Ausstellung von Rechnungen nach § 14 UStG; Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern ab dem
Bezug: BStBl 2019 I S. 1269
Bezug: BStBl 2012 I S. 726
I. Allgemeines
1Mit dem Wachstumschancengesetz (BGBl 2024 I Nr. 108) sind die Regelungen zur Ausstellung von Rechnungen nach § 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) für nach dem ausgeführte Umsätze neu gefasst worden. Als Kernpunkt der Neuregelung wird die obligatorische Verwendung einer elektronischen Rechnung bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern (inländische B2B-Umsätze) eingeführt. Ausgenommen sind Rechnungen über Leistungen, die nach § 4 Nummer 8 bis 29 UStG steuerfrei sind, sowie Rechnungen über Kleinbeträge bis 250 Euro (§ 33 UStDV) und Fahrausweise (§ 34 UStDV). Eng verbunden mit der Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung für inländische B2B-Umsätze ist die zu einem späteren Zeitpunkt gesetzlich einzuführende Verpflichtung zur zeitnahen und transaktionsbezogenen elektronischen Meldung von bestimmten Rechnungsangaben an die Verwaltung (Meldesystem).
2Die Neuregelung zum stellt einen wesentlichen Baustein zur Digitalisierung des Geschäftsverkehrs dar. Durch sie wird die Digitalisierung der Prozesse und Abläufe zur Erstellung sowie Verarbeitung einer E-Rechnung auf den verschiedenen Ebenen beschleunigt. In der Folge sind die bisherigen steuerlichen Regelungen an diese veränderten Rahmenbedingungen anzupassen, wobei die Bedeutung einer Rechnung im umsatzsteuerrechtlichen Sinne unverändert bleibt. Die Finanzverwaltung berücksichtigt – in der von Übergangsregelungen (§ 27 Absatz 38 UStG) begleiteten Einführungsphase – den Umstand des Transformationsprozesses in angemessenem Umfang.
II. Aktuelle Rechtslage und Neuerungen durch das Wachstumschancengesetz
1. Rechtslage bis zum
3Neben Papierrechnungen konnte bereits bisher mit Zustimmung des Empfängers eine elektronische Rechnung ausgestellt werden. Für bis zum ausgeführte Umsätze gilt als elektronische Rechnung eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird (z. B. ein PDF-Dokument oder eine E-Mail mit den Rechnungspflichtangaben), § 14 Absatz 1 Satz 8 UStG in der bis zum geltenden Fassung. Die genannten Formate von elektronischen Rechnungen sind künftig bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern regelmäßig nur noch für bestimmte Übergangszeiträume zulässig (siehe dazu Rn. 62 bis 65).
2. Neuregelungen zur obligatorischen elektronischen Rechnung durch das Wachstumschancengesetz
2.1. Rechnungsarten ab dem
2.1.1 Elektronische Rechnung (E-Rechnung)
4Ab dem wird durch § 14 Absatz 1 UStG der Begriff der elektronischen Rechnung neu definiert. Zukünftig liegt eine elektronische Rechnung (im Folgenden: E-Rechnung) nur dann vor, wenn die Rechnung in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht (§ 14 Absatz 1 Satz 3 UStG). Das strukturierte elektronische Format einer elektronischen Rechnung
muss entweder der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen gemäß der Richtlinie 2014/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen (ABl L 133 vom , S. 1) entsprechen (§ 14 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 UStG, siehe auch Ausführungen unter Rn. 28 zur EN 16931) oder
kann zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger vereinbart werden. Voraussetzung für eine solche Vereinbarung ist, dass das verwendete Format die richtige und vollständige Extraktion der nach dem UStG erforderlichen Angaben aus der E-Rechnung in ein Format ermöglicht, das der EN 16931 entspricht oder mit dieser interoperabel ist (vgl. § 14 Absatz 1 Satz 6 Nummer 2 UStG; siehe auch Rn. 33 und 34).
5Wie bisher gilt, dass die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet sein müssen (§ 14 Absatz 3 UStG). Bei der Übermittlung einer E-Rechnung kann eine qualifizierte elektronische Signatur oder ein zulässiges EDI-Verfahren (vgl. auch Rn. 33) verwendet werden. In diesem Fall gelten die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet. Beides kann aber auch durch ein innerbetriebliches Kontrollverfahren (vgl. Abschnitt 14.4 Absatz 4 UStAE) gewährleistet werden.
6„Lesbarkeit“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der strukturierte Datensatz – z. B. die XML-Datei bei einer Rechnung, die der Normenreihe EN 16931 entspricht – maschinell auswertbar sein muss (maschinelle Lesbarkeit). Daher ist die zusätzliche Erstellung eines menschenlesbaren Dokuments nicht erforderlich. Denn die maschinelle Auswertbarkeit einer standardisierten Datei ermöglicht es auch, dass die Datei z. B. durch eine Visualisierungsanwendung menschenlesbar angezeigt werden kann. Die zusätzliche Übermittlung eines menschenlesbaren Dokuments (z. B. durch ein hybrides Format, siehe Rn. 30 bis 32, oder ein zusätzliches PDF-Dokument) ist somit nicht erforderlich, aber optional möglich.
