Keine Aufteilung der Schuldzinsen bei einheitlich, angeschafften, teilweise fremdfinanzierten Bundesanleihen
Leitsatz
Werden in einem einheitlichen Erwerbsvorgang festverzinsliche Bundesanleihen zu einem unter ihrem Nominalwert liegenden Kurswert teils mit Krediten, teils mit Eigenmitteln angeschafft, ist die Kapitalanlage nicht in einen eigen- und einen fremdfinanzierten Anteil aufzuteilen. Bei der Prüfung der Überschusserzielungsabsicht sind die Schuldzinsen in vollem Umfang als Werbungskosten anzusetzen und nicht in einen auf die gesamten Zinseinnahmen und einen auf die steuerfreie Vermögensmehrung entfallenden Anteil aufzuteilen. Die Einkunftserzielung steht gegenüber der steuerfreien Vermögensmehrung im Vordergrund, wenn auf Dauer die gesamten Zinseinnahmen die gesamten Zinsaufwendungen übersteigen.
Gesetze: EStG § 3cEStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1EStG § 12 Nr. 1EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7AO 1977 § 42
Instanzenzug: (EFG 2002, 141) (Verfahrensverlauf), ,
Gründe
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) kaufte am Bundesanleihen mit einem Nominalwert von 180 000 DM zu einem Kurswert von 158 274 DM (87,93 v.H.). Die Anleihen wurden mit 5,5 v.H. verzinst. Die Laufzeit endete am . Der Kauf wurde mit Eigenmitteln und mit einem Darlehen einer Bank über 100 000 DM finanziert. Das Darlehen war mit 9,75 v.H. zu verzinsen und war in einer Summe am zu tilgen. Eine vorzeitige Tilgung war vertraglich ausgeschlossen. Zur Sicherheit für das Darlehen dienten sämtliche gekauften Wertpapiere.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1992 setzte die Klägerin bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 des Einkommensteuergesetzes —EStG—) die ihr zugeflossenen Zinsen aus den Bundesanleihen in Höhe von 9 900 DM als Einnahmen und die Aufwendungen für die Fremdfinanzierung von 9 750 DM als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG) an. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) erkannte die Zinsaufwendungen der Klägerin nicht als Werbungskosten an. In der Einspruchsentscheidung erfasste er Einnahmen in Höhe von 4 400 DM und vertrat die Auffassung, die Bundesanleihen seien in einen fremdfinanzierten und in einen eigenfinanzierten Teil aufzuteilen. Bei dem eigenfinanzierten Teil seien keine Werbungskosten entstanden. Soweit die Einnahmen auf den fremdfinanzierten Teil entfielen, sei keine Einkunftserzielungsabsicht gegeben, so dass insoweit, d.h. in Höhe von 5 500 DM, auch keine Einnahmen zu erfassen seien.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, mit der die Klägerin die erklärungsgemäße Erfassung des Überschusses aus den Bundesanleihen von 150 DM begehrte, statt. Es entschied, die erklärten Schuldzinsen von 9 750 DM seien vollständig bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 141 veröffentlicht.
Das FA rügt mit seiner Revision eine Verletzung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG.
Es beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Revision des FA ist unbegründet. Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die der Klägerin zugeflossenen Zinsen aus den Bundesanleihen in vollem Umfang als Einnahmen (§ 8 Abs. 1 EStG) bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der für das Streitjahr 1992 gültigen Fassung) zu erfassen und die von der Klägerin gezahlten Zinsen für das Darlehen, das sie zur Finanzierung des Erwerbs der Bundesanleihen aufgenommen hat, in vollem Umfang als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG) abziehbar sind.
