Eingruppierung BAT-KF - Leitung einer Werkstatt für behinderte Menschen
Gesetze: Anl 9 Abschn 6 BAT-KF
Instanzenzug: Az: 10 Ca 2110/19 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 18 Sa 165/20 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Eingruppierung des in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätigen Klägers und sich daraus ergebender Vergütungsdifferenzen.
2Der beklagte Verein ist Mitglied des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche von Westfalen. Er betreibt die sog. H-Werkstätten, die an fünf Standorten behinderte Menschen beschäftigen. Jeder Standort trägt eine Namensbezeichnung (zB M- oder N-Werkstatt) und verfügt über eine Betriebsleitung. Ausweislich des Organigramms „Technik H-Werkstätten“ ist den Betriebsleitungen die „Leitung Technik H-Werkstätten“ übergeordnet. Der Entwurf einer Stellenbeschreibung „Betriebsleitung WfbM H-Werkstätten“ sieht die „Leitung Technik H-Werkstätten“ als „vorgesetzte Stelle“ vor und lautet im Übrigen auszugsweise wie folgt:
3Der Kläger ist bei den H-Werkstätten seit dem als Betriebsleiter der M-Werkstatt, die eine Durchschnittsbelegung von mindestens 240, aber weniger als 360 Plätzen aufweist, beschäftigt. Er hat eine sonderpädagogische Zusatzqualifikation erworben. Aufgrund vertraglicher Vereinbarung bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag in kirchlicher Fassung (BAT-KF). Die Mitarbeitenden erhalten abhängig von ihrer nach § 10 BAT-KF in Verbindung mit dem einschlägigen Entgeltgruppenplan zu bestimmenden Eingruppierung ein Tabellenentgelt und gegebenenfalls eine Jahressonderzahlung.
4Der Entgeltgruppenplan zum BAT-KF für Mitarbeiterinnen im Sozial- und Erziehungsdienst (SDEGP-BAT-KF - Anlage 9 zum BAT-KF) vom differenziert nach Berufsgruppen und lautete in der bis zum geltenden Fassung auszugsweise wie folgt:
5Am wurde mit Wirkung zum die Einführung einer neuen Fallgruppe 8 und die entsprechenden redaktionellen Anpassungen beschlossen. Die bisherigen Fallgruppen 8 bis 21 wurden zu Fallgruppen 9 bis 22.
6Der Beklagte vergütet den Kläger seit dem entsprechend der ursprünglichen Fallgruppe 13 des Abschnitts 6 der Anlage 9 zum BAT-KF nach Entgeltgruppe SD 13 BAT-KF.
7Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung hat der Kläger mit seiner Klage die Feststellung begehrt, dass er von dem Beklagten seit dem nach Entgeltgruppe SD 16 Stufe 4 BAT-KF zu vergüten sei. Für die Monate April 2016 bis einschließlich Dezember 2018 hat er bezogen auf Tabellenentgelt und Jahressonderzahlung die Zahlung der entsprechenden Vergütungsdifferenzen verlangt.
8Der Kläger hat die Auffassung vertreten, seine Tätigkeit sei entsprechend der ursprünglichen Fallgruppe 17 des Abschnitts 6 der Anlage 9 zum BAT-KF nach Entgeltgruppe SD 16 BAT-KF zu vergüten. Er leite „in fachlicher, dienstlicher und wirtschaftlicher Hinsicht“ eigenverantwortlich eine Werkstatt für behinderte Menschen, nämlich die M-Werkstatt. Bei dieser handle es sich nicht nur um einen Betriebsteil im Sinn einer Zweigwerkstatt der H-Werkstätten, sondern um deren Hauptwerkstatt. Sie weise eine Durchschnittsbelegung von mindestens 240 Plätzen auf. Eine übergeordnete Werkstattleitung bestehe nicht. Der „Leitung Technik“ komme nur eine kaufmännische Funktion zu.
9Der Kläger hat beantragt
10Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
11Er hat die Auffassung vertreten, der Kläger leite nur eine Zweigwerkstatt und sei der „Leitung Technik“ unterstellt.
12Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Gründe
13Die Revision ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
14A. Die Revision ist mangels Begründung unzulässig, soweit sie sich gegen die Abweisung des Antrags auf Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Vergütung des Klägers nach Entgeltgruppe SD 16 Stufe 4 BAT-KF für die Zeit vom bis zum richtet.
