Online-Nachricht - Donnerstag, 18.02.2021

Rechtsprechung | Im Jahr 2021 zu erwartende Entscheidungen von besonderer Bedeutung (BFH)

Der BFH informiert in seinem Jahresbericht 2020 über die im Jahr 2021 zu erwartenden Entscheidungen von besonderem Interesse.

I. Einkommensteuer

1. Einkünfte aus Gewerbebetrieb

Pokerspieler (III R 67/18): Im Verfahren III R 67/18 streiten die Beteiligten darüber, nach welchen Kriterien Gewinne aus Pokerspielen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb einzuordnen sind.

Abfärbewirkung (III R 39/19): Zu klären ist, ob negative gewerbliche Einkünfte einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Folge haben, dass auch die übrigen Einkünfte der Gesellschaft als gewerbliche Einkünfte anzusehen sind.

Teilwertzuschreibung bei Fremdwährungsdarlehen (IV R 18/18, IV R 2/19): Fremdwährungsdarlehen sind grundsätzlich mit dem Rückzahlungsbetrag zu bewerten, der sich aus dem Wechselkurs bei Darlehensaufnahme ergibt. Ist der Teilwert aufgrund eines Kursanstiegs voraussichtlich dauerhaft höher, kann dieser angesetzt werden. In zwei Verfahren geht es um die Bewertung von Darlehen in Schweizer Franken auf den und die Frage, ob Teilwertzuschreibungen unabhängig von Gesamt- und Restlaufzeit vorgenommen werden können.

Unterliegt Schadensersatz wegen Prospekthaftung der Einkommensteuer? (IV R 20–24/18): Die Kläger hatten in gewerblich tätige Filmfonds investiert. Wegen fehlerhafter Angaben im Emissionsprospekt erhielten sie in Zivilprozessen Schadensersatz zugesprochen. Zugleich wurden sie verpflichtet, die Beteiligung an der Fondskommanditgesellschaft an die Schädigerin abzutreten. In den anhängigen Verfahren stellt sich die Frage, ob die Schadensersatzleistungen – etwa als Veräußerungsgewinn – der Einkommensteuer unterliegen.

Strukturelles Vollzugsdefizit bei bargeldintensiven Betrieben? (IV R 34/18): Die Klägerin betreibt mehrere Gaststätten und Hotelbetriebe. Sie macht geltend, bei bargeldintensiven Betrieben liege ein strukturelles Vollzugsdefizit bezüglich der Erfassung von Bareinnahmen vor, das eine gleichmäßige Besteuerung aller Marktteilnehmer verhindere. Da eine vollständige und richtige Erfassung aller Bareinnahmen für viele Unternehmer einen existenzgefährdenden Wettbewerbsnachteil bedeute, dürften erzielte Bareinnahmen nur teilweise der Besteuerung unterliegen.

Typisierte Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen mit 6 % der Überentnahmen verfassungswidrig? (IV R 19/19): Schuldzinsen sind nach Maßgabe des § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden mit 6 % der Überentnahmen typisiert. In dem Verfahren stellt sich die Frage, ob diese typisierte Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen angesichts des strukturellen Niedrigzinsniveaus gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und das Übermaßverbot verstößt.

Steuerbescheid nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens; Auflösungsverlust vor Liquidationsabschluss (IX R 27/18): Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob das Finanzamt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über eine Insolvenzforderung einen Einkommensteuerbescheid erlassen darf, wenn sich im Abrechnungsteil ein Erstattungsbetrag ergibt. Dem BFH wird sich gegebenenfalls die Möglichkeit bieten, die Voraussetzungen, unter denen die Berücksichtigung eines Auflösungsverlusts im Sinne des § 17 EStG ausnahmsweise vor Abschluss der Liquidation einer Gesellschaft möglich ist, zu konkretisieren.

