BGH Beschluss v. - IX ZB 73/19

Vollstreckungsversagungsverfahren: Fristwahrende Einlegung der sofortigen Beschwerde nur beim Oberlandesgericht; Wiedereinsetzung bei fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung

Leitsatz

Der in der Bundesrepublik Deutschland als sofortige Beschwerde ausgestaltete unionsrechtliche Rechtsbehelf gegen die Entscheidung über den Antrag auf Versagung der Vollstreckung kann fristwahrend nur beim Oberlandesgericht eingelegt werden.

Gesetze: Art 49 Abs 1 EUV 1215/2012, Art 49 Abs 2 EUV 1215/2012, Art 75 Buchst b EUV 1215/2012, § 85 Abs 2 ZPO, § 233 ZPO, § 234 ZPO, § 569 Abs 1 S 1 ZPO, § 1115 Abs 5 S 1 ZPO

Instanzenzug: Az: I-3 W 157/19 Beschlussvorgehend Az: 22 O 32/19

Gründe

I.

1Die Antragsgegnerin hat gegen die Antragstellerin in Griechenland einen Titel erwirkt, mittels dessen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Beschlagnahme von Vermögensbestandteilen der Antragstellerin angeordnet worden ist, insbesondere die Beschlagnahme ihres Geschäftskontos. Beim Landgericht Düsseldorf hat die Antragstellerin beantragt, die Vollstreckung aus dem Titel zu versagen. Dem hat das Landgericht entsprochen. Mit Beschluss vom hat es die Vollstreckung aus dem Titel für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland versagt. Der Beschluss enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung, in der es unter anderem heißt, die statthafte sofortige Beschwerde sei bei dem Landgericht Düsseldorf oder dem Oberlandesgericht Düsseldorf einzulegen. Der Beschluss ist den Instanzbevollmächtigten der Antragsgegnerin am zugestellt worden.

2Am haben die Instanzbevollmächtigten der Antragsgegnerin sofortige Beschwerde bei dem Landgericht eingelegt. Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat die Beschwerde als unzulässig verworfen, weil sie nicht rechtzeitig bei dem allein empfangszuständigen Oberlandesgericht eingelegt worden sei. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das Beschwerdegericht der Antragsgegnerin versagt. Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

3Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, zur Gewährung der Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

41. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 238 Abs. 2 Satz 1, § 1115 Abs. 5 Satz 3, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch zulässig. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Der angefochtene Beschluss erschwert der Antragsgegnerin den Zugang zur Beschwerdeinstanz unter Verstoß gegen das Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG iVm dem Rechtsstaatsprinzip) in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. , WM 2016, 2150 Rn. 5).

52. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Antragsgegnerin war ohne ihr Verschulden verhindert, die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde einzuhalten (§ 233 Satz 1 ZPO). Auf den rechtzeitig gestellten Antrag (§§ 234, 236 ZPO) ist der Antragsgegnerin deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

6a) Das Beschwerdegericht (FamRZ 2020, 772) hat ausgeführt: Die sofortige Beschwerde sei zwar gemäß § 1115 Abs. 5 Satz 1 ZPO statthaft. Sie sei aber nicht innerhalb der geltenden Frist von einem Monat ab Zustellung bei dem Oberlandesgericht eingelegt worden. Nach Art. 49 Abs. 2 EuGVVO sei der Rechtsbehelf gegen die Entscheidung über den Antrag auf Versagung der Vollstreckung bei dem Gericht einzulegen, das der Kommission von dem betreffenden Mitgliedstaat gemäß Art. 75 Buchst. b EuGVVO mitgeteilt worden sei. Danach sei der Rechtsbehelf in Deutschland beim Oberlandesgericht einzulegen.

