Generationen- und betriebsübergreifende Totalgewinnprognose bei Übertragung eines Landwirtschaftsbetriebs (Pferdepension) unter Nießbrauchsvorbehalt
Leitsatz
1. Eine generationenübergreifende Totalgewinnprognose unter Einbeziehung des unentgeltlichen Rechtsnachfolgers kommt bei einem Landwirtschaftsbetrieb in Betracht, wenn der aktuell zu beurteilende Steuerpflichtige infolge umfangreicher Investitionen die wirtschaftliche Grundlage des späteren Erfolgs in Form von positiven Einkünften bei seinem unentgeltlichen Rechtsnachfolger gelegt hat.
2. Dies gilt zugleich betriebsübergreifend auch dann, wenn der Landwirtschaftsbetrieb zunächst unter Nießbrauchsvorbehalt an die nächste Generation übertragen wird. Die Totalgewinnprognose ist dann ungeachtet der Entstehung zweier landwirtschaftlicher Betriebe für einen fiktiven konsolidierten Landwirtschaftsbetrieb zu erstellen (Anschluss an , BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765).
Gesetze: EStG § 13 Abs. 1; EStG § 15 Abs. 2;
Instanzenzug: (EFG 2017, 396),
Tatbestand
I.
1 Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Alleinerbe seiner im Jahr 2008 verstorbenen Ehefrau E, mit der er im Güterstand der Gütergemeinschaft lebte.
2 Die Eheleute übernahmen vom Bruder des Klägers im Jahr 1986 einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Ackerbau und Milchkuhhaltung, Mast- und Zuchtbetrieb für Schweine und Rinder, den sie zunächst fortführten. Seit 1997 betrieben sie auf dem Gelände eine landwirtschaftliche Pferdepension. Hierzu errichteten sie im Jahr 1996 zunächst eine Reithalle mit 32 Pferdeboxen sowie eine Führanlage. In den Jahren 1998/1999 entstand ein weiterer Gebäudekomplex, der in zwei Trakten 16 bzw. 22 weitere Pferdeboxen umfasste. Darüber hinaus bauten die Eheleute ein Strohlager und eine Maschinen- bzw. Werkzeughalle (1998), ein Heulager (Ende 1999) und zwei Laufställe für junge Pferde (zwischen 1998 bis 2000). Im Januar 2005 wurde eine weitere Reithalle auf dem bisherigen Außenplatz fertig gestellt. Um die Anlage herum befinden sich Betriebsflächen mit Grünland, das für die Heuerzeugung als Pferdefutter verwendet wird.
3 Sämtliche Pferdeboxen an der ersten Reithalle vermieteten der Kläger und E für fünf Jahre (vom bis ) an K. Die Vermietung der später errichteten 38 Boxen erfolgte zunächst ebenfalls in „Paketen“, die von den Mietern an Dritte weitervermietet wurden. Den Vertrag mit K verlängerten der Kläger und E im Jahr 2002 nicht, sondern vermieteten in der Folgezeit die einzelnen Boxen —ebenso wie die weiteren 38 Pferdeboxen— in Eigenregie.
4 Im April 2000 übertrugen der Kläger und E im Wege der vorweggenommenen Erbfolge u.a. die land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke sowie den Betrieb auf ihren Sohn B und behielten sich für fünf Jahre ein Nießbrauchsrecht vor.
5 Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung (GKBP) führte für die Jahre 1998 bis 2001 eine Außenprüfung bei den Eheleuten durch. Im zeitlichen Zusammenhang hiermit ließ der Kläger zur Dokumentation der Gewinnerzielungsabsicht eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Pferdepension bei der Landwirtschaftskammer…erstellen. Dem Finanzgericht (FG) lagen zwei Fassungen, beide datierend vom Juli 2003, vor:
6 In einer —in den Akten des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt —FA—) befindlichen— Fassung wurde ein kalkulierter jährlicher Verlust von ... € errechnet, der erst ausgeglichen werden könne, wenn —ausgehend von einem Pensionspreis von 230 €— eine Preiserhöhung um mindestens 27,77 € pro Pferd monatlich durchsetzbar wäre, was abzuwarten bleibe.