Sind Anteile von minderjährigen Kindern den Eltern bei der personellen Verflechtung zuzurechnen? (X R 5/19): Zu entscheiden ist, ob für die Prüfung der personellen Verflechtung bei einer Betriebsaufspaltung den Eltern bzw. einem Elternteil die Stimmanteile des minderjährigen Kindes am Betriebsunternehmen zuzurechnen sind, weil die Eltern bzw. der Elternteil die Vermögenssorge inne haben / hat. Macht es einen Unterschied, wenn Ergänzungspflegschaft angeordnet worden ist?

2. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit

Fahrtkosten eines Baumaschinenführers und eines Elektroinstallateurs (VI R 6/19 und VI R 14/19): Die Kläger, ein Baumaschinenführer (VI R 6/19) und ein Elektroinstallateur (VI R 14/19), fuhren überwiegend mit dem eigenen PKW zum Betrieb des Arbeitgebers, um von dort mit einem (Sammel-)Fahrzeug des Arbeitgebers zu den jeweiligen Einsatzorten zu gelangen. Sie begehrten, die Aufwendungen für diese Fahrten nach Reisekostengrundsätzen in Höhe von 0,30 € pro gefahrenem Kilometer anzuerkennen. Das Finanzamt gewährte jeweils lediglich die Entfernungspauschale 0,30 € pro Entfernungskilometer, da die Kläger nach den arbeitsrechtlichen Festlegungen zur Aufnahme ihrer beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort typischerweise arbeitstäglich aufzusuchen hätten.

Schulhund als Werbungskosten (VI R 15/19): Eine Lehrerin erwarb einen Hund, den sie zum Therapiehund ausbilden ließ und unterrichtsbegleitend einsetzte. Vorausgegangen war ein Beschluss der Schulkonferenz, einen Therapiehund zur Umsetzung therapiegestützter Pädagogik anzuschaffen. Die Lehrerin begehrt, die Anschaffungskosten des Hundes, dessen laufenden Unterhalt sowie die Kosten der Ausbildung zum Therapiehund als Werbungskosten abzuziehen. Das Finanzamt lehnte dies ab, weil der Hund nicht nur beruflichen, sondern auch privaten Zwecken diene.

3. Einkünfte aus Kapitalvermögen

Verrechnung von Verlusten aus Aktienveräußerungen (VIII R 11/18): Verluste aus Aktienveräußerungen dürfen nach § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG, in der im Streitjahr 2012 geltenden Fassung, nur mit Gewinnen aus Aktienveräußerungen verrechnet werden. Der VIII. Senat wird darüber zu befinden haben, ob eine solche Beschränkung der Verlustverrechnung verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.

Steuerlicher Wertverlust von Aktien infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (VIII R 20/18): Die Beteiligten streiten darüber, ob der Wertverlust von in einem ausländischen Depot gehaltenen Aktien, der infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer (inländischen) Aktiengesellschaft eingetreten ist, zu einem steuerbaren Verlust führen kann und ggf. wann dieser zu berücksichtigen ist.

Zuteilung von Aktien im Rahmen eines sog. Spin-Offs (VIII R 9/19, u.a.): Der BFH wird in mehreren Verfahren darüber zu entscheiden haben, ob und ggf. in welcher Höhe die Zuteilung von Aktien im Rahmen eines sog. Spin-Offs nach US-amerikanischem Recht zu Kapitaleinkünften führt.

4. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

Werbungskostenabzug bei Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen (IX R 11/19): Der BFH wird sich mit der Frage befassen, ob die bei der Übertragung eines Mietgrundstücks im Wege der vorweggenommenen Erbfolge einem Elternteil auf Lebenszeit zugesagten monatlichen Zahlungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind.

AfA-Bemessungsgrundlage bei Erwerb von Anteilen an vermögensverwaltender Personengesellschaft (IX R 22/19): Die Prozessbeteiligten streiten darüber, ob beim Erwerb von Anteilen an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft die anteilige Übernahme von Verbindlichkeiten der Personengesellschaft zu den Anschaffungskosten gehört, die grundsätzlich über die AfA als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können.

