Umsatzsteuer | Zeitpunkt der Steuerentstehung bei sale-and-lease-back-Gestaltungen (BFH)
Besteht die Leistung in der Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung als zeitlich begrenzter Dauerleistung, wird die Leistung erst mit der Beendigung der dieser Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse erbracht (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Die Klägerin ist eine 2006 gegründete GbR mit dem Zweck, elektronische Informationssysteme der Firma I (I) zu erwerben und sofort an I zurück zu verleasen. Im Jahr 2006 kaufte die Klägerin die Informationssysteme zu einem Gesamtkaufpreis von 960.000 € zzgl. 153.600 € Umsatzsteuer. Zugleich gewährte I der Klägerin ein mit 4,5 % jährlich zu verzinsendes Darlehen in Höhe von 640.000 € für einen Zeitraum von 48 Monaten.
Ebenfalls 2006 verleaste die Klägerin die elektronischen Informationssysteme für die Dauer von 48 Monaten zurück an die I. Bei einer zugrunde gelegten Netto-Berechnungsgrundlage i.H.v. 960.000 € wurden monatliche Leasingraten i.H.v. 23.500 € zzgl. 3.760 € Umsatzsteuer vereinbart. I zahlte lediglich am eine Leasingrate und leistete danach keine weiteren Zahlungen. Daraufhin kündigte die Klägerin den Leasingvertrag am fristlos. In der Umsatzsteuererklärung für 2007 erklärte die Klägerin Umsätze von netto 23.500 € (Umsatzsteuer 19 % 4.465 €).
Das FA setzte die Umsatzsteuer auf 51.465 € fest, da es im Hinblick auf die Leasinggegenstände keine Lieferungen, sondern nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG steuerfreie Kreditgewährungen annahm, deshalb den Vorsteuerabzug versagte sowie die im Leasingvertrag vereinbarte Umsatzsteuer als nicht gesetzlich geschuldet ansah, so dass die Rechnung einen Steuerausweis i.S. von § 14c UStG enthalten habe.
Bisheriger Verfahrensgang:
Die daraufhin erhobene Klage wurde vom FG abgewiesen (; vgl. hierzu auch ).
Der BFH () hob die Entscheidung des FG auf und verwies die Sache an dieses zurück, da das FG zu Unrecht den Vorsteuerabzug versagt und angenommen habe, dass die Klägerin Umsatzsteuer nach § 14c UStG schulde. Es sei zu prüfen, ob die Klägerin ihre Leistung im Streitjahr erbracht habe oder Teilleistungen vorlägen. Zudem sei eine mögliche Berichtigung nach § 17 UStG zu berücksichtigen (siehe hierzu auch sowie ).
Im zweiten Rechtsgang gab das FG der Klage statt () und entschied, dass eine Berichtigung nach § 17 UStG mangels Versteuerung im Vorjahr nicht vorzunehmen sei. Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision (vgl. ).
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück:
Die Klägerin hat ihre Mitwirkungsleistung entgegen dem FG-Urteil nicht bereits vor, sondern erst nach dem Streitjahr erbracht.
Für die Leistungsausführung i.S. von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG kommt es bei zeitlich begrenzten Dauerleistungen (wie im Streitfall vorliegend) auf die Beendigung der dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse an.
Die von der Klägerin erbrachte Leistung ist umsatzsteuerrechtlich von Kauf, Darlehen und Leasing in eine Mitwirkungsleistung umzuqualifizieren. Das Entgelt ergibt sich daher aus dem Saldo aus Leasingraten, Kaufpreis und Darlehenszinsen (Betrag der Leasingraten abzüglich des Kaufpreises und der Darlehenszinsen).
Der Zeitpunkt der Leistungsausführung richtet sich im Streitfall nicht danach, wann die prägende Leistungshandlung vorgenommen wurde, sondern danach, wann die Mitwirkungsleistung insgesamt beendet war. Dies ist vorliegend frühestens mit Kündigung am und damit erst nach dem Streitjahr der Fall.
Es liegen keine Teilleistungen vor.
Die Annahme einer Teilleistung scheitert bereits an der fehlenden wirtschaftlichen Teilbarkeit der von der Klägerin erbrachten Mitwirkungsleistung.
Daran ändern auch die monatlich vereinbarten Leasingraten nichts, denn im Streitfall liegt keine Nutzungsüberlassung, sondern eine Mitwirkungsleistung vor.
Die Klägerin hat auch keine Anzahlungen vereinnahmt, denn die vereinnahmten Zahlungen (nur eine Leasingrate) übersteigen nicht die von ihr geleisteten Zahlungen.
Es besteht keine Steuerschuld nach § 14c UStG (so bereits im ).
Anmerkung von Dr. Hans-Hermann Heidner, Richter im V. Senat des BFH:
Der Schlüssel zum Verständnis dieses schwierigen Falles ist die Gesamtschau der in der vorliegenden sale-and-lease-back-Gestaltung miteinander verknüpften Rechtsverhältnisse (Kauf-, Darlehens- und Leasingvertrag). Diese Gesamtschau hat mehrere Rechtsfolgen.
So hat der BFH im ersten Rechtszug entschieden, dass die Gesamtheit der miteinander verknüpften Rechtsverhältnisse dazu führt, dass umsatzsteuerrechtlich weder eine Lieferung noch eine Nutzungsüberlassung im Rahmen eines Leasingverhältnisses, sondern die Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung vorliegt. Diese Mitwirkung besteht in der Einräumung der Möglichkeit zur Bilanzierung eines Aktivpostens.
Die Gesamtheit dieser Verträge führt ferner dazu, das Entgelt nicht aus der Summe der Leasingraten, sondern aus dem Saldo aus Leasingraten, Kaufpreis und Darlehenszinsen besteht. Entgelt ist daher nur der Betrag der Leasingraten abzüglich des Kaufpreises und der Darlehenszinsen.
Im Mittelpunkt des vorliegenden Verfahrens steht die Frage, in welchem Zeitpunkt eine solche Mitwirkung an einer bilanziellen Gestaltung ausgeführt wird und somit nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG die Umsatzsteuer hierfür entsteht. Entscheidend für die Beantwortung dieser Frage ist, dass es sich um eine zeitlich begrenze Dauerleistung handelt, bei der es die auf die Beendigung der zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse ankommt. Auch an dieser Stelle wirkt sich wieder die Gesamtschau der Rechtsverhältnisse aus. Denn zu den als Einheit zu wertenden Rechtsverhältnissen gehört auch der Leasingvertrag (hier mit einer Laufzeit von 48 Monaten), was zur Folge hat, dass die für die Leistungsausführung maßgebliche Beendigung erst mit der Beendigung dieses Vertrages vorliegt.
Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)
Fundstelle(n):
UAAAH-42118