7 In der anderen —vom Kläger im Verfahren…vorgelegten— Fassung kam der Bericht zu einem kalkulierten jährlichen Gewinn von ... €, der bei voller Stallauslastung erzielt werden könne. Das Ergebnis könne noch besser ausfallen, wenn höhere Preise erzielt würden.
8 Beide Berichte schlossen übereinstimmend mit der Bemerkung, dass die Betriebsstruktur und das (geographische) Marktumfeld günstig seien und daher einen Versuch in diese Richtung rechtfertigen würden.
9 Unter dem erstellte der amtliche landwirtschaftliche Sachverständige des FA für die GKBP bezugnehmend u.a. auf die Berechnungen der Landwirtschaftskammer vom Juli 2003 einen Bericht, in dem er unter Modifikationen verschiedener Berechnungsparameter feststellte, dass bei einer Einnahmesteigerung, die aufgrund der geänderten Pensionsverträge möglich erscheine, eine zukünftige Gewinnerzielung nicht auszuschließen sei.
10 Für die Streitjahre (2002 bis 2004) führte die GKBP im Jahr 2006 eine weitere Prüfung durch. Eine dabei erstellte Überprüfung der „Wirtschaftlichkeit des Betriebes“ kam zu dem Ergebnis, der Betrieb könne (bestenfalls) bei einer Betriebsdauer von 45 Jahren zu einem ausgeglichenen Ergebnis gelangen.
11 Im Bericht vom legte der Prüfer dar, dass die geltend gemachten Verluste aus Land- und Forstwirtschaft (2002: ... €, für 2003: ... €, für 2004: ... €, für 2005: ... €) nicht anzuerkennen seien. Aufgrund des vorliegenden Nießbrauchsrechts sei keine Gewinnerzielungsabsicht gegeben, weil die Prognose auf die Dauer des Nießbrauchsrechts zu beschränken sei.
12 Das FA erließ daraufhin geänderte Einkommensteuerfestsetzungen für 2002 bis 2004 u.a. ohne Ansatz der Verluste aus Land- und Forstwirtschaft. Das FG verneinte im anschließenden Klageverfahren mit Urteil vom 2 K 3905/07 E die Gewinnerzielungsabsicht, weil auf die zeitlich begrenzte Einkunftsquelle „Nießbrauch“ abzustellen sei. Diese Entscheidung hob der (BFH/NV 2010, 657) auf. Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft seien vorliegend in einem Feststellungsverfahren gesondert und einheitlich zu ermitteln. Das unter dem Aktenzeichen 4 K 4573/09 E geführte Verfahren im zweiten Rechtsgang ist gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt.
13 In daraufhin erlassenen Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen —zuletzt vom — lehnte das FA die Feststellung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft mangels Gewinnerzielungsabsicht ab. Dies gelte insbesondere deshalb, weil der Prognosezeitraum auf fünf Jahre (Laufzeit des Nießbrauchs) zu begrenzen sei. In diesem Zeitraum sei es objektiv nicht zu einer Erzielung von Gewinnen aus der Pferdepensionshaltung gekommen. Von den seit 1995 aufgelaufenen Verlusten entfielen ... € auf die Zeit des Nießbrauchs. Des Weiteren seien bis zum bei B weitere Verluste in Höhe von ... € angefallen, so dass sich bis Ende 2011 Verluste von insgesamt ... € ergeben hätten. Dass diese Verluste —unbeschadet einer generationenübergreifenden Betrachtungsweise— ausgeglichen werden könnten, sei nicht erkennbar.
14 Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos. Der im Anschluss erhobenen Klage gab das FG mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 396 veröffentlichten Gründen statt.
15 Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
16 Es beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
17 Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Gründe
II.
18 Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Rechtssache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat zwar zu Recht entschieden, dass der Vorbehalt des fünfjährigen Nießbrauchs einer generationenübergreifenden Totalgewinnprognose nicht entgegensteht. Der Senat kann aufgrund der Feststellungen des FG aber nicht beurteilen, ob die landwirtschaftliche Tierhaltung in Form der Pferdepension objektiv geeignet gewesen ist, Gewinn zu erzielen.