5. Sonstige Einkünfte

Veräußerung der selbst genutzten Eigentumswohnung mit häuslichem Arbeitszimmer (IX R 27/19): Ist die Veräußerung einer selbst genutzten Eigentumswohnung innerhalb der zehnjährigen Haltefrist auch insoweit kein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG, als ein Raum vom Veräußerer als häusliches Arbeitszimmer im Rahmen seiner nichtselbständigen Arbeit genutzt wurde.

Sind Zahlungen zur Wiederauffüllung einer Rentenanwartschaft vorweggenommene Werbungskosten oder Sonderausgaben? (X R 4/19): Durch den infolge einer Ehescheidung durchgeführten Versorgungsausgleich wird die Rentenanwartschaft gekürzt. Es stellt sich die Frage, ob Zahlungen an ein berufsständisches Versorgungswerk zur Wiederauffüllung der Rentenanwartschaft als vorweggenommene Werbungskosten oder als beschränkt abziehbare Sonderausgaben einzuordnen sind.

Ertragsanteilsbesteuerung versus nachgelagerte Besteuerung (X R 20/19): Unterliegen die Steigerungsbeträge der sog. Höherversicherung zur gesetzlichen Rentenversicherung im Hinblick auf deren kapitalgedeckte Finanzierung ausschließlich der Ertragsanteilsbesteuerung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG? Gilt das Verbot doppelter Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und späteren Renteneinkünften auch für kapitalgedeckte Renten aus privaten Versicherungsverträgen?

Einzelheiten zur Ermittlung einer verfassungswidrigen doppelten Besteuerung bei der Altersrente (X R 33/19): Hier wird im zweiten Rechtsgang (BFH-Urteil im ersten Rechtsgang vom – X R 44/14, BFHE 254, 545) zu entscheiden sein, nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, ob im konkreten Einzelfall eine doppelte Besteuerung im Hinblick auf die früheren Altersvorsorgeaufwendungen und die späteren, darauf beruhenden Rentenbezüge eintritt. Ggf. wird der Senat auch zu den Folgen einer solchen doppelten Besteuerung Stellung nehmen müssen.

6. Steuerfreie Einnahmen

Steuerfreie Sonntags-, Feiertags- und Nachzuschläge für Profisportler (VI R 28/19): Die Klägerin nimmt mit ihrer Mannschaft am Profisport teil. Für die Beförderungszeiten im Mannschaftsbus zu auswärts stattfindenden Terminen zahlte sie Spielern und Betreuern Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge (§ 3b EStG). Das Finanzamt verneinte die Steuerfreiheit der Zuschläge, da diese nicht für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt worden seien.

Sind Zahlungen eines Jugendwerks für Betreuung von Jugendlichen steuerfrei? (VIII R 13/19): Die Klägerin betreut in ihrem Mehrfamilienhaus traumatisierte Jugendliche, die in Pflegeheimen, Heimen, Großeinrichtungen oder geschlossenen Einrichtungen keine Aufnahme mehr finden. Hierfür erhält sie vom Jugendwerk für jeden Jugendlichen ein Tageshonorar, Ersatz für Sachkosten entsprechend dem Sozialhilfesatz sowie Taschengeld und Kleidergeld. Das Finanzamt unterwarf diese Einnahmen der Einkommensteuer. Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, es handele sich um steuerfreie Beihilfen im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG.

7. Sonderausgaben

Abzugsfähigkeit einer Spende mit konkreter Zweckbindung (X R 37/19): Ist eine Spende an einen gemeinnützigen Tierschutzverein nach § 10 b Abs. 1 EStG abzugsfähig, wenn der Spender die Vorgabe macht, dass die Spende ausschließlich dazu verwendet werden darf, ein bestimmtes Tier in einer Tierpension zu versorgen?

