BAG Beschluss v. - 4 ABR 1/21

Eingruppierung einer Bereichs- bzw. Abteilungsleitung

Leitsatz

Mitarbeiter in der Pflege leiten im Regelfall dann einen Bereich oder eine Abteilung iSd. Entgeltgruppe P 14 des Anhangs D zur Anlage 31 der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR Caritas), wenn ihnen mehrere Stationen mit eigenen Stationsleitungen fachlich unterstellt sind. Aus dem Begriff "in der Regel" wird aber deutlich, dass im Ausnahmefall auch andere Faktoren für die Bewertung maßgeblich sein können, ob ein Bereich oder eine Abteilung geleitet wird.

Gesetze: Anl 31 Anh D Entgeltgr P14 DCVArbVtrRL, § 99 BetrVG

Instanzenzug: ArbG Essen Az: 5 BV 97/19 Beschlussvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 9 TaBV 51/20 Beschluss

Gründe

1A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung eines Arbeitnehmers.

2Die Arbeitgeberin betreibt ein Krankenhaus mit ca. 370 Beschäftigten. Der Anhang D zur Anlage 31 der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR Caritas) ist die im Betrieb geltende Vergütungsordnung für Mitarbeiter im Pflegedienst iSd. § 99 BetrVG.

3Die Arbeitgeberin beantragte bei dem bei ihr gebildeten Betriebsrat mit am zugegangenem Schreiben die Zustimmung zur Versetzung und zur Höhergruppierung des Arbeitnehmers L anlässlich der vorgesehenen Übernahme der „Stationsleitung 4A/4B/4C“ in die Entgeltgruppe P 13 Stufe 4 der Anlage 31, Anhang D Abschnitt II „Leitende Mitarbeiter in der Pflege“ AVR Caritas (AVR Caritas). Mit Schreiben vom stimmte der Betriebsrat der Versetzung zu, verweigerte aber die Zustimmung zur beabsichtigten Umgruppierung mit der Begründung, die neue Tätigkeit des Beschäftigten umfasse die Leitung eines Bereichs bzw. einer Abteilung iSd. Entgeltgruppe P 14 AVR Caritas.

4Der Arbeitnehmer L ist für die vierte Etage mit insgesamt 57 Betten zuständig, die sich in drei Pflegebereiche gliedert. Der pflegerische Bereich 4A ist ein internistischer Bereich mit 22 Betten. Dem Arbeitnehmer L sind dort - umgerechnet nach Nr. 4 der Grundsätzlichen Eingruppierungsregelungen im Anhang D zur Anlage 31 AVR Caritas anhand der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten - 10,91 Arbeitnehmer (nachfolgend Vollzeitäquivalente) unterstellt. Im interdisziplinären Bereich 4B werden Patienten der Viszeralchirurgie und internistische Patienten versorgt. In diesem pflegerischen Bereich befinden sich 18 Betten. Im interdisziplinären pflegerischen Bereich 4C - der sog. Komfortstation Baldeney - mit 17 Betten werden Privatpatienten versorgt. In den beiden letztgenannten Bereichen sind dem Arbeitnehmer L Mitarbeiter mit jeweils 8,29 Vollzeitäquivalenten unterstellt. Weiterhin werden in allen drei pflegerischen Bereichen Leiharbeitnehmer beschäftigt, wobei der genaue Umfang des Einsatzes zwischen den Beteiligten streitig ist. Die Beschäftigten sind grundsätzlich den einzelnen pflegerischen Bereichen zugewiesen, werden aber auch zu Tätigkeiten in den übrigen Bereichen herangezogen, wenn dort Engpässe bestehen. Der Arbeitnehmer L erstellt sowohl Dienstpläne für den jeweiligen Bereich als auch für die gesamte vierte Etage. Jedenfalls die „Komfortstation Baldeney“ ist räumlich von den anderen beiden Pflegebereichen getrennt. In jedem Bereich werden Pflegehilfsmittel in einem eigenen Lagerraum vorgehalten. Die Leitung des „Tagesgeschäfts“ in den drei Pflegebereichen erfolgt durch dort tätige Beschäftigte.

5Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, dem Arbeitnehmer L sei die Leitung einer großen Station iSd. Entgeltgruppe P 13 AVR Caritas übertragen worden. Bei den drei Bereichen 4A, 4B und 4C handele es sich um Gruppen oder Teams, nicht aber um organisatorisch abgegrenzte Stationen. Die Aufgaben des Arbeitnehmers L, zu denen vor allem die Koordination der pflegerischen Aufgaben und die Dienstplangestaltung gehörten, seien typisch für die Aufgaben einer Stationsleitung.

6Die Arbeitgeberin hat beantragt,

7Der Betriebsrat hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, der Arbeitnehmer L leite einen Bereich bzw. eine Abteilung iSd. Entgeltgruppe P 14 AVR Caritas. Schon die Erstellung jeweils eigener Dienstpläne zeige, dass es sich bei den Pflegebereichen 4A, 4B und 4C um eigene organisatorische Einheiten handele. Jede dieser drei Einheiten verfüge über eine eigene Leitung, welche die Abläufe koordiniere und die Beschäftigten auf der Station führe. Die schichtleitende Pflegekraft habe die fachliche Aufsicht über die jeweiligen Gruppen, die in den Schichten tätig würden.

8Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Arbeitgeberin abgewiesen, das Landesarbeitsgericht die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihr Begehren weiter.

9B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Landesarbeitsgericht durfte die Beschwerde der Arbeitgeberin nicht mit der gegebenen Begründung zurückweisen. Ob der Betriebsrat seine Zustimmung zu Recht verweigert hat, kann der Senat nicht abschließend entscheiden, weil es hierfür an den erforderlichen Feststellungen fehlt. Das führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG iVm. § 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG iVm. § 563 Abs. 1 ZPO).

10I. Neben der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat ist nach § 83 Abs. 3 ArbGG keine andere Stelle beteiligt. Insbesondere ist der Arbeitnehmer L nicht in einer betriebsverfassungsrechtlichen Position berührt (st. Rspr., etwa  - Rn. 13).

11II. Der Zustimmungsersetzungsantrag ist - wie auch das Landesarbeitsgericht annimmt - zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Arbeitgeberin begehrt mit ihrem Antrag die Zustimmung zu einer Umgruppierung innerhalb der im Antrag bezeichneten betrieblichen Vergütungsordnung anlässlich eines Tätigkeitswechsels des Arbeitnehmers L.

12III. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist aber im Weiteren nicht frei von Rechtsfehlern.

131. Die Arbeitgeberin hat das Zustimmungsverfahren durch das am zugegangene Anhörungsschreiben ordnungsgemäß iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG eingeleitet. Der Betriebsrat hat dem Zustimmungsersuchen mit dem Schreiben vom form- und fristgerecht nach § 99 Abs. 2, Abs. 3 BetrVG widersprochen und dabei Gründe genannt, die es als möglich erscheinen lassen, dass die Zustimmungsverweigerung berechtigt erfolgte. Hiervon geht zu Recht auch das Landesarbeitsgericht aus.

142. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts unterliegt aber der Aufhebung (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG iVm. § 562 Abs. 1 ZPO), weil dieses seiner Entscheidung einen unzutreffenden Begriff des Bereichs- oder Abteilungsleiters iSd. Entgeltgruppe P 14 AVR Caritas zugrunde gelegt hat.

15a) Die für die Eingruppierung maßgeblichen Vorschriften des Anhangs D zur Anlage 31 der AVR Caritas lauten auszugsweise:

16Diese Bestimmungen sind - ebenso wie diejenigen über die Grundsätze der Eingruppierung - wortgleich mit den entsprechenden Regelungen der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes, so dass auf die hierzu ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann (vgl.  - Rn. 24 ff.).