15I. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Die Revisionsbegründung muss die Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Daher muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils enthalten ( - Rn. 14, BAGE 166, 363).
16II. Diesen Anforderungen wird die Begründung der Revision teilweise nicht gerecht. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag mangels des nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen, soweit er sich bezüglich des Zeitraums vom bis zum mit der Leistungsklage überschneidet. Hiermit setzt sich die Revision nicht auseinander.
17B. Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
18I. Der Feststellungsantrag ist zulässig, soweit er sich auf den Monat März 2016 und die Zeit ab dem bezieht.
191. Er ist dahingehend zu verstehen, dass der Kläger eine Pflicht des Beklagten zur Vergütung nach Entgeltgruppe SD 16 Stufe 4 BAT-KF festgestellt wissen will (zur Auslegung prozessualer Willenserklärungen vgl. - Rn. 38 mwN; - 6 AZR 286/19 - Rn. 12). Die im Antrag genannte Anlage 4e zum BAT-KF weist nur die Höhe des jeweiligen Tabellenentgelts aus.
202. Mit diesem Inhalt ist der Feststellungsantrag zulässig. Das besondere Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) ist gegeben.
21a) Der angestrebte feststellende Ausspruch ist trotz seiner nicht vollstreckbaren Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die Vergütung in den verschiedenen Zeitabschnitten beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses (vgl. - Rn. 24 mwN). Der Kläger ist nicht - auch nicht für in der Vergangenheit liegende Streitzeiträume - verpflichtet, eine Leistungsklage zu erheben. Für eine Feststellungsklage besteht trotz der Möglichkeit einer Leistungsklage ein Feststellungsinteresse, wenn durch sie der Streit insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann ( - Rn. 15 mwN). Dies ist hier hinsichtlich der streitigen Differenzvergütung der Fall.
22b) Der nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Gegenwartsbezug ist auch für die in der Vergangenheit liegenden Zeiträume gegeben. Der Kläger erstrebt gegenwärtige rechtliche Vorteile in Form eines höheren Entgelts ( - Rn. 15).
23II. Der Feststellungsantrag ist aber ebenso wie der Leistungsantrag unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Vergütung nach Entgeltgruppe SD 16 BAT-KF. Die Voraussetzungen der streitbefangenen Fallgruppe 17 (seit : Fallgruppe 18) des Abschnitts 6 der Anlage 9 zum BAT-KF sind nicht erfüllt, da der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht als umfassend verantwortlicher Leiter einer Werkstatt für behinderte Menschen fungiert.
241. Der BAT-KF ist kein Tarifvertrag im Sinn des Tarifvertragsgesetzes, sondern eine auf dem sog. Dritten Weg zustande gekommene kirchliche Arbeitsrechtsregelung ( - Rn. 12; - 6 AZR 988/11 - Rn. 21). Bei kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, welchen mangels normativer Wirkung in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen nur über Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen Wirkung verschafft werden kann. Sie unterliegen der Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB( - Rn. 24, BAGE 135, 163). Bei dieser Kontrolle ist als im Arbeitsrecht geltende Besonderheit (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB) jedoch angemessen zu berücksichtigen, dass das Verfahren des Dritten Wegs mit paritätischer Besetzung der Arbeitsrechtlichen Kommission und Weisungsungebundenheit ihrer Mitglieder gewährleistet, dass die Arbeitgeberseite nicht einseitig ihre Interessen durchsetzen kann. Die Berücksichtigung dieser Besonderheit bewirkt, dass so zustande gekommene kirchliche Arbeitsrechtsregelungen grundsätzlich nur daraufhin zu überprüfen sind, ob sie gegen die Verfassung, gegen anderes höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstoßen ( - Rn. 34, 68; - 6 AZR 465/18 - Rn. 22, 33, BAGE 168, 254). Auch die Auslegung kirchlicher Arbeitsrechtsregelungen erfolgt wegen dieser Besonderheit nicht nach einem abstrakt-generellen Maßstab wie bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sondern nach den gleichen Grundsätzen, wie sie für die Gesetzesauslegung maßgeblich sind. Danach ist vom Wortlaut der Regelung auszugehen und dabei deren maßgeblicher Sinn zu erforschen, ohne am Wortlaut zu haften. Der wirkliche Wille der Richtliniengeber und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Bestimmungen ist mit zu berücksichtigen, soweit sie in den Richtlinien ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den systematischen Zusammenhang der Regelungen ist abzustellen ( - Rn. 27; vgl. auch - Rn. 21 ff.).