1. Die der Klägerin im Streitjahr 1992 zugeflossenen Zinsen aus den Bundesanleihen sind in voller Höhe und nicht etwa, wie das FA in der Einspruchsentscheidung entschieden hat, nur anteilig als Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Die ursprüngliche Ansicht des FA, ein Teil der Zinsen führe nicht zu Einnahmen i.S. des § 8 Abs. 1 EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, wäre nur dann richtig, wenn die Klägerin einen Teil der Bundesanleihen ohne Überschusserzielungsabsicht erworben und deshalb hinsichtlich dieser Bundesanleihen nicht den Tatbestand der §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG erfüllt hätte (vgl. , BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.IV.3.c aa -2- der Gründe). Das ist indessen nicht der Fall.
a) Der Senat teilt die Auffassung des FG, dass durch ein einheitliches Geschäft zu einheitlichen Konditionen erworbene Anleihen für die Ermittlung der abziehbaren Werbungskosten und damit für die Prüfung der Überschusserzielungsabsicht nicht in einen eigenfinanzierten und einen fremdfinanzierten Anteil aufgeteilt werden dürfen (vgl. , BFHE 129, 342, BStBl II 1980, 352; -S-2252 A- St 12 H, Finanz-Rundschau —FR— 1993, 551, 552; , FR 1992, 29). Die Besteuerung knüpft grundsätzlich nur an die effektiv verwirklichten, nicht hingegen an hypothetische, zwar realisierbare, aber tatsächlich nicht verwirklichte Sachverhalte und Gestaltungen an (vgl. , BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, unter B.II.1.; , BFH/NV 1999, 594, unter II.1.a. der Gründe). Dies verbietet es, der Besteuerung einer Kapitalanlage eine Art der Finanzierung zugrunde zu legen, die der Steuerpflichtige tatsächlich nicht gewählt hat. Auch der Grundsatz, dass sich die Veranlassung von Finanzierungskosten durch eine Einkunftsart nach der tatsächlichen Verwendung des aufgenommenen Kredits richtet (vgl. z.B. dazu BFH-Beschluss in BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, unter B.I.2.; , BFHE 182, 312, BStBl II 1997, 454, unter II.2.a.), verlangt, der Besteuerung die tatsächlich verwirklichte Art der Finanzierung zugrunde zu legen.
b) Im Streitfall hat die Klägerin bei dem Erwerb aller Bundesanleihen mit Überschusserzielungsabsicht gehandelt und damit den Tatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG verwirklicht. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die die Revision nicht beanstandet hat, hat die Klägerin nicht ausschließlich fremdfinanzierte Bundesanleihen mit einem Kurswert von 100 000 DM und weitere ausschließlich eigenfinanzierte Anleihen zum Kurswert von 58 274 DM erworben, sondern sie hat einen einheitlichen Vertrag über den Erwerb von Bundesanleihen zum Kurswert von insgesamt 158 274 DM abgeschlossen. Deshalb liegt ein einheitliches Anschaffungsgeschäft vor.
Für dieses Geschäft ist eine Überschusserzielungsabsicht zu bejahen, da die steuerpflichtigen jährlichen Zinseinnahmen aus diesen Anleihen die jährlichen Zinsaufwendungen für den Anschaffungskredit selbst dann überstiegen haben, wenn die gesamten Schuldzinsen abziehbar sind und nicht nur ein bestimmter Anteil (vgl. dazu unten unter 3. der Gründe). Unerheblich ist, dass die aus der Kapitalanlage erzielten Überschüsse nur gering sind. Es existiert weder eine gesetzliche Vorschrift noch ein sonstiger Rechtssatz des Inhalts, dass Überschüsse bei den Einkünften aus Kapitalvermögen unter bestimmten weiteren Voraussetzungen steuerlich nicht zu erfassen sind, wenn sie geringfügig sind. Deshalb handelt auch derjenige, der bei objektiver Betrachtung nur mit bescheidenen Überschüssen aus einer bestimmten Kapitalanlage rechnen kann, mit der Absicht, Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 EStG zu erzielen (vgl. z.B. , BFH/NV 2000, 564, unter II.1.a. der Gründe; vom VIII R 36/98, BFHE 189, 408, BStBl II 1999, 769).