17b) Gemäß Abschnitt I (b) der Anlage 1 AVR Caritas ist der Mitarbeiter in die Vergütungs- oder Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Das ist der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungs- bzw. Entgeltgruppe erfüllen. Bezugspunkt der Eingruppierung ist danach ebenso wie bei den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes der Arbeitsvorgang. Das Landesarbeitsgericht hat die Arbeitsvorgänge nicht ausdrücklich bestimmt, seiner Entscheidung aber die Annahme zugrunde gelegt, dass es sich bei der auszuübenden Leitungstätigkeit des Arbeitnehmers L um einen einheitlichen Arbeitsvorgang handelt. Hiervon gehen unausgesprochen auch die Beteiligten aus. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats, wonach es sich bei der Tätigkeit einer Stationsleitung regelmäßig um einen einheitlichen Arbeitsvorgang handelt, weil letztlich alle Tätigkeiten dem Arbeitsergebnis Leitung der Station dienen (vgl.  - Rn. 19 mwN, BAGE 170, 214 [zu § 12 Abs. 2 TVöD/VKA]). Für die Leitung eines Bereichs oder einer Abteilung gilt nichts Anderes.

18c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts setzt die Funktion einer Bereichs- oder Abteilungsleitung iSd. Entgeltgruppe P 14 AVR Caritas aber regelmäßig voraus, dass dieser Leitungsfunktion die Mitarbeiter mehrerer Stationen mit eigenen Stationsleitungen fachlich unterstellt sind. Dies stellt allerdings lediglich den Regelfall dar, so dass im Einzelfall andere Abgrenzungsfaktoren ebenfalls eine Rolle spielen können. Dies ergibt die Auslegung der Bestimmungen der AVR, die nach den gleichen Grundsätzen erfolgt, wie sie für die Tarifauslegung maßgeblich sind (st. Rspr., zB  - Rn. 27; - 4 AZR 438/10 - Rn. 15; vgl. zu den Grundsätzen der Tarifauslegung zB  - Rn. 35, 42 mwN, BAGE 164, 326).

19aa) Die AVR Caritas definieren nicht ausdrücklich, was unter einem Bereichs- oder Abteilungsleiter iSd. Entgeltgruppe P 14 zu verstehen ist. Bei der Wortlautauslegung, von der zunächst auszugehen ist (vgl. zuletzt  - Rn. 19), ist anzunehmen, dass der Begriff in dem Sinne verwendet wird, der dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem der beteiligten Kreise entspricht, wenn nicht sicherere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind ( - Rn. 25 mwN; - 4 AZR 41/08 - Rn. 21, BAGE 129, 355). Unter Abteilung ist im allgemeinen Sprachgebrauch ein Teil eines Betriebs oder einer (größeren) Organisation, zB eines Krankenhauses, mit einem bestimmten Aufgabengebiet und einer gewissen, relativen Selbständigkeit zu verstehen (Duden Deutsches Universalwörterbuch 9. Aufl. Stichwort „Abteilung“; Wahrig Deutsches Wörterbuch 9. Aufl. Stichwort „Abteilung“). Allerdings wird nach dem allgemeinen Verständnis auch eine Station als Abteilung in einem Krankenhaus verstanden (Duden aaO Stichwort „Station“; Wahrig aaO Stichwort „Station“; vgl. auch  - Rn. 19). Leiter ist jemand, der etwas leitet (Wahrig aaO Stichwort „Leiter“), der leitend an der Spitze von etwas steht (Duden aaO Stichwort „Leiter“); ein Abteilungsleiter dementsprechend die Führungskraft einer Abteilung oder eines Fachbereichs (Wahrig aaO Stichwort „Abteilungsleiter“). Eine solche wird - insbesondere bei Behörden - auch als Bereichsleiter bezeichnet (Duden aaO Stichwort „Bereichsleiter“).

20bb) Systematik und Gesamtzusammenhang der Bestimmungen der AVR Caritas machen allerdings deutlich, dass der Begriff des Bereichs oder der Abteilung in einem spezifischeren Sinn verwendet wird. Nach der Vorbemerkung Nr. 1 Satz 1 Buchst. b des Anhangs D zur Anlage 31 der AVR Caritas stellt die Station die kleinste organisatorische Einheit iSd. AVR Caritas dar, während ein Bereich bzw. eine Abteilung nach Buchst. c dieser Vorbemerkung in der Regel mehrere Stationen umfasst. Damit unterscheiden sich die Begriffe Station und Bereich/Abteilung; eine Station erfüllt nicht bereits die Voraussetzungen eines Bereichs/einer Abteilung. Vielmehr ist in der zugrunde gelegten Organisationsstruktur (Vorbemerkung Nr. 1 Satz 1) mit ihrem dreistufigen hierarchischen Aufbau der Bereich/die Abteilung eine Organisationsebene im Pflegebereich eines Krankenhauses über derjenigen der Stationen und damit gleichzeitig die oberste Ebene. Bereichs- oder Abteilungsleiter ist deshalb die Bezeichnung für diejenigen „Leitenden Mitarbeiter in der Pflege“, die einen Bereich oder eine Abteilung eines Krankenhauses leiten. Dabei handelt es sich iSd. Tätigkeitsmerkmale für Leitende Mitarbeiter in der Pflege um die höchste Leitungsebene (zum TVöD: Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Oktober 2021 Teil IIIb EntgO VKA - B XI - Gesundheitsberufe Rn. 468). Die Begriffe werden synonym verwendet und sind lediglich den uneinheitlichen Begrifflichkeiten in der Praxis geschuldet (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese aaO Rn. 489).