8. Außergewöhnliche Belastungen

Unterhaltsleistungen an die nichteheliche Lebensgefährtin als außergewöhnliche Belastung (VI R 2/19): Der Kläger wohnte mit seiner damaligen nichtehelichen Lebensgefährtin, die noch studierte und „BAföG“ erhielt, zusammen und trug den überwiegenden Teil der monatlichen Lebenshaltungskosten. Er begehrt, diese Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen (§ 33a EStG). Finanzamt und Finanzgericht lehnten dies ab, weil der Kläger seiner Lebensgefährtin nicht gesetzlich unterhaltsverpflichtet und das „BAföG“ auch nicht mit Rücksicht auf seine Unterhaltsleistungen gekürzt worden sei.

9. Einkommensteuertarif

Überstundenvergütung für mehrere Jahre (VI R 23/19): Im Rahmen eines Aufhebungsvertrages vergütete der Arbeitgeber dem Kläger 330 Überstunden, die er über einen Zeitraum von drei Jahren geleistet hatte. Zu klären ist, ob diese Vergütung als „außerordentliche Einkünfte“ (§ 34 EStG) mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern ist.

Aufgedrängte Steuerermäßigung (VIII R 2/19): Für bestimmte Einkünfte kann unter besonderen Voraussetzungen eine Steuerermäßigung auf Antrag des Steuerpflichtigen gewährt werden (§ 34 Abs. 3 EStG). Die Ermäßigung kann der Steuerpflichtige aber nur einmal im Leben in Anspruch nehmen. In dem Verfahren streiten die Beteiligten darüber, ob der Anspruch auf die Ermäßigung dadurch verbraucht wurde, dass diese in der Vergangenheit bereits einmal gewährt worden ist, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen und der Steuerpflichtige auch keinen Antrag gestellt hatte.

10. Kindergeld

Krankheit während der Ausbildung (III R 41/19): Die Beteiligten streiten darüber, unter welchen Umständen ein in der Ausbildung erkranktes Kind für den Kindergeldanspruch zu berücksichtigen ist.

Anzahl an Aufenthaltstagen für Wohnsitz (III R 47/19): Zu entscheiden ist, ob das Innehaben einer Wohnung (§ 8 AO) voraussetzt, dass sich der Kindergeldberechtigte jährlich mindestens an einer bestimmten Anzahl von Tagen in der Wohnung aufhält.

II. Körperschaftsteuer

vGA bei Darlehensgewährung durch eine im Ausland ansässige Schwesterkapitalgesellschaft (I R 4/17): Die Klägerin erhielt von ihrer ausländischen Schwestergesellschaft Darlehen. Das Finanzamt ging davon aus, dass die vereinbarten Zinssätze überhöht und die Zinszahlungen daher als verdeckte Gewinnausschüttungen zu qualifizieren waren. Der BFH wird darüber zu befinden haben, nach welcher Methode die Angemessenheit der Zinsvereinbarung zu überprüfen ist.

Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots für sog. Bankenabgabe (XI R 20/18): Für Jahresbeiträge nach § 12 Abs. 2 des Restrukturierungsfondsgesetzes (sog. Bankenabgabe) besteht ein Betriebsausgabenabzugsverbot. Der BFH prüft, ob dieses Verbot verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt.

Folgeänderung der Körperschaftsteuerbescheide nach Korrektur von Umsatzsteuerbescheiden (XI R 5/19): Das Finanzamt hatte die Umsatzsteuerbescheide im Einspruchsverfahren zugunsten der Klägerin geändert, da deren Tätigkeit als Versicherungsmaklerin umsatzsteuerfrei sei. Streitig ist nun, ob die gleichzeitige Änderung der Körperschaftsteuerbescheide zuungunsten der Klägerin (Ansatz von Netto- statt Bruttoeinnahmen) auf § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung gestützt werden kann.