19 1. Gewinne und Verluste, die einem Steuerpflichtigen aus einer Betätigung erwachsen, sind nur dann bei der Bemessung seiner Einkommensteuer zu berücksichtigen, wenn sie sich einer der in § 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) genannten Einkunftsarten zurechnen lassen. Deshalb setzt die Berücksichtigung der Verluste aus dem Pferdepensionsbetrieb voraus, dass sie aus der Unterhaltung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs i.S. von § 13 Abs. 1 EStG entstanden sind.
20 a) Ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb erfordert eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird. Das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht als Voraussetzung für eine einkommensteuerrelevante betriebliche Tätigkeit ergibt sich aus § 15 Abs. 2 EStG, der auch auf die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i.S. des § 13 EStG anzuwenden ist (Senatsurteil vom VI R 86/14, BFHE 257, 561, BStBl II 2017, 981, Rz 10, m.w.N.).
21 b) Gewinnerzielungsabsicht ist das Bestreben, das Betriebsvermögen zu mehren und auf Dauer einen Totalgewinn zu erzielen (grundlegend Beschluss des Großen Senats des , BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.IV.3.c). Angestrebt werden muss ein positives Ergebnis in der Regel zwischen Betriebsgründung und Betriebsbeendigung, und zwar aufgrund einer Betätigung, die, über eine größere Zahl von Jahren gesehen, auf die Erzielung positiver Ergebnisse hin angelegt ist (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.IV.3.c aa (2)). Die Gewinnerzielungsabsicht bestimmt sich dabei nach den Besonderheiten der jeweiligen Einkunftsart (z.B. , BFHE 195, 267, BStBl II 2002, 791, und Senatsurteil in BFHE 257, 561, BStBl II 2017, 981, Rz 12).
22 c) An der Absicht Gewinn zu erzielen fehlt es, wenn die Prognose des zu erwirtschaftenden Totalgewinns negativ ist und der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. , BFHE 205, 243, BStBl II 2004, 455; vom X R 62/01, BFHE 208, 522, BStBl II 2005, 336, und vom X R 27/16, BFH/NV 2018, 36, Rz 16). Als innere Tatsache lässt sich die Gewinnerzielungsabsicht nur anhand äußerer Umstände feststellen. Einzelne Umstände können dabei einen Anscheinsbeweis liefern (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.IV.3.c bb). Für die Beurteilung ist insbesondere von Bedeutung, ob der Betrieb bei objektiver Betrachtung nach seiner Art, der Gestaltung der Betriebsführung und den gegebenen Ertragsaussichten einen „Totalgewinn“ erwarten lässt. Für diese Prognose können die Verhältnisse der bereits abgelaufenen Zeiträume wichtige Anhaltspunkte bieten. Ist danach bei objektiver Betrachtung ein positives Ergebnis nicht zu erwarten, kann der Steuerpflichtige gleichwohl nachweisen, dass er die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet habe, dass zunächst angefallene Verluste im Laufe der weiteren Entwicklung des Betriebs durch Gewinne ausgeglichen würden und insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielt werden könne. Der Beweis, dass ein über Jahre hin mit Verlusten arbeitender Betrieb nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung geführt wird, der Steuerpflichtige vielmehr aus nicht wirtschaftlichen, persönlichen Gründen diese ständige finanzielle Belastung trägt, kann aber in der Regel dann als erbracht gelten, wenn feststeht, dass der Betrieb nicht nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt wird und nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinnen arbeiten kann (, BFH/NV 2005, 854).
23 d) Der für die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht maßgebliche Totalgewinn setzt sich aus den in der Vergangenheit erzielten und künftig zu erwartenden laufenden Gewinnen/Verlusten und dem sich bei Betriebsbeendigung voraussichtlich ergebenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn/-verlust zusammen. Kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Betrieb veräußert wird, so ist der Schätzung des Totalgewinns ein (fiktiver) Aufgabegewinn/-verlust gemäß § 16 Abs. 3 EStG zugrunde zu legen (, BFHE 219, 508, BStBl II 2008, 465).
