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Die Zuordnung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften zum Sonderbetriebsvermögen II
Zugleich Anmerkung zum
Das steuerliche Betriebsvermögen von Mitunternehmerschaften wird nicht nur durch den Umfang des Gesamthandsvermögens bestimmt. Durch Ergänzungsbilanzen werden die Buchwerte für einzelne Mitunternehmer verändert. In Sonderbilanzen werden darüber hinaus Wirtschaftsgüter im Eigentum der Mitunternehmer abgebildet. Welche Wirtschaftsgüter in der Sonderbilanz zu aktivieren und passivieren sind, hat der BFH in einem aktuellen Urteil zur Reichweite des Sonderbetriebsvermögens II erneut klargestellt. Die Auswirkungen der korrekten Zuordnung sind vielfältig und erstrecken sich u. a. auch auf das Umwandlungssteuerrecht.
Wie sind die Kriterien bei der Zuordnung von Wirtschaftsgütern beim Einzelunternehmer und beim Sonderbetriebsvermögen II bei Personengesellschaften?
Wie erfolgt die Zuordnung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft eines Mitunternehmers zum Sonderbetriebsvermögen II seiner Mitunternehmerschaft?
Wann wird bei Geschäftsbeziehungen der Kapitalgesellschaft mit Außenstehenden ein eigener Geschäftsbetrieb unterstellt?
I. Problemstellung
1. Umfang des steuerlichen Betriebsvermögens
[i]Cremer, Sonderbetriebsvermögen, Lexikon NWB LAAAG-89572 Gehrmann, Mitunternehmerschaft, infoCenter NWB XAAAA-88442 Kahle, Besonderheiten der steuerlichen Gewinnermittlung bei Personengesellschaften, in: Prinz/Kanzler, Handbuch Bilanzsteuerrecht, 3. Aufl. 2018, Rz. 1340 NWB XAAAG-89756 Der Umfang des steuerlichen Betriebsvermögens ist seit jeher sehr umkämpft. „Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke des Stpfl. genutzt werden oder dazu bestimmt sind, sind notwendiges Betriebsvermögen“ (R 4.2 Abs. 1 Satz 1 EStR). Der Ausweis in Bilanzen ist dabei nicht entscheidend (vgl. R 4.2 Abs. 1 Satz 2 EStR). Zudem wird durch die Möglichkeit, gewillkürtes Betriebsvermögen zu bilden, auch für „Wirtschaftsgüter, die in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und ihn zu fördern bestimmt und geeignet sind“, die Möglichkeit eröffnet, diese als steuerliches Betriebsvermögen zu behandeln (vgl. H 4.2 EStH, „Gewillkürtes Betriebsvermögen“). Dies gilt auch für die Gewinnermittlung durch die Einnahmen-Überschussrechnung des § 4 Abs. 3 EStG.
Durch neuere Entscheidungen hat der X. Senat die Zuordnungsentscheidung für Beteiligungen und Darlehensforderungen zum notwendigen Betriebsvermögen eines Einzelgewerbetreibenden deutlich gemacht. Danach gehört die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum notwendigen Betriebsvermögen des Einzelgewerbetreibenden, wenn sie entweder dazu bestimmt ist, die gewerbliche (branchengleiche) Betätigung des Stpfl. entscheidend zu fördern oder wenn sie dazu dient, den Absatz von Produkten des Stpfl. zu gewährleisten. Als Folge der Zuordnung der Beteiligung ist auch eine Zuordnung einer Darlehensforderung naheliegender Weise als betrieblich veranlasst zu betrachten.
2. Folgen einer Zuordnung zum steuerlichen Betriebsvermögen
Als Folge einer solchen Zuordnung ergeben sich zahlreiche steuerliche Konsequenzen. U. a. gehören dazu: S. 702
Zum einen sind die Beteiligungserträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG aus einer dem Betriebsvermögen zugeordneten Beteiligung nach § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG nun von den Einkünften aus Kapitalvermögen in Einkünfte aus Gewerbebetrieb umzuqualifizieren. Die Abgeltungswirkung eines Einbehalts von Kapitalertragsteuer gilt nicht mehr (§ 43 Abs. 5 Satz 2 EStG), ebenso wie die Abgeltungsteuer selbst (§ 32d Abs. 1 Satz 1 EStG). Stattdessen ist nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d i. V. mit § 3 Nr. 40 Satz 2 EStG nun das Teileinkünfteverfahren auf Beteiligungserträge anzuwenden, die nun zudem Bestandteil der Ermittlungen im Rahmen des § 2 EStG werden (§ 2 Abs. 5b EStG).