2.1.2 Sonstige Rechnung
7Als sonstige Rechnungen gelten ab dem alle Rechnungen in Papierform oder in elektronischen Formaten, die nicht den Vorgaben von § 14 Absatz 1 Satz 6 UStG entsprechen (anderes elektronisches Format). Dazu zählen auch alle nicht strukturierten elektronischen Dateien, zum Beispiel PDF-Dateien ohne integrierte Datensätze, Bilddateien oder E-Mails.
2.2. Verpflichtung zur Ausstellung von Rechnungen
2.2.1 Allgemeines
8Der Unternehmer ist zur Ausstellung einer Rechnung (E-Rechnung oder sonstige Rechnung) verpflichtet, wenn der Umsatz steuerbar und nicht nach § 4 Nummer 8 bis 29 UStG steuerfrei ist:
für eine Leistung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen (§ 14 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 UStG),
für eine Leistung an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist (§ 14 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 UStG),
für eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Absatz 4 Satz 1 UStG) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück an einen anderen als unter Buchstabe a) oder b) genannten Empfänger (§ 14 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 UStG).
9Die Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht auch bei Leistungen an eine unter-nehmerisch tätige juristische Person für deren nichtwirtschaftliche Tätigkeiten i. e. S. (vgl. Abschnitt 14.5 Absatz 1 UStAE).
10Durch die Neufassung von § 14 Absatz 2 UStG ist zukünftig zwischen der Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung (vgl. Rn. 4) und der Möglichkeit zur Ausstellung einer sonstigen Rechnung (vgl. Rn. 7) zu unterscheiden.
11Unverändert davon sind Rechnungen, soweit eine Pflicht zur Ausstellung besteht, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung zu erteilen, ungeachtet des zu verwendenden Formats (§ 14 Absatz 2 Satz 2 UStG).
2.2.2 Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung
12Bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern ist gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1, 2. Halbsatz UStG regelmäßig eine E-Rechnung (vgl. Rn. 24 bis 34) auszustellen.
13Umsätze zwischen inländischen Unternehmern liegen vor, wenn sowohl der leistende Unternehmer als auch der Leistungsempfänger im Inland oder in einem der in § 1 Absatz 3 UStG bezeichneten Gebiete ansässig sind. Die Ansässigkeit im Inland oder in einem der in § 1 Absatz 3 UStG bezeichneten Gebiete liegt vor, wenn der Unternehmer in einem dieser Gebiete seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine – umsatzsteuerrechtliche – Betriebsstätte (vgl. Abschnitt 3a.1 Absatz 3 UStAE), die an dem Umsatz beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Auch für Umsätze, die nach § 4 Nummer 1 bis 7 UStG steuerfrei sind, ist unter den übrigen Voraussetzungen eine E-Rechnung auszustellen (z. B. innergemeinschaftliche Lieferung aus Deutschland an die Betriebsstätte eines anderen inländischen Unternehmers im Gemeinschaftsgebiet). Auf Abschnitt 13b.11 Absatz 1 Satz 7 und Absatz 2 Satz 2 UStAE wird ergänzend hingewiesen.
14In diesen Fällen bedarf die Ausstellung einer E-Rechnung nicht mehr der Zustimmung des Empfängers; gleichzeitig setzt dies voraus, dass dieser technische Voraussetzungen für die Entgegennahme einer E-Rechnung schafft (vgl. Rn. 40 und 62).
15Ein Rechnungsaussteller kann sich bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auf die Angabe des Leistungsempfängers verlassen, ob dieser ein inländischer Unternehmer ist oder nicht, sofern ihm keine gegenteiligen Informationen vorliegen. Dabei kann die Verwendung der USt-IdNr. oder – soweit vergeben – der W-IdNr. ein Indiz dafür sein, dass der Empfänger als Unternehmer handelt.
16Ist mindestens einer der beteiligten Unternehmer nicht im Inland oder in einem der in § 1 Absatz 3 UStG bezeichneten Gebiete ansässig, besteht keine Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung nach § 14 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1, 2. Halbsatz UStG. In diesen Fällen kann die gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1, 1. Halbsatz UStG auszustellende Rechnung
auf Papier oder
mit Zustimmung des Empfängers als E-Rechnung bzw. als sonstige Rechnung in einem anderen elektronischen Format
ausgestellt werden.
17Die Regelungen zur verpflichtenden Verwendung von E-Rechnungen gelten genauso für die Rechnungsausstellung in Form einer Gutschrift (§ 14 Absatz 2 Satz 5 UStG) sowie für Rechnungen
über Umsätze, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet (§ 13b UStG), wenn sowohl Leistender als auch Leistungsempfänger im Inland ansässig sind,
die von Kleinunternehmern (§ 19 UStG) ausgestellt werden,
über Umsätze, die der Durchschnittssatzbesteuerung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe unterliegen (§ 24 UStG),
über Reiseleistungen (§ 25 UStG) und
über Umsätze, für welche die Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) angewendet wird.
Sie gelten auch, wenn der Rechnungsempfänger ein Unternehmer ist, der Kleinunternehmer bzw. Land- und Forstwirt ist oder ausschließlich steuerfreie Umsätze (z. B. Vermieter einer Wohnung) ausführt. Ebenso gelten die Regelungen, wenn nur Teile der abgerechneten Leistungen der Pflicht zur Verwendung einer E-Rechnung unterliegen (z. B. bei teilweise steuerpflichtigen, teilweise nach § 4 Nummer 8 bis 29 UStG steuerfreien Umsätzen).
