BAG Urteil v. - 3 AZR 363/20

Auslegung eines Bestandsschutztarifvertrags - VAP-Satzung

Instanzenzug: ArbG Mainz Az: 7 Ca 2/19 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Az: 2 Sa 193/19 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, welchen Besitzstand die Klägerin aufgrund des Tarifvertrags zur Regelung des Besitzstandes aus der bisherigen VAP-Zusatzversorgung - Tarifvertrag Nr. 18 vom Abschnitt IV - in der Fassung durch Art. 3 des Tarifvertrags Nr. 178 vom (TV BZV), der auf ihr Arbeitsverhältnis zur Beklagten anwendbar ist, erworben hat.

2Die im Februar 1953 geborene Klägerin war seit Mai 1991 mit Unterbrechungen in aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnissen bei der Beklagten im Gebiet der alten Bundesländer beschäftigt. Mit Änderungsvertrag vom vereinbarten die Parteien eine weitere Befristung des Arbeitsverhältnisses zum . Danach folgten weitere befristete Arbeitsverhältnisse, wobei zwischen dem und dem , dem 17. August bis , dem 12. bis , dem 1. bis sowie dem 13. und zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestand. Seit dem war die Klägerin ununterbrochen und jedenfalls seit dem unbefristet bei der Beklagten angestellt. Das Arbeitsverhältnis endete am . Seit dem bezieht die Klägerin eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und eine Betriebsrente von der Beklagten.

3Die betriebliche Altersversorgung für die Arbeitnehmer der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin wurde zunächst auf der Grundlage des Tarifvertrags über die Versorgung der Arbeitnehmer der Deutschen Bundespost vom (VersTV) über die Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost (VAP), eine rechtlich selbständige Unterstützungskasse in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts, durchgeführt.

4Die VAP-Satzung idF der 47. Satzungsänderung vom , mit der Regelungen des VersTV umgesetzt und ergänzt wurden, hatte folgenden Inhalt:

5Die Ablösung der VAP-Versorgung bei der Beklagten regelte der Tarifvertrag Nr. 18 vom . Durch Abschnitt III dieses Tarifvertrags wurde der VersTV mit Ablauf des für die Arbeitnehmer der Beklagten außer Kraft gesetzt. Zugleich trat als Abschnitt IV der TV BZV zum in Kraft. Durch Art. 3 des Tarifvertrags Nr. 178 vom wurde der TV BZV mit Wirkung zum teilweise neu gefasst. Dessen Regelungen lauten seitdem auszugsweise wie folgt:

6Durch den Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Deutschen Post AG (Betriebsrente Post) - Tarifvertrag Nr. 15 vom (TV BRP) war die betriebliche Altersversorgung bei der Beklagten mit Wirkung zum bereits umgestellt und die sog. Betriebsrente Post eingeführt worden. Gemäß Art. 1, Art. 2 § 1 des Tarifvertrags Nr. 178 vom trat der TV BRP mit Ablauf des außer Kraft und wurde zum durch den Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Deutsche Post AG (TV bAV) - Tarifvertrag Nr. 179 vom abgelöst. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

7Mit Schreiben vom teilte die Beklagte der Klägerin unter dem Betreff „Betriebliche Altersversorgung“ Folgendes mit:

8Am teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie sei am mit einer verfallbaren Anwartschaft ausgeschieden. Die Anforderungen der Unverfallbarkeit des TV BZV seien nicht erfüllt. Die Beklagte zahlte der Klägerin daher eine Betriebsrente, welche sie nur für die Zeit vor dem nach Maßgabe des TV BZV berechnete.

9Die Klägerin hat geltend gemacht, sie sei im Zeitpunkt des Leistungsfalls nach § 1 TV BZV zu behandeln. Ihr Arbeitsverhältnis sei durch kurzfristige Unterbrechungen nicht iSd. tariflichen Regelungen beendet gewesen. Die tariflichen Regelungen seien dahin auszulegen, dass bei engem zeitlichem und sachlichem Zusammenhang die Arbeitsverhältnisse als Einheit zu betrachten seien. Dies entspreche auch anderen tariflichen und gesetzlichen Regelungen. Kettenbefristungen seien zudem sittenwidrig. Auch nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 (BeschFG) sei ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen zwei Arbeitsverträgen anzunehmen gewesen, wenn zwischen ihnen ein Zeitraum von weniger als vier Monaten gelegen habe. Bei ihr hätten lediglich unbeachtliche Unterbrechungen vorgelegen, so dass es zu keiner Beendigung des Arbeitsverhältnisses iSd. TV BZV gekommen sei. Jedenfalls seien die Befristungsabreden der vom bis zum vereinbarten 15 aufeinanderfolgenden Befristungen unwirksam. Demnach habe zwischen den Parteien insbesondere auch ab 1997 bis zum Renteneintritt ein ununterbrochenes Arbeitsverhältnis bestanden.