2. Eine nur anteilige steuerliche Erfassung der tatsächlich erzielten Einnahmen lässt sich auch nicht mit § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) rechtfertigen. Die in § 42 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 bestimmte Rechtsfolge, dass der Steueranspruch so entsteht, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht, setzt voraus, dass die von der Klägerin gewählte Art der Finanzierung rechtsmissbräuchlich gewesen wäre. Das trifft jedoch nicht zu. Vielmehr steht es dem Steuerpflichtigen frei, ob er für seine Geschäfte Eigen- oder Fremdkapital einsetzt, und er handelt auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er eigene Mittel und Fremdkapital so verwendet, wie es für ihn steuerlich günstig ist (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, unter B.I.2. und 5. der Gründe).
Der Klägerin kann auch nicht etwa entgegengehalten werden, sie habe durch den Erwerb zahlreicher Bundesanleihen durch einen einzigen Vertrag künstlich eine Situation geschaffen, die im Falle des Abschlusses eines gesonderten Vertrages über jede einzelne Bundesanleihe als Kapitalanlage nicht eingetreten wäre. Denn es hätte ihr auch bei einer Atomisierung des tatsächlich abgeschlossenen einheitlichen Vertrages in ebenso viele Verträge, wie sie Bundesanleihen erworben hat, frei gestanden, jede einzelne Anleihe teils mit Eigenkapital und teils mit Krediten zu finanzieren.
3. Die Klägerin kann von ihren Einnahmen aus den Bundesanleihen die gesamten Schuldzinsen als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG) abziehen, die sie für den Anschaffungskredit gezahlt hat. Eine Aufteilung dieser Schuldzinsen wegen einer Mitveranlassung durch den angestrebten Vorteil auf der nichtsteuerbaren Vermögensebene und damit ein nur teilweiser Schuldzinsenabzug bei den Einkünften aus Kapitalvermögen kommt nach zutreffender Auffassung der Vorinstanz nicht in Betracht.
a) Schuldzinsen sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG Werbungskosten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Wird ein Kredit zum Erwerb einer Kapitalanlage aufgenommen, hat der erkennende Senat einen wirtschaftlichen Zusammenhang im Sinne eines Veranlassungszusammenhangs mit den Einkünften aus Kapitalvermögen bejaht, wenn bei der Kapitalanlage nicht die Absicht der Erzielung steuerfreier Vermögensvorteile im Vordergrund steht (vgl. , BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37; vom VIII R 132/80, BFHE 135, 320, BStBl II 1982, 463; vom VIII R 8/98, BFH/NV 2000, 825). Hat der Steuerpflichtige neben der Absicht, auf Dauer gesehen einen Überschuss zu erzielen, auch die Erwartung oder Hoffnung, mit der Kapitalanlage steuerfreie Vermögensvorteile zu realisieren, so steht dies dem vollumfänglichen Abzug der Schuldzinsen als Werbungskosten nicht entgegen, sofern die Absicht, steuerfreie Wertsteigerungen zu realisieren, nur mitursächlich für die Anschaffung der ertragbringenden Kapitalanlage ist (vgl. , BFHE 134, 119, BStBl II 1982, 36; in BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37, unter 3.b und unter 4. der Gründe; in BFHE 135, 320, BStBl II 1982, 463).