7Der Antragsgegnerin könne auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung rechtfertige nicht stets die Annahme eines fehlenden Verschuldens des Verfahrensbevollmächtigten an der Fristversäumung. Erweise sich die Rechtsbehelfsbelehrung als offenkundig falsch und sei sie deshalb - ausgehend von dem bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzenden Kenntnisstand - nicht geeignet, den Anschein der Richtigkeit zu erwecken, sei die Fristversäumung trotz des Belehrungsfehlers als schuldhaft anzusehen. So liege der Streitfall. Die in Art. 49 Abs. 2, Art. 75 Buchst. b EuGVVO in Verbindung mit der Mitteilung der Bundesregierung geregelte Empfangszuständigkeit des Oberlandesgerichts sei eindeutig. Die Kenntnis der Grundzüge des Verfahrensrechts und des Rechtsmittelsystems für das hier vorliegende Vollstreckungsversagungsverfahren vorausgesetzt, sei die Unrichtigkeit der erteilten Rechtsbehelfsbelehrung daher offensichtlich. Abweichende Kommentierungen zu § 1115 ZPO änderten daran nichts. Gleiches gelte für den Umstand, dass es sich um eine spezielle Zuständigkeit nach europarechtlichen Vorschriften handele. Ein Rechtsanwalt, der ein Mandat im Zusammenhang mit der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Titel im Inland übernehme, nehme die entsprechende verfahrensrechtliche Sachkunde für sich in Anspruch.

8b) Diese Erwägungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

9aa) Mit Recht hat das Beschwerdegericht allerdings erkannt, dass die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts fristwahrend nur bei dem Beschwerdegericht eingelegt werden konnte. Dies ergibt sich aus Art. 49 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (nachfolgend: Brüssel Ia-VO) in Verbindung mit der Mitteilung gemäß Art. 75 Buchst. b Brüssel Ia-VO.

10(1) Die im Streitfall anwendbare Brüssel Ia-VO ersetzt seit dem die bisher geltende Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (nachfolgend: Brüssel I-VO). Rechtsgrundlage der Brüssel Ia-VO sind Art. 67 Abs. 4 und Art. 81 Abs. 2 Buchst. a, c und e des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Mit der Brüssel Ia-VO ist das Vollstreckbarerklärungsverfahren entfallen. Bislang mussten Gläubiger, die aus ihrem zivilrechtlichen Titel in einem anderen Mitgliedstaat vollstrecken wollten, diesen im Vollstreckungsstaat zunächst für vollstreckbar erklären lassen. Erst dann konnten sie zur eigentlichen Zwangsvollstreckung übergehen. Dieser Zwischenschritt ist entfallen für alle Urteile, gerichtlichen Vergleiche und öffentlichen Urkunden, die in den Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO fallen (vgl. BT-Drucks. 18/823, S. 15).

11Der Titelschuldner kann sich gegen die Vollstreckung zur Wehr setzen, indem er im Vollstreckungsstaat einen Antrag auf Versagung der Vollstreckung stellt. Das Versagungsverfahren ist in den Art. 46 ff Brüssel Ia-VO geregelt und beurteilt sich daher im Ausgangspunkt nach dem in der Bundesrepublik Deutschland unmittelbar geltenden Recht der Verordnung. § 1115 ZPO enthält lediglich Durchführungsvorschriften, die das Versagungsverfahren in Deutschland ergänzend ausgestalten, nicht aber abweichend zur Brüssel Ia-VO regeln (vgl. BT-Drucks. 18/823, S. 15, 22). Das nationale Verfahrensrecht kommt nur zur Anwendung, wenn und soweit es an einer Ausgestaltung des Versagungsverfahrens durch die Brüssel Ia-VO fehlt.

12(2) Nach Art. 49 Abs. 1 Brüssel Ia-VO kann gegen die Entscheidung über den Antrag auf Versagung der Vollstreckung jede Partei einen Rechtsbehelf einlegen. Die nähere Ausgestaltung dieses unionsrechtlichen Rechtsbehelfs (vgl. Rauscher/Mankowski, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, 5. Aufl., Art. 49 Brüssel Ia-VO Rn. 3 f; Wieczorek/Schütze/Haubold, ZPO, 4. Aufl., Art. 49 Brüssel Ia-VO Rn. 2; aA wohl Pfeiffer/Pfeiffer in Geimer/Schütze/Hau, Internationaler Rechtsverkehr, Art. 49 Brüssel Ia-VO Rn. 1) hat der europäische Verordnungsgeber den Mitgliedstaaten überlassen mit einer Ausnahme: Art. 49 Abs. 2 Brüssel Ia-VO sieht vor, dass der Rechtsbehelf bei dem Gericht einzulegen ist, das der Kommission von dem betreffenden Mitgliedstaat gemäß Art. 75 Buchst. b Brüssel Ia-VO mitgeteilt wurde. Dies dient der Rechtsmittelklarheit und damit der Erleichterung des Zugangs zum Recht in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug. Das empfangszuständige Gericht ist auch für Parteien ohne weiteres auffindbar, die mit dem nationalen Verfahrensrecht des jeweiligen Mitgliedstaats nicht vertraut sind. Bei welchem Gericht der Rechtsbehelf (fristwahrend) einzulegen ist, ergibt sich folglich in Verbindung mit der entsprechenden Mitteilung aus der Verordnung selbst und nicht aus einer ergänzenden verfahrensrechtlichen Ausgestaltung durch die Mitgliedstaaten. Sonst wird das Ziel einer erleichterten Auffindbarkeit des zuständigen Gerichts für Parteien, die mit dem nationalen Verfahrensrecht des jeweiligen Mitgliedstaats nicht vertraut sind, verfehlt. Vielmehr entsteht Ungewissheit darüber, ob der unionsrechtlichen Ausgestaltung oder der des nationalen Verfahrensrechts zu folgen ist.