24 e) Der zeitliche Maßstab für die Beurteilung des Totalgewinns ergibt sich im Regelfall aus der Gesamtdauer der Betätigung. Feste zeitliche Vorgaben gibt es dabei nicht (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.IV.3.c bb (1)). Der Zeitraum, innerhalb dessen ein positives Ergebnis erzielbar sein muss, ist stets einzelfallbezogen zu beurteilen (BFH-Urteil in BFHE 219, 508, BStBl II 2008, 465).
25 f) Für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Totalgewinnperiode objektbezogen ist und deshalb mehr als eine Generation umfassen muss (ständige Rechtsprechung, , BFHE 192, 542, BStBl II 2000, 674; vom IV R 12/05, BFH/NV 2008, 759; vom IV R 38/13, BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765, Rz 24, und Senatsurteil in BFHE 257, 561, BStBl II 2017, 981, Rz 12). Diese Rechtsprechung soll insbesondere den in der Land- und Forstwirtschaft üblichen Hofübergabeverträgen oder anderen Gestaltungen zur Hofübergabe an die nächste Generation (sog. Generationennachfolge) Rechnung tragen. Als Ausnahme vom Grundsatz der Individualbesteuerung (, BFHE 261, 298, BStBl II 2018, 567, Rz 20 ff. auch zu weiteren Ausnahmen) ist sie jedoch nicht dahin zu verstehen, dass die generationenübergreifende und damit objektive Sicht der Totalgewinnperiode faktisch zu einem zeitlich unbefristeten, weil mehrere Generationen umfassenden Beurteilungszeitraum führt. Vielmehr hat der IV. Senat des BFH ausdrücklich darauf abgestellt, dass die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht gleichwohl notwendigerweise auf den einzelnen Steuerpflichtigen und damit primär auch auf dessen Betrieb bezogen ist (zuletzt BFH-Urteil in BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765, Rz 24; zur Einbeziehung des unentgeltlichen Rechtsnachfolgers in die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung und Verpachtung s.a. , BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726, unter II.1.e cc).
26 Die Einbeziehung der betrieblichen Betätigung des Rechtsnachfolgers in den Beurteilungszeitraum der Totalgewinnperiode hat der IV. Senat des BFH nicht nur bei nachhaltig wirtschaftenden forstwirtschaftlichen Betrieben im Hinblick auf die lange Umtriebszeit zwischen Aufforstung und Ernte von oft mehr als 100 Jahren angenommen (s. BFH-Urteil in BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765, Rz 24). Er hat vielmehr allgemein im Falle der unentgeltlichen Rechtsnachfolge eine längere Totalgewinnperiode unter Einbeziehung auch des Rechtsnachfolgers des Steuerpflichtigen in Erwägung gezogen, wenn der dem Beurteiler vorliegende Beurteilungszeitraum auch diesen Zeitraum mitumfasst, etwa weil Reaktionen des Steuerpflichtigen auf eine längere Verlustperiode erst bei seinem Rechtsnachfolger zu einem nachhaltigen Abbau der Verluste führen, der damit als sicheres Beweisanzeichen für das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht beim Steuerpflichtigen heranzuziehen ist (BFH-Urteil in BFHE 192, 542, BStBl II 2000, 674; ebenso Kanzler, Neue Wirtschaftsbriefe —NWB— 2016, 2716). Es müssen mithin „ausnahmsweise“ bereits in der Person des Rechtsvorgängers begründete Besteuerungsmerkmale und Rechtspositionen beim unentgeltlichen Rechtsnachfolger fortwirken (s. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608, unter D.III.6.b, und BFH-Beschluss in BFHE 261, 298, BStBl II 2018, 567, Rz 24).
