Einkommensteuer | Steuerfreiheit der sog. Theaterbetriebszulage gem. § 3b EStG (BFH)
Der Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gem. § 3b EStG steht es nicht entgegen, wenn der Grundlohn in Abhängigkeit von der Höhe der steuerfreien Zuschläge aufgestockt wird, um im Ergebnis einen bestimmten, (tarif-)vertraglich vereinbarten Bruttolohn zu erreichen. Die nach § 3b EStG erforderliche Trennung von Grundlohn und Zuschlägen wird hierdurch nicht aufgehoben (Bestätigung der Rechtsprechung: ; ; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach § 3b Abs. 1 EStG sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, steuerfrei, soweit sie bestimmte Prozentsätze des Grundlohns nicht übersteigen.
Sachverhalt: Streitig ist, ob die sog. Theaterbetriebszulage (gleichbleibender Bruttolohn und schwankender Nettolohn nach Mantel- und Entgelttarifvertrag) "neben dem Grundlohn" geschuldet wird und somit gem. § 3b EStG steuerfrei ist.
Die Klägerin war in den Streitjahren (2013 bis 2015) bei einer GmbH als Sängerin/Tänzerin/Darstellerin angestellt und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Nach einer bei der GmbH durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat die Prüferin die Auffassung, dass es sich bei der Theaterbetriebszulage um steuerpflichtigen Arbeitslohn handele, da sie die Sonntags- und Feiertagsarbeit lediglich pauschal abgelte, ohne dass es auf die tatsächlichen Dienstzeiten ankomme. Das FA folgte der Auffassung der Prüferin und unterwarf die bisher steuerfrei ausgezahlten Theaterbetriebszulagen mit geänderten Einkommensteuerbescheiden der Einkommensteuer.
Das FG gab der hiergegen erhobenen Klage statt ().
Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen:
Die GmbH hat die der Klägerin gezahlte Theaterbetriebszulage nur insoweit steuerfrei belassen, als sie auf tatsächlich von der Klägerin an Sonn- und Feiertagen oder zur Nachtzeit geleistete Arbeit entfiel. Die GmbH hat die von der Klägerin zu den von § 3b EStG begünstigten Zeiten geleisteten Arbeitsstunden zudem ordnungsgemäß aufgezeichnet. Sie hat die Theaterbetriebszulage nach Maßgabe der jeweiligen Einzelabrechnungen nur insoweit steuerfrei gezahlt, als der betreffende Stundenlohn auf Arbeiten zu den von § 3b EStG begünstigten Zeiten entfiel.
Die GmbH hat die steuerfrei belassene Theaterbetriebszulage auch neben dem Grundlohn geleistet. Sie war nicht Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte, auch an Sonn- und Feiertagen oder nachts geleistete Tätigkeit der Klägerin. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Theaterbetriebszulage bereits in den jeweiligen Tabellenstufen der Vergütungstabelle enthalten ist. Denn die Steuerbefreiung nach § 3b EStG setzt nicht voraus, dass der Bruttolohn in Abhängigkeit von den zu begünstigten Zeiten geleisteten Tätigkeiten variabel ausgestaltet sein muss.
Erforderlich, aber auch ausreichend ist insoweit lediglich, dass zwischen dem Grundlohn und den Zuschlägen für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit unterschieden wird. Der Steuerfreiheit der entsprechenden Zuschläge steht es dann nicht entgegen, dass der Grundlohn in Abhängigkeit von der Höhe der erdienten steuerfreien Zuschläge aufgestockt wird, um im Ergebnis einen bestimmten, (tarif-)vertraglich vereinbarten Bruttolohn zu erreichen.
So verhält es sich auch im Streitfall. In den tarifvertraglichen Regelungen und im Arbeitsvertrag der Klägerin wurde hinreichend zwischen der Grundvergütung, der steuerfreien und der steuerpflichtigen Theaterbetriebszulage, letztere als (variable) Grundlohnergänzung, unterschieden.
Eine variable Grundlohnergänzung steht der Steuerfreiheit von Zuschlägen für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit nicht entgegen (, Rz. 15 und Rz. 17).
Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:
Mehr Netto vom Brutto. Das lässt sich auch bei einem gleichbleibenden Bruttolohn mit Hilfe von § 3b EStG bewerkstelligen. Denn die dahingehende Steuerbefreiung setzt nicht voraus, dass der Bruttolohn in Abhängigkeit von den zu den begünstigten Zeiten geleisteten Tätigkeiten variabel ausgestaltet seien muss. Der Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit steht es deshalb nicht entgegen, wenn der Grundlohn in Abhängigkeit von der Höhe der steuerfreien Zuschläge aufgestockt wird, um im Ergebnis einen gleichbleibenden Bruttolohn zu erreichen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können daher einen „Basisgrundlohn“ und eine variable „Grundlohnergänzung“ vereinbaren, die greifen soll, wenn und soweit der arbeitsvertraglich vereinbarte Bruttolohn nicht durch steuerfreie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit erreicht wird. Bei einem solchen nettolohnoptimierten Vergütungssystem handelt es sich um eine zulässige Gestaltungsform in Ausnutzung der rechtlichen Möglichkeiten. Denn die nach § 3b EStG erforderliche Trennung von Grundlohn und Zuschlägen wird dadurch nicht aufgehoben. Dies hat der BFH bereits mit Urteil vom in der Sache VI R 50/09 () betreffend in der Gastronomie in wechselnden Schichten rund um die Uhr beschäftigten Arbeitnehmern entschieden.
Allerdings ist darauf zu achten, dass die Zuschläge nur insoweit steuerfrei sind, als sie für „tatsächlich geleistete“ Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit gezahlt werden. Der Begriff der „tatsächlich geleisteten Arbeit“ ist in § 3b EStG nicht legaldefiniert. Das Gesetz enthält in § 3b Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. EStG nur die Definition des Grundlohnes. Nach Auffassung des FG Düsseldorf liegt „tatsächlich geleistete Arbeit“ immer dann vor, wenn der Arbeitnehmer die von ihm arbeitsrechtlich geschuldete Arbeitsleistung erbringt, für die ein Anspruch auf Grundlohn besteht. Weitergehenden Voraussetzungen bzw. Einschränkungen ließen sich dem Wortlaut des § 3b Abs. 1 1. Halbs. EStG nicht entnehmen. Deshalb sieht es auch vergütungspflichtige Fahrzeiten (Hin- und Rückfahrten im Mannschaftsbus zu auswärts stattfindenden Terminen von Profisportlern bzw. Betreuern) vom Begriff der tatsächlich geleisteten Arbeit umfasst (, Rev. VI R 28/19).
Hinweis: Werden nachweislich Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt, kann der Arbeitnehmer die Steuerfreiheit im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung auch dann geltend machen, wenn der Arbeitgeber die Zuschläge im Lohnsteuerabzugsverfahren nicht als steuerfrei behandelt hat. Der Inhalt der Lohnsteuerbescheinigung entfaltet im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers keine Bindungswirkung. Deshalb können etwaige Fehler beim Lohnsteuerabzug im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berichtigt werden (, m.w.N.).
Quelle: ; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
TAAAH-93550