21cc) Damit ist zur Erfüllung des Tätigkeitsmerkmals der Entgeltgruppe P 14 Fallgruppe 1 AVR Caritas in der Regel erforderlich, dass unterhalb der Ebene eines Bereichs/einer Abteilung und deren Leitung auch Stationen mit entsprechender Stationsleitung bestehen. Nach der Vorbemerkung Nr. 1 wird hinsichtlich des Aufbaus der Tätigkeitsmerkmale für Leitungskräfte in der Pflege von einer bestimmten Organisationsstruktur ausgegangen. Unterste Leitungsebene ist danach die „Gruppen- bzw. Teamleitung“, während die Station die kleinste organisatorische Einheit darstellt. Der Begriff der Stationsleitung in den Entgeltgruppen P 12 und P 13 AVR Caritas knüpft insoweit an der (kleinsten) organisatorischen Einheit „Station“ an. Bei einer Gruppe bzw. einem Team handelt es sich demgegenüber um eine kleinere Einheit, die nicht organisatorisch verselbständigt ist, sondern sich (nur) durch die Zusammenfassung von Beschäftigten auszeichnet (zum TVöD:  - Rn. 24). Nach Satz 1 der Vorbemerkung Nr. 1 Buchst. c umfasst ein Bereich bzw. eine Abteilung in der Regel mehrere Stationen; ein Erfordernis, das im Verhältnis zwischen Gruppe bzw. Team und Station nicht besteht. Aus dem Aufbau der Tätigkeitsmerkmale für die Leitenden Mitarbeiter in der Pflege wird weiterhin deutlich, dass die Eingruppierung von einem mehrstufigen, hierarchischen Organisations- und Leitungsmodell ausgeht. Dieses besteht in den Entgeltgruppen P 9 bis P 16 AVR Caritas aus den drei Ebenen Gruppe/Team, Station und Bereich/Abteilung. Innerhalb der Ebenen wird weiter nach deren Größe oder nach dem Maß der Verantwortlichkeit bzw. dem Umfang und der Bedeutung des Aufgabengebiets sowie dem Maß an Selbständigkeit unterschieden. Allen Ebenen ist gemeinsam, dass dort Leitungsaufgaben ausgeübt werden (zum TVöD:  - Rn. 26, BAGE 170, 214).

22dd) Allerdings macht die Begrifflichkeit „in der Regel“ deutlich, dass es sich dabei lediglich um den Normalfall handelt. „In der Regel“ bedeutet im allgemeinen Sprachgebrauch „regelmäßig, fast ausnahmslos geübte Gewohnheit oder das Übliche, üblicherweise Geltende“ (Duden aaO Stichwort „Regel, die“). Mit einem solchen Begriffsverständnis ist notwendigerweise verbunden, dass Ausnahmen von der Regel bestehen können. Andernfalls wäre die Verwendung dieser Begrifflichkeit in den AVR Caritas ohne Bedeutung und ohne Anwendungsbereich. Aus dem Begriff lässt sich hier entnehmen, dass es neben der Organisation eines Bereichs/einer Abteilung mit unterstellten Stationen und entsprechender Stationsleitung Strukturen geben kann, bei denen eine Organisationseinheit auch ohne eine solche Unterstellung als Bereich bzw. Abteilung iSd. AVR Caritas anzusehen ist.