27 Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung ist damit eine auf den konkreten Einzelfall bezogene wirtschaftliche Betrachtung, wenn bereits der aktuell zu beurteilende Steuerpflichtige die wirtschaftliche Grundlage des späteren Erfolgs in Form von positiven Einkünften bei seinem unentgeltlichen Rechtsnachfolger gelegt hat. Die Annahme einer generationenübergreifenden Totalgewinnperiode setzt daher auch die Identität der Betriebe des Rechtsvorgängers und des Rechtsnachfolgers voraus (BFH-Urteil in BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765, Rz 24).
28 2. Bei Heranziehung dieser Grundsätze kann der Senat anhand der Feststellungen des FG nicht beurteilen, ob die landwirtschaftliche Tierhaltung in Form der Pferdepension objektiv geeignet gewesen ist, Gewinn zu erzielen.
29 a) Entgegen der Auffassung des FA hat das FG jedoch zu Recht entschieden, dass die Totalgewinnprognose generationenübergreifend unter Einbeziehung des Rechtsnachfolgers zu erfolgen hat und nicht auf die Verlustphase während der Zeit des fünfjährigen Nießbrauchs, den sich der Kläger und E im Zuge der vorweggenommenen Erbfolge vorbehalten hatten, zu beschränken ist.
30 aa) Das FG hat in diesem Zusammenhang insbesondere unter Verweis auf das BFH-Urteil in BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765 zutreffend ausgeführt, dass die durch den im Rahmen der Generationennachfolge vorbehaltenen Nießbrauch entstehende doppelte Betriebsstruktur in Gestalt des ruhenden Eigentümerbetriebs und des wirtschaftenden Betriebs des Nießbrauchsberechtigten (s. hierzu , BFHE 152, 62, BStBl II 1988, 260, und in BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765, Rz 26) der generationenübergreifenden Totalgewinnprognose nicht entgegensteht.
31 bb) Nach den Ausführungen des IV. Senats des BFH, denen sich der erkennende Senat anschließt, ist die Eigentumsübertragung unter Nießbrauchsvorbehalt im Hinblick auf den wirtschaftenden Betrieb im Ergebnis weitgehend irrelevant, weil die Einkünfte mit Ausnahme der Gewinne aus der Veräußerung von Anlagevermögen innerhalb derselben Betriebsstruktur weiterhin von dem bisherigen Eigentümer nunmehr als Nießbraucher erzielt werden und es steuerrechtlich keinen Unterschied macht, ob der wirtschaftende Betrieb zusammen mit dem Eigentumsübergang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Wegfall des Nießbrauchs übertragen wird (BFH-Urteil in BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765, Rz 28). Denn mit der Beendigung des Nießbrauchs fallen der ruhende Eigentümerbetrieb sowie der wirtschaftende Nießbrauchsbetrieb weg, so dass ab diesem Zeitpunkt der Betrieb wieder in der ursprünglichen Form als aktiv bewirtschafteter Eigentumsbetrieb nunmehr vom Rechtsnachfolger fortgeführt wird. Im Ergebnis wird der während des Nießbrauchs in zwei Betriebe (ruhender Eigentümerbetrieb und aktiver Nießbrauchsbetrieb) aufgespaltene Betrieb in der Person des Rechtsnachfolgers wiedervereinigt. Diese Vorgänge führen nicht zu einer Betriebsaufgabe, sondern zu einer steuerneutralen Betriebsübertragung nach § 6 Abs. 3 EStG (BFH-Urteil in BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765, Rz 28).