Rückstellung für Nachbetreuungsleistungen einer Werkzeugfertigung (XI R 21/19): In dem Verfahren geht um eine Kapitalgesellschaft, die als Zulieferbetrieb im Rahmen einer Auftragsfertigung mit fremden, unentgeltlich überlassenen Werkzeugen technische Teile herstellt und daneben auf der Grundlage eines gesonderten Vertrags im Kundenauftrag die Werkzeuge für die spätere Produktion der Serienteile herstellt, ändert und instand hält. Zu klären ist die Frage, ob für die Nachbetreuung der Werkzeuge (Versicherung, Lagerung, Wartung und Reparatur) eine Rückstellung gebildet werden kann.

III. Abkommensrecht / Internationales Steuerrecht

Ausschüttungen einer luxemburgischen SICAV (I R 61/17): Der BFH wird die Frage zu entscheiden haben, ob eine SICAC als Kapitalgesellschaft zu qualifizieren ist und deren Ausschüttungen an eine inländische GmbH von der Besteuerung aufgrund des DBA Luxemburg freizustellen sind.

IV. Gewerbesteuer

Stückzinsen als Entgelt für Schulden (III R 15/18): Nach § 8 Nr. 1 Alternative 3 GewStG 2002 sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb u.a. die Hälfte der Entgelte für Schulden hinzuzurechnen, die der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. Im Verfahren III R 15/18 stellt sich die Frage, ob auch Stückzinsen, die während der Laufzeit eines Sachdarlehens über festverzinsliche Anleihen entstanden sind, zu derartigen Entgelten zählen.

V. Umsatzsteuer

Unterbringung von geflüchteten Personen (V R 1/19): Streitig ist, ob Leistungen zum Betrieb von Einrichtungen zur Unterbringung und Betreuung von geflüchteten Personen umsatzsteuerpflichtig sind. Es wird auch darum gehen, ob es der Gleichheitsgrundsatz der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gebietet, die Steuerbefreiung des Art. 132 Abs. 1 Buchstabe g der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie auf solche Tätigkeiten anzuwenden, die von einem gewerblichen Unternehmen erbracht werden, um geflüchteten Personen Unterkunft und Verpflegung zu gewähren.

„Vermietung“ von virtuellem Land in einem Onlinespiel (V R 38/19): Das Verfahren betrifft die Frage, ob die im Rahmen des Onlinespiels „Second Life“ getätigten Umsätze aus der „Vermietung“ von virtuellem Land der Umsatzsteuer unterliegen. Zu klären ist dabei insbesondere, ob die virtuelle „Vermietung“ innerhalb eines Spiels, das Vorgänge des realen Lebens lediglich simuliert, überhaupt eine im allgemeinen Wirtschaftsverkehr erbrachte verbrauchsfähige Leistung darstellen kann.

Medienarbeit der Kirche (XI R 35/18): Streitig ist, ob es sich bei Zahlungen einer Kirche an eine gemeinnützige GmbH, deren Gesellschafter sie ist und deren Tätigkeit in journalistischer Medienarbeit (Erstellung von Meldungen und deren Zurverfügungstellung an Tageszeitungen) besteht, um Zahlungen im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs oder um sog. echte nicht steuerbare Zuschüsse handelt.

Besteuerung von Umsätzen gemeinnütziger Sportvereine bei Zahlung pauschaler Aufwandsentschädigungen (XI R 11/19): Unterliegen die Umsätze eines gemeinnützigen Sportvereins dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, wenn der Verein einzelnen Spielern pauschale Aufwandsentschädigungen zahlt, die die sog. Nichtbeanstandungsgrenze für die Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft von 400 € monatlich übersteigen?

