Tag ihrer Unterzeichnung Anwendung.

Artikel 7 Überprüfung

Der Bundesminister der Finanzen und der Minister für Wirtschaft, Finanzen und Industrie werden diese Absprache spätestens zwei Jahre nach ihrer Unterzeichnung überprüfen.

BMF v. - IV B 4 - S 1320 - 12/04


Fundstelle(n):
BStBl 2004 I Seite 1184
NAAAB-40809