18Zu Besonderheiten bei Kleinbetragsrechnungen und Fahrausweisen vgl. Rn. 22 und 23. Zu Gutschriften im Zeitraum der Übergangsregelungen nach § 27 Absatz 38 UStG vgl. Rn. 64.
2.2.3 Möglichkeit zur Ausstellung einer sonstigen Rechnung
19Bei Rechnungen
für einen Umsatz an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, oder
über steuerpflichtige Werklieferungen (§ 3 Absatz 4 Satz 1 UStG) oder sonstige Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück an einen anderen als unter Rn. 8 Buchstabe a) oder b) genannten Empfänger (Nichtunternehmer oder Unternehmer für dessen nichtunternehmerischen Bereich)
kann eine sonstige Rechnung (vgl. Rn. 7) ausgestellt werden. Dies gilt auch für Umsätze, bei denen trotz fehlender Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung (z. B. bei Umsätzen, die nach § 4 Nummer 8 bis 29 UStG steuerfrei sind, oder an private Endverbraucher) eine solche ausgestellt wird.
20In diesen Fällen ist die Ausstellung und Übermittlung einer Papierrechnung umsatzsteuerrechtlich immer zulässig. Ebenso kann in diesen Fällen eine E-Rechnung oder eine sonstige Rechnung in einem anderen elektronischen Format ausgestellt und übermittelt werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch die Zustimmung des Empfängers (§ 14 Absatz 1 Satz 5 UStG). Diese Zustimmung bedarf keiner besonderen Form und kann auch konkludent (z. B. durch eine widerspruchslose Annahme) erfolgen. Die Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung nach anderen Vorschriften (z. B. nach der E-Rechnungsverordnung– ERechV des Bundes) ist unabhängig von den umsatzsteuerrechtlichen Regelungen zu beachten.
21Wird ein Umsatz sowohl für den unternehmerischen als auch für den nichtunternehmerischen Bereich – z. B. den nichtwirtschaftlichen Bereich i. e. S. einer juristischen Person – ausgeführt, geht die Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung nach Rn. 8 Buchstabe a) vor.
2.2.4 Kleinbetragsrechnungen und Fahrausweise
22Rechnungen, deren Gesamtbetrag 250 Euro nicht übersteigt (Rechnungen über Kleinbeträge), und Fahrausweise, die für die Beförderung von Personen ausgegeben werden, können abweichend von der Verpflichtung in § 14 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1, 2. Halbsatz UStG immer als sonstige Rechnung ausgestellt und übermittelt werden (§ 33 Satz 4, § 34 Absatz 1 Satz 2 UStDV). Mit Zustimmung des Empfängers (§ 14 Absatz 1 Satz 5 UStG), die keiner besonderen Form bedarf und auch konkludent erfolgen kann, können diese jedoch auch als E-Rechnung ausgestellt und übermittelt werden.
23Maßgeblich für die Vereinfachung nach § 33 Satz 4 UStDV ist allein der Gesamtbetrag der Rechnung, auch sofern in einer Rechnung über mehrere Leistungen abgerechnet wird. Übersteigt der Gesamtbetrag der Rechnung 250 Euro, ist eine E-Rechnung auszustellen, auch wenn der Bruttobetrag des der Pflicht zur Erteilung einer E-Rechnung unterliegenden Anteils der abgerechneten Leistungen weniger als 250 Euro beträgt (z. B. bei auch mit abgerechneten bestimmten steuerfreien oder nicht steuerbaren Leistungen).
2.3. Zulässige Formate einer E-Rechnung
24E-Rechnungen können sowohl in einem rein strukturierten als auch in einem hybriden Format erstellt werden. Ein zulässiges elektronisches Rechnungsformat muss insbesondere gewährleisten, dass die Rechnungsangaben nach §§ 14, 14a UStG elektronisch übermittelt und ausgelesen werden können. Die Verwendung von strukturierten Rechnungsformaten, die der Normenreihe EN 16931 (siehe Rn. 28 bis 32) entsprechen, ist immer zulässig. Daneben können unter bestimmten Voraussetzungen auch von der Normenreihe EN 16931 abweichende strukturierte elektronische Rechnungsformate verwendet werden, z. B. EDI-Verfahren nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches, ABl L 338 vom , S. 98 (vgl. auch Rn. 33 und 34).
25Beispiele für zulässige nationale elektronische Rechnungsformate
Insbesondere Rechnungen nach dem Standard XRechnung (vgl. Rn. 29) und nach dem ZUGFeRD-Format (vgl. Rn. 30) ab Version 2.0.1, ausgenommen die Profile MINIMUM und BASIC-WL, stellen grundsätzlich eine Rechnung in einem strukturierten elektronischen Format dar, die der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen gemäß der Richtlinie 2014/55/EU entspricht. Rechnungen in diesen beiden Formaten können nach dem die neuen umsatzsteuerlichen Anforderungen für eine E-Rechnung erfüllen.
26Beispiele für zulässige europäische elektronische Rechnungsformate
Die Verwendung elektronischer Rechnungsformate ist nicht auf nationale Formate beschränkt, sofern diese der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen gemäß der Richtlinie 2014/55/EU entsprechen. Für die elektronische Abrechnung inländischer B2B-Umsätze kann insofern auch eine Verwendung von weiteren europäischen Rechnungsformaten nach dem vorbezeichneten Standard in Betracht kommen, z. B. Factur-X (Frankreich) oder Peppol-BIS Billing.
