Landesamt für Steuern Niedersachsen

Merkblatt zur Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung ohne Verwendung eines elektronischen Aufzeichnungssystems (sog. offene Ladenkasse)

Grundsätzlich ist jede Betriebseinnahme und Betriebsausgabe mit nachvollziehbarer Bezeichnung einzeln aufzuzeichnen. Diese Verpflichtung betrifft alle Unternehmen, unabhängig von der Rechtsform, Betriebsgröße und der Gewinnermittlungsart.

Eine gesetzliche Pflicht zum Einsatz elektronischer Aufzeichnungssysteme („Registrierkassenpflicht”) existiert zwar nicht. Der Einsatz der Technik hat aber eine Reihe von betriebswirtschaftlichen Vorteilen und erleichtert die Erfüllung steuerlicher Aufzeichnungspflichten. Wenn dennoch keine elektronische Unterstützung bei der Aufzeichnung der Bareinnahmen in Anspruch genommen werden soll, hilft dieses Merkblatt, Fehler beim Einsatz einer offenen Ladenkasse zu vermeiden.

1. Was muss beim Einsatz einer offenen Ladenkasse aufgezeichnet und aufbewahrt werden?

Als offene Ladenkasse gelten manuelle Einzelaufzeichnungen ohne Einsatz technischer Hilfsmittel oder unter bestimmten Voraussetzungen die summarische, retrograde Ermittlung der Tageseinnahmen (vgl. hierzu nachfolgend unter 2.).

Unter manuellen Einzelaufzeichnungen versteht man die vollständige und detaillierte Erfassung aller baren Geschäftsvorfälle, z. B. in Form eines (handschriftlichen) Kassenbuches. Diese Aufzeichnungen müssen so beschaffen sein, dass sie jederzeit eindeutig in ihre Einzelpositionen aufgegliedert werden können. Zeitnah, d. h. möglichst unmittelbar zu der Entstehung des jeweiligen Geschäftsvorfalles aufzuzeichnen sind:

  • die/der verkaufte, eindeutig bezeichnete Artikel/Dienstleistung,

  • der endgültige Einzelverkaufspreis,

  • der dazugehörige Umsatzsteuersatz und -betrag,

  • vereinbarte Preisminderungen,

  • die Zahlungsart,

  • das Datum und ggf. der Zeitpunkt des Umsatzes,

  • die verkaufte Menge bzw. Anzahl sowie

  • der Name des Vertragspartners.

Branchenspezifische Mindestaufzeichnungspflichten und Zumutbarkeitsgesichtspunkte sind allerdings zu berücksichtigen. So wird z. B. nicht beanstandet, wenn die Mindestangaben zur Nachvollziehbarkeit des Geschäftsvorfalls einzeln aufgezeichnet werden, nicht jedoch die Kundendaten, sofern diese nicht zur Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit des Geschäftsvorfalls benötigt werden. Soweit Aufzeichnungen über Kundendaten aber tatsächlich geführt werden, sind sie grds. aufbewahrungspflichtig. Alle aufzeichnungspflichtigen Einzeldaten müssen während der Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren jederzeit verfügbar und unverzüglich lesbar aufbewahrt werden. Bei nachträglichen Veränderungen ist sicher zu stellen, dass der ursprüngliche Aufzeichnungsinhalt erkennbar bleibt.

2. Ausnahme von der Einzelaufzeichnungsverpflichtung

Die Einzelaufzeichnungspflicht muss ausnahmsweise nicht erfüllt werden, soweit sie unzumutbar ist, z. B. weil nachweislich Waren an eine unbestimmte Vielzahl nicht bekannter und auch nicht feststellbarer Personen verkauft werden. In diesem Fall müssen die Bareinnahmen anhand eines sogenannten Kassenberichts nachgewiesen werden. Für die Anfertigung eines Kassenberichts ist der gesamte geschäftliche Bargeldendbestand einschließlich Hartgeld – unabhängig vom Aufbewahrungsort des Geldes (z. B. Tresorgeld, Handkassen des Personals, Wechselgeld, Portokasse etc.) – täglich zu zählen. Der Kassenendbestand ist sodann rechnerisch um die Entnahmen und Ausgaben zu erhöhen und um die Einlagen und den Kassenanfangsbestand zu mindern, sodass sich die Tageseinnahme ergibt. Nur ein in solcher Weise erstellter Kassenbericht, in dem sämtliche Rechenschritte dokumentiert sind, ist zulässig. Die Entnahmen, Einlagen und Ausgaben sind durch Einzelbelege nachzuweisen. Ein mit Standardsoftware erstellter Tageskassenbericht, der nicht gegen nachträgliche spurlose Veränderungen geschützt ist, entspricht nicht den Vorschriften.

