Steuern mobil Nr. 11 vom

Track 19 | Schenkungsteuer: Nachrangiger Nießbrauch mindert bereits bei der Übertragung den Erwerb des Bedachten

Track 19 | Nießbrauch

Ein nachrangiger Nießbrauch mindert bereits zum Zeitpunkt der Übertragung den Erwerb des Bedachten und ist somit auch im Rahmen der Ermittlung der Bereicherung bewertungsrechtlich zu berücksichtigen. Dank dieser erfreulichen Entscheidung des Bundesfinanzhofs kann sich die zeitige Übertragung von der zweiten auf die dritte Generation bereits dann lohnen, wenn der Zuwendungsgegenstand noch mit einem Nießbrauch zugunsten der ersten Generation belastet ist.

Für die Gestaltungsberatung ist ein Urteil des Bundesfinanzhofs [1] [2] zur Schenkungsteuer wichtig. Der Bundesfinanzhof hat jüngst entschieden: Ein nachrangiger Nießbrauch mindert bei einer Schenkung bereits zum Zeitpunkt der Übertragung den Erwerb des Bedachten. [3]

Worum geht es? – Nehmen wir an, wir haben eine Familie mit drei Generationen. Vor Jahren hatte der Großvater eine Immobilie an seinen Sohn übertragen und sich dabei einen lebenslangen Nießbrauch vorbehalten. Der Sohn ist längst selbst Vater und möchte das mit dem Nießbrauch belastete Haus nunmehr seiner Tochter schenken. Die Besonderheit des Falls besteht darin, dass er sich ebenfalls einen lebenslangen Nießbrauch vorbehält. [4]

Nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches vermittelt ein nachrangiger Nießbrauch erst dann ein Fruchtziehungsrecht, wenn der im Rang vorgehende Nießbrauch erloschen ist, in der Regel durch das Ableben des Berechtigten.

Trotz dieser zivilrechtlichen Beurteilung, handelt es sich steuerlich auch bei dem nachrangigen Nießbrauch um eine Last, die bei der Ermittlung der Bereicherung zu berücksichtigen ist.

Wie der II. Senat des BFH erfreulicherweise entschieden hat, sind bei der Festsetzung der Schenkungsteuer die beiden Nutzungsrechte in der Weise zu berücksichtigen, dass der vorrangige und der nachrangige Vorbehaltsnießbrauch als einheitliche Last nur einmal abgezogen werden. Das aber mit dem höheren Vervielfältiger – in unserem Beispiel für den jüngeren Vater und eben nicht für den älteren Großvater.

Vor dem Hintergrund von Literaturstimmen [5] und einer älteren Entscheidung des FG Münster [6], die – anders als jetzt der Bundesfinanzhof – auch im Fall eines nachrangigen Nießbrauchs von einer aufschiebend bedingten Last ausgehen, bedeutet das aktuelle Urteil für die Gestaltungspraxis Rechtssicherheit. Im Ergebnis kann der höhere Kapitalisierungswert des Nießbrauchs des Vaters bereits zum Zeitpunkt der Übertragung an seine Tochter bereicherungsmindernd berücksichtigt werden.

Kurzum: Die zeitige Übertragung von der zweiten auf die dritte Generation kann sich bereits dann lohnen, wenn der Zuwendungsgegenstand noch mit dem Nießbrauch zugunsten der ersten Generation belastet ist. [7]

Anders sieht es allerdings aus bei einem Sukzessivnießbrauch. Bei diesem wird ein Vorbehaltsnießbrauch zugunsten des Schenkers bestellt und gleichzeitig bestimmt der Schenker, dass im Fall seines Vorversterbens der Vorbehaltsnießbrauch einem anderen Berechtigten zustehen soll. Das Vorversterben des Schenkers ist dann ein zukünftiges, ungewisses Ereignis und damit eine aufschiebende Bedingung. Der Nießbrauch zugunsten des anderen Berechtigten entsteht somit in diesem Fall erst zu einem späteren Zeitpunkt – oder gegebenenfalls auch nie. Er ist deshalb bei der Ermittlung der Bereicherung nicht zu berücksichtigen.

Fundstelle(n):
Steuern mobil 11/2020
NWB BAAAH-60449