27Welches – zulässige – Format verwendet wird, ist eine zivilrechtliche Frage, die nur zwischen den Vertragsparteien zu entscheiden ist.
2.3.1 E-Rechnung nach den Vorgaben der Richtlinie 2014/55/EU vom in einem rein strukturierten elektronischen Format
28Eine E-Rechnung liegt nach § 14 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 UStG insbesondere dann vor, wenn sie den Vorgaben der Richtlinie 2014/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen entspricht. Die Vorgaben der genannten Richtlinie – die ursprünglich für die Rechnungsstellung an die öffentliche Verwaltung (B2G-Bereich) erarbeitet worden ist – sind von dem CEN (Comité Européen de Normalisation, Europäisches Komitee für Normung) mit der europäischen Normenreihe EN 16931 technisch umgesetzt worden. Die Normenreihe ist bereits heute geeignet, um die meisten Geschäftsvorfälle auch im B2B-Bereich darzustellen, und wird zudem laufend weiterentwickelt. Eine solche E-Rechnung ist als rein strukturiertes Datenformat konzipiert und ermöglicht, Rechnungsdaten direkt und ohne Medienbruch in die verarbeitenden Systeme zu importieren. Sie basiert auf einem XML-Format, das in erster Linie der maschinellen Verarbeitung dient, und eignet sich nicht für eine Sichtprüfung durch das menschliche Auge. Durch eine Visualisierungsanwendung kann der XML-Datensatz allerdings für den Menschen lesbar dargestellt werden.
29Die Normenreihe EN 16931 gibt die Verwendung des strukturierten Datenformates XML für die E-Rechnung vor. In Deutschland wurde auf Grundlage der Normenreihe EN 16931 der Standard XRechnung als rein strukturiertes Format (im Unterschied zu einem hybriden Format, vgl. Rn. 30) auf Basis des semantischen Kern-Datenmodells unter Berücksichtigung nationaler Besonderheiten entwickelt. Der Standard XRechnung entspricht damit der Normenreihe EN 16931 und den Anforderungen des § 14 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 UStG. Neben dem mit der Normenreihe EN 16931 übereinstimmenden („compliant“) Kern-Datenmodell stellt der Standard XRechnung auch eine konforme („conformant“) Erweiterung (sogenannte Extension XRechnung) zur Verfügung. Mit der Extension können z. B. branchenbezogene Anforderungen berücksichtigt werden, ohne das Kern-Datenmodell für alle Anwender erweitern zu müssen. Die umsatzsteuerrechtlichen Pflichtangaben sind im Kern-Datenmodell enthalten.
2.3.2 Hybride Formate
30Neben rein strukturierten E-Rechnungen können auch hybride Rechnungsformate die Voraussetzungen an eine E-Rechnung erfüllen. Ein hybrides Format besteht neben dem strukturierten Datenteil (z. B. XML-Datei) auch aus einem menschenlesbaren Datenteil (z. B. PDF-Dokument). Beide Datenteile sind in einer Datei zusammengefasst. Beispielsweise fällt das Format ZUGFeRD unter die hybriden Rechnungsformate. Während das ursprüngliche ZUGFeRD-Format noch nicht auf der Normenreihe EN 16931 beruhte, ist dies ab der Version 2.0.1 – ausgenommen die Profile MINIMUM und BASIC-WL – der Fall, weshalb eine ZUGFeRD-Rechnung ab dieser Version die Anforderungen an eine E-Rechnung erfüllt.
31Rechnungsdaten, die in einem strukturierten elektronischen Format (z. B. XML-Datei) übermittelt werden, sind in diesem Datenformat grundsätzlich nicht menschenlesbar, sondern erst nach einer Visualisierung, z. B. mithilfe einer entsprechenden Anwendung. Nach der bisherigen Verwaltungsauffassung erforderte das Merkmal „Lesbarkeit“, dass die Rechnung für das menschliche Auge lesbar ist. Bisher gingen bei einem hybriden Format, im Falle einer Abweichung zwischen elektronischer Information und dem für das menschliche Auge lesbaren Bildteil, der letztere Teil vor. Mit Einführung der obligatorischen E-Rechnung kehrt sich dieses Verhältnis um. „Lesbar“ bezieht sich nunmehr darauf, dass die Datei maschinenlesbar sein muss (siehe auch Rn. 6). Bei einem hybriden Format bilden die im XML-Format vorliegenden Rechnungsdaten den führenden Teil. Im Fall von Abweichungen zwischen den strukturierten Rechnungsdaten und den sonstigen Informationen gehen die Daten des strukturierten Teils denen der Bilddatei vor. An der grundsätzlichen Zulässigkeit eines hybriden Formats ändert dies aber nichts.
32Enthält der Bildteil keine von dem strukturierten Teil abweichende Rechnungsangaben nach §§ 14, 14a UStG, handelt es sich bei dem Bildteil um ein inhaltlich identisches Mehrstück (vgl. auch Abschnitt 14c.1 Absatz 4 UStAE). Enthält der Bildteil dagegen abweichende Rechnungsangaben (z. B. aufgrund manipulativer Eingriffe eine andere Leistungsbeschreibung oder einen abweichenden Umsatzsteuerbetrag), stellt er ggf. eine weitere (sonstige) Rechnung dar, für die die Voraussetzungen des § 14c UStG zu prüfen sind. Dabei werden technisch begründete geringfügige Abweichungen, konkretisierende oder ergänzende Informationen (z. B. aus Gründen der Darstellung verkürzte Leistungsbeschreibung oder Rundungsdifferenzen) nicht beanstandet, wenn der Charakter als inhaltlich identisches Mehrstück nicht verloren geht. Ein Vorsteuerabzug ist auch in diesen Fällen nur aus dem strukturierten Rechnungsteil möglich.
