Online-Nachricht - Donnerstag, 24.09.2020

Schenkungsteuer | Erwerb eines Geschäftsanteils durch Pooltreuhänder (BFH)

Veräußert ein Gesellschafter einem vorformulierten Vertragswerk entsprechend seinen Geschäftsanteil an einen Pooltreuhänder, der diesen bis zur Aufnahme eines neuen Gesellschafters treuhänderisch für die verbleibenden Gesellschafter hält, unterliegt der Vorgang bei den verbleibenden Gesellschaftern nicht der Schenkungsteuer (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Als Schenkung unter Lebenden i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG gilt nach § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG auch der auf dem Ausscheiden eines Gesellschafters beruhende Übergang des Anteils oder des Teils eines Anteils eines Gesellschafters einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft auf die anderen Gesellschafter oder die Gesellschaft, soweit der Wert, der sich für seinen Anteil zur Zeit seines Ausscheidens nach § 12 ErbStG ergibt, den Abfindungsanspruch übersteigt.

Sachverhalt: Der Kläger ist Wirtschaftsprüfer und war Gesellschafter einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (W GmbH). Die Gesellschafter hielten jeweils einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 50.000 €. Die Gesellschafter hatten einen Poolvertrag abgeschlossen. Dazu gehörte die Beendigung der Mitgliedschaft bei Vollendung des 63. Lebensjahrs. Der Gesellschafter sollte zu einem näher bestimmten Tag (gekoppelt an die Rechnungslegung) seinen Geschäftsanteil nach einem vorformulierten Vertragsmuster an einen Pooltreuhänder verkaufen und übertragen. Der Pooltreuhänder hatte hierfür auf Rechnung der aktiven Poolmitglieder den Nominalbetrag des Geschäftsanteils zu entrichten, die W GmbH die bisher aufgelaufenen Gewinnanteile. Ein Anspruch auf Abfindung stiller Reserven oder eines Goodwills bestand nicht.

Ein Gesellschafter der GmbH kündigte aus Altersgründen und verkaufte und übertrug seinen Geschäftsanteil nach Maßgabe der vorbeschriebenen Regelungen an den Pooltreuhänder für 50.000 €.

Gegenüber dem Kläger setzte das FA für den Erwerb des Geschäftsanteils durch den Pooltreuhänder unter Berufung auf § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG Schenkungsteuer fest, die es auf den Einspruch hin aus nicht streitrelevanten Gründen herabsetzte. Das FG gab der Klage statt (). (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 25.07.2017)

Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen:

  • Der Vorgang ist nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i. V. mit § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG schenkung-steuerbar. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG sind schon deshalb nicht erfüllt, weil der Geschäftsanteil nicht auf den Kläger übergegangen ist, sondern auf den Pooltreuhänder.

    • Die Frage, ob und auf wen ein Geschäftsanteil übergeht, ist nach dem Zivilrecht zu beurteilen. Die Erbschaft- und Schenkungsteuer knüpft grundsätzlich an bürgerlich-rechtliche Vorgänge an.

    • Für Treuhandverhältnisse an jedwedem Treugut, mithin auch an gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen, gilt nichts anderes. Geht es im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer um die Frage der Rechtszuständigkeit an dem Treugut, so bleibt maßgebend, wer zivilrechtlicher Rechtsinhaber ist. Das ist regelmäßig der Treuhänder.

  • Ungeachtet dessen ist der Vorgang auch deshalb nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i. V. mit § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG steuerbar, weil es sich um einen von dieser Vorschrift nicht erfassten derivativen Erwerb handelt. Nach der Rechtsprechung des BFH fehlt es an einem "Ausscheiden eines Gesellschafters" sowie einer "Abfindung", wenn - wie im Streitfall - der Gesellschaftsanteil unter Lebenden veräußert und dafür ein Kaufpreis entrichtet wird (vgl. ).

  • Der Vorgang ist auch nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 i. V. mit § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbar. In subjektiver Hinsicht ist ein (einseitiger) Wille des Zuwendenden zur (Teil )Unentgeltlichkeit seiner Leistung erforderlich. Der "Wille zur Unentgeltlichkeit" liegt vor, wenn und soweit der Zuwendende in dem Bewusstsein handelt, zu der Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür eine mit seiner Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende (gleichwertige) Gegenleistung zu erhalten (vgl. ).

  • In dem Poolvertrag war das Schicksal des Geschäftsanteils des jeweiligen Gesellschafters bei Erreichen der Altersgrenze bereits im Einzelnen geregelt. Alle Vermögensverschiebungen beruhten auf vertraglicher Verpflichtung, die ihrerseits angesichts der Verknüpfung mit dem ursprünglichen Erwerb des Geschäftsanteils schon objektiv eine Unentgeltlichkeit nicht erkennen lässt. Erst recht fehlt es an dem Willen zur Unentgeltlichkeit.

Quelle: ; NWB Datenbank (RD)

Fundstelle(n):
NWB HAAAH-59213