Kommen nach den GoBD auch noch die GoDB?
Wir befinden uns im Jahre 2020 n. Chr. Die GoB werden von allen falsch interpretiert … Alle? Nein! Ein von unbeugsamen WP bevölkerter Ort hört nicht auf, der falschen Auffassung Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die gemeinen WP, die tief in der herkömmlichen Sichtweise feststecken...
Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) mit seinem Sitz in Düsseldorf hat den Versuch unternommen, die bewährten Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung (GoB) durch die Grundsätze ordnungsgemäßer Düsseldorfer Buchführung und Bilanzierung (GoDB) zu ersetzen, mindestens aber zu ergänzen.
Die bisherige Auffassung war wie folgt: Entscheidet der BFH steuerbilanzielle Fragen in Fällen der Maßgeblichkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 EStG) und greift er deshalb in einem Urteil auf das HGB und die GoB zurück, hat diese Entscheidung – immerhin die eines obersten deutschen Bundesgerichts – eine ganz erhebliche Bedeutung dafür, wie in der Handelsbilanz die korrekte Abbildung eines Sachverhalts sein sollte (PS 201, Rz. 8).
Praxisorientiert [i]Schüttler, BFH-Rechtsprechung in der Handelsbilanz nach IDW EPS 201 n. F., WP Praxis 4/2020 S. 93 NWB UAAAH-43946 arbeitende Jahresabschluss-Ersteller und deren Wirtschaftsprüfer gingen bisher bei einer Abschlussprüfung davon aus, dass eine Handhabung in der Handelsbilanz, die der BFH-Auffassung folgte, wenn schon nicht zweifelsfrei richtig, so doch überlegenswert, denkbar und insbesondere akzeptabel gewesen ist. Damit soll künftig aber Schluss sein. Düsseldorf will mit Geltung des neuen PS 201 darüber entscheiden, wie richtig zu bilanzieren ist. Der BFH hat sich einzuordnen – wohl auf einer Stufe mit der Kategorie „interessante“ Auffassung, Zeitschriftenbeitrag und Kommentar. Die Entwurfsfassung des neuen PS 201 (IDW EPS 201 v. ) sieht in den Rz. 7 bis 9 folgende Reihenfolge vor:
gesetzlich normierte GoB,
gesetzlich nicht festgeschriebene GoB,
Rechtsprechung des EuGH, des EuG oder höchstrichterliche handelsrechtliche Rechtsprechung in Deutschland,
„demgegenüber“ ist die BFH-Rechtsprechung zu bilanzsteuerrechtlichen Fragen nur noch „zu würdigen“.
Bei dieser Würdigung sind neben „bindenden Verlautbarungen des IDW“ – damit meint das IDW seine Stellungnahmen zur Rechnungslegung und der Fachausschüsse aus der Zeit bis 1998 sowie ggf. Standards – „insbesondere auch solche sonstigen Verlautbarungen des IDW zu berücksichtigen, die dem Berufsstand zu konkreter Rechtsprechung des BFH mit handelsrechtlichem Bezug bekannt gemacht worden sind“.
Wer nun meint, die Unterschiede zum bisher geltenden IDW PS 201 mit Stand vom wären gering und nur sprachlicher Natur, verkennt den Anspruch des IDW. S. 258Bisher formulierte das IDW, „die höchstrichterliche handelsrechtliche Rechtsprechung der Bundesrepublik Deutschland oder der Europäischen Union“ sei bei Interpretation von Rechnungslegungsnormen zu berücksichtigen, und Gleiches gelte für die höchstrichterliche Rechtsprechung von Finanzgerichten (Rz. 8 des PS 201). Nunmehr wird die Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung in den Kontext der „bindenden Verlautbarungen“ und der „sonstigen Verlautbarungen des IDW“ gestellt. Die Auslegung ist keine Fehlinterpretation, so viel ist sicher: Das IDW erhöht seine Bedeutung (selbst!) und verringert die des BFH. Diese Auslegung gibt lediglich den übergroßen Anspruch des IDW wieder.
Gelegentlich führt dieser Anspruch dazu, dass sich das IDW sogar über den Gesetzgeber stellt! Gesetzlich geregelt ist z. B. in § 172 Abs. 4 Satz 3 HGB das Wiederaufleben der Haftung des Kommanditisten; die Sachverhalte in § 268 Abs. 8 HGB wie z. B. aktivierte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens sind bei der Berechnung des Kapitalanteils nicht zu berücksichtigen. Das IDW erweitert im IDW RS HFA 7 in der Rz. 39a die gesetzlich eindeutige Aussage um den Sachverhalt des § 253 Abs. 6 HGB, nämlich den Unterschiedsbetrag aus der Abzinsung der Altersvorsorgerückstellungen sieben bzw. zehn Jahre – und das, obwohl im Gesetz nichts darauf hindeutet, sondern das IDW die Erweiterung nur als richtig ansieht.
Nunmehr soll nach dem Gesetzgeber auch noch die BFH-Rechtsprechung unter den Vorbehalt von „bindenden“ IDW-Verlautbarungen gestellt werden.
Bei aller (gelegentlichen) Diskussionswürdigkeit von BFH-Entscheidungen, der ehrlichen Wertschätzung des IDW und der dort fachlich hervorragend zur Unterstützung des Berufsstands geleisteten Arbeit, ist deutlich darauf hinzuweisen, dass sich stattdessen folgende Reihenfolge ergibt:
gesetzlich normierte GoB und gesetzlich nicht festgeschriebene GoB,
europäische und deutsche höchstrichterliche Rechtsprechung, soweit diese über handelsbilanzielle Fragen urteilt – zu erwähnen, dass der BFH hier dazugehört, sollte eigentlich nicht notwendig sein, schadet aber angesichts des vorliegenden IDW EPS 201 n. F. auch nicht,
Verlautbarungen des IDW zur Rechnungslegung, Ausführungen der einschlägigen Kommentare und der Fachliteratur sowie weiterer qualifizierter Dritter.
Als [i]Anschrift des IDW; dorthin können noch bis 31.3.2020 Einwendungen zu EPS 201 n. F. gesandt werdenzwingende Folge dieser Reihenfolge gilt: Weicht ein zu prüfendes Unternehmen von der Auffassung des IDW ab, entspricht diese Auffassung aber der BFH-Rechtsprechung in einer handelsbilanziellen Frage, kann der Jahresabschluss durch den eigenverantwortlich prüfenden Abschlussprüfer ohne weitere Konsequenzen (z. B. Redepflicht) als ordnungsgemäß qualifiziert werden.
Das IDW ist ein Verein, der BFH ein oberstes deutsches Bundesgericht! Die GoDB sind nur zwingend in der Tersteegenstraße 14, Düsseldorf anzuwenden.
Beste Grüße
Wolfgang Eggert
Fundstelle(n):
BBK 2020 Seite 257 - 258
NWB ZAAAH-44562