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Unentgeltliche Übertragung eines vollständigen Mitunternehmeranteils
Gestaltungshinweise zur Anwendung von § 6 Abs. 3 EStG – Teil 2
§ 6 Abs. 3 EStG regelt nicht nur die unentgeltliche [i]Eggert, Unentgeltliche Übertragung eines Betriebs, BBK 12/2020 S. 573 NWB CAAAH-50370 Übertragung eines Betriebs, sondern auch die eines Mitunternehmeranteils. Der Grundfall, nämlich die Übertragung eines vollständigen Mitunternehmeranteils, lässt sich relativ einfach handhaben. Beachtung verdienen jedoch die Fragen, ob tatsächlich der gesamte Mitunternehmeranteil übertragen worden ist und welche Kriterien hierfür maßgeblich sind. Zudem klärt der Beitrag die nicht selten von den Übergebern vorgegebene Konstellation vorheriger „Ausgliederungen“, weil z. B. wertvolles Sonderbetriebsvermögen nicht mitübertragen werden soll.
Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie .
I. Gesetzliche Regelung
[i]Hänsch, Unentgeltliche Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 EStG, Grundlagen NWB PAAAE-90361 Die für die Übertragung des gesamten Mitunternehmeranteils relevante Vorschrift des § 6 Abs. 3 Sätze 1 und 3 EStG lautet wie folgt:
„Wird ein... Anteil eines Mitunternehmers an einem Betrieb unentgeltlich übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns des bisherigen Betriebsinhabers (Mitunternehmers) die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, sofern die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist;... 3Der Rechtsnachfolger ist an die in Satz 1 genannten Werte gebunden.“
[i]Hänsch, Übertragung betrieblicher Sachgesamtheiten nach § 6 Abs. 3 EStG, infoCenter NWB HAAAC-17237 Vergleichbar der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs (Einzelunternehmens) regelt der Gesetzgeber, dass Wirtschaftsgüter beim Übernehmer unverändert mit den Buchwerten des Übertragenden anzusetzen sind, sofern die stillen Reserven unverändert besteuert werden können. S. 669
Die Buchwertfortführung ist für die Beteiligten nicht selten essenziell, weil die Übertragung des Mitunternehmeranteils keine Liquidität schafft, die für eventuelle Steuerzahlungen zur Verfügung stehen könnte.
[i]Weitere AnwendungsfälleMit der Regelung im Gesetz ist nicht nur die Übertragung auf einen Erwerber abgedeckt, sondern auch auf mehrere. Darunter zu subsumieren ist zudem das unentgeltliche Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer aus zwei Gesellschaftern bestehenden – sog. zweigliedrigen – Mitunternehmerschaft, was dazu führt, dass nach dem Ausscheiden des einen Gesellschafters die betriebliche Einheit anschließend als Einzelunternehmen fortgesetzt wird.
II. Umfang des Mitunternehmeranteils
[i]Auch Sonderbetriebsvermögen gehört zum MitunternehmeranteilEntscheidend für die richtige Interpretation, was ein Mitunternehmeranteil ist und ob dieser vollständig übertragen wurde, muss in allen Fällen die Betrachtung des Anteils am Gesamthandsvermögen und des Sonderbetriebsvermögens sein. Anteile am Gesamthandsvermögen können insbesondere sein:
GbR-Anteil,
OHG-Anteil,
Kommanditanteil,
Komplementäranteil,
Partnerschaftsgesellschaft.
[i]Funktional wesentliche Wirtschaftsgüter müssen übertragen werdenWährend beim Gesamthandsvermögen die Frage, ob der jeweilige Anteil auf den Erwerber übergegangen ist und dieser fortan die Gesellschafterstellung einnimmt, einfach zu klären ist, gilt beim Sonderbetriebsvermögen eine vergleichbare Betrachtung wie beim Einzelunternehmen. Wie bei der Übertragung eines Betriebs, die nur dann nach § 6 Abs. 3 EStG begünstigt erfolgt, wenn „alle funktional wesentlichen Wirtschaftsgüter unter Aufrechterhaltung des geschäftlichen Organismus übertragen werden und der Betrieb beim Übergeber nicht mehr fortgeführt wird“, gilt auch ein Mitunternehmeranteil nur dann als im Rahmen des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG übertragen, wenn auch das funktional wesentliche Sonderbetriebsvermögen mitübertragen wird.
Dagegen muss funktional nicht wesentliches Sonderbetriebsvermögen nicht übertragen werden, um die Buchwertfortführung zu erreichen. Auch Sonderbetriebsvermögen, das nur quantitativ, aber nicht funktional wesentlich ist, braucht nicht zwingend übertragen zu werden.
[i]Wulf, Gestaltungsmöglichkeiten zur Übertragung eines Mitunternehmeranteils bei der Familien-GmbH & Co. KG, NWB 20/2020 S. 1493 NWB YAAAH-48174 Der Kommanditist A überträgt seiner Tochter den Kommanditanteil an der AB Handels-KG unentgeltlich. A war bisher zu 45 % am Vermögen und Ergebnis der AB Handels-KG beteiligt. A vermietet außerdem schon seit mehreren Jahren an die AB Handels-KG ein bebautes betriebliches Grundstück, auf dem die KG ihren Büro- und Handelsbetrieb ausübt. Außerdem vermietet A an die KG ein Notebook, welches betrieblich genutzt wird. Wie sind die Fälle a) und b) im Hinblick auf die Vorschrift des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG zu beurteilen?
a) Das Grundstück wird zwar unverändert an die KG vermietet, aber nicht auf die Tochter übertragen. Das Notebook wird der Tochter unentgeltlich übertragen.
b) Das Grundstück wird ebenfalls an die Tochter übertragen und unverändert an die KG vermietet. Das Notebook überträgt A nicht.S. 670
a) A hat seiner Tochter nicht den gesamten Mitunternehmeranteil unentgeltlich übertragen, da das Grundstück funktional wesentlich war und nicht mitübertragen wurde. Die Buchwertfortführung ist nicht möglich. Es muss der gesamte Mitunternehmeranteil gewinnrealisierend aufgegeben werden; die vollständigen stillen Reserven des Anteils an der Gesamthand und des Sonderbetriebsvermögens sind aufzulösen (§ 16 Abs. 3 EStG). Die Vergünstigungen des § 16 Abs. 4 EStG und insbesondere des § 34 Abs. 3 EStG kommen unter den üblichen Voraussetzungen in Frage.
b) Das Notebook ist funktional nicht wesentlich und somit ohne Bedeutung für die Beurteilung, ob ein Mitunternehmeranteil im Rahmen des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG unentgeltlich übertragen wurde. Die Tochter führt die Buchwerte fort. A versteuert lediglich die ggf. vorhandenen stillen Reserven des Notebooks im Wege einer Entnahme.
[i]Keine zeit- oder taggleiche Entnahme möglich! Um die Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG zu erreichen, ist es mit steuerlicher Wirkung nicht möglich, zeit- oder taggleich funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen zu entnehmen und dann zu argumentieren, der nach der Entnahme noch vorhandene Mitunternehmeranteil sei in seinem reduzierten Umfang vollständig übertragen worden.
III. Vorherige „Ausgliederung“
Die vorherige „Ausgliederung“ von funktional wesentlichem (Sonder-)Betriebsvermögen wurde vom BMF bis vor einigen Monaten als sog. Gesamtplan nicht anerkannt. Deshalb soll dieser zunächst betrachtet werden.