Einkommensteuer | Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistung (BFH)
Die Übertragung von Vermögen gegen Versorgungsleistungen ist nur im Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG (bzw. früher: § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG i.d.F. des JStG 2008) unentgeltlich. Wird nach dieser Vorschrift nicht begünstigtes Vermögen übertragen, liegt ertragsteuerrechtlich eine entgeltliche oder teilentgeltliche Übertragung vor (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt und Verfahrensgang: Streitig ist, in welchem Umfang von der Klägerin an ihren Vater (V) geleistete lebenslange monatliche Zahlungen als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind: V hatte im November 2011 ein vermietetes Mehrfamilienhaus auf die Klägerin "unentgeltlich im Wege der Schenkung" übertagen. Im Gegenzug verpflichtete sich die Klägerin zur Zahlung einer lebenslangen, wiederkehrenden, nicht wertgesicherten Leistung i.H.v. 2.500 €/Monat.
Die Aufwendungen i.H.v. 30.000 € machte die Klägerin im Streitjahr 2013 als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem vermieteten Mehrfamilienhaus gelten. Das FA bewertete die Zahlungen der Klägerin als Leibrente i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 EStG und berücksichtigte lediglich den sich aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG ergebenden Ertragsanteil in Höhe von 3.900 € jährlich (13 % von 30.000 €) als Werbungskosten. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem keinen Erfolg. Im Laufe des Verfahrens ist das BMF nach Aufforderung durch den BFH dem Verfahren beigetreten (, s. hierzu Merker, NWB Online Beitrag 2020 sowie unsere Online-Nachricht v. 2.7.2020).
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
Die Übertragung von Vermögen gegen Versorgungsleistungen ist nur im Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG (bzw. früher: § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG i.d.F. des JStG 2008) unentgeltlich. Wird nach dieser Vorschrift nicht begünstigtes Vermögen übertragen, liegt ertragsteuerrechtlich eine entgeltliche oder teilentgeltliche Übertragung vor.
Bei Übertragung eines Vermietungsobjekts des Privatvermögens gegen Leibrente führen die wiederkehrenden Leistungen des Übernehmers an den Übergeber in Höhe ihres Barwerts zu Anschaffungskosten, die mit den AfA berücksichtigt werden, und in Höhe ihres Zinsanteils zu sofort abziehbaren Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 EStG, wonach Leibrentenzahlungen nur mit dem in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG vorgesehenen Ertragsanteil als Werbungskosten (sofort) abgezogen werden können, ist verfassungsgemäß.
Anmerkung von Dr. Nils Trossen, Richter im IX. Senat des BFH:
Die Übertragung von Vermögen gegen Versorgungsleistungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ist ein fehlerbehaftetes Thema, das im Rahmen der Beratung vertiefter Kenntnisse des sogenannten „Sonderrechts“ der Vermögensübertragungen gegen wiederkehrende Leistungen bedarf. Seit dem JStG 2008 sind die Gegenstände, deren Übertragung gegen wiederkehrende Leistungen den Weg in das Sonderrecht eröffnen, in (nunmehr) § 10 Abs. 1a Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a bis c EStG abschließend geregelt. Mit der Entscheidung klärt der BFH die bislang offene Frage, ob im Fall der Übertragung nicht privilegierten Vermögens gegen Versorgungsleistungen unter nahen Angehörigen auch hier die Vermutung der Unentgeltlichkeit greift oder stets von einer teilentgeltlichen Übertragung auszugehen ist.
Da § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG die Übertragung von Vermietungsobjekten (hier Mehrfamilienhaus) nicht begünstigt, ist im Fall der Übertragung gegen wiederkehrende Leistungen – abhängig vom Barwert der Rente oder dauernden Last - von einer voll- oder teilentgeltlichen Übertragung auszugehen. Für den Empfänger des Vermögens und Verpflichteten der wiederkehrenden Leistungen ist die Möglichkeit des Sonderausgabenabzugs versperrt. Ihm steht nur nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 der Abzug des Zinsanteils als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu.
Mit der Entscheidung schafft der BFH Rechtsklarheit für die Übertragung von Privatvermögen gegen wiederkehrende Leistungen und schafft damit eine gesicherte Grundlage für die Beratung. Durch die Annahme einer Teil- oder Vollentgeltlichkeit ist allerdings zu beachten, dass die Übertragung auf Ebene des Übertragenden und Empfängers der wiederkehrenden Leistungen innerhalb von 10 Jahren nach Anschaffung einer Immobilie zur Annahme eines privaten Veräußerungsgeschäfts führen kann.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
BAAAI-01270