252. Der BAT-KF findet hier in seiner jeweils geltenden Fassung aufgrund vertraglicher Vereinbarung unstreitig Anwendung. Der Entgeltgruppenplan zum BAT-KF für Mitarbeiterinnen im Sozial- und Erziehungsdienst (Anlage 9 zum BAT-KF) setzt in Abschnitt 6 für die Berufsgruppe der Mitarbeiterinnen in Werkstätten für behinderte Menschen für eine Vergütung nach Entgeltgruppe SD 16 BAT-KF voraus, dass diese als „Leiterin“ einer Werkstatt für behinderte Menschen mit sonderpädagogischer Zusatzqualifikation bei einer Durchschnittsbelegung von mindestens 240 Plätzen tätig sind. Die Leitungsfunktion muss sich im Sinn einer Gesamtverantwortung auf den gesamten Werkstattbetrieb beziehen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang der Eingruppierungsregelungen.
26a) Abschnitt 6 der Anlage 9 zum BAT-KF bezieht sich auf Werkstätten für behinderte Menschen iSd. § 219 SGB IX (bis : § 136 SGB IX) sowie der Werkstättenverordnung (WVO). Dies wird neben der verwendeten Begrifflichkeit auch dadurch deutlich, dass die Eingruppierungsregelungen bezogen auf die Leitung von Werkstätten für behinderte Menschen eine Durchschnittsbelegung von mindestens 120 Plätzen voraussetzen. Diese Anforderung korrespondiert mit § 7 Abs. 1 WVO, wonach eine solche Werkstatt in der Regel über mindestens 120 Plätze verfügen soll. Gleiches gilt bezüglich der persönlichen Voraussetzung einer sonderpädagogischen Zusatzqualifikation, denn der Werkstattleiter soll nach § 9 Abs. 2 WVO über eine solche Zusatzqualifikation verfügen. Dieser Bezug lässt allerdings keinen Rückschluss auf den Inhalt der Tatbestandsvoraussetzung einer Leitung in den vergütungsrechtlichen Regelungen des BAT-KF zu. Das staatliche Sozialversicherungsrecht befasst sich zwar in § 219 SGB IX mit Begriff und Aufgaben der Werkstatt für behinderte Menschen (vgl. Götze in Hauck/Noftz SGB IX K § 219 Stand März 2018 Rn. 2 ff.; Jacobs in LPK-SGB IX 5. Aufl. § 219 Rn. 5 ff.) und regelt durch §§ 220 ff. SGB IX in Verbindung mit der Werkstättenverordnung auch deren fachliche Anforderungen und Organisation einschließlich der Mitbestimmung und Mitwirkung durch Werkstatträte und Frauenbeauftragte. Diese Vorgaben stehen aber in keinem Zusammenhang mit der Vergütung der dort beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zu Rechtsstellung und Arbeitsentgelt behinderter Menschen vgl. § 221 SGB IX). Im Anwendungsbereich des BAT-KF wird diese ausschließlich durch dessen Regelungen bestimmt. Die Eingruppierungsregelungen des BAT-KF sind daher aus sich selbst heraus auszulegen. Dies gilt auch bezüglich der Anforderungen an die Funktion der Leitung einer Werkstatt für behinderte Menschen.
27b) Ausgehend vom allgemeinen Sprachgebrauch ist Leiter jemand, der etwas leitet bzw. leitend an der Spitze von etwas steht ( - Rn. 19). Dabei bestimmt auch der Gegenstand der Leitungstätigkeit das Tatbestandsmerkmal des Leiters. Als Eingruppierungsmerkmal ist für den Begriff des Leiters weiter erforderlich, dass dieser für eine Einrichtung, einen Teil derselben oder einen abgrenzbaren Aufgabenbereich die Verantwortung trägt ( - Rn. 21). Die hier zu prüfenden Eingruppierungsregelungen des BAT-KF beziehen sich auf Werkstätten für behinderte Menschen als besondere Einrichtungen der Behindertenhilfe. Sie zielen erkennbar darauf ab, die Eingruppierung aller in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätigen Beschäftigten gesondert und abschließend zu regeln, um den spezifischen Anforderungen einer Tätigkeit in dieser Form der Behindertenhilfe gerecht zu werden (vgl. zu den AVR Caritas - Rn. 31).