32 cc) Entgegen der Auffassung des FA sind die vorstehenden Ausführungen nicht auf Forstbetriebe zu beschränken (s. Wendt, BFH/PR 2016, 298; ebenso Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, A Rz 195c; Kanzler, NWB 2016, 2716; ders. in Kanzler/Kraft/Bäuml, EStG, § 2 Rz 93; Krumm, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 13 Rz B 96a; Leingärtner/ Krumm, Besteuerung der Landwirte, Kap. 4, Rz 9a; Kube in Kirchhof, EStG, 17. Aufl., § 13 Rz 8; Paul in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 13 EStG Rz 50; Stöber, Finanz-Rundschau 2017, 801, 808). Die Besonderheiten der Forstwirtschaft bei der Gewinnung von Nutzhölzern und ihrer Verwertung im Wege der Holzernte führen allein dazu, dass der Totalgewinnprognose regelmäßig ein deutlich längerer Prognosezeitraum von oft mehr als 100 Jahren zugrunde zu legen ist als in anderen Fällen. Sie rechtfertigen es aber nicht, bei der Anwendung allgemeiner Grundsätze zur unentgeltlichen Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge zwischen Forstbetrieben einerseits und landwirtschaftlichen Betrieben andererseits zu unterscheiden. Denn bei beiden Betriebsarten ist diese Art der Betriebsübertragung darauf angelegt, den vorübergehend aufgespaltenen Betrieb später in der Hand des neuen Eigentümers wieder zusammenzuführen, weshalb auch der zwischenzeitliche Betrieb des Nießbrauchers bei Ende des Nießbrauchs nicht untergeht, sondern in Fortführung der Buchwerte nach § 6 Abs. 3 EStG auf den Eigentümer übertragen wird (vgl. , BFHE 244, 23, BStBl II 2014, 316, Rz 22, und in BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765, Rz 28; Wendt, BFH/PR 2016, 298).
33 dd) Die hiernach gebotene generationen- und betriebsübergreifende Betrachtung führt dazu, dass in die Totalgewinnprognose sämtliche Betriebe, d.h. der ursprüngliche, wirtschaftende Eigentümerbetrieb des Klägers und der E, der ruhende Eigentümerbetrieb des B als Rechtsnachfolger, der Nießbrauchsbetrieb und der wirtschaftende Eigentümerbetrieb des B, einzubeziehen sind. Soweit während der Zeit der Nießbrauchsbestellung zwei Betriebe existieren, sind diese im Rahmen der Totalgewinnprogose fiktiv zu konsolidieren. Dies hat aber lediglich zur Folge, dass etwaige Leistungsbeziehungen zwischen diesen Betrieben zur Ermittlung eines Totalgewinns eliminiert werden (BFH-Urteil in BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765, Rz 29).
34 b) Das FG hat auf dieser Grundlage ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass die Pferdepension nach ihrer Wesensart und der Art ihrer Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen nicht nachhaltig mit Gewinnen arbeiten könne. Dabei hat sich das FG zum einen auf die eingeholten Gutachten der Landwirtschaftskammer zur Dokumentation der Gewinnerzielungsabsicht gestützt. Zum anderen hat es maßgeblich auf die konkrete Betriebsführung abgestellt, die auf die Verlustsituation reagiert habe, indem sie die zunächst unzureichende Einnahmeseite durch die Umstellung auf die Vermietung der Pferdeboxen in Eigenregie stetig verbessert und auch die Attraktivität des Angebots des Pensionsstalls durch die weitere Reithalle gesteigert habe, zumal sich der Betrieb auch zum Ende des Streitzeitraums noch im Auf- und Ausbau befunden habe und erhebliche stille Reserven beinhalte. Anhaltspunkte dafür, dass die Unterhaltung einer Pferdepension persönlichen Neigungen des Klägers und der E entsprungen wäre, konnte das FG nicht feststellen.
35 c) Zwar unterliegen sowohl die Feststellung, ob im Einzelfall Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt, als auch die in diesem Zusammenhang vom FG zu treffende Prognose als Tatfrage regelmäßig der Bindungswirkung des § 118 Abs. 2 FGO (s. BFH-Urteil in BFHE 197, 151, BStBl II 2002, 726, unter II.1.h). Die tatrichterliche Bindungswirkung besteht jedoch dann nicht, wenn aus den Gründen des angefochtenen Urteils nicht nachvollziehbar ist, aus welchen Tatsachen das FG eine Schlussfolgerung tatsächlicher Art abgeleitet hat (, BFH/NV 2008, 532, unter II.2.e).
