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Der Referentenentwurf für ein Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG)
Reform der internen Corporate Governance nach dem Wirecard-Skandal
Am haben das BMF und das BMJV einen gemeinsamen Referentenentwurf (RefE) für ein Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz – FISG) veröffentlicht. Der RefE umfasst eine Vielzahl von Reformvorschlägen zur Stärkung des deutschen Corporate Governance-Systems. Der vorliegende Beitrag konzentriert sich ausschließlich auf die internen Corporate Governance-Maßnahmen am Beispiel einer börsennotierten Aktiengesellschaft. Hierbei werden die handels- und aktienrechtlichen Regulierungen nach dem FISG-RefE für die Tätigkeit des Vorstands, Aufsichtsrats und Abschlussprüfers dargestellt und einer kritischen Würdigung unterzogen.
Velte, Der Aktionsplan der Bundesregierung zum Wirecard-Skandal, StuB 20/2020 S. I, NWB EAAAH-60636
Welche Reformmaßnahmen zur internen Corporate Governance umfasst der FISG-RefE?
Inwiefern wird das Tätigkeits- und Anforderungsprofil von Vorständen, Aufsichtsräten und Abschlussprüfern bei Unternehmen des öffentlichen Interesses verändert?
Welche weiteren Reformmaßnahmen lassen sich zur Stärkung der internen Corporate Governance im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens noch identifizieren?
I. Einleitung
[i]Philipps, Wirecard und die
Krise des Enforcement, StuB 16/2020 S. 622,
NWB TAAAH-55713
Lentfer/Weber,
Corporate Governance, infoCenter,
NWB EAAAE-13065 Der Skandal um den
ehemaligen DAX-Konzern Wirecard
hatte in den vergangenen Monaten zu einer lebhaften
Diskussion im Fachschrifttum geführt. Wenngleich das BMF
äußerst schnell den damaligen Vertrag mit der Deutschen
Prüfstelle für Rechnungslegung e. V. (DPR) gekündigt und einen
Aktionsplan als Reaktion auf den
vermutlich größten Bilanzskandal in der deutschen Nachkriegsgeschichte in
Aussicht gestellt hatte, hatte sich seither eine Vielzahl von Vertretern der
Unternehmenspraxis, Politik und Forschung mit Reformvorschlägen an die
Wirtschaftspresse gewandt. Unzweifelhaft stehen
bislang die Reform der BaFin und die Kritik an der Tätigkeit der
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY als langjähriger Prüfer
von Wirecard im Zentrum der Diskussion. Unstrittig ist,
dass das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit
des deutschen Kapitalmarkts und die
Reputation von
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durch den Wirecard-Fall
stark gesunken und Reformmaßnahmen angezeigt
sind. Notwendig erscheint es allerdings, von einer voreiligen
Regulierung zu warnen und mit Augenmaß das
gesamte Corporate Governance-System bei Unternehmen des
öffentlichen Interesses einzubeziehen. Interessant ist in diesem Zusammenhang,
dass in der öffentlichen Diskussion bis auf wenige Ausnahmen die Tätigkeit des
Aufsichtsrats von
Wirecard nicht fokussiert wird.
Vor diesem Hintergrund zielt der vorliegende Beitrag darauf ab, die wesentlichen handels- und aktienrechtlichen Reformmaßnahmen zur internen Corporate Governance nach dem FISG-RefE darzustellen und im Anschluss daran kritisch zu würdigen. Im Speziellen werden im Folgenden nach einer überblicksartigen Darstellung der zentralen Reformmaßnahmen die Auswirkungen des FISG-RefE auf die Tätigkeit des Vorstands, Aufsichtsrats und Abschlussprüfers bei Unternehmen des öffentlichen Interesses einbezogen. Die Maßnahmen zur externen Corporate Governance, primär zur Neugestaltung des nationalen Enforcements, werden hierbei ausgeklammert.S. 818
II. Zentrale Reformmaßnahmen zur internen Corporate Governance im Überblick
Als Reaktion auf den Wirecard-Skandal wurde in den vergangenen Monaten eine Vielzahl von Reformvorschlägen im Fachschrifttum diskutiert. Hierbei kommt neben dem FISG-RefE den Empfehlungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW), des Deutschen Aktieninstituts (DAI) und des Arbeitskreises Bilanzrecht Hochschullehrer Rechtswissenschaft (AKBR) eine zentrale Bedeutung zu. Einen Überblick über zentrale geplante Regulierungen des FISG-RefE gibt Übersicht 1, während Übersicht 2 auf S. 819 auf die Reformvorschläge der weiteren vorstehend genannten Institutionen abstellt. Hierbei zeigt sich, dass das gesamte interne Corporate Governance-System in die Reformüberlegungen einbezogen wurde.