10Die Klägerin hat zuletzt beantragt

11Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, § 1 TV BZV eröffne den Anwendungsbereich nur für Arbeitsverhältnisse, die an den dort genannten Stichtagen fortbestünden, nicht aber für danach neu begründete. Nach dem eindeutigen Tarifwortlaut sowie der tarifvertraglichen Systematik stelle der TV BZV auf die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 620 Abs. 1 BGB ab, auch wenn irgendwann später ein weiteres Arbeitsverhältnis neu begründet worden sei. Die Tarifvertragsparteien hätten im TV BZV bewusst keine Regelungen zur Zusammenfassung befristeter Arbeitsverhältnisse geschaffen. Eine solche Zusammenrechnung von Beschäftigungszeiten sei dem Betriebsrentenrecht fremd. Wegen der Insolvenzsicherung müsse feststehen, ob und für welchen Zeitraum Anwartschaften bestünden. Allenfalls eine nahtlose Verlängerung befristeter Arbeitsverhältnisse sei unschädlich. Eine eventuelle Unwirksamkeit der Befristungen habe die Klägerin nicht innerhalb der Klagefrist des maßgeblichen § 1 Abs. 5 BeschFG gerichtlich geltend gemacht, so dass diese als von Anfang an wirksam gölten. Sie könne sich deshalb auch nicht auf rechtsmissbräuchliche Kettenbefristungen berufen.

12Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

13Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das arbeitsgerichtliche Urteil zu Unrecht abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Klage ist nach ihrer Auslegung zulässig und begründet.

14I. Der Antrag ist in der ausgelegten Form zulässig.

151. Der Antrag ist zunächst auszulegen (vgl. zu den Grundsätzen:  - Rn. 20; - 3 AZR 501/12 - Rn. 31). Die Klägerin wendet sich gegen die rechtliche Annahme der Beklagten, der Bestandsschutz des TV BZV ende am , wenn das Arbeitsverhältnis nach dem und vor dem Leistungsfall beendet wurde, auch wenn es ggf. nach einer zeitlichen Unterbrechung wieder fortgeführt oder aufgenommen worden ist. Die Klägerin erstrebt dabei - jedenfalls soweit für die Revision von Interesse - keine Berechnung ihrer Betriebsrente, als wäre der gesamte Zeitraum ihrer - mehrfach unterbrochenen - Beschäftigung bei der Beklagten vom bis zum Eintritt in den Ruhestand mit Ablauf des in der VAP durchgehend oder rechtlich ununterbrochen zu berücksichtigen. Sie will vielmehr ihre Zeiten im Arbeitsverhältnis bei der Beklagten nach dem für die Berechnung ihrer unstreitig bestandsgeschützten VAP-Versorgung berücksichtigt wissen - und zwar nach dem TV BZV. Dies kommt in ihrem veränderten Antragsverständnis im Termin beim Arbeitsgericht und in der Tenorierung durch das Arbeitsgericht hinreichend deutlich zum Ausdruck. Das Arbeitsgericht hatte festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, beginnend mit dem der Klägerin eine Rente zu berechnen und zu zahlen, die sich nach Anwendung des TV BZV unter der Annahme richtet, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Unterbrechung vom bis nicht vor Eintritt des Leistungsfalls beendet worden ist. Die Klägerin lässt sich damit Unterbrechungszeiten abziehen, soweit diese nach dem TV BZV relevant sind; sie will aber vermeiden, dass Beschäftigungszeiten nach dem überhaupt nicht mehr für die Berechnung ihres Besitzstands nach dem TV BZV Berücksichtigung finden.

162. In dieser Auslegung ist die Klage zulässig.

17a) Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Über die nach Ansicht der Klägerin maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der begehrten Betriebsrente bestehen keine Zweifel (vgl.  - Rn. 44, BAGE 152, 1; - 9 AZR 229/05 - Rn. 14, BAGE 118, 252).

18b) Die weiteren Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO liegen ebenfalls vor.

19aa) Die Klage ist mit dem festgestellten Antragsinhalt auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 ZPO gerichtet. Zwar können nach § 256 Abs. 1 ZPO nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr - wie vorliegend mit der Grundlage des Besitzstands einer streitgegenständlichen Betriebsrente - auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen sowie auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl.  - Rn. 13;  - 3 AZR 705/10 - Rn. 15 mwN).

20bb) Das besondere Feststellungsinteresse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO liegt vor. Die Klägerin begehrt die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihre Betriebsrente nach bestimmten Regeln zu berechnen. Hierbei handelt es sich um ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis (vgl.  - Rn. 16). Da die Beklagte die von der Klägerin begehrte Berechnungsweise leugnet, steht der Klägerin auch ein Feststellungsinteresse zur Seite (vgl.  - Rn. 14). Der Vorrang der Leistungsklage greift nicht, da die Feststellungsklage eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte ermöglicht und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen ( - Rn. 17 mwN).