Bei einer Veräußerung der Beteiligung ist ebenfalls zwingend das Teileinkünfteverfahren anzuwenden (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a, b EStG), wobei für Anteile i. S. des § 17 EStG dies auch im steuerlichen Privatvermögen (vgl. R 17 Abs. 1 Satz 1 EStR) der Fall wäre (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c Satz 1 EStG). Bei einer Veräußerung einer Beteiligung des steuerlichen Betriebsvermögens, die das gesamte Nennkapital an einer Kapitalgesellschaft umfasst, ist ein fiktiver Teilbetrieb anzunehmen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EStG; § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. b EStG).
Zudem sind bei Zuordnung zum Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG) die gewerbesteuerlichen Folgen zu bedenken. Die Beteiligungserträge nach § 20 Abs. 1 EStG sind dabei nach § 8 Nr. 5 Satz 1 GewStG und § 9 Nr. 2a, 7, 8 GewStG zu behandeln. Für § 9 Nr. 2a und 7 GewStG gilt seit den jüngsten Änderungen an § 9 Nr. 7 GewStG eine einheitliche Beteiligungsschwelle von 15 %, die zu Beginn des Erhebungszeitraums (§ 14 Satz 2 f. GewStG) zu erfüllen ist (vgl. R 9.3 Satz 2 GewStR). Bei Veräußerungsgewinnen, die auch im Falle des fiktiven Teilbetriebs des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 EStG anzusetzen sind, sind hingegen keine gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen vorzunehmen.
Durch die Zuordnung zum Betriebsvermögen ergibt sich bei bilanzierenden Stpfl. zudem die Möglichkeit, eine voraussichtlich dauerhafte Wertminderung der Beteiligung im Wege einer Teilwertabschreibung geltend zu machen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG), die zu 60 % steuermindernd zu berücksichtigen ist (§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG). Bei Ermittlung des Gewinns durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG hingegen ist schon dem Grunde nach keine Teilwertabschreibung zulässig.
Zudem ergeben sich Wirkungen für die Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 1 EStG, Übertragungen nach § 6 Abs. 3 EStG sowie Umwandlungen unter dem Umwandlungssteuergesetz. Bei Letzteren ist der Umfang des übertragenen Betriebsvermögens regelmäßig ein Stolperstein auf dem Weg zu einer möglichst steuerlich neutralen Umwandlung. Besonders der Einbringungsteil der §§ 20 ff. UmwStG ist hiervon betroffen. Dass hier Anteile an Kapitalgesellschaften als wesentliche Betriebsgrundlage über den Erfolg einer Einbringung entscheiden können, ist durch die Rechtsprechung umfassend geklärt und in der Verwaltungsauffassung niedergelegt. Speziell für mit einem Betrieb miteingebrachte Anteile hält § 22 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 1 UmwStG („Miteinbringung“) sogar ein besonderes Sperrfristregime bereit.
3. Besondere Fragen bei Mitunternehmerschaften
3.1 Gesamthandsvermögen und Ergänzungsbilanzen
Bei Mitunternehmerschaften ist die Sachlage indes noch komplexer. Das Betriebsvermögen wird hier nicht nur durch den Umfang des steuerlichen Gesamthandsvermögens bestimmt (vgl. R 4.2 Abs. 2 EStR). Dieses selbst weist zunächst steuerliche Eigenheiten gegenüber dem privatrechtlichen Gesamthandsvermögen auf. Nicht jeder Vermögensgegenstand der Handelsbilanz ist auch steuerlich Teil des Betriebsvermögens. In den Worten des IV. Senats des BFH: „Die handelsrechtliche Zurechnung eines Wirtschaftsguts zum Gesellschaftsvermögen ist jedoch nicht allein maßgeblich für dessen Zuordnung zum steuerlich relevanten Betriebsvermögen der gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft. Vielmehr kommt unter Heranziehung der steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften, insbesondere des § 4 EStG, nur solchen Wirtschaftsgütern die Eigenschaft des Betriebsvermögens zu, die von den Mitunternehmern bzw. der Mitunternehmerschaft dazu eingesetzt werden, dem Betrieb zur Gewinnerzielung im Rahmen der nachhaltigen Betätigung zu dienen. Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens gehören daher nicht zum Betriebsvermögen, wenn ihre Zugehörigkeit zum Gesellschaftsvermögen nicht betrieblich veranlasst ist.“