BMF - IV B 8 - S 2300/19/10016 :007 BStBl 2021 I S. 301

Vergütungen im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe f und Nummer 6 Einkommensteuergesetz für die zeitlich befristete Überlassung sowie Veräußerung von Rechten, die in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind

, DOK 2020/1009219 (BStBl I S. 1060) -

Bezug: BStBl 2020 I S. 1060

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sowie das , DOK 2020/1009219 - (BStBl I S. 1060) gilt für Vergütungen i. S. d. § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe f und Nummer 6 Einkommensteuergesetz (EStG), die von ausländischen Vergütungsschuldnern für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten gewährt werden, die in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind, und ohne einen weiteren Inlandsbezug dem Steuerabzug nach § 50a Absatz 1 Nummer 3 EStG unterliegen, sowie für die Veräußerung solcher Rechte zur Vereinfachung des Verfahrens Folgendes:

I. Kein Steuerabzug in bestimmten Fällen zeitlich befristeter Rechteüberlassung

1 Für Vergütungen, die dem Vergütungsgläubiger bereits zugeflossen sind oder noch bis einschließlich zufließen, kann davon abgesehen werden, den Steuerabzug nach § 50a Absatz 5 Satz 2 EStG vorzunehmen, die Steuer nach § 50a Absatz 5 Satz 3 EStG abzuführen und eine Steueranmeldung nach § 73e Satz 2 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung abzugeben, wenn alle Voraussetzungen, die zu den Rz. 2 bis 6 aufgeführt sind, vorliegen:

2 Der Vergütungsschuldner hat im Inland bei Zufluss der Vergütung, wenn es sich um eine

  • natürliche Person handelt, weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt,

  • Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse handelt, weder seine Geschäftsleitung noch seinen Sitz.

3 Der Vergütungsgläubiger ist bei Zufluss der Vergütung in einem Staat ansässig, mit dem Deutschland ein zu diesem Zeitpunkt anwendbares Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) abgeschlossen hat. Er ist als Empfänger der Vergütung nach dem jeweiligen DBA abkommensberechtigt (DBA-Berechtigung), die Vergütung ist ihm nach den Vorschriften des DBA zuzurechnen (vgl. auch Artikel 1 Absatz 2 OECD-Musterabkommen) und ihm steht die Entlastungsberechtigung von im Inland erhobenen Steuern nach dem DBA unter Berücksichtigung von § 50d Absatz 1 Satz 11 und Absatz 3 EStG zu. Ist eine steuerlich transparente Personengesellschaft Vergütungsgläubiger, so dass die Vergütung den an ihr Beteiligten zugerechnet wird, kommt es auf die Ansässigkeit sowie Abkommens- und Entlastungsberechtigung der Beteiligten an.

4 Der Vergütungsgläubiger oder der von ihm bevollmächtigte Vergütungsschuldner stellt beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) bis zum einen Antrag auf Freistellung vom Steuerabzug analog § 50d Absatz 2 Satz 1 EStG. Der Vergütungsschuldner ist auch ohne Vollmacht zur Antragstellung berechtigt, wenn das Vertragsverhältnis zum Vergütungsgläubiger nicht mehr besteht und er darlegen kann, dass der Vergütungsgläubiger daran gehindert ist, einen Antrag zu stellen oder dazu nicht bereit ist. Soweit der Antrag für Vergütungen gestellt wird, die bis zum zugeflossen sind, hat der Antragsteller der für die Durchführung des Steuerabzugsverfahrens zuständigen örtlichen Finanzbehörde einen Abdruck des Antrags zu übersenden. Sofern mehrere Vertragsverhältnisse zwischen verschiedenen Vergütungsgläubigern und Vergütungsschuldnern vorliegen, ist jeweils ein gesonderter Antrag für jedes Vertragsverhältnis zu stellen. Ausgenommen hiervon sind Sachverhalte, in denen ein Vergütungsgläubiger mit einem stets gleichen Vergütungsschuldner mehrere Verträge abgeschlossen hat. Diese können in einem Antrag zusammengefasst werden.

5 Mit dem Antrag sind die Vertragsverhältnisse in Bezug auf die Vergütung, für die ein Freistellungsantrag gestellt wird, gegenüber dem BZSt offenzulegen. Bei konzerninternen Sachverhalten ist zusätzlich erforderlich, dass zugleich die Vereinbarungen in Bezug auf weitere, dieses Recht betreffende, Überlassungen an nahestehende Personen i. S. d. § 1 Absatz 2 Außensteuergesetz offengelegt werden.