21II. Die Klage ist begründet. Die Betriebsrente der Klägerin ist von der Beklagten als Anspruchsgegnerin zu erbringen. Sie ist auf der Basis des TV BZV iVm. dem TV bAV unter Einbeziehung ihrer Zeiten im Arbeitsverhältnis zur Beklagten nach dem bis zum zu berechnen. Die Beschäftigungszeiten nach den rechtlichen Unterbrechungen erweitern den Besitzstand der Klägerin nach dem TV BZV. Dies ergibt eine Auslegung des TV BZV iVm. dem TV bAV.

221. Anspruchsgegnerin der Klägerin ist nach dem TV BZV die Beklagte. Ansprüche gegen die VAP werden durch den Tarifvertrag nicht begründet. Durch § 33 Abs. 2 VAP-Satzung ist zudem ausgeschlossen, dass Doppelansprüche bestehen. Denn nach dieser Vorschrift ruhen Ansprüche gegen die VAP, solange die Beklagte als in § 2 VAP-Satzung genannte Arbeitgeberin Leistungen erbringt.

232. Ob der geltend gemachte Anspruch besteht, ist durch Auslegung des TV BZV zu klären. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt dabei den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an die Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., vgl.  - Rn. 27; - 3 AZR 904/13 - Rn. 27 mwN).

24Dabei ist auch die VAP-Satzung in den Blick zu nehmen: Tarifverträge und auf ihnen beruhende Satzungsbestimmungen für die Versorgung in einer Anstalt öffentlichen Rechts oder Pensionskasse sind als Ganzes zu verstehen (vgl. Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 7. Aufl. § 18 Rn. 10a). Die arbeitsvertraglichen und versicherungsvertraglichen Rechtsbeziehungen sind durch die Tarifverträge eng miteinander verknüpft. Aufgabe der VAP ist es, die tarifliche Zusatzversorgung durchzuführen, dementsprechend die tarifvertraglichen Versorgungsregelungen umzusetzen und für die erforderlichen Konkretisierungen zu sorgen (vgl.  - Rn. 21). Die Regelungen sind dabei so eng miteinander verzahnt, so dass sogar eine tarifliche Verweisung auf die Satzung zulässig ist ( - Rn. 59). Es kann unterstellt werden, dass den Tarifvertragsparteien die Regelungen der Satzungen, mit denen ihre Vorgaben umgesetzt werden, bekannt sind.

25Dass die VAP-Satzung zwischenzeitlich abgelöst wurde, steht nicht entgegen. Bei der Auslegung ablösender kollektivrechtlicher Regelungswerke kann auch die abgelöste Regelung berücksichtigt werden ( - Rn. 98 mwN). Bei der Berücksichtigung von mit tariflichen Regelungen eng verknüpften Satzungen einer Versorgungsanstalt gilt nichts anderes.

263. Nach den Auslegungsgrundsätzen schaden die zeitlichen und rechtlichen Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses ab Mai 1997 dem Anspruch der Klägerin aus dem TV BZV gegen die Beklagte nicht; soweit Arbeitsverhältnisse bestanden, sind sie zu berücksichtigen.

27a) Nach § 1 Abs. 1 TV BZV fällt die Klägerin in den persönlichen Geltungsbereich des TV BZV. Die Klägerin war sowohl am als auch am Arbeitnehmerin der Beklagten; sie war - unstreitig - auch versicherungspflichtig in der VAP.

28b) Nach § 2 Abs. 1 TV BZV wird der TV bAV unter Beachtung der Modifikationen des § 6 TV BZV angewandt.

29aa) Durch die Verweisung auf den TV bAV ist auch dessen § 5 Abs. 4 TV bAV anwendbar, der als „Allgemeine Anspruchsvoraussetzungen und Fälligkeit“ bestimmt, dass befristet Beschäftigte, die innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren aus einem oder mehreren Arbeitsverhältnissen eine Gesamtbefristungsdauer von mindestens zwei Jahren erreichen, ebenfalls Anspruch auf Leistungen erwerben können. Aus dieser im TV BZV für anwendbar erklärten Tarifnorm folgt, dass auch rechtlich unterbrochene Arbeitsverhältnisse die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen erfüllen können. Da § 2 Abs. 1 TV BZV gewisse Modifikationen in § 6 TV BZV ausdrücklich vorsieht, diese Bestimmung abweichende Regelungen zu § 5 Abs. 4 TV bAV aber nicht enthält, ist von dessen Anwendbarkeit auszugehen. Es bleibt damit bei der Anwendung des § 5 Abs. 4 TV bAV für die Anspruchsvoraussetzungen, welche die Klägerin auch nach dem unschwer erfüllt hat.