2.3.3 Andere E-Rechnungsformate
33Das strukturierte elektronische Format einer E-Rechnung kann auch zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger vereinbart werden (§ 14 Absatz 1 Satz 6 Nummer 2 UStG) und damit von den Vorgaben der Normenreihe EN 16931 abweichen. Voraussetzung hierfür ist, dass das Format die richtige und vollständige Extraktion der nach dem UStG erforderlichen Angaben aus der E-Rechnung in ein Format ermöglicht, das der Normenreihe EN 16931 entspricht oder mit dieser interoperabel ist. Soweit die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind, ermöglicht diese Regelung auch die Weiternutzung bereits etablierter elektronischer Rechnungsformate (z. B. EDI-Verfahren wie EDIFACT) auch über die in Rn. 63 und 65 beschriebenen Übergangsfristen hinaus.
34Interoperabel bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die umsatzsteuerrechtlich geforderten Informationen aus dem ursprünglich verwendeten E-Rechnungsformat ohne Informationsverlust weiterverarbeitet werden können, wie es auch eine entsprechende Extraktion der Informationen aus einer E-Rechnung gemäß der Normenreihe EN 16931 erlauben würde. Ein Informationsverlust liegt vor, wenn sich der Inhalt oder die Bedeutung einer Information ändert oder diese nicht mehr erkennbar ist.
3. Besondere Fragen im Zusammenhang mit einer E-Rechnung
3.1. Umfang einer E-Rechnung
35Voraussetzung für eine E-Rechnung ist u. a., dass sie eine elektronische Verarbeitung ermöglicht (§ 14 Absatz 1 Satz 3 UStG). Dies bedeutet, dass für eine ordnungsmäßige Rechnung alle umsatzsteuerrechtlichen Pflichtangaben nach §§ 14, 14a UStG im strukturierten Teil der E-Rechnung enthalten sein müssen. Auch aus § 31 Absatz 1 UStDV folgt nichts anderes. Hinsichtlich der Leistungsbeschreibung gilt, dass die im strukturierten Teil der E-Rechnung enthaltenen Angaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen müssen (vgl. hierzu Abschnitt 14.5 Absatz 15 und Abschnitt 15.2a Absatz 4 und 5 UStAE). Ergänzende Angaben können jedoch in einem in der E-Rechnung enthaltenen Anhang aufgenommen werden (z. B. eine Aufschlüsselung von Stundennachweisen in einer PDF-Datei). Ein enthaltener Link erfüllt weder die Voraussetzungen nach § 14 Absatz 1 Satz 3 UStG noch nach § 31 Absatz 1 UStDV.
3.2. Übermittlung und Empfang von E-Rechnungen
36Auf welches zulässige elektronische Rechnungsformat und welchen zulässigen Übermittlungsweg sich die Vertragsparteien einigen, ist zivilrechtlich zwischen ihnen zu klären. Für die Übermittlung von E-Rechnungen kommen beispielsweise der Versand per E-Mail, die Bereitstellung der Daten mittels einer elektronischen Schnittstelle, der gemeinsame Zugriff auf einen zentralen Speicherort innerhalb eines Konzernverbundes oder die Möglichkeit des Downloads über ein Internetportal in Betracht. Handelt es sich bei der E-Rechnung um einen öffentlich-rechtlichen Gebührenbescheid, gelten hierfür die allgemeinen umsatzsteuerlichen Regelungen, auch wenn das anzuwendende Verfahrensrecht ggf. abweichende Vorgaben macht. Zur Aufbewahrung einer E-Rechnung siehe Rn. 60 und 61.
37Es steht dem Unternehmer frei, sich zur Erstellung und/ oder Übermittlung von E-Rechnungen externer Dienstleister zu bedienen. In diesem Fall hat der leistende Unternehmer sicherzustellen, dass der externe Dienstleister die Einhaltung der sich aus den §§ 14, 14a UStG ergebenden formalen Voraussetzungen gewährleistet.
38Da die umsatzsteuerrechtlichen Pflichtangaben im Kern-Datenmodell enthalten sind, ist die Verwendung einer Extension (vgl. Rn. 29) nicht von den umsatzsteuerrechtlichen Vorgaben für die Ausstellung, Übermittlung und Empfang einer E-Rechnung betroffen. Ob und ggf. welche Extension verwendet wird, kann zivilrechtlich zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden.
39Es ist unschädlich, wenn die Datei zu einer E-Rechnung mehrfach übersandt wird, solange es sich um dieselbe Rechnung handelt und die Übermittlung nur als inhaltlich identisches Mehrstück erfolgt (vgl. Abschnitt 14c.1 Absatz 4 UStAE).
40Ab dem besteht für inländische Unternehmer die Notwendigkeit, eine E-Rechnung empfangen zu können. Hierfür reicht es aus, wenn der Rechnungsempfänger ein E-Mail-Postfach zur Verfügung stellt. Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, dass es sich um ein gesondertes E-Mail-Postfach nur für den Empfang von E-Rechnungen handelt. Die Beteiligten können abweichend hiervon andere zulässige Übermittlungswege vereinbaren.