Darüber hinaus empfiehlt es sich, zusätzlich zum Kassenbericht die Ermittlung des Geldbestandes auf freiwilliger Basis durch ein tägliches Zählprotokoll mit Angaben zur Stückelung der Banknoten und Münzen nachzuweisen. Rundungen oder Schätzungen sind unzulässig. Werden Einnahmen an verschiedenen Orten erzielt, ist für jede offene Ladenkasse ein eigenständiger Kassenbericht zu erstellen. Bei Warenverkauf mit unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen ist in der Regel die Einzelaufzeichnung erforderlich. Die o. g. Ausnahme kann auch bei Dienstleistungen angewendet werden, wenn eine Einzelaufzeichnung nicht zumutbar ist (die Dauer der Dienstleistung ist sehr kurz bemessen). Im Regelfall ist bei Dienstleistungen stets eine Einzelaufzeichnung erforderlich.

Bei Kassen ohne Verkaufspersonal (sog. Vertrauenskassen, wie z. B. beim Gemüseverkauf am Feldrand, Fahrscheinautomaten sowie Waren- und Dienstleistungsautomaten) wird es nicht beanstandet, wenn diese nicht täglich, sondern erst bei Leerung ausgezählt werden.

Es wird darauf hingewiesen, dass weitere Unterlagen aufbewahrungspflichtig sein können, wenn sie Informationen zur Entstehung und Abwicklung des Geschäftsvorfalls enthalten oder zu deren Nachvollziehbarkeit erforderlich sind (z. B. Terminkalender, Reservierungsbuch).

Steuerlich aufbewahrungspflichtige Unterlagen unterliegen nicht der Löschungsverpflichtung (Art. 17 Abs. 3 Datenschutz-Grundverordnung).

3. Kassen-Nachschau

Zur Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit von Kassenaufzeichnungen kann ein Amtsträger auch unangekündigt die Geschäftsgrundstücke und Geschäftsräume betreten. Der Amtsträger ist verpflichtet, sich auszuweisen. Er ist bei seiner Prüfung zu unterstützen (Mitwirkungspflicht).

Ist der Steuerpflichtige selbst oder sein gesetzlicher Vertreter nicht anwesend, aber Personen, von denen angenommen werden kann, dass sie über alle wesentlichen Zugriffs- und Benutzungsrechte des Kassensystems des Steuerpflichtigen verfügen, hat der Amtsträger sich gegenüber diesen Personen auszuweisen und sie zur Mitwirkung bei der Kassen-Nachschau aufzufordern. Diese Personen haben dann die Pflichten des Steuerpflichtigen zu erfüllen, soweit sie hierzu rechtlich und tatsächlich in der Lage sind. Der Kassen-Nachschau unterliegen nicht nur elektronische Aufzeichnungssysteme, sondern auch offene Ladenkassen. Bei der Kassen-Nachschau dürfen die Kassenaufzeichnungen und damit im Zusammenhang stehende Unterlagen durch den Amtsträger eingesehen werden. Zu Dokumentationszwecken können diese Dokumente gescannt oder fotografiert werden. Der Amtsträger kann zusätzlich verlangen, dass der gesamte betriebliche Bargeldbestand ausgezählt wird (sog. „Kassensturz”).

4. Folgen von Mängeln

Ist die Kassenführung nicht ordnungsgemäß, kann das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen. Zudem kann allein die Nichterfüllung der oben genannten Aufzeichnungs- und Kassenführungspflichten eine Ordnungswidrigkeit darstellen und mit einem Bußgeld geahndet werden. Sofern die Finanzbehörde darüber hinaus durch Schlüssigkeitsverprobungen Umsatzdifferenzen oder andere Auffälligkeiten feststellt, die nicht aufgeklärt werden können, folgt daraus regelmäßig auch ein Steuerstrafverfahren.

5. Weitere Informationen

Ergänzende Hinweise finden Sie hier (http://www.bundesfinanzministerium.de):

  • Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom „Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften”

  • „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)”

  • „Ergänzende Informationen des BMF zur Datenträgerüberlassung” vom

  • Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AO), insbesondere zu §§ 146 und 146b AO

  • Kassensicherungsverordnung und Technische Richtlinien des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (TR-03151, TR-03116 und TR-03153).

Für weitere Rückfragen steht im jeweiligen Finanzamt der/die Kassenansprechpartner/in zur Verfügung.

Landesamt für Steuern Niedersachsen v.

Fundstelle(n):
RAAAH-23917