Soweit der Senat in den zitierten Entscheidungen ausgeführt hat, dass die Überschusserzielungsabsicht bei der Kapitalanlage im Vordergrund stehen müsse und die Absicht, steuerfreie Vermögensvorteile zu realisieren, nur mitursächlich sein dürfe, ist dies nicht dahin gehend zu verstehen, dass ein betragsmäßiges Überwiegen des vom Steuerpflichtigen beabsichtigten Einnahmeüberschusses i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG gegenüber dem voraussichtlichen steuerfreien Vermögensvorteil erforderlich ist. Vielmehr ist allein darauf abzustellen, ob eine Überschusserzielungsabsicht festgestellt werden kann. Ist dies der Fall, so tritt eine etwaige daneben stehende Absicht, steuerfreie Vermögensvorteile zu realisieren, zurück und kann nicht im Vordergrund stehen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37, unter 4. der Gründe). Dies gilt selbst dann, wenn nach der für die Dauer der Kapitalanlage gebotenen Prognose zu erwarten ist, dass die erwarteten steuerfreien Vermögensvorteile die beabsichtigten steuerpflichtigen Einnahmeüberschüsse i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG voraussichtlich übersteigen werden. Eine Aufteilung der Werbungskosten ist bei zu bejahender Überschusserzielungsabsicht trotz der zugleich bestehenden Erwartung, steuerfreie Vermögensvorteile zu realisieren, nicht geboten (vgl. , BFHE 171, 495, BStBl II 1993, 832; vom VIII R 89/90, BFH/NV 1994, 225; in BFH/NV 2000, 825).
b) An diesen Rechtsgrundsätzen ist auch für solche Kapitalanlagen festzuhalten, bei denen sich für den Fall, dass der Anleger sie bis zu ihrem Ende behält, das Verhältnis von nicht steuerbarer Wertsteigerung und steuerpflichtigen Einnahmen im Zeitpunkt der Anschaffung berechnen lässt (vgl. auch Wüllenkemper, FR 1992, 1, 5; derselbe in Der Betrieb —DB— 1993, 406; Wischnewsky, Deutsches Steuerrecht —DStR— 1992, 1229; Baumann, Deutsche Steuer-Zeitung 1992, 66; Horlemann, DStR 1992, 318; a.A. Kunz, DB 1992, 2164; OFD Nürnberg, in FR 1992, 29). Der Einwand des FA, die Regel, nach der die Erzielung steuerbarer Einkünfte bereits immer dann im Vordergrund stehe, wenn ein Überschuss erzielt werde, führe weit über ihren Entstehungsgrund, nämlich die Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten, hinaus, rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Der Senat hat in seinem Urteil in BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37 die bis dahin bestehende Rechtsprechung aufgegeben, nach der Schuldzinsen nur bis zur Höhe der jährlich erzielten Einnahmen als Werbungskosten abgezogen werden konnten (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs —RFH— vom VI A 1503/28, RStBl 1929, 140; , BFHE 73, 449, BStBl III 1961, 431; vom VI 26/62 S, BFHE 81, 452, BStBl III 1965, 164; vom VIII R 266/72, BFHE 114, 229, BStBl II 1975, 331). Er hat die bis dahin praktizierte Aufteilung wegen der Fragwürdigkeit ihres Maßstabs nicht beibehalten und die Schuldzinsen nunmehr insgesamt entweder den steuerpflichtigen Einnahmen oder der nicht steuerbaren Vermögenssphäre zugeordnet. Er hat zugunsten des Steuerpflichtigen den wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Vermögenssphäre dann als vernachlässigenswert angesehen, wenn die Einkunftserzielung in der Weise im Vordergrund steht, dass der Steuerpflichtige mit der Kapitalanlage den Tatbestand der Einkünfteerzielung i.S. der §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, 20 EStG verwirklicht.
Die Entscheidung, die Schuldzinsen nicht aufzuteilen und nur einer Sphäre zuzuordnen, hat er zwar auch damit begründet, dass eine Aufteilung in Anlehnung an die Grundsätze, nach denen eine Aufteilung bei teils beruflicher und teils privater Nutzung eines Wirtschaftsguts nach der Rechtsprechung des BFH in Betracht komme, nicht möglich sei, weil es an zuverlässigen Abgrenzungsmerkmalen fehle und sich ein auf die Vermögenssphäre entfallender Anteil nicht eindeutig bