Online-Nachricht - Donnerstag, 05.08.2021

Einkommensteuer | Voraussetzungen des Abzugsverbots von Bestechungsgeldern (BFH)

Soweit die Zuwendung von Vorteilen sowie die damit zusammenhängenden Aufwendungen als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG den Gewinn nicht mindern dürfen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, muss auch der subjektive Tatbestand des Strafgesetzes erfüllt sein (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG dürfen die folgenden Betriebsausgaben den Gewinn nicht mindern: die Zuwendung von Vorteilen sowie damit zusammenhängende Aufwendungen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.

Sachverhalt: Im Streitfall stellte nach den Feststellungen der Großbetriebsprüfung eine Steuerpflichtige (X) ihren ausländischen Abnehmern höhere Preise als die tatsächlich vereinbarten in Rechnung (sog. Überfakturierungen), wobei die Abnehmer die höheren Beträge beglichen. In Höhe der Mehrbeträge leistete X angebliche Provisionszahlungen an eine Schweizer AG, die keinen eigenen Geschäftsbetrieb unterhalten hatte. Die Gelder sollen von dort aus an die betreffenden ausländischen Abnehmer der X weitergeleitet worden sein. Die Großbetriebsprüfung stützte eine Versagung des Betriebsausgabenabzugs auf § 160 Abs. 1 Satz 1 AO, hielt aber auch ein Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG i.V.m. § 299 Abs. 2 und Abs. 3 StGB für möglich, weil es sich bei den Zahlungen ins Ausland um sog. „Bestechungsgelder“ gehandelt habe.

FA und FG stützten ein Abzugsverbot auf die einkommensteuerliche Vorschrift, wobei das FG der Auffassung war, dass die abstrakte Strafbarkeit nach § 299 Abs. 2 und Abs. 3 StGB unabhängig vom Verschulden des Zuwendenden genüge. Es sei allein auf die Verwirklichung des objektiven Tatbestands abzustellen, um den Gesetzeszweck der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen durchzusetzen.

Die Richter des BFH hoben das Urteil des Niedersächsischen FG () auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:

  • § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG wurde durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 v. (BGBl I 1999, 402) mit dem Ziel neu gefasst, das darin schon zuvor formulierte Abzugsverbot zur wirksameren Bekämpfung von Korruption unabhängig von der Ahndung einer Bestechungshandlung auszugestalten (vgl. BT-Drucks 14/23, S. 169).

  • Es genügt seither (auch in den Streitjahren) eine rechtswidrige Tat i.S. des § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB (vgl. auch BT-Drucks 14/23, S. 169).

  • Weil nach § 15 StGB nur vorsätzliches Handeln strafbar ist, wenn nicht das Gesetz ausdrücklich fahrlässiges Handeln mit Strafe bedroht, muss allerdings - anders als das FG meint - auch der subjektive Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt sein (vgl. , BStBl II 2014, 684, Rz 55).

Anmerkung von Walter Bode, Richter im IV. Senat des BFH:

Die BFH-Entscheidung zeigt zunächst wesentliche Punkte des "Prüfprogramms" für das Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG i.V.m. § 299 Abs. 2 und Abs. 3 StGB auf. Nach Auffassung des BFH trugen die bisherigen Feststellungen des FG nicht dessen Entscheidung, dass die streitbefangenen Aufwendungen als Betriebsausgaben dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG i.V.m. § 299 Abs. 2 und Abs. 3 StGB unterlägen.

Soweit die Zuwendung von Vorteilen sowie die damit zusammenhängenden Aufwendungen als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG den Gewinn nicht mindern dürften, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, müsse entgegen der Auffassung des FG auch der subjektive Tatbestand des Strafgesetzes erfüllt sein. Weiter hat der BFH bemängelt, dass sich der Schluss des FG nicht uneingeschränkt nachvollziehen lasse, dass die streitbefangenen Aufwendungen vollständig als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) anzusehen seien. Die Feststellungen des FG ließen auch keine Beurteilung zu, ob im Streitfall eine Bevorzugung der X durch ihre Kunden, d.h. eine sachfremde Entscheidung zwischen der X als Lieferant und zumindest einem Mitbewerber, möglich war.

Weiter könne nicht beurteilt werden, ob die angeblichen tatsächlichen Empfänger, an die die Schweizer AG die streitbefangenen Gelder weitergeleitet haben soll, als Angestellte oder Beauftragte eines geschäftlichen Betriebs i.S. des § 299 Abs. 2 StGB anzusehen seien. Soweit das FG fälschlich davon ausgegangen sei, dass der subjektive Tatbestand des § 299 Abs. 2 StGB nicht erfüllt sein müsse, es gleichwohl aber einen bedingten Vorsatz des Geschäftsführers der X bejaht habe, trügen seine bisherigen Feststellungen ebenfalls nicht seine Würdigung, dass der Geschäftsführer jedenfalls mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe.

Da der BFH auch zu prüfen hatte, ob sich die FG-Entscheidung ganz oder teilweise aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 126 Abs. 4 FGO), hat sich der BFH weiter mit der Frage befasst, ob die Nichtberücksichtigung der streitbefangenen Aufwendungen auf § 160 Abs. 1 Satz 1 AO gestützt werden könnte. Zu den Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 Satz 1 AO enthält die BFH-Entscheidung über die dem (BStBl II 2013, 989) entnommenen Ausführungen hinaus nichts Neues. Zum Verhältnis von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG und § 160 Abs. 1 Satz 1 AO hat der BFH nicht ausdrücklich Stellung genommen. Er hat aber auch kein Vorrangverhältnis zum Ausdruck gebracht.

M.E. ist der Auffassung der Finanzverwaltung zu folgen, dass sich die Nichtabziehbarkeit von Vorteilszuwendungen als Betriebsausgaben sowohl aus Regelungen in § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG und aus der Nichtbefolgung eines Benennungsverlangens nach § 160 AO ergeben kann. Kommt eine Anwendung verschiedener Abzugsverbote in Betracht, kann – so lässt sich auch den Vorgaben des AEAO zu § 88 entnehmen (so m.E. zutreffend , unter 9) - vorrangig auf verfahrensökonomische Gesichtspunkte abgestellt werden.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
KAAAH-86117