6 Vertragliche Vereinbarungen sind in Bezug auf die für die Rechteüberlassung wesentlichen Passagen (Rechteüberlassung, Rechteinhaberschaft und Zahlungsbestimmungen in Bezug auf die Vergütung) in die deutsche Sprache zu übersetzen und neben den Unterlagen in der Vertragssprache bei Offenlegung der Vertragsverhältnisse vorzulegen.

II. Ausschluss vom vereinfachten Verfahren bei bestimmten Sachverhaltsgestaltungen

7 Von der Abgabe einer Steueranmeldung und der Abführung der Steuerabzugsbeträge kann der Vergütungsschuldner, auch wenn der Antrag zu Rz. 4 in der oben genannten Frist gestellt wird, nicht absehen, wenn die DBA-Berechtigung des Vergütungsgläubigers oder seine Entlastungsberechtigung nach dem DBA oder nach § 50d EStG zweifelhaft ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Bestimmung zur Beschränkung von Abkommensvergünstigungen erfüllt sind, oder sonstige Zweifel an der Berechtigung bestehen, Abkommensvorteile in Anspruch zu nehmen. Zweifel an der Berechtigung, Abkommensvorteile in Anspruch zu nehmen, bestehen insbesondere bei Anhaltspunkten für hybride oder doppelt ansässige Gesellschaften oder für sonstige Qualifikationskonflikte.

III. Abgabe von Steueranmeldungen und Abführung der Steuerabzugsbeträge

8 Lehnt das BZSt den zu Rz. 4 beschriebenen Antrag auf Freistellung ab, hat der Vergütungsschuldner innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe des ablehnenden Verwaltungsakts Steueranmeldungen für die entsprechenden Vergütungen beim BZSt (für Vergütungen, die bis zum zugeflossen sind, bei der zuständigen örtlichen Finanzbehörde) einzureichen und die entsprechenden Steuerabzugsbeträge abzuführen. Dies gilt auch dann, wenn gegen die Ablehnung des Antrags Einspruch eingelegt worden ist.

9 Für Vergütungen, die dem Vergütungsgläubiger nach dem zufließen, sind die gesetzlichen Voraussetzungen zur Berücksichtigung der sich aus DBA ergebenden Beschränkungen des Besteuerungsanspruchs nach § 50d Absatz 1 bis 4 EStG in allen Fällen zu beachten.

IV. Ermittlung der Bemessungsgrundlage, Aufteilung von Gesamtvergütungen

10 Wenn eine Steueranmeldung abzugeben und eine Steuer abzuführen ist, ist die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug nach § 50a Absatz 1 Nummer 3 EStG grundsätzlich die jeweilige Bruttovergütung für die Überlassung des im Inland registrierten Rechts.

11 Die Vergütung ist anhand der jeweiligen vertraglichen Bestimmungen zu ermitteln. Sofern das Vertragsverhältnis eine konkrete Bezifferung des Teils der Vergütung nicht zulässt, der auf die Überlassung des im Inland registrierten Rechts entfällt, ist die gezahlte Vergütung sachgerecht aufzuteilen. Dies gilt z. B. dann, wenn der Vertrag eine Vielzahl von Rechten umfasst oder Rechte in mehreren Staaten registriert sind.

12 Ausgangspunkt für eine sachgerechte Aufteilung ist die tatsächlich geleistete Gesamtvergütung (sog. Top-Down-Ansatz), die unter Berücksichtigung des Veranlassungsprinzips aufzuteilen ist. Dabei ist nach § 50a Absatz 2 Satz 1 EStG maßgeblich, wie hoch die gesamten Einnahmen des Vergütungsgläubigers sind, die er durch die Überlassung der im Inland registrierten Rechte erzielt hat. Eine Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug nur anhand der Kosten der Eintragung und Pflege der Rechte in inländische Register (auf Registerkosten basierender Bewertungsansatz, ggf. einschließlich eines Gewinnaufschlags) stellt deshalb keine sachgerechte Aufteilung dar. Dies gilt auch für sog. Bottom-Up-Ansätze, bei denen die auf Deutschland entfallenden Lizenzgebühren, z. B. auf Basis von Datenbankstudien, als (fiktiver) Prozentsatz vom Umsatz oder Gewinn ermittelt werden.

