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Abgrenzung von Barlohn und Sachlohn
BMF-Schreiben klärt (endlich) Zweifelsfragen inkl. Übergangsregelung für Gutscheine und Geldkarten
[i]BMF, Schreiben v. 13.4.2021 - IV C 5 - S 2334/19/10007 :002 NWB JAAAH-76163 Seit dem ist der Anwendungsbereich der steuerbegünstigten Sachzuwendungen durch eine gesetzliche Definition des Begriffs des Sachbezugs in § 8 Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG eingeschränkt. Gutscheine und Guthabenkarten sollten aber weiterhin – steuerlich begünstigt – genutzt werden können, damit Arbeitgeber den Mitarbeitern „unbürokratisch“ Waren oder Dienstleistungen zuwenden können. Der Verweis auf das Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) in § 8 Abs. 1 Satz 3 EStG war für die Praxis aber alles andere als klar und hat sowohl bei Arbeitgebern als auch bei der Finanzverwaltung für große Unsicherheit gesorgt. Nach mehr als einem Jahr hat nunmehr das Anwendungsregelungen veröffentlicht, die in weiten Teilen rückwirkend zum [i]Weber, Lohnsteuerliche Behandlung von Gutscheinen und Geldkarten, NWB 20/2021 S. 1446 NWB DAAAH-78563 gelten. Nur für die Frage, ob Gutscheine und Geldkarten die Voraussetzungen des ZAG erfüllen müssen, wurde eine Nichtbeanstandungsregelung bis zum eingeführt, so dass vorerst die bisherigen Regelungen weitergelten. Die Anbieter von Gutscheinen und (aufladbaren) Geldkarten haben nun Zeit, ihre Angebote an die neuen steuerlichen Vorgaben anzupassen. Im Folgenden werden die Regelungen des BMF-Schreibens im Einzelnen dargestellt.
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I. Steuerfreie und steuerbegünstigte Arbeitgeberleistungen
[i]Schönfeld/Plenker, Sachbezüge, Lexikon Lohnbüro NWB RAAAD-14844 Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 EStG gehören Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine nicht selbständige Tätigkeit zum Arbeitslohn, gleichgültig, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf diese besteht. Auch Sachbezüge zählen hierzu (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 EStG). Sie sind jedoch häufig dadurch begünstigt, dass sie entweder
besonders bewertet werden können, z. B. 1 %-Regelung für die Gestellung eines Firmenwagens;S. 526
steuerfrei sind, z. B. nach § 3 Nr. 37 EStG steuerfreie Überlassung eines betrieblichen Fahrrads zur privaten Nutzung, wenn diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgt oder nach § 3 Nr. 46 EStG steuerfreie Lademöglichkeit für Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge im Betrieb des Arbeitgebers;
mit besonderen Steuersätzen pauschal versteuert werden können, z. B. Pauschalierung der Lohnsteuer für die unentgeltliche oder verbilligte Übereignung von Datenverarbeitungsgeräten nach § 40 Abs. 2 Nr. 5 EStG.
Bei [i]Weber, Änderungen beim Lohnsteuerabzug durch das Jahressteuergesetz 2020, BBK 2/2021 S. 80 NWB JAAAH-68465 einigen Steuervergünstigungen ist es aber gleichgültig, ob die Leistung als Barlohn oder als Sachzuwendung gewährt wird. Hierzu gehören z. B. die Steuerfreiheit für Job-Tickets nach (§ 3 Nr. 15 EStG), Weiterbildungsleistungen i. S. des § 3 Nr. 19 EStG, wozu seit 2020 auch die sog. Outplacementberatung gehört, Kindergartenzuschüsse (§ 3 Nr. 33 EStG), Gesundheitsleistungen i. S. des § 3 Nr. 34 EStG (Freibetrag von 600 € im Kalenderjahr) und die Pauschalierung von Job-Tickets mit einem Steuersatz von 25 % nach § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG.
[i]Herrler/Herrler, Mehr Netto vom Brutto, NWB 6/2019 S. 350 NWB ZAAAH-05753 Die folgenden Begünstigungen werden sehr häufig im Rahmen der sog. Nettolohnoptimierung genutzt, die von der Finanzverwaltung sehr kritisch gesehen wird und deren Anwendungsbereich durch die Gesetzesänderung eingegrenzt werden sollte:
44 €-Sachbezugsfreigrenze, nach der Sachzuwendungen nicht zum Arbeitslohn gehören, wenn ihr Wert im Monat insgesamt 44 € nicht übersteigt.