30Zwar enthält der TV BZV selbst keine ausdrückliche Regelung für rechtliche Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses im Besitzstandsschutz nach dem Stichtag . Allerdings greift dann systematisch der in Bezug genommene allgemeine Grundsatz des § 5 Abs. 4 TV bAV. Diese Regelung erfasst sinnvoll mehrere befristete Arbeitsverträge und führt sie einer gesonderten Regelung zu. Sie betrifft zudem weder systematisch noch vom Wortlaut her den Anwendungsbereich des TV bAV, sondern regelt allgemeine Anspruchsvoraussetzungen.

31bb) § 5 Abs. 4 TV bAV verweist zudem auf §§ 7, 8 TV bAV. Nach § 7 Abs. 1 TV bAV - Anrechenbare Beschäftigungsmonate - gelten als anrechenbare Beschäftigungsmonate die Kalendermonate, in denen der Arbeitnehmer an mindestens einem Kalendertag in einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Entgelt zur Deutschen Post AG oder deren Rechtsvorgängerin steht bzw. stand. Aus der Verweisung in § 5 Abs. 4 TV bAV folgt, dass - unter den Voraussetzungen der verweisenden Vorschrift - keine zusammenhängende Beschäftigungszeit vorliegen muss. In § 8 Abs. 1 TV bAV geht es um unverfallbare Anwartschaften nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis zur Deutsche Post AG beendet wird, ohne dass ein Leistungsfall eintritt. Gleiches gilt für § 8 TV BZV, der für die Unverfallbarkeit auf § 8 TV bAV verweist. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin endete allerdings nicht vorzeitig, sondern mit dem Eintritt des Versorgungsfalls.

32cc) Die in dem ebenfalls wegen § 2 Abs. 1 Satz 1 TV BZV anzuwendenden § 6 TV bAV festgelegte Wartezeit von 60 Monaten hatte die Klägerin bei Eintritt des Versorgungsfalls erfüllt.

33c) Dieses Auslegungsergebnis ist auch vor dem Hintergrund der VAP-Satzung praktikabel. Die tarifliche Regelung dient dem - durch den TV BZV der Höhe nach geregelten - Schutz von Erwartungen, die die in der VAP versicherungspflichtigen Arbeitnehmer haben durften.

34aa) § 39 VAP-Satzung definiert die gesamtversorgungsfähige Zeit mit den zurückgelegten Umlagemonaten nach § 24 Abs. 9 VAP-Satzung. Dabei schaden rechtliche Unterbrechungen, wie § 39 Abs. 3 VAP-Satzung zeigt, nicht. Es kommt danach allein auf die Summe der umlagefähigen Monate an. Zudem sagt die VAP-Satzung nichts Abweichendes zu rechtlichen Unterbrechungen wegen abgelaufener Befristungen und späterer Neueinstellung. Arbeitnehmer konnten damit auch nach rechtlichen Unterbrechungen weiterhin umlagefähige Monate für die VAP-Versorgung erwerben; die bereits erworbenen blieben berücksichtigungsfähig.

35Diese Auslegung wird durch § 38 Abs. 3 VAP-Satzung bestärkt, der an Unterbrechungen bestimmte Rechtsfolgen knüpft. Eine Mindestversorgung erhält der Arbeitnehmer nur, wenn die nach der VAP-Satzung versicherungspflichtige Beschäftigung ununterbrochen war. Nur insoweit ist aber nach der Rechtsprechung des Senats jede rechtliche Unterbrechung - auch nur von wenigen Tagen - schädlich ( - zu I 1 a der Gründe). Für Unterbrechungen aufgrund befristeter Arbeitsverhältnisse enthält die VAP-Satzung dagegen keine Regelungen.

36Schließlich knüpft § 34 Abs. 1 VAP-Satzung allein daran an, dass der Berechtigte bei Eintritt des Versorgungsfalls pflichtversichert ist. Weitere Voraussetzung ist lediglich, dass eine Wartezeit von fünf Jahren nach § 35 VAP-Satzung zurückgelegt wurde. Eine Regelung, dass diese Wartezeit ununterbrochen bestehen musste, enthält die VAP-Satzung dagegen nicht.

37bb) Daher konnten Arbeitnehmer, die zum in § 1 TV BZV festgelegten Stichtag versicherungspflichtig in der VAP waren, die berechtigte Erwartung haben, dass ihnen auch bei Unterbrechung von Arbeitsverhältnissen weitere Umlagemonate zugutekommen und Versorgungsrechte entstehen konnten, soweit sie zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls in einem Arbeitsverhältnis stehen. An diese Erwartung knüpft der TV BZV - entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts - an.

38III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2021:130721.U.3AZR363.20.0

Fundstelle(n):
YAAAH-87803