Vorsteuerabzug einer Kapitalanlagegesellschaft u.a. für die Kosten des Fondsprospekts (XI R 13/19): Zu klären ist, ob eine Kapitalanlagegesellschaft, die Immobilien-Sondervermögen verwaltet, einen anteiligen Vorsteuerabzug u. a. aus allgemeinen Kosten des Sondervermögens nach einem jeweils fondsspezifischen Aufteilungsschlüssel geltend machen kann.

Umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage bei Warenverkäufen im Zusammenhang mit sog. 0%-Finanzierung (XI R 15/19): Fraglich ist, ob die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage aus Warenverkäufen im Zusammenhang mit sog. 0%-Finanzierungen um die vom liefernden Unternehmer an das finanzierende Kreditinstitut entrichteten Finanzierungsentgelte zu mindern ist.

Unternehmereigenschaft und Vorsteuerabzug einer Kurgemeinde (XI R 30/19): Es ist zu klären, unter welchen Voraussetzungen Gemeinden im Rahmen ihrer Kurbetriebe unternehmerisch tätig sind und ob die Kurtaxe umsatzsteuerbares Entgelt darstellt. Außerdem ist ggf. die Folgefrage zu beantworten, in welchem Umfang der Kurgemeinde der Vorsteuerabzug zusteht.

Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden (XI R 7/20): Zu klären ist die Frage, welcher Aufteilungsmaßstab i.S. des § 15 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (Umsatz- oder Flächenschlüssel) bei dem Vorsteuerabzug aus der Herstellung eines gemischt genutzten Gebäudes sachgerecht ist.

Umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage bei Warenverkäufen im Zusammenhang mit sog. 0%-Finanzierung (XI R 15/19): Fraglich ist, ob die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage aus Warenverkäufen im Zusammenhang mit sog. 0% -Finanzierungen um die vom liefernden Unternehmer an das finanzierende Kreditinstitut entrichteten Finanzierungsentgelte zu mindern ist.

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Leistungen eines MDK-Gutachters (XI R 30/20): Nach dem Ergehen eines Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union ist nun vom nationalen Gericht (dem BFH) abschließend zu klären, ob die Erstellung von Gutachten durch einen selbständigen Unternehmer zur Frage der Pflegebedürftigkeit von Patienten gegenüber dem medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) als Auftraggeber seit der Neufassung des § 18 Sozialgesetzbuch XI zum umsatzsteuerfrei ist.

VI. Erbschaft- und Schenkungsteuer

Erbschaftsteuer-Pause vom 1. Juli bis zum 9. November 2016? (II R 1/19): Das Bundesverfassungsgericht hatte das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz mit Urteil vom 17. Dezember 2014 für verfassungswidrig erklärt. Mit Rücksicht auf die Haushaltsplanung hatte es jedoch die Fortgeltung des Gesetzes angeordnet und den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum eine Neuregelung zu treffen. Diese mit Rückwirkung zum erlassene Neuregelung wurde erst am verkündet. Ist dadurch eine Steuerpause entstanden?

Zahlungen des Beschenkten an beeinträchtigte Vertragserben (II R 24/19): In einem Ehegattentestament hatten Eheleute sich gegenseitig als Vorerben und ihre Kinder als Nacherben eingesetzt. Dennoch schenkte die Ehefrau nach dem Tod des Ehemannes einem der Kinder ein Grundstück. Zur Abwendung von Herausgabeansprüchen leistete das Kind Zahlungen an seine Geschwister. Mindern diese Zahlungen die Schenkungsteuer?

Steuerbefreiung für Familienheim bei unbebautem Grundstück? (II R 29/19): Kinder können eine von ihren Eltern bewohnte Immobilie steuerfrei erben, wenn sie diese nach dem Erbfall selbst nutzen und ihren Lebensmittelpunkt dort einrichten. Der BFH hat zu entscheiden, ob sich die Steuerbefreiung auch auf ein angrenzendes, unbebautes Gartengrundstück, das unter einer eigenen Flur-Nummer im Grundbuch eingetragen ist, erstreckt.

