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NWB-EV Nr. 2 vom Seite 63

Besteuerung von Grundstückseigentümern – Aktuelle Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen

Teil 2: Update für 2020/2021

Prof. Dr. Alois Th. Nacke

Dieser Beitrag behandelt wichtige Entscheidungen des BFH und der Finanzgerichte einerseits im Bereich der Einkünfte aus § 23 EStG sowie andererseits Verwaltungsanweisungen und schließt an den ersten Teil der zweiteiligen Beitragsreihe in an. Es wird wegen der Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen nach § 35c EStG n. F. auf ein neues BMF-Schreiben hingewiesen. Ebenso wird auf eine Ergänzung zum BMF-Anwendungsschreiben zu § 7b EStG n. F. eingegangen. Von besonderer Bedeutung ist auch die Überarbeitung der „Arbeitshilfe“ des BMF zur Kaufpreisaufteilung hinsichtlich der Kosten, die auf das Grundstück entfallen bzw. die auf das Gebäude entfallen. Insbesondere die Urteile des BFH, die die Besteuerung von privaten Veräußerungsgewinnen betreffen (insbesondere zur Bedeutung des Arbeitszimmers und zu einem Gestaltungsmodell zur Verminderung der Besteuerung), sind für die Praxis wichtig. Ebenso rückte die Frage zur Bedeutung einer kurzfristigen Vermietung von Teilen der zu Wohnzwecken selbst genutzten Wohnung für die Besteuerung nach § 23 EStG in den Fokus.

Teil 1 des Beitrags „Besteuerung von Grundstückseigentümern – Aktuelle Rechtsprechung“ von Nacke finden Sie hier: NWB DAAAI-00481

Kernaussagen
  • Veräußerung einer selbstgenutzten Wohnung mit Arbeitszimmer führt nicht zu Besteuerung nach § 23 EStG im Hinblick auf das Arbeitszimmer.

  • Gestaltungsmodell zur Minimierung der Spekulationsbesteuerung rechtmäßig.

  • Zur Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung in der neuen „Arbeitshilfe“ des BMF.

  • Ist die Veräußerung eines „Mobilheims“ steuerpflichtig?

  • Neue Vordrucke für energetische Maßnahmen für die Fachunternehmen.

I. Finanzgerichtliche Entscheidungen

1. Zeitweise Vermietung und Spekulationsbesteuerung

Rechtsprechung: , Revision eingelegt, Az. beim BFH: IX R 20/21

a) Sachverhalt

Die Eheleute A erwarben 2011 ein Reihenhaus für 141.000 €. Sie bewohnten das Objekt selbst. Zwischen 2012 und 2017 vermieteten sie einzelne Zimmer des Hauses an Messegäste. Im Jahr 2017 verkauften sie das Haus zu einem Veräußerungspreis von 294.500 €. Das Finanzamt war der Ansicht, dass 35 qm von 150 qm Gesamtfläche für die Vermietung an Messegäste verwandt wurde, so dass 35/150 des Veräußerungsgewinns unter § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG falle (= 33.800 €).

b) Entscheidung

Das Niedersächsische FG sah dies anders. Es ging davon aus, dass das Haus nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden sei. Das Finanzgericht bezog sich dabei auf finanzgerichtliche Entscheidungen, die im Rahmen des § 23 EStG davon ausgingen, dass eine berufliche Nutzung von Teilen der Wohnung (hier als Arbeitszimmer) nicht schädlich sei. Es würde kein neues Wirtschaftsgut entstehen, das bei der Spekulationsbesteuerung steuerlich gesondert zu berücksichtigen sei. Diese Ansicht widerspreche auch nicht dem Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. Dieses Kriterium sei dabei nicht i. S. von „räumlich ausschließlich“, sondern als „zeitlich ausschließlich“ zu verstehen. Dies ergebe ein Vergleich mit § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG in seiner zweiten Alternative, die eine Ausschließlichkeit nicht vorsieht und nur eine zeitliche Beschränkung regele.

Selbst wenn man annehmen wollte, dass im Rahmen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG auch einzelne Räume eines Gebäudes als selbständige Wirtschaftsgüter der Besteuerung unterworfen werden könnten, führe die tageweise entgeltliche Vermietung des Dachgeschosses nicht dazu, dieses als selbständiges Wirtschaftsgut zu qualifizieren.S. 64