23Dabei muss es sich um eine Struktur handeln, die im Hinblick auf die Anforderungen an die Leitungsfunktion gleichwertig mit derjenigen der regelmäßigen Struktur ist. Ein Anhaltspunkt in quantitativer Hinsicht kann dabei sein, dass eine Organisationseinheit hinsichtlich der Anzahl der unterstellten Beschäftigten eine Größe erreicht oder sogar übersteigt, wie sie nach den AVR Caritas regelmäßig für einen Bereich oder eine Abteilung als typisch eingestuft wird (vgl. zum TVöD: Breier/Dassau/Faber/Hoffmann TVöD Entgeltordnung VKA Stand Oktober 2021 EntgO (VKA) Teil B XI 2 D .2 Erl. 3.1.1 Rn. 17 „ungefähre Beschreibung der bei den einzelnen Ebenen durch die Tarifvertragsparteien zugrunde gelegten Größenordnungen“). So sind nach Satz 1 der Vorbemerkung Nr. 1 Buchst. c einer Bereichs- bzw. Abteilungsleitung in der Regel nicht mehr als 48 Beschäftige (Vollzeitäquivalente) unterstellt. Allerdings ist zu beachten, dass diese Zahl unterstellter Beschäftigter keine Mindestgröße darstellt, sondern vor allem der Abgrenzung zwischen Bereich/Abteilung und großem Bereich/Abteilung dient (vgl. zur Stationsleitung  - Rn. 23 ff., BAGE 170, 214). Auch bei einer geringeren Zahl unterstellter Beschäftigter können deshalb die Voraussetzungen einer Bereichs- oder Abteilungsleitung erfüllt sein. Ebenso wenig gibt es eine festgelegte Obergrenze der Anzahl unterstellter Beschäftigter bei der Leitung einer großen Station iSd. Entgeltgruppe P 13 AVR Caritas. Hinzukommen muss in qualitativer Hinsicht deshalb, dass die Aufgaben der Bereichs- oder Abteilungsleitung diejenigen einer Stationsleitung übersteigen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn von der Leitung mehrere medizinische Fachgebiete oder sonstige Einheiten wie Funktionsbereiche oder Krankenhausapotheken mit umfasst sind (zum TVöD: Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese aaO EntgO VKA - B XI - Gesundheitsberufe Rn. 501). Eine solche Wertung kommt weiterhin in Betracht, wenn die Leitungsaufgabe die typischen Aufgaben einer Stationsleitung für verschiedene organisatorisch getrennte Bereiche erfasst und zusätzlich übergeordnete Aufgaben mit übertragen werden. Dies können etwa stärker auf die Umsetzung strategischer Vorgaben der Klinikleitung gerichtete Aufgaben aus dem Bereich der Personalsteuerung und -entwicklung oder der Arbeitsorganisation sein, die über die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Station hinausgehen.

24d) Das Landesarbeitsgericht geht nur teilweise von diesem Begriff der Bereichs- bzw. Abteilungsleitung aus.

25aa) Es stützt sich zwar auf die Ausführungen des Senats zum hierarchischen Aufbau „Gruppen-/Teamleitung - Stationsleitung - Bereichs-/Abteilungsleitung“ und nimmt zu Recht an, dass die jeweils betrieblich verwendete Begrifflichkeit nicht maßgeblich ist. Zutreffend tritt es auch der Rechtsauffassung der Arbeitgeberin entgegen, dass stets eine Gruppen- bzw. Teamleitung vorhanden sein müsse, um das Vorliegen einer Station als nächsthöherer Ebene annehmen zu können. Während die Vorbemerkung Nr. 1 Satz 1 des Anhangs D zur Anlage 31 der AVR Caritas unter Buchst. c bestimmt, dass ein Bereich oder eine Abteilung in der Regel mehrere Stationen umfasst, fehlt eine solche Festlegung im Verhältnis zwischen Station und Gruppe/Team (Buchst. b; vgl. bereits  - Rn. 24 [zum TVöD]).