41Für den Austausch von Rechnungsdaten im Rahmen des zu einem späteren Zeitpunkt gesetzlich einzuführenden Meldesystems werden E-Rechnungsplattformen von Bedeutung sein. Die technisch möglichen und rechtlich zulässigen Übertragungswege werden daher im Rahmen des Meldesystems neu zu definieren sein.
42Verweigert der Rechnungsempfänger die Annahme einer E-Rechnung bzw. ist er technisch hierzu nicht in der Lage, hat er kein Anrecht auf eine alternative Ausstellung einer sonstigen Rechnung durch den Rechnungsaussteller. In diesem Fall gelten die umsatzsteuerrechtlichen Pflichten des Rechnungsausstellers auch als erfüllt, wenn er eine E-Rechnung ausgestellt und sich nachweislich (z. B. anhand eines Sendeprotokolls) um eine ordnungsgemäße Übermittlung bemüht hat.
43Entspricht ein übersandter Datensatz nicht den Anforderungen an eine E-Rechnung, kann der zivilrechtliche Anspruch auf Erteilung einer Rechnung vor den ordentlichen Gerichten gel-tend gemacht werden (vgl. hierzu Abschnitt 14.1 Absatz 5 UStAE).
3.3. Verträge als Rechnung
44Verträge können als Rechnung angesehen werden, wenn sie die nach §§ 14, 14a UStG erforderlichen Angaben enthalten. In diesen Fällen ist zwischen der Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung und der Möglichkeit zur Ausstellung einer sonstigen Rechnung zu unterscheiden. Besteht eine Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung, kann der zugrundeliegende Vertrag als ergänzende Angabe (vgl. Rn. 35) in einem in der E-Rechnung enthaltenen Anhang aufgenommen werden.
45Sofern eine Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung bei einem Dauerschuldverhältnis (z. B. Mietverhältnis) besteht, ist es ausreichend, wenn einmalig für den ersten Teilleistungszeitraum eine E-Rechnung ausgestellt wird, in welcher der zugrundeliegende Vertrag als Anhang enthalten ist, oder sich aus dem sonstigen Inhalt klar ergibt, dass es sich um eine Dauerrechnung handelt. Zu den Folgezeiträumen vgl. Abschnitt 14.5 Absatz 17 UStAE. Änderungen der erstmaligen E-Rechnung brauchen erst zu erfolgen, wenn sich die umsatzsteuerrechtlichen Rechnungspflichtangaben nach §§ 14, 14a UStG ändern (z. B. bei einer Mieterhöhung).
46Für vor dem als sonstige Rechnung erteilte Dauerrechnungen besteht keine Pflicht, zusätzlich eine E-Rechnung auszustellen, solange sich die Rechnungsangaben nicht ändern.
3.4. End- oder Restrechnung bei zuvor erteilten Voraus- und Anzahlungsrechnungen
47In einer Endrechnung, mit der ein Unternehmer über die ausgeführte Leistung insgesamt abrechnet, sind die vor der Ausführung der Leistung vereinnahmten Entgelte oder Teilentgelte sowie die hierauf entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über diese Entgelte oder Teilentgelte Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis erteilt worden sind (vgl. § 14 Absatz 5 Satz 2 UStG und Abschnitt 14.8 Absatz 7 bis 10 UStAE). Statt einer Endrechnung kann auch eine Restrechnung erteilt werden (vgl. Abschnitt 14.8 Absatz 11 UStAE).
48Derzeit sind die Anforderungen an eine Endrechnung noch nicht im strukturierten Teil einer E-Rechnung darstellbar. Es bietet sich in den fraglichen Fällen daher an, stattdessen eine Restrechnung zu stellen. Es wird aber vor dem Hintergrund der noch bestehenden technischen Einschränkungen nicht beanstandet, wenn in einer bis zum als E-Rechnung ausgestellten Endrechnung ein Anhang im Sinne von Abschnitt 14.8 Absatz 8 Nummer 2 UStAE als unstrukturierte Datei in der E-Rechnung enthalten ist. Der gesonderte Versand einer besonderen Zusammenstellung im Sinne von Abschnitt 14.8 Absatz 8 Nummer 3 UStAE ist bei einer E-Rechnung hingegen nicht möglich (siehe auch Rn. 35).
3.5. Rechnungsberichtigung
49Der Rechnungsaussteller kann die ausgestellte E-Rechnung berichtigen. Für eine Rechnungsberichtigung gelten nach § 31 Absatz 5 Satz 3 UStDV die gleichen Anforderungen an Form und Inhalt wie in § 14 UStG. Daher muss die Berichtigung einer E-Rechnung ebenfalls in der für diese vorgeschriebenen Form (unter Verwendung des entsprechenden Rechnungstyps) erfolgen. Eine Übermittlung der fehlenden oder unzutreffenden Angaben in einer anderen Form ist nicht ausreichend. Eine wirksame Berichtigung wirkt unter den übrigen Voraussetzungen auf den Zeitpunkt der Ausstellung der ursprünglichen E-Rechnung zurück (vgl. BStBl 2020 I S. 976). Zum Vorsteuerabzug aus einer nicht berichtigten E-Rechnung siehe Rn. 56 bis 59.