c) Rechtsfolgen für die Praxis

Es ist abzuwarten, wie der BFH entscheiden wird. Verfahren dieser Art sollten daher offengehalten werden. Fest steht aber, da zwischenzeitlich die Entscheidung des BFH zum Arbeitszimmer ergangen ist (siehe Urteil unter I.1.b), dass das Ausschließlichkeitserfordernis des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG allein zeitlich zu sehen ist. Der BFH hat in dieser Entscheidung zum Ausdruck gebracht, dass aus dem in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 Alt. 1 EStG normierten Kriterium der Ausschließlichkeit nur auf die zeitliche, nicht auf die räumliche Nutzung des Wirtschaftsguts – hier Wohnung einschließlich Arbeitszimmer – abzustellen sei. M. E. weisen aber auch die Ausführungen des BFH zum Zweck der Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG darauf hin, dass auch im Messegästefall eine eigenständige Beurteilung des Begriffs der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken zu erfolgen hat. Die Rechtsprechung des BFH hat den Begriff der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken in der dem Dualismus der Einkunftsarten wieder Geltung verschaffenden Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG – entsprechend deren Zweck, die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes zu vermeiden – stets sehr weit gefasst und eigenständig ausgelegt. Ausreichend sei, dass der Steuerpflichtige das Gebäude zumindest auch selbst nutzt. Eine Nutzung zu „eigenen Wohnzwecken“ liege hingegen nicht vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen. Auch im Messegästefall nutzt der Steuerpflichtige das Reihenhaus stets zu eigenen Wohnzwecken (Fremdnutzung nur zu 35/150 und nur zeitweise), so dass m. E. das Finanzgericht zutreffend eine Spekulationsbesteuerung abgelehnt hat.

2. Veräußerung einer selbstgenutzten Wohnung mit Arbeitszimmer

Rechtsprechung:

a) Sachverhalt

A ist Lehrerin und machte im Streitjahr ein in ihrer Eigentumswohnung gelegenes Arbeitszimmer (10,4 % der Gesamtfläche) steuerlich geltend. Die Aufwendungen wurden mit dem Höchstbetrag 1.250 € berücksichtigt. A kaufte die Eigentumswohnung 2012 für 340.000 €. Im Jahr 2017 veräußerte sie die Eigentumswohnung für 490.000 €. Das Finanzamt setzte im Jahr 2017 Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i. H. von 10.941 € (= 10,4 % des Gesamtgewinns) an.

b) Entscheidung

Wird eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung innerhalb der zehnjährigen Haltefrist veräußert, ist der Veräußerungsgewinn auch insoweit gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG von der Besteuerung ausgenommen, als er auf ein zur Erzielung von Überschusseinkünften genutztes häusliches Arbeitszimmer entfällt.

c) Rechtsfolgen für die Praxis

Anknüpfend an die Ausführungen oben unter I.1.a war für den BFH maßgeblich, dass das Arbeitszimmer nicht ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt worden ist, sondern bei typisierender Betrachtung davon auszugehen ist, dass ein häusliches Arbeitszimmer stets auch zu eigenen Wohnzwecken i. S. der Norm genutzt wird. So hat der BFH stets betont, dass ein Arbeitszimmer dann schon vorliegt, wenn es „nahezu“ ausschließlich für berufliche/betriebliche Zwecke genutzt wird. Diese minimale Selbstnutzung reicht aus, eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i. S. des § 23 EStG zu bejahen.

Die Lösung des BFH wird in der Literatur z. T. sehr kritisch gesehen, da im Bereich der Spekulationsbesteuerung eine andere Sichtweise vertreten wird als bei den Gewinneinkünften. So ist der VIII. Senat des BFH der Ansicht, dass für den Bereich der Gewinneinkünfte das häusliche Arbeitszimmer als selbständiges Wirtschaftsgut des Anlagevermögens bei Aufgabe einer freiberuflichen Tätigkeit in die Besteuerung des Aufgabegewinns einzubeziehen ist.

Der BFH hat mit seiner Entscheidung auch die Fälle einer „Arbeitsecke“ und ein während der Corona-Krise geschaffenes Home-Office erfasst, das nicht die Anforderungen eines häuslichen Arbeitszimmers erfüllt. Diese Bereiche der Wohnung gehören zur selbst bewohnten Eigentumswohnung und stellen eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dar. Werden einzelne Räume der Wohnung fremdvermietet, ist der Gewinn, der auf diesen Teil der Wohnung entfällt, nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG steuerfrei. Da es bei einer leerstehenden Wohnung an einer Nutzung zu eigenen Wohnzwecken fehlt, ist der Gewinn aus der Veräußerung einer leerstehenden Wohnung nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG steuerfrei. S. 65

3. Gestaltungsmodell zur Minimierung der Spekulationsbesteuerung

Rechtsprechung:

a) Sachverhalt

Der Vater erwirbt 2011 eine Immobilie. Diese verschenkte er 2014 an seine Tochter und seinen Sohn. Er übertrug das Eigentum an diesem Grundstück unentgeltlich jeweils zu hälftigem Miteigentum auf den volljährigen Sohn und die volljährige Tochter. Diese veräußerten die Vermietungsimmobilie am selben Tag an einen Dritten. Wer muss den Veräußerungsgewinn, der erzielt wurde, nach § 23 EStG versteuern?