13(3) Soweit § 1115 Abs. 5 Satz 1 ZPO auf das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde verweist, bezieht sich dies unter Berücksichtigung des Vorstehenden nicht auf § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach die sofortige Beschwerde sowohl beim Erstgericht als auch beim Beschwerdegericht eingelegt werden kann (aA Rauscher/Mankowski, aaO Rn. 35; Wieczorek/Schütze/Haubold, aaO Rn. 9). Der deutsche Gesetzgeber wollte das Versagungsverfahren nur ergänzend ausgestalten und nicht abweichend zur Brüssel Ia-VO regeln (vgl. BT-Drucks. 18/823, S. 15, 22). Von einer § 11 Abs. 2 AVAG entsprechenden Regelung hat er deshalb abgesehen. Nach Art. 49 Abs. 2, Art. 75 Buchst. b Brüssel Ia-VO gilt deshalb, was die Bundesrepublik der Kommission mitgeteilt hat. Danach ist der im deutschen Recht als sofortige Beschwerde ausgestaltete unionsrechtliche Rechtsbehelf des Art. 49 Abs. 1 Brüssel Ia-VO beim Oberlandesgericht einzulegen. Dies entspricht der Mitteilung gemäß Art. 75 Buchst. b Brüssel Ia-VO, wie sie sich aus dem Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen ergibt (abrufbar unter https://e-justice.europa.eu). Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die dem Gerichtsatlas zu entnehmende Empfangszuständigkeit nicht der tatsächlich erfolgten Mitteilung entsprechen könnte.

14bb) Die Antragsgegnerin war ohne ihr Verschulden verhindert, die Frist zur Einlegung des im deutschen Recht als sofortige Beschwerde ausgestalteten unionsrechtlichen Rechtsbehelfs nach Art. 49 Abs. 1 Brüssel Ia-VO einzuhalten (§ 233 Satz 1 ZPO). Das folgt trotz (instanz-)anwaltlicher Vertretung der Antragsgegnerin aus dem Fehler der Rechtsbehelfsbelehrung des landgerichtlichen Beschlusses. Der Fehler besteht darin, dass nach der Rechtsbehelfsbelehrung die Einlegung der sofortigen Beschwerde auch beim Landgericht möglich sein soll.

15(1) Nach § 233 Satz 2 ZPO wird ein Fehlen des Verschuldens vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Dabei darf auch ein Rechtsanwalt grundsätzlich auf die Richtigkeit einer durch das Gericht erteilten Rechtsbehelfsbelehrung vertrauen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss aber von ihm erwartet werden, dass er die Grundzüge des Verfahrensrechts und das Rechtsmittelsystem in der jeweiligen Verfahrensart kennt. Das Vertrauen in die Richtigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung kann der Rechtsanwalt deshalb nicht uneingeschränkt, sondern nur in solchen Fällen in Anspruch nehmen, in denen die inhaltlich fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung zu einem unvermeidbaren, zumindest aber zu einem nachvollziehbaren und daher verständlichen Rechtsirrtum geführt hat. Die Fristversäumung ist mithin auch in den Fällen einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung nicht unverschuldet, wenn diese offenkundig falsch gewesen ist und deshalb - ausgehend von dem bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzenden Kenntnisstand - nicht einmal den Anschein der Richtigkeit zu erwecken vermochte (, NJW 2017, 3002 Rn. 12; vom - LwZB 1/17, NJW 2018, 165 Rn. 7; vom - XII ZB 534/17, NJW-RR 2018, 385 Rn. 7; vom - XII ZB 256/20, NJW 2021, 784 Rn. 7; vgl. auch BVerfG, NJW 2021, 915 Rn. 33 ff).

