Online-Nachricht - Donnerstag, 11.11.2021

Einkommensteuer | Beschränkte Steuerpflicht für Zinsen aus Wandelanleihen (BFH)

Zinsen aus Wandelanleihen führen gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG zu beschränkt steuerpflichtigen inländischen Einkünften. Dies gilt auch dann, wenn sie in Form von Teilschuldverschreibungen ausgegeben worden sind. Die tatbestandlichen Ausnahmen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c Doppelbuchst. aa Satz 2 EStG finden auf Wandelanleihen keine Anwendung (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG gehören zu den beschränkt steuerpflichtigen inländischen Einkünften u.a. Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 (mit Ausnahme der Erträge aus Investmentanteilen), 2, 4, 6 und 9 EStG, wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat. Nach Halbsatz 2 dieser Vorschrift gilt "dies" auch für Erträge aus Wandelanleihen und Gewinnobligationen.

§ 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c EStG regelt dagegen die beschränkte Steuerpflicht für Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 5 und 7 EStG. Für diese Einkünfte ist der erforderliche Inlandsbezug gem. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c Doppelbuchst. aa EStG erfüllt, wenn das Kapitalvermögen durch inländischen Grundbesitz, durch inländische Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, oder durch Schiffe, die in ein inländisches Schiffsregister eingetragen sind, unmittelbar oder mittelbar gesichert ist. Satz 2 dieser Vorschrift sieht eine Ausnahme u.a. für Zinsen aus Anleihen und Forderungen vor, über die Teilschuldverschreibungen ausgegeben sind.

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten darüber, ob Zinserträge eines ausländischen Anteilseigners aus Wandelanleihen, über die Teilschuldverschreibungen ausgegeben worden sind, in den Streitjahren (2012 und 2013) der beschränkten Steuerpflicht unterlagen und damit zu Kapitalertragsteuer führten.

Die Klägerin ist im Inland nicht unbeschränkt steuerpflichtig. In den Streitjahren erzielte sie Zinserträge aus Wandelanleihen. Emittentin der Anleihe und Schuldnerin der Kapitalerträge war die im Inland ansässige Beigeladene. Bei der Auszahlung der Zinsen an die Klägerin hatte die Beigeladene keine Kapitalertragsteuer einbehalten und abgeführt. Das beklagte FA erließ daraufhin einen Bescheid, mit dem es die Beigeladene für die Kapitalertragsteuer in Haftung nahm. Dagegen richtete sich die Klage der Anlegerin. Sie machte geltend, dass die Zinsen keine inländischen Kapitaleinkünfte seien. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Beigeladene ihr die Zinsen ohne Einbehalt von Kapitalertragsteuer ausgezahlt habe. Das FG hat die Klage abgewiesen (). (siehe hierzu unsere Online-Nachricht v. 5.11.2018)

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen:

  • Im Streitfall handelt es sich um Wandelanleihen in Form von Teilschuldverschreibungen, die neben einer festen Verzinsung - zumindest auch - das klassische Element eines jederzeitiges Wandlungsrechts des Gläubigers in Aktien des Schuldners vorsehen. Die Zinsen aus der Wandelanleihe führen zu Einkünften gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, die grundsätzlich gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG der Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag unterliegen.

  • Da die Klägerin als Inhaberin der Wandelanleihen nicht in Deutschland ansässig ist, setzt die Verpflichtung zum Einbehalt und zur Abführung der Kapitalertragsteuer zusätzlich voraus, dass die Zinsen zu den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften i. S. des § 49 EStG gehören. Die hierfür maßgeblichen Kriterien sind bei Zinsen aus Wandelanleihen stark umstritten, vom FG aber zu Recht unter ausschließlicher Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG bejaht worden.

  • Die beschränkte Steuerpflicht für Erträge aus Wandelanleihen ergibt sich ausschließlich aus § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG, so dass die Ausnahmen des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c Doppelbuchst. aa Satz 2 EStG (einschließlich der Ausnahme für Teilschuldverschreibungen) auf Wandelanleihen keine Anwendung finden.

  • Dieses Ergebnis folgt bereits aus dem Wortlaut der zugrundeliegenden Normen und wird durch eine teleologisch-historische und systematische Auslegung bestätigt. Die Klägerin kann sich deshalb auch nicht auf einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 des GG) und den Grundsatz der Normenklarheit berufen.

  • Des Weiteren hat das FA die angefochtenen Haftungsbescheide ermessensfehlerfrei erlassen (§ 102 FGO). Dies gilt sowohl für das Auswahl- als auch für das Entschließungsermessen.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
MAAAH-94413