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Corporate Governance
I. Überblick
Corporate Governance stellt weder einen bestimmten Rechtsbegriff noch einen einheitlich und allgemeingültig definierten terminus technicus dar. Allgemein wird unter Corporate Governance die Gesamtheit rechtlicher und ökonomischer Institutionen verstanden, um die aus der Trennung von (Kapital-)Eigentum und Verfügungsmacht resultierenden Agency-Konflikte im Interesse der Eigentümer der Unternehmung zu mindern. Die Corporate Governance stellt dabei ein System verschiedener (interdependenter) Elemente dar. Im internationalen Vergleich wird das kontinentaleuropäische (deutsche) dualistische System der Unternehmensverfassung dem in anglo-amerikanisch geprägten Staaten vorherrschenden monistischen System gegenübergestellt. Die nachfolgenden Ausführungen enthalten einen Strukturierungsansatz der Corporate Governance am Beispiel einer deutschen Aktiengesellschaft. Die zugrunde liegenden Normierungen werden zusammenfassend in dem Deutschen Corporate Governance Kodex der Regierungskommission dargestellt.
Die Corporate Governance umfasst in- und externe Komponenten. Die Trennung erfolgt anhand des Kriteriums der Unternehmensverwaltung. Unter der Unternehmensverwaltung werden im deutschen Aktienrecht Vorstand und Aufsichtsrat subsumiert. Darüber hinaus wird der Abschlussprüfer in seiner Funktion als „Hilfsorgan“ des Aufsichtsrats in die Unternehmensverwaltung einbezogen. Bei der internen Corporate Governance geht es primär um die funktional zweckmäßige Ausgestaltung der Unternehmensverwaltung zwischen der Unternehmensführung durch den Vorstand und deren Überwachung durch den Aufsichtsrat einschließlich der Unterstützungsfunktion des Abschlussprüfers. Dagegen basiert die externe Corporate Governance auf der Existenz von (Wettbewerbs-)Märkten. Im Mittelpunkt steht die Annahme, der Wettbewerbsdruck auf den Märkten führe zu einer Disziplinierung der Unternehmensverwaltung. Die Marktmechanismen sollen dabei nicht nur geeignete Sanktionen vorhalten, die eine schlechte Unternehmensverwaltung bestrafen, sondern auch eine erfolgreiche belohnen. Die externe Corporate Governance nutzt in diesem Kontext den Wettbewerb auf den Kapital-, Güter- und Arbeitsmärkten. Ein funktionsfähiger (Eigen-)Kapitalmarkt vollzieht die externe Überwachung am objektivsten und effizientesten. Er umfasst zwei wesentliche Überwachungsmechanismen: die Aktionäre und den Markt für Unternehmenskontrolle.
Zur Funktionsfähigkeit dieser externen Überwachungsmechanismen bedarf es verlässlicher Unternehmensinformationen. Daher werden die Unternehmenspublizität und ihre ordnungsmäßige Durchsetzung (Enforcement) als weitere Bestandteile der externen Corporate Governance angesehen.
Freidank, Erfolgreiche Führung und Überwachung von Unternehmen. Konzepte und praktische Anwendungen von Corporate Governance und Reporting, 2019
Lentfer, Einflüsse der internationalen Corporate Governance-Diskussion auf die Überwachung der Geschäftsführung. Eine kritische Analyse des deutschen Aufsichtsratssystems, 2005
Velte/Weber, Agency-theoretische Betrachtungen zur Gehilfen- und Gatekeeper-Funktion des Abschlußprüfers sowie potentielle Zielkonflikte, BFuP 2011 S. 223
Tricker, Corporate Governance. Principles, Policies, and Practices, Vol. 4, 2019
Velte/Weber/Stiglbauer, Reform der Abschlussprüfung. Konsequenzen für den deutschen Wirtschaftsprüfer, 2. Aufl. 2014
Weber, Externes Corporate Governance Reporting börsennotierter Publikumsgesellschaften. Konzeptionelle Vorschläge zur Weiterentwicklung der unternehmerischen Berichterstattung, 2011
Freidank/Weber, Corporate Governance als Gegenstand des Management Reportings, in Gleich/Horváth/Michel (Hrsg.), Management Reporting, 2008, S. 389
v. Werder, Die aktuellen Änderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex, DB 2022 S. 1755
Die Systematisierung der Corporate Governance einschließlich der Aufgliederung in ihre einzelnen Elemente ist in der Übersicht in schematischer Form dargestellt.