16(2) Nach diesen Grundsätzen ist die Fristversäumung im vorliegenden Fall unverschuldet. Die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung in dem landgerichtlichen Beschluss vermochte den Anschein der Richtigkeit zu erwecken und hat zu einem nachvollziehbaren und daher verständlichen Rechtsirrtum der die Antragsgegnerin vertretenden Instanzanwälte geführt (vgl. aaO Rn. 9).

17Ein Rechtsanwalt, der eine Partei im Vollstreckungsversagungsverfahren nach den Art. 46 ff Brüssel Ia-VO vertritt, muss sich allerdings bewusst machen, dass der Rechtsbehelf gegen die im Versagungsverfahren ergangene Erstentscheidung im Unionsrecht wurzelt. Zu dem vorauszusetzenden Kenntnisstand gehört es folglich auch, dass der Rechtsanwalt die Möglichkeit einer (teilweisen) Ausgestaltung des Rechtsbehelfs durch den europäischen Verordnungsgeber in der Brüssel Ia-VO ebenso in Betracht zieht. Gleiches gilt für den Umstand, dass Regelungen des nationalen Gesetzgebers die unmittelbar geltenden unionsrechtlichen Regelungen lediglich ergänzen und nicht umgestalten. Ein Rechtsanwalt, der dies berücksichtigt, erkennt, dass Art. 49 Abs. 2 Brüssel Ia-VO eine eigenständige Regelung darüber trifft, bei welchem Gericht der Rechtsbehelf einzulegen ist. Das Auffinden des nach dieser Regelung empfangszuständigen Gerichts über Art. 75 Buchst. b Brüssel Ia-VO und den Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen ist dann ohne weiteres möglich.

18Der Rechtsirrtum der Instanzanwälte der Antragsgegnerin ist gleichwohl nachvollziehbar und daher verständlich. Die vom deutschen Gesetzgeber zur ergänzenden Ausgestaltung des Rechtsbehelfs nach Art. 49 Abs. 1 Brüssel Ia-VO getroffenen Regelungen (§ 1115 Abs. 5 Satz 1 und 2 ZPO) nehmen die in § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgesehene Möglichkeit zur Einlegung der sofortigen Beschwerde (auch) bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, nicht aus. Das begründet einen (vermeintlichen) Widerspruch zu der unionsrechtlichen Zuständigkeitsregelung und damit Ungewissheit. Die Ungewissheit wird dadurch verstärkt, dass der deutsche Gesetzgeber für die entsprechende Lage im Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren nach der Brüssel I-VO mit § 11 Abs. 2 AVAG eine ausdrückliche Regelung getroffen hat, nach der die Zulässigkeit der Beschwerde nicht dadurch berührt wird, dass sie statt bei dem Beschwerdegericht bei dem Gericht des ersten Rechtszugs eingelegt wird. An diese Regelung hat der Gesetzgeber für das Versagungsverfahren nach der Brüssel Ia-VO weder ausdrücklich angeknüpft noch hat er von ihr Abstand genommen. Die Ungewissheit ließ sich auch nicht durch eine Heranziehung des Schrifttums beseitigen. Dort finden sich vielmehr gewichtige Stimmen, die eine fristwahrende Einlegung der sofortigen Beschwerde auch beim Landgericht für möglich halten (Rauscher/Mankowski, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, 5. Aufl., Art. 49 Brüssel Ia-VO Rn. 35; Wieczorek/Schütze/Haubold, ZPO, 4. Aufl., Art. 49 Brüssel Ia-VO Rn. 9; Wieczorek/Schütze/Schütze, aaO § 1115 Rn. 28). Vor diesem Hintergrund vermag eine Rechtsbehelfsbelehrung, die fehlerhaft darauf verweist, dass die sofortige Beschwerde auch beim Landgericht eingelegt werden kann, den Anschein der Richtigkeit zu erwecken. Dies gilt jedenfalls für den Zeitraum bis zur Veröffentlichung dieser Entscheidung.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:150721BIXZB73.19.0

Fundstelle(n):
DStR-Aktuell 2021 S. 12 Nr. 45
NJW 2022 S. 199 Nr. 3
RIW 2022 S. 89 Nr. 1
WM 2021 S. 1949 Nr. 40
ZIP 2022 S. 94 Nr. 2
DAAAH-90048