b) Entscheidung

Hat der Steuerpflichtige die Veräußerung eines Grundstücks angebahnt, liegt ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten grundsätzlich nicht vor, wenn er das Grundstück unentgeltlich auf seine Kinder überträgt und diese das Grundstück an den Erwerber veräußern; der Veräußerungsgewinn ist dann bei den Kindern nach deren steuerlichen Verhältnissen zu erfassen.

c) Rechtsfolgen für die Praxis

Diese Entscheidung ist für die Praxis in Zeiten hoher Spekulationsgewinne von besonderer Bedeutung. Der Steuerpflichtige kann durch die Übertragung auf z. B. Kinder, Lebenspartner, Eltern erreichen, dass der Veräußerungsgewinn auf mehrere Personen oder Personen mit einem geringen Steuersatz übertragen wird.

Ausschlaggebend für die Ablehnung eines Gestaltungsmissbrauchs für den BFH war die Regelung in § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG, wonach bei unentgeltlichem Erwerb dem Einzelrechtsnachfolger für Zwecke dieser Vorschrift die Anschaffung oder die Überführung des Wirtschaftsguts in das Privatvermögen durch den Rechtsvorgänger zuzurechnen ist. Damit habe der Gesetzgeber solche Gestaltungen an sich zugelassen und damit auch für den Kläger im Streitfall.

Praxishinweis

Wichtig ist aber zu beachten, dass der BFH offen lässt, ob diese Entscheidung auch dann gilt, wenn außergewöhnliche Umstände („unübliche Elemente der Vertragsgestaltung“) vorliegen. Soll die Besteuerung nach § 23 EStG bei einem Dritten durch unentgeltliche Übertragung der Immobilie unproblematisch erreicht werden, so gilt es daher, dass die unentgeltliche Übertragung nicht durch eine unübliche Vertragsgestaltung erfolgt. So wäre m. E. z. B. eine Verpflichtung des Beschenkten, den vorgesehenen Immobilienverkauf zu den vorgegebenen Bedingungen durchführen zu müssen, nicht mehr eine übliche Vertragsgestaltung.

4. Veräußerungsgewinn Mobilheim

Rechtsprechung: , Revision eingelegt, Az. beim BFH: IX R 22/21

a) Sachverhalt

A erwarb 2011 ein Mobilheim für 25.000 €. Er stellte das Mobilheim auf einem fremden Campingplatz ab. Er erklärte die Vermietungseinnahmen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. 2015 verkaufte er das Mobilheim für 40.000 €. Hat A Einkünfte aus § 23 EStG erzielt?

b) Entscheidung

Die Veräußerung des streitbefangenen, auf einer Parzelle eines Campingplatzes aufgestellten Mobilheims, unterliegt selbst dann nicht als privates Veräußerungsgeschäft der Versteuerung nach § 22 Nr. 2 i. V. mit § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, wenn es sich bewertungsrechtlich um ein Gebäude auf fremden Grund und Boden handelt, dessen Erwerb und Veräußerung der Grunderwerbsteuer unterliegt, und der Zeitraum zwischen Erwerb und Veräußerung – wie im Streitfall – weniger als zehn Jahre beträgt.

c) Rechtsfolgen für die Praxis

Das Niedersächsische FG hat sich an den Wortlaut des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1 und 2 EStG gehalten. Danach sind private Veräußerungsgeschäfte Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Gebäude und Außenanlagen sind einzubeziehen. Das Finanzgericht zieht daraus den Schluss, dass das auf dem Grund stehende Gebäude nur ein Bewertungsfaktor für die Gewinnermittlung sei („... sind einzubeziehen...“). Fraglich ist jedoch, ob nicht die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG vorliegen (Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern). Dies wird man wohl bejahen müssen, da es sich bei dem Mobilheim m. E. nicht um Gegenstände des täglichen Gebrauchs handelt. Die Vermietung von Mobilheimen ist m. E. daher ein Fall des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Zwar kommt danach dann eine Besteuerung nach Ablauf eines Jahres nicht mehr in Betracht. Jedoch wäre dann zu prüfen, ob nicht eine verlängerte Haltefrist von zehn Jahren in Betracht käme (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 i. V. mit § 22 Nr. 3 EStG), da sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG aus der Vermietungstätigkeit erzielt wurden (vergleichbar z. B. zu Wohnmobilvermietung und Containervermietung).

II. Verwaltungsanweisungen

1. Kaufpreisaufteilung

Verwaltungsanweisung: BMF, Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung) – Arbeitshilfe und Anleitung mit Stand S. 66Mai 2021, www.bundesfinanzministerium.de; sowie NWB LAAAE-61859

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