26bb) Allerdings übersieht das Landesarbeitsgericht, dass die Annahme einer Tätigkeit als Bereichs- bzw. Abteilungsleitung regelmäßig nicht nur das Bestehen untergeordneter organisatorischer Einheiten voraussetzt, sondern dass dieser im Regelfall mehrere Stationen mit entsprechender Stationsleitung untergeordnet sein müssen. Zwar nimmt das Landesarbeitsgericht auch an, dass in den Pflegebereichen 4A, 4B und 4C eine gewisse Leitungsstruktur für das „Tagesgeschäft“ vorhanden ist. Es hat aber keine Feststellungen dazu getroffen, welchen genauen Inhalt diese Leitungsaufgaben haben und ob sie insbesondere das Maß der Leitungsaufgaben von drei dem Arbeitnehmer L untergeordneten Stationsleitungen erreichen (vgl. dazu  - Rn. 22 ff.). Dieser Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Entscheidung (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG iVm. § 562 Abs. 1 ZPO).

27IV. Mangels hinreichender Feststellungen kann der Senat nicht selbst entscheiden, ob der Betriebsrat dem Zustimmungsantrag der Arbeitgeberin zu Recht seine Zustimmung verweigert hat. Es fehlt an wesentlichen Grundlagen für die Beurteilung, ob der Arbeitnehmer L „nur“ eine große Station leitet und deshalb zutreffend in die Entgeltgruppe P 13 Stufe 4 AVR Caritas eingruppiert ist. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG iVm. § 563 Abs. 1 ZPO).

281. Dass der Arbeitnehmer L mindestens eine große Station iSd. Entgeltgruppe P 13 AVR Caritas leitet (vgl. dazu umfassend  - BAGE 170, 214), steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit und hält einer summarischen Prüfung durch den Senat stand. Seine auszuübende Tätigkeit umfasst jedenfalls Leitungsaufgaben, die typisch für eine Stationsleitung sind und ihm sind Beschäftigte im Umfang von weit mehr als zwölf Vollzeitäquivalenten unterstellt. Allerdings kommt - wie der Betriebsrat in seiner Zustimmungsverweigerung meint - auch in Betracht, dass die Tätigkeit als Bereichs- bzw. Abteilungsleitung iSd. Entgeltgruppe P 14 AVR Caritas zu qualifizieren ist.

29a) Mangels hinreichender Feststellungen kann der Senat schon nicht beurteilen, ob der Arbeitnehmer den im Tätigkeitsmerkmal der Fallgruppe 1 der Entgeltgruppe P 14 AVR Caritas vorgesehenen Regelfall erfüllt, es also in seinem Leitungsbereich mehrere Stationen mit jeweils eigener Stationsleitung gibt, die ihm unterstellt sind.

30aa) Für die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass es sich bei den Pflegebereichen 4A, 4B und 4C um zwei oder drei organisatorisch getrennte Stationen iSd. AVR Caritas handelt, gibt es Anhaltspunkte. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die „Komfortstation Baldeney“ (4C), die nach den unwidersprochenen Angaben des Betriebsrats räumlich von den Pflegebereichen 4A und 4B getrennt ist und nach der Eigendarstellung der Arbeitgeberin, die vom Betriebsrat zur Akte gereicht wurde, über ein eigenes Arzt- und Behandlungszimmer verfügt. Ebenfalls sind die Pflegebereiche unterschiedlichen ärztlichen Disziplinen zugeordnet. So gehört der Pflegebereich 4A zur Inneren Medizin, während die Bereiche 4B und 4C interdisziplinär belegt werden. Für die Annahme organisatorisch getrennter Stationen spricht weiterhin der Umstand, dass die jeweiligen Mitarbeiter grundsätzlich den Bereichen zugeordnet sind und jeweils eigene Dienstpläne erstellt werden. Daran ändert nichts, dass sie nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bei Engpässen übergreifend eingesetzt werden. Für ein solches Verständnis könnte auch Nr. 3.2.2 der Betriebsvereinbarung zur Gewährleistung ordnungsgemäßer Ruhepausen und Pausenvertretungen vom sprechen. Die Zuordnung der Pflegehilfsmittel scheint hingegen eher nachrangig und kann den räumlichen Gegebenheiten - die nicht näher aufgeklärt sind - geschuldet sein. Weitere Feststellungen zu den Organisationsstrukturen und den Abläufen sind nicht getroffen.