Pauschalierung der Lohnsteuer für zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährte Sachzuwendungen nach § 37b Abs. 2 EStG bis zu einem Höchstbetrag bzw. einer Höchstgrenze von 10.000 € im Kalenderjahr mit einem Steuersatz von 30 %.
Die Sachbezugsfreigrenze wird ab auf 50 € monatlich angehoben.
II. Grundsätze zur Abgrenzung von Geld- und Sachleistungen
1. Bisherige Unterscheidung von Sachlohn und Barlohn
[i]Bis 2020: Anspruch des Mitarbeiters entscheidendBis war für die Frage, ob Barlohn oder Sachlohn vorliegt, auf den Anspruch des Mitarbeiters gegenüber dem Arbeitgeber aufgrund der arbeits- oder dienstrechtlichen Zusage abzustellen.
Hatte der Arbeitnehmer nur Anspruch auf eine Sache (Ware oder Dienstleistung), war diese als Sachzuwendung anzusehen, gleichgültig wie der Arbeitgeber den Anspruch erfüllt hat (Sache, Einladung, Gutschein, Geldkarte, zweckgebundene Geldleistung, nachträgliche Kostenerstattung). Es kam auch nicht darauf an, ob der Mitarbeiter selbst Vertragspartner des Dritten geworden ist oder der Arbeitgeber die Sachleistung beim Dritten bezogen hat.
Hatte der Mitarbeiter aber auch einen Anspruch darauf, dass sein Arbeitgeber ihm anstelle der Sache den Barlohn in Höhe des Werts der Sachbezüge ausbezahlt, lag Barlohn vor, sogar wenn der Arbeitgeber die Sache zugewendet hat.
2. Neue Definition des Sachlohns
[i]Scherf/Gerstl, Gutscheine im neuen Sachbezugsrecht, NWB 4/2020 S. 228 NWB LAAAH-39974 Nunmehr kommt es für die Frage, ob Barlohn oder Sachlohn vorliegt, nicht mehr auf den Anspruch des Mitarbeiters, sondern auf die Erfüllung dieses Anspruchs an.
Seit dem gilt: Zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten, sind grundsätzlich keine Sachbezüge, sondern Geldleistungen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 EStG). S. 527Allerdings werden Gutscheine und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG erfüllen, weiterhin als Sachzuwendung angesehen (§ 8 Abs. 1 Satz 3 EStG).
Die 44 €-Sachbezugsfreigrenze gilt für solche Gutscheine aber nur, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden (§ 8 Abs. 2 Satz 11 Halbsatz 2 und Abs. 4 EStG).
III. Neuregelungen durch das
1. Übergangsregelung für Gutscheine und aufladbare Geldkarten
[i]BMF, Schreiben v. 13.4.2021 - IV C 5 - S 2334/19/1007 :002 NWB JAAAH-76163 Bis sind die bisherigen Grundsätze für die Einstufung von Gutscheinen und (aufladbaren) Geldkarten weiterhin zu beachten, d. h. es ist entscheidend, dass der Mitarbeiter vom Arbeitgeber nur die Sache, nicht aber einen vergleichbaren Betrag in Geld beanspruchen darf. Die Erfüllung kann mit den bisher als Sachzuwendung anerkannten Gutscheinen und (aufladbaren) Geldkarten erfolgen.
[i]Sachbezugsvoraussetzungen ab 2022Ab dem müssen Gutscheine und Geldkarten die folgenden Voraussetzungen erfüllen, um als Sachbezug zu gelten:
Sie dürfen ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen beim Arbeitgeber oder einem Dritten berechtigen und
sie müssen die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG erfüllen.
Gutscheine [i]Negativabgrenzung oder Geldkarten, die nicht ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die daher ab nicht mehr als Sachzuwendung angesehen werden, sind insbesondere Gutscheine oder Geldkarten, die
über eine Barauszahlungsfunktion verfügen (es ist allerdings unschädlich, wenn verbleibende Restguthaben bis zu einem Euro ausgezahlt werden können),
über eine eigene IBAN verfügen,
für Überweisungen (z. B. PayPal) verwendet werden können,
für den Erwerb von Devisen (z. B. Pfund, US-Dollar, Schweizer Franken) verwendet werden können oder
als generelles Zahlungsinstrument hinterlegt werden können.