50Für Umsätze, die vor dem ausgeführt worden sind, gilt keine Verpflichtung zur Verwendung einer E-Rechnung. Gleiches gilt für den Zeitraum, in dem die Übergangsregelungen nach § 27 Absatz 38 Satz 1 Nummer 1 bis 3 UStG in Anspruch genommen werden können. Daher kann eine Rechnungsberichtigung für solche Umsätze auch ohne Verwendung einer E-Rechnung erfolgen.
51In Fällen einer Änderung der Bemessungsgrundlage (§ 17 UStG) ist auch bei einer E-Rechnung eine Berichtigung des Steuerbetrags in der ursprünglichen Rechnung nicht erforderlich. Die E-Rechnung muss in derartigen Fällen daher nicht berichtigt werden. Dies betrifft z. B. nachträglich abgerechnete Rabatt- oder Bonusvereinbarungen auf Grundlage der Jahresabnahmemengen. In derartigen Fällen ist gem. § 14 Absatz 4 Satz 1 Nummer 7 UStG in der Rechnung nur darauf hinzuweisen, dass eine im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts besteht. Hierfür ist ein eindeutiger Verweis auf den Vertrag ausreichend. Die Belegaustauschpflicht in Fällen einer Änderung der Bemessungsgrundlage besteht nur in den in § 17 Absatz 4 UStG bezeichneten Fällen. Ein Beleg im Sinne von § 17 Absatz 4 UStG kann, muss aber nicht als umsatzsteuerliche Rechnung (und damit ggf. als E-Rechnung) ausgestellt werden.
3.6. Juristische Personen des öffentlichen Rechts
52Für die Pflicht zur Erteilung einer E-Rechnung ist es unerheblich, ob die Leistung auf zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Grundlage ausgeführt wird, solange über eine umsatzsteuerbare Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird (zu den Ausnahmen siehe Rn. 16, 22 und 23). Unabhängig von einer Verpflichtung z. B. nach der ERechV des Bundes unterliegen daher auch juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) unter den übrigen Voraussetzungen – insbesondere Erbringung einer Leistung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen – der umsatzsteuerrechtlichen Pflicht zur Ausstellung und der Notwendigkeit zum Empfang einer E-Rechnung.
53Wird eine Leistung zu einem Teil im Rahmen des Unternehmens und zu einem anderen Teil aus dem nichtwirtschaftlichen Bereich i. e. S. einer jPöR ausgeführt, handelt es sich nicht um eine einheitliche Leistung, sondern um zwei umsatzsteuerrechtlich selbstständig zu beurteilende Vorgänge (vgl. auch Abschnitt 15.2c Absatz 4 UStAE). Besteht für die im Rahmen des Unternehmens ausgeführte Leistung die Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung und werden diese beiden Leistungen in einer Rechnung abgerechnet, ist die Rechnung insgesamt als E-Rechnung zu erteilen.
54Unabhängig von der Höhe des in Anspruch zu nehmenden Vorsteuerabzugs ist bei Vorliegen der Voraussetzungen eine E-Rechnung an eine jPöR zu erteilen. Dies gilt ausdrücklich auch dann, wenn die Lieferung nach § 15 Absatz 1 Satz 2 UStG nicht als für das Unternehmen bezogen gilt oder die sonstige Leistung zu einem äußerst geringen Anteil für den unternehmerischen Bereich bezogen wird (z. B. 1,2 Prozent).
4. E-Rechnung und Vorsteuerabzug
55Sofern nach § 14 Absatz 2 Satz 2 i. V. m. § 27 Absatz 38 UStG eine Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung besteht (vgl. auch Rn. 12 f.), erfüllt nur eine solche dem Grunde nach die Anforderungen der §§ 14, 14a UStG. Eine sonstige Rechnung erfüllt in diesen Fällen nicht die gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsmäßige Rechnung.
56Bestand eine Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung und wird stattdessen eine sonstige Rechnung im Sinne von § 14 Absatz 1 Satz 4 UStG ausgestellt, handelt es sich nicht um eine ordnungsmäßige Rechnung im Sinne von §§ 14, 14a UStG. Folglich berechtigt die ausgestellte Rechnung dem Grunde nach nicht zum Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 UStG.
57War der Rechnungsersteller zur Ausstellung einer E-Rechnung verpflichtet, kann eine stattdessen ausgestellte sonstige Rechnung (z. B. eine durch ein Kassensystem erzeugte Rechnung) nach Abschnitt 15.2a Absatz 7 UStAE durch Ausstellen einer E-Rechnung berichtigt werden. Die E-Rechnung muss durch eine spezifische und eindeutige Bezugnahme auf die ursprüngliche Rechnung zum Ausdruck bringen, dass es sich um eine berichtigte Rechnung handelt. Eine solche Berichtigung wirkt unter den übrigen Voraussetzungen auf den Zeitpunkt der Ausstellung der sonstigen Rechnung zurück, auch wenn der Vorsteuerabzug nach Rn. 56 zunächst nicht möglich gewesen ist.
58Erfolgt keine Rechnungsberichtigung durch nachträgliches Ausstellen einer E-Rechnung, sind die in einer sonstigen Rechnung enthaltenen Angaben im Hinblick auf den Vorsteuerabzug als mögliche objektive Nachweise im Sinne von Abschnitt 15.2a Absatz 1a UStAE zu berücksichtigen. Bei Anwendung dieser Regelung kann unter Anlegung eines strengen Maßstabes ein Vorsteuerabzug möglich sein, sofern die Finanzverwaltung über sämtliche Angaben verfügt, um die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug (ein Unternehmer erbringt an einen anderen Unternehmer eine Leistung, die dessen der Umsatzsteuer unterliegenden Umsätzen dient und für die die Umsatzsteuer tatsächlich entrichtet wurde) zu überprüfen. Bei einer inhaltlich richtigen und vollständigen sonstigen Rechnung werden die genannten Voraussetzungen regelmäßig erfüllt sein.