31bb) Auch wenn man aufgrund dieser Umstände vom Bestehen von zwei oder drei organisatorisch getrennten Stationen ausginge, kann mangels Feststellungen nicht beurteilt werden, ob diese jeweils über eine eigene Stationsleitung verfügen. Zwar hat die Arbeitgeberin erklärt, dass in den drei Bereichen Mitarbeiter jeweils die „Leitung des Tagesgeschäfts auf der Station“ ausführen. Welche Tätigkeiten aber von dem Begriff „Tagesgeschäft“ erfasst werden, ist nicht aufgeklärt. Insbesondere wird nicht deutlich, ob es sich dabei lediglich um eine personenbezogene Leitungsfunktion im Sinne einer Gruppen- oder Teamleitung handelt (vgl. dazu  - Rn. 24) oder ob diesen Leitungspersonen weitergehende Aufgaben zugewiesen sind, die die organisatorische Einheit selbst betreffen. Gegen die letztgenannte Annahme spricht, dass die Tätigkeit des Arbeitnehmers L die typischen Aufgaben einer Stationsleitung (vgl. dazu  - Rn. 22) umfasst und er diese für alle drei Pflegebereiche ausübt. Hierzu gehört insbesondere die Dienstplanerstellung (einschließlich der Erstellung der Einzelpläne für die Bereiche 4A, 4B und 4C), die Koordination und Sicherstellung der pflegerischen Aufgaben und der Pflegedokumentation, die Personalentwicklung, die Qualitätssicherung und die Mitwirkung bei der Betriebsführung einschließlich des Belegungsmanagements. Insoweit bleibt offen - und ist weder von der Arbeitgeberin noch vom Betriebsrat konkret benannt worden - was die Leitungsaufgaben der weiteren leitenden Mitarbeiter in den Bereichen 4A, 4B und 4C umfassen.

32b) Ebenso wenig gibt es ausreichende Feststellungen um entscheiden zu können, ob die Leitung der „Organisationseinheit 4. Etage“ ggf. auch ohne die Unterstellung von Stationen mit eigener Leitung als Leitung eines Bereichs oder einer Abteilung iSd. AVR Caritas anzusehen ist.

33aa) Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Anzahl der unterstellten Beschäftigten die Größenordnung einer großen Station iSd. Entgeltgruppe P 13 AVR Caritas nicht verlässt und der Grenzbereich einer Bereichs- bzw. Abteilungsleitung iSd. Entgeltgruppe P 14 Fallgruppe 1 AVR Caritas (48 Vollzeitäquivalente nach der Vorbemerkung Nr. 1 Satz 1 Buchst. c) nicht erreicht wird. Unstreitig sind dem Arbeitnehmer L Beschäftigte der Arbeitgeberin im Umfang von 27,49 Vollzeitäquivalenten unterstellt. Selbst wenn man die zusätzlich unterstellten Leiharbeitnehmer hinzurechnet, wären dem Arbeitnehmer L auch unter Zugrundelegung der Angaben des Betriebsrats (10,4 Vollzeitäquivalente) maximal etwa 38 Vollzeitäquivalente unterstellt.

34bb) Dafür, dass die Qualität der Leitungsaufgaben des Arbeitnehmers L diejenigen der Leitung einer großen Station übersteigt, könnte allerdings im Rahmen einer Gesamtwertung sprechen, dass die Bereiche jeweils unterschiedliche medizinische Fachgebiete betreffen und jedenfalls die „Komfortstation Baldeney“ wohl anders organisiert und strukturiert ist als die „Normalstationen“. Dies bedarf aber weiterer Aufklärung durch das Landesarbeitsgericht, wobei auch festzustellen sein wird, ob dem Arbeitnehmer L zusätzlich andere übergeordnete Aufgaben übertragen worden sind, die die typischen Aufgaben einer Stationsleitung überschreiten.

352. Im Rahmen des § 83 Abs. 1 ArbGG wird das Landesarbeitsgericht diese Fragen aufzuklären und den Beteiligten dabei Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag zu geben haben. Die Wertung der so festgestellten Umstände obliegt dann vorrangig dem Landesarbeitsgericht als Tatsacheninstanz. Von weiteren Hinweisen sieht der Senat insoweit ab.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2021:171121.B.4ABR1.21.0

Fundstelle(n):
BAAAI-01030