BGH Beschluss v. - V ZR 167/19

Nichtzulassungsbeschwerde: Berücksichtigungsfähigkeit neuer Angaben zum Erreichen der Mindestbeschwer

Gesetze: § 26 Nr 8 ZPOEG, § 49a Abs 1 S 2 GKG, § 544 ZPO

Instanzenzug: Az: 29 S 70/14vorgehend Az: 215 C 16/13nachgehend Az: V ZR 167/19 Beschluss

Gründe

I.

1Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Wohnung des Klägers liegt direkt über der im ersten Obergeschoss befindlichen Wohnung der Beklagten. Diese ließen im Oktober/November 2010 in ihrer Wohnung einen Wanddurchbruch von ca. 2,3 m vornehmen. Die bauliche Maßnahme wurde im Jahr 2012 bauaufsichtlich genehmigt.

2Der Kläger verlangt von den Beklagten, den Wanddurchbruch unter Herstellung des ursprünglichen Zustandes wieder zu verschließen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landgericht zurückgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Mit seiner Beschwerde will der Kläger die Zulassung der Revision erreichen, um seinen Klageantrag weiterzuverfolgen.

II.

3Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).

41. Maßgebend ist das Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung des angefochtenen Urteils, das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten ist (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZR 86/16, WuM 2017, 62 Rn. 2; Beschluss vom - V ZR 167/16, NZM 2017, 635 Rn. 3 jeweils mwN). Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse eines Wohnungseigentümers, dessen Klage auf Beseitigung einer baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums abgewiesen worden ist, bemisst sich grundsätzlich nach dem Wertverlust, den sein Wohnungseigentum durch die bauliche Veränderung erleidet (Senat, Beschluss vom - V ZR 254/16, NJW-RR 2017, 912 Rn. 4).

52. Diesen Wertverlust bemisst der Kläger unter Vorlage eines Sachverständigengutachtens zwar mit über 200.000 €. Hiermit kann er aber nicht gehört werden, nachdem er den Streitwert in der Klageschrift mit lediglich 6.000 € angegeben und der entsprechenden Festsetzung auch in der Berufungsinstanz nicht widersprochen hat.

6a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist es einer Partei verwehrt, sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf der Grundlage neuen Vorbringens auf einen höheren, die erforderliche Rechtsmittelbeschwer erreichenden Streitwert der Klage zu berufen, wenn sie die Streitwertfestsetzung in den Vorinstanzen nicht beanstandet und auch nicht glaubhaft gemacht hat, dass bereits in den Vorinstanzen vorgebrachte Umstände, die die Festsetzung eines höheren Streitwerts - und einer damit einhergehenden entsprechenden Beschwer - rechtfertigen, nicht ausreichend berücksichtigt worden sind (vgl. , VersR 2018, 181 Rn. 6; Beschluss vom - VII ZR 41/17, NJW 2017, 3164 Rn. 11; Beschluss vom - III ZR 205/15, juris Rn. 4; Beschluss vom - I ZR 112/15, juris Rn. 9; Beschluss vom - II ZR 117/11, juris Rn. 3 f.; jeweils mwN; vgl. zu neuen Angaben in einer nach Verkündung des Berufungsurteils eingelegten Streitwertbeschwerde , juris Rn. 3). Bemessen sich Streitwert und Beschwer nach dem Wert eines Grundstücks oder einer Eigentumswohnung, muss sich deshalb jedenfalls die klagende Partei im Grundsatz an dem von ihr als Streitwert angegebenen Wert festhalten lassen (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZR 130/18, WuM 2019, 286 Rn. 6; Beschluss vom - V ZR 238/17, NZM 2018, 845 Rn. 6).

7b) So liegt es hier. Der Streitwert der Klage, der der Beschwer des Klägers entspricht, ist von den Vorinstanzen auf der Grundlage der Angaben in der Klageschrift festgesetzt worden; eine abweichende Festsetzung hat der Kläger zu keiner Zeit verlangt. Dass die Angabe des Klägers hinsichtlich des Streitwerts von einer Fehlvorstellung über die Bemessungsgrundlage beeinflusst war (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZR 238/17, aaO Rn. 7), lässt sich nicht feststellen. Vielmehr ist auf der Grundlage der Klageschrift davon auszugehen, dass er damit den durch den Wanddurchbruch bedingten Wertverlust seiner Wohnung und damit sein wirtschaftliches Interesse an der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes beziffern wollte. Denn dieses Interesse durfte nach § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG bei der Festsetzung des Streitwerts nicht unterschritten werden. Einen abweichenden Erklärungsansatz für seine Wertangabe hat der Kläger auch im Rahmen der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gegeben.

III.

8Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 3 ZPO.

... wird der Senatsbeschluss vom wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass es in Randnummer 3 statt „zulässig“ richtig heißen muss: „unzulässig“.

Rinke, Justizangestellte

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2020:200220BVZR167.19.0

Fundstelle(n):
JAAAH-46546