28c) Hiervon ausgehend setzt eine Vergütung nach SD 16 BAT-KF ebenso wie eine solche nach SD 15, SD 17 oder SD 18 BAT-KF in den Fallgruppen 15, 17, 19 und 21 (seit : Fallgruppen 16, 18, 20 und 22) des Abschnitts 6 der Anlage 9 zum BAT-KF voraus, dass die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter eine Werkstatt für behinderte Menschen mit vollumfänglicher Verantwortung für die Einrichtung leitet. Besteht eine Unterordnung gegenüber einer Person, welche ebenfalls den Regelungen in Abschnitt 6 der Anlage 9 zum BAT-KF unterfällt, ist keine Leitung im Sinn der einschlägigen Fallgruppen gegeben.
29aa) Dies ergibt sich aus der Differenzierung verschiedener Leitungsfunktionen in Abschnitt 6 der Anlage 9 zum BAT-KF. Darin wird auf die Leitung von Abteilungen oder Bereichen, die Leitung von Fachabteilungen oder Zweigwerkstätten sowie die Leitung der gesamten Werkstatt für behinderte Menschen abgestellt. Das Eingruppierungssystem unterscheidet damit zwischen der Verantwortung für einen Teilbereich (Abteilung, Bereich, Fachabteilung oder Zweigwerkstatt) und der - höher zu vergütenden - Verantwortung für die gesamte Einheit. Diese Differenzierung kann zu Abgrenzungsschwierigkeiten zB zwischen Abteilung und Fachabteilung oder zwischen Bereich und Zweigwerkstatt führen. Die Anmerkung Nr. 5 zum Abschnitt 6 der Anlage 9 zum BAT-KF dient mit ihrer beispielhaften Auflistung von Differenzierungsmerkmalen der Behebung dieser Abgrenzungsschwierigkeiten. Für das Tatbestandsmerkmal der Leitung einer Werkstatt für behinderte Menschen ist sie nicht heranzuziehen, denn dieses bezieht sich auf die gesamte Organisation, welche der Werkstatt zuzurechnen ist. Das Eingruppierungssystem kennt keine weitere übergeordnete Einheit, so dass insoweit kein Differenzierungsbedarf besteht.
30bb) Dem entspricht, dass die Größe der Werkstatt mit einer Staffelung ab mindestens 120 Plätzen nach dem klaren Wortlaut der Eingruppierungsregelungen nur für die Fallgruppen 15, 17, 19 und 21 (seit : Fallgruppen 16, 18, 20 und 22) Bedeutung hat. Die Regelungen nehmen damit keine - überflüssige - Abgrenzung zur Fachabteilung oder Zweigwerkstatt vor, sondern koppeln die Vergütung der Leitung der Werkstatt an deren Größe. Damit wird der mit zunehmender Belegung steigenden Gesamtverantwortung und Belastung Rechnung getragen.
31d) In der Konsequenz hat ein Mitarbeiter, welcher eine Vergütung für die Leitung einer Werkstatt nach Abschnitt 6 der Anlage 9 zum BAT-KF in Anspruch nimmt, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass er die gesamte Werkstatt leitet und dabei keinen Weisungen einer übergeordneten Person, welche ihrerseits von diesen Eingruppierungsregelungen erfasst wird, Folge zu leisten hat. Unbeachtlich ist demgegenüber die Unterstellung unter Organe des Trägers der Werkstatt, zB eines eingetragenen Vereins oder einer gemeinnützigen GmbH. Die Vergütung dieses Personenkreises wird nicht durch einen Entgeltgruppenplan zum BAT-KF geregelt. Der in Abschnitt 6 der Anlage 9 zum BAT-KF zum Ausdruck kommende umfassende Regelungswille bezüglich der Eingruppierung der in einer Werkstatt für behinderte Menschen Beschäftigten kommt insoweit nicht zum Tragen.