VII. Stromsteuer

Stromsteuerfreiheit trotz Einspeisung in Stromnetz zum Erhalt der Einspeisevergütung (VII R 1/19): Im Streitfall ist zu klären, ob die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b StromStG auch über den hinaus zu gewähren ist, wenn der Erzeuger den Strom zwecks Erhalts der Einspeisevergütung nach dem EEG dem Netzbetreiber zur Verfügung gestellt und eine entsprechende Menge (Ersatz-)Strom von einem Dritten zurückerworben oder in anderen Anlagen selbst produziert hat.

VIII. Zollrecht

Zur Berücksichtigung von Verrechnungspreisen bei der Ermittlung des Zollwerts (VII R 2/19): Der VII. Senat wird darüber zu entscheiden haben, ob bei der Einfuhr von Waren, die von einem verbundenen Unternehmen (hier: japanische Muttergesellschaft) bezogen wurden, der Zollwert bei einer nachträglichen Gutschrift im Rahmen der Transaktionswertmethode herabzusetzen und zu viel gezahlter Zoll zu erstatten ist.

IX. Sportwettensteuer

Vereinbarkeit der Sportwettenbesteuerung mit Verfassungs- und Europarecht (IX R 20/18, IX R 21/18): Der BFH wird in mehreren Verfahren darüber zu entscheiden haben, ob die Erhebung der Sportwettensteuer von einem ausländischen Veranstalter mit Verfassungs- und Europarecht vereinbar ist.

X. Gemeinnützigkeit

Gemeinnützigkeit eines britischen Colleges (V R 38/19): Es geht darum, ob ein im Jahr 1555 gegründetes College mit Sitz im Vereinigten Königreich als gemeinnützig anzuerkennen ist. Dabei stellt sich u. a. die Frage, ob die Statuten und die historische Gründungsurkunde (das „Royal Patent“) als Satzung des Colleges die abgabenrechtlichen Anforderungen an die formelle Satzungsmäßigkeit erfüllen. Es wird außerdem darum gehen, ob die tatsächliche Geschäftsführung des Colleges den satzungsmäßigen Vorgaben entspricht.

XI. Verfahrensrecht

Zuständigkeit des Inkasso-Service Recklinghausen (III R 21/18 und III R 36/19): Seit März 2015 bearbeitet die Agentur für Arbeit in Recklinghausen bundesweit alle Inkasso-Fälle, die Kindergeld betreffen. Zu klären sein wird, ob die Behörde dabei auch für Stundungs- und Erlassanträge sachlich zuständig ist.

Einordnung der Umsatzsteuer als Masseschuld oder Insolvenzforderung (VII R 9/18): Das Verfahren betrifft u.a. die Frage, ob oder inwieweit die Umsatzsteuer als Masseschuld oder Insolvenzforderung einzuordnen ist.

Unterbrechung der Zahlungsverjährung (VII R 21/19): In diesem Verfahren ist zu entscheiden, ob es sich bei dem Abruf der beim Bundeszentralamt für Steuern gespeicherten Adressdaten des Vollstreckungsschuldners durch die Erhebungsstelle des FA um eine Wohnsitzermittlung handelt, die zur Unterbrechung der Zahlungsverjährung führt.

Unangekündigter Besuch vom Finanzamt (VIII R 8/19): Die Klägerin, eine Unternehmensberaterin, hatte in ihrer Einkommensteuererklärung Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers geltend gemacht. Zur Überprüfung des Sachverhalts erschien ein Mitarbeiter des sog. Flankenschutzes des Finanzamts unangekündigt bei ihr. Der Beamte traf die Klägerin an, wies sich durch Vorlage eines Dienstausweises aus und betrat ohne Widerspruch die Wohnung. Nun begehrt die Klägerin festzustellen, dass die Ortsbesichtigung rechtswidrig war.

Quelle: BFH, Jahresbericht 2020, S. 41 ff.

Fundstelle(n):
MAAAH-71749