36 aa) Angesichts der bis zum Ende des Streitzeitraums und auch darüber hinaus aufgelaufenen Verluste ist vorliegend nicht erkennbar, worauf das FG seine Überzeugung stützt, der Betrieb sei im Streitfall in der Lage, einen Totalgewinn zu erzielen. Eine belastbare Schätzung unter Zugrundelegung der bereits angefallenen Verluste, der künftigen Ertragsentwicklung sowie eines (fiktiven) Veräußerungs- oder Aufgabegewinns hat das FG nicht vorgenommen.
37 bb) Das FG wird im zweiten Rechtsgang daher zunächst zu prüfen haben, ob der Pferdepensionsbetrieb im Streitfall in der Lage war, die aufgelaufenen Verluste durch künftige Gewinne zu kompensieren und insgesamt einen Totalgewinn zu erzielen. Unter den Umständen des Streitfalls —insbesondere der Umstrukturierung des zuvor aus Ackerbau und Viehhaltung bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs in den streitgegenständlichen Pensionsbetrieb ab dem Jahr 1996 mit Neuerrichtung der hierfür erforderlichen Gebäude— bestehen aus Sicht des erkennenden Senats keine Bedenken, den mit der Umstrukturierung beginnenden Prognosezeitraum vorliegend mit 30 Jahren zu veranschlagen (zu einem entsprechenden Prognosezeitraum bei Verpachtung eines aus landwirtschaftlichen Grundstücksflächen und Gebäuden bestehenden Anwesens, das für den Betrieb einer Pferdepensionshaltung und Pferdezucht zu dienen bestimmt ist, s. , BFH/NV 2016, 188, Rz 13).
38 Sollte die Totalgewinnprognose negativ ausfallen, so wird das FG zu prüfen haben, ob die Verluste der Streitjahre gleichwohl (noch) als Anlaufverluste zu berücksichtigen sind. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn auf Grund der bekannten Entwicklung des Betriebs eindeutig feststeht, dass er, so wie er von den Steuerpflichtigen betrieben wurde, von vornherein nicht in der Lage war, nachhaltige Gewinne zu erzielen und deshalb nach objektiver Beurteilung von Anfang an keine Einkunftsquelle i.S. des Einkommensteuerrechts darstellte (vgl. , BFHE 131, 18, BStBl II 1980, 718; vom IV R 139/81, BFHE 142, 464, BStBl II 1985, 205, und in BFH/NV 2008, 532, unter II.2.c).
39 Auf die Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Landwirtschaftskammer zur Dokumentation der Gewinnerzielungsabsicht kann sich das Gericht hierbei nicht ohne weiteres stützen. Zum einen wurden diese vom Kläger erst nachträglich im zeitlichen Zusammenhang mit der ersten Außenprüfung im Jahre 2003 eingeholt. Zum anderen weichen die darin kalkulierten Ergebnisse gravierend von den tatsächlich erzielten Verlusten ab, so dass nicht erkennbar ist, auf welcher Grundlage die Landwirtschaftskammer zu ihrer günstigeren Prognose gelangt ist. Insoweit wäre zudem erforderlich, die grundlegenden Annahmen (Erhöhung des Pensionspreises um 27,77 € pro Pferd und Monat bzw. eine —durchgängige— volle Stallauslastung) auf ihre Realisierbarkeit zu überprüfen.
40 3. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2018:U.231018.VIR5.17.0
Fundstelle(n):
BStBl 2019 II Seite 601
BB 2019 S. 85 Nr. 3
BFH/NV 2019 S. 225 Nr. 3
BFH/PR 2019 S. 69 Nr. 4
DB 2019 S. 6 Nr. 1
DStR 2019 S. 6 Nr. 1
DStRE 2019 S. 129 Nr. 3
EStB 2019 S. 50 Nr. 2
ErbBstg 2019 S. 57 Nr. 3
FR 2020 S. 265 Nr. 6
GStB 2019 S. 9 Nr. 3
HFR 2019 S. 180 Nr. 3
KÖSDI 2019 S. 21102 Nr. 2
NWB-Eilnachricht Nr. 3/2019 S. 82
NWB-Eilnachricht Nr. 4/2019 S. 158
StB 2019 S. 42 Nr. 3
StuB-Bilanzreport Nr. 3/2019 S. 131
AAAAH-04519