323. Dementsprechend kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, welche Anforderungen an eine Zweigwerkstatt im Sinn des Abschnitts 6 der Anlage 9 zum BAT-KF zu stellen sind und ob die Werkstatt M im Verhältnis zu den H-Werkstätten eine solche Zweigwerkstatt darstellt. Die Klage ist schon deshalb unbegründet, weil der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die M-Werkstatt nicht im Sinn des Abschnitts 6 der Anlage 9 zum BAT-KF leitet. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt.
33a) Das Landesarbeitsgericht hat seiner Entscheidung das vom Kläger vorgelegte Organigramm „Technik H-Werkstätten“ zugrunde gelegt und festgestellt, dass der ebenfalls vom Kläger vorgelegte Entwurf der Stellenbeschreibung für eine Betriebsleitung inhaltlich zutreffend ist. Die Revision hat hiergegen keine Rügen erhoben. Soweit sie gleichsam pauschal eine Verletzung von § 67 Abs. 3 iVm. Abs. 4 ArbGG durch das Landesarbeitsgericht rügt, weil dieses im Berufungsverfahren rechtsfehlerhaft neuen Sachvortrag des Beklagten zugelassen habe, ist dies unbeachtlich. Der Senat ist an die Zulassung des Vortrags gebunden. Eine fehlerhafte Berücksichtigung von neuem Tatsachenvortrag, der bei richtigem Vorgehen des Berufungsgerichts als verspätet hätte zurückgewiesen werden müssen, kann mit der Revision nicht geltend gemacht werden. Denn Beschleunigungswirkungen, welche die Präklusionsvorschriften der hier angeführten § 67 Abs. 3 und Abs. 4 ArbGG sichern sollen, können ersichtlich nicht mehr eintreten, nachdem das Berufungsgericht dem Vorbringen nachgegangen ist (vgl. - Rn. 18; GK-ArbGG/Vossen § 67 Stand April 2021 Rn. 58; Helml/Pessinger/Pessinger ArbGG 5. Aufl. § 67 Rn. 22).
34b) Hiervon ausgehend hat das Landesarbeitsgericht ohne revisiblen Rechtsfehler darauf abgestellt, dass der Kläger der Leitung Technik der H-Werkstätten unterstellt ist, weil die Leitung Technik jedenfalls in betriebswirtschaftlichen Angelegenheiten auch für die M-Werkstatt die maßgeblichen Entscheidungen trifft. Dies zeigt sich einerseits im Organigramm, welches den hierarchischen Aufbau der H-Werkstätten und damit die Unterordnung des Klägers als Betriebsleiter darstellt, andererseits im Entwurf der für den Kläger zutreffenden Stellenbeschreibung. Demnach unterstützt die Betriebsleitung die Leitung Technik bei der Erstellung der Wirtschafts- und Investitionsplanung und bei der laufenden unterjährigen Wirtschaftsplanung und ist bezüglich der Auftragsakquise, der Kommunikation mit den Produktionskunden sowie der Kalkulation/Nachkalkulation von Aufträgen und der Auftragsplatzierung in der Einrichtung nur „in Abstimmung mit der Leitung Technik zuständig“. In der Konsequenz trägt die Leitung Technik jedenfalls insoweit die Verantwortung auch für die M-Werkstatt. Der Kläger ist dementsprechend nicht umfassend für die Leitung dieser Werkstatt verantwortlich.
35c) Damit besteht auch kein Wertungswiderspruch zur Eingruppierung der Leitung Technik. Wäre die Rechtsauffassung des Klägers zutreffend, wären auch die anderen vier Betriebsleiter bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen als Werkstattleiter zu vergüten. Die vorgesetzte Leitung Technik wäre ebenfalls als Leitung einer Werkstatt für behinderte Menschen, nämlich der gesamten H-Werkstätten, anzusehen. Die H-Werkstätten bestehen aber aus den fünf einzelnen Werkstätten. In der Konsequenz bestünden zwei Leitungspositionen bezüglich jeder Werkstatt. Die Leitung Technik wäre wegen der zusammengefassten Anzahl der Plätze lediglich höher eingruppiert. Eine solche Anzahl von Leitungsstellen entspricht nicht dem Verständnis der Eingruppierungsregelungen, welche ersichtlich davon ausgehen, dass nur eine oberste Ebene („Leitung“) besteht.
36C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2021:161221.U.6AZR377.20.0
Fundstelle(n):
IAAAI-05426