59Im Übrigen wird alleine wegen der Ausstellung der Rechnung im falschen Format der Vorsteuerabzug nicht beanstandet, sofern der Rechnungsempfänger anhand der ihm vorliegenden Informationen davon ausgehen konnte, dass der Rechnungsaussteller die Übergangsregelungen nach § 27 Absatz 38 UStG in Anspruch nehmen konnte. Über die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns hinaus braucht der Rechnungsempfängers keine weiteren Recherchen vorzunehmen. Fakten wie z. B. der mit diesem Rechnungsaussteller ausgeführte Vorjahresumsatz, die bekannte Größe des Rechnungsausstellers oder Kenntnisse aufgrund verbundener Unternehmensstrukturen sind aber zu berücksichtigen.
5. Aufbewahrung
60Der strukturierte Teil einer E-Rechnung ist so aufzubewahren, dass dieser in seiner ursprünglichen Form vorliegt und die Anforderungen an die Unveränderbarkeit erfüllt werden. Eine maschinelle Auswertbarkeit seitens der Finanzverwaltung muss sichergestellt sein. Sofern in einem zusätzlich übersandten Dokument (z. B. Bildteil einer hybriden Rechnung) Aufzeichnungen enthalten sind, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, z. B. Buchungsvermerke, sind diese ebenfalls so aufzubewahren, dass diese in ihrer ursprünglichen Form vorliegen und die Anforderungen an die Unveränderbarkeit erfüllt werden. Wegen der Einzelheiten hierzu siehe BStBl 2019 I S. 1269, Rn. 131 und 133.
61Hinsichtlich der Aufbewahrungspflicht für sonstige Rechnungen (siehe Rn. 7) wird auf das BStBl 2019 I S. 1269, Rn. 130 ff. verwiesen.
III. Übergangsregelungen
62Zu der in § 14 Absatz 1 und 2 UStG normierten Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung gelten nach § 27 Absatz 38 UStG verschiedene Übergangsregelungen, nach denen der Rechnungsaussteller unter bestimmten Voraussetzungen dennoch eine sonstige Rechnung ausstellen kann. Hinsichtlich des Empfangs einer E-Rechnung gilt keine Übergangsregelung, er ist somit vom an durch den Rechnungsempfänger zu gewährleisten (siehe auch Rn. 40).
63Bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2026 kann eine Rechnung für einen bis dahin ausgeführten Umsatz auch als sonstige Rechnung (siehe Rn. 7) ausgestellt und übermittelt werden. Die Ausstellung und Übermittlung einer Papierrechnung ist bis dahin umsatzsteuerlich immer zulässig. Die Zustimmung des Empfängers zu der Rechnungserteilung in einem anderen elektronischen Format (vgl. Rn. 20) bedarf keiner besonderen Form. Es muss lediglich Einvernehmen zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger über das zu verwendende Format bestehen. Die Zustimmung kann etwa in Form einer Rahmenvereinbarung (z. B. in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen) oder konkludent erfolgen.
64Hat der Gesamtumsatz im Sinne von § 19 UStG des rechnungsausstellenden Unternehmers im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 800.000 Euro betragen, kann eine Rechnung für einen nach dem ausgeführten Umsatz bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2027 ebenfalls noch als sonstige Rechnung ausgestellt und übermittelt werden. In Fällen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft ist auf den Umsatz des gesamten Organkreises abzustellen. Erfolgt die Rechnungserteilung in Form einer Gutschrift (§ 14 Absatz 2 Satz 5 UStG), ist auf den Gesamtumsatz des Gutschriftausstellers abzustellen. Wird die Rechnung durch einen nicht am Leistungsaustausch beteiligten Dritten ausgestellt, ist der Gesamtumsatz des Auftraggebers maßgeblich.
65Bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2027 kann die Rechnungsausstellung und -übermittlung – vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers – für einen bis dahin ausgeführten Umsatz auch mittels elektronischem Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl L 338 vom , S. 98) erfolgen, wenn die Rechnung nicht ohnehin bereits die Anforderungen des § 14 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 oder Nummer 2 UStG erfüllt. Rechnungsformate, welche die Anforderungen des § 14 Absatz 1 Satz 6 Nummer 1 oder Nummer 2 erfüllen, können auch nach Ablauf dieser Frist verwendet werden.
IV. Änderungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
66Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom , BStBl 2010 I S. 846, wird mit einem gesonderten BMF-Schreiben an die obigen Ausführungen angepasst.
V. Anwendungsregelung
67Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf alle Umsätze anzuwenden, die nach dem ausgeführt werden. Diesem Schreiben entgegenstehende Regelungen des UStAE in der am geltenden Fassung sind ab dem Besteuerungszeitraum 2025 nicht mehr anzuwenden.
68Das BStBl 2012 I S. 726, wird mit Ablauf des aufgehoben.
BMF v. - III C 2 - S 7287-a/23/10001 :007
Fundstelle(n):
BStBl 2024 I Seite 1320
UR 2024 S. 820 Nr. 21
KAAAJ-68891