13 Soweit das BZSt oder das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, insbesondere, weil der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten verletzt, hat es den auf Deutschland entfallenden Anteil der Vergütung zu schätzen (§ 162 Abgabenordnung [AO]). Als Schätzungsgrundlage kommt dabei regelmäßig ein sog. Einnahme basierter Ansatz in Betracht. Die in Deutschland erzielten Umsätze werden zu den Umsätzen in den Gebieten (Territorien) ins Verhältnis gesetzt, die von der Rechteüberlassung umfasst sind. Dies können abhängig vom Einzelfall ggf. die weltweiten Umsätze sein. Der sich daraus ergebende Schlüssel wird auf die Gesamtvergütung angewandt. Die so ermittelte Bemessungsgrundlage ist dem Steuerabzug nach § 50a Absatz 1 Nummer 3 EStG zugrunde zu legen.

14Beispiel:

Würde sowohl in Land X als auch in Deutschland jeweils ein Umsatz von 100 Mio. Euro erzielt und die Lizenzzahlung für die Rechteüberlassung auf dem Gebiet des Landes X und Deutschlands betrüge insgesamt 20 Mio. Euro, so wäre hiernach eine Aufteilung der Lizenzzahlung im Verhältnis 50:50 vorzunehmen. Die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug beliefe sich folglich auf 10 Mio. Euro.

V. Verfahren bei der Veräußerung von Rechten

15 Die Veräußerung von Rechten, die in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind, erfüllt den Tatbestand des § 49 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe f Doppelbuchstabe bb EStG. Für diese Veräußerungsvorgänge, die nicht dem Steuerabzug nach § 50a EStG unterliegen, sind nach § 149 Absatz 1 AO i. V. m. § 25 EStG und § 31 Körperschaftsteuergesetz (KStG) durch den beschränkt Steuerpflichtigen Steuererklärungen bei der örtlich zuständigen Finanzbehörde einzureichen. Die Erklärungspflicht besteht auch dann, wenn Deutschland aufgrund von DBA kein Besteuerungsrecht zugewiesen ist.

16 Der beschränkt Steuerpflichtige kann eine Steuererklärung mit Null Euro einreichen, wenn er in einem Staat ansässig ist, mit dem Deutschland ein für den Veranlagungszeitraum, in dem die Einkünfte aus der Veräußerung zu erfassen sind, anwendbares DBA abgeschlossen hat, er nach diesem DBA abkommensberechtigt ist, ihm die Einkünfte nach den Vorschriften des DBA zuzurechnen sind und das DBA dem Ansässigkeitsstaat das ausschließliche Besteuerungsrecht für diese Einkünfte zuweist. Von einer Übermittlung durch Datenfernübertragung nach § 25 Absatz 4 EStG bzw. § 31 Absatz 1a KStG kann für Erklärungen, die bis zum bei der örtlich zuständigen Finanzbehörde eingehen, abgesehen werden, soweit sie nicht ausdrücklich zur Übermittlung durch Datenfernübertragung auffordert. Der örtlich zuständigen Finanzbehörde sind die Veräußerungsvorgänge offenzulegen und die entsprechenden Unterlagen vorzulegen. Rz. 5 und 6 dieses Schreibens gelten entsprechend.

17 Wenn die Voraussetzungen der Rz. 16 für die Abgabe einer Steuererklärung mit Null Euro vorliegen, kann darauf verzichtet werden, die durch die Veräußerung des Rechts erzielten steuerbaren inländischen Einkünfte zu ermitteln. In allen übrigen Fällen ist zur Ermittlung der inländischen Einkünfte der Gewinn zu bestimmen, der auf die Veräußerung des im Inland registrierten Rechts entfällt. Hierbei gelten die Ausführungen unter IV. entsprechend.

VI. Anwendung

18 Dieses Schreiben ist in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen anzuwenden.

BMF v. - IV B 8 - S 2300/19/10016 :007


Fundstelle(n):
BStBl 2021 I Seite 301
DB 2021 S. 424 Nr. 9
DStR 2021 S. 420 Nr. 7
EStB 2021 S. 118 Nr. 3
FR 2021 S. 290 Nr. 6
GmbH-StB 2021 S. 88 Nr. 3
Ubg 2021 S. 228 Nr. 4
MAAAH-70978