BGH Beschluss v. - 3 StR 436/19

Adhäsionsverfahren: Anforderungen an die Begründung eines Feststellungsausspruchs

Gesetze: § 406 StPO

Instanzenzug: Az: 3 KLs 6/18

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen räuberischer Erpressung, versuchter räuberischer Erpressung, vorsätzlicher Körperverletzung in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Bedrohung, sowie wegen Nötigung und versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Wegen der ihm zur Last gelegten Nötigung zum Nachteil der Adhäsionsklägerin      S.        hat die Strafkammer der Geschädigten Schmerzensgeld dem Grunde nach zugesprochen. Sie hat den Angeklagten ferner verurteilt, an den Adhäsionskläger    K.   wegen der zu seinen Lasten begangenen Körperverletzungen ein Schmerzensgeld in Höhe von 800 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem zu zahlen. Überdies hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte verpflichtet ist, den Adhäsionsklägern S.        und K.   sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden, die diesen in Zukunft aus den genannten Taten entstehen werden, zu ersetzen, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder auf sonstige Dritte übergehen oder übergegangen sind. Es hat auch festgestellt, dass sämtliche Forderungen auf vorsätzlich begangenen Straftaten beruhen. Im Übrigen hat die Strafkammer von einer Entscheidung über die Adhäsionsanträge abgesehen. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel ist im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet, soweit es sich gegen die strafrechtliche Verurteilung richtet. Hinsichtlich der Aussprüche im Adhäsionsverfahren führt es zu den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderungen.

21. Der Ausspruch über die dem Grunde nach bestehende Verpflichtung des Angeklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an die Adhäsionsklägerin S.        sowie seine Verpflichtung, an den Adhäsionskläger K.   Schmerzensgeld in Höhe von 800 € zuzüglich Zinsen zu bezahlen, ist rechtlich im Wesentlichen nicht zu beanstanden. Jedoch ist der Zeitpunkt des Zinsbeginns betreffend den Zahlungsanspruch dahin zu ändern, dass die Verpflichtung des Angeklagten zur Zinszahlung nicht am , sondern am beginnt. Die geltend gemachten Prozesszinsen sind gemäß § 404 Abs. 2 StPO, § 291 Satz 1, § 187 Abs. 1 analog BGB erst ab dem auf die - hier mit Antragstellung am gegebene - Rechtshängigkeit folgenden Tag zu entrichten (vgl. , juris Rn. 4 mwN).

32. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet indes der Ausspruch über die Feststellung, dass der Angeklagte verpflichtet ist, den Adhäsionsklägern S.        und K.   sämtliche weiteren aus den genannten Straftaten resultierenden materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind. Denn es fehlt insoweit an einer auf den Einzelfall bezogenen Begründung, insbesondere des notwendigen Feststellungsinteresses.

4Der Feststellungsausspruch bedarf grundsätzlich einer - gegebenenfalls kurzen - Begründung mit Blick auf die Umstände des Einzelfalls (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 222/03, juris Rn. 4; vom - 2 StR 100/10, NStZ-RR 2010, 344), soweit sich der Anspruch nicht ohne Weiteres aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe erklärt. Daran fehlt es hier. Denn das Landgericht nimmt zur Begründung der Feststellungsansprüche ausschließlich Bezug auf die jeweiligen Erwägungen zu den Schmerzensgeldansprüchen. Weder aus diesen noch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergeben sich jedoch Feststellungen, die weitere materielle oder immaterielle Ansprüche möglich erscheinen lassen.

5So findet sich in den Urteilsgründen kein Anhaltspunkt dafür, dass der Heilungsprozess der von dem Adhäsionskläger K.   erlittenen Beeinträchtigungen noch nicht abgeschlossen wäre. Betreffend die Adhäsionsklägerin S.        ist den Feststellungen zwar zu entnehmen, dass diese weiterhin psychisch beeinträchtigt ist und sich einer Therapie unterziehen will. Diese pauschale Angabe allein reicht jedoch nicht aus, um das erforderliche Feststellungsinteresse zu begründen.

6Auch die Möglichkeit künftiger immaterieller Schäden, die nicht bereits von dem Ausspruch über die Verurteilung des Angeklagten zur Schmerzensgeldzahlung umfasst sind, erschließt sich vor diesem Hintergrund nicht. Denn nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes werden von dem Schmerzensgeldanspruch alle Schadensfolgen erfasst, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar sind oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden kann (st. Rspr., , NJW-RR 2018, 1426, 1427 mwN). Betreffend die Adhäsionsklägerin S.        ist die Bezifferung des dem Grunde nach ausgeurteilten Schmerzensgeldanspruches ohnehin dem Betragsverfahren vorbehalten.

7Der Feststellungsausspruch ist daher insoweit aufzuheben und auszusprechen, dass diesbezüglich von einer Entscheidung abzusehen ist (§ 406 Abs. 3 Satz 3 StPO). Eine Zurückverweisung der Sache nur zur teilweisen Erneuerung des Adhäsionsverfahrens scheidet aus (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 2 StR 106/87, BGHR StPO § 405 Feststellungsmangel 1; vom - 5 StR 471/11, BGHR StPO § 406 Grundurteil 6 Rn. 4).

83. Angesichts des geringen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels und den notwendigen Auslagen der Nebenkläger zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO). Gleiches gilt für die durch das Adhäsionsverfahren entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen der Adhäsionskläger (§ 472a Abs. 2 StPO).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:121119B3STR436.19.0

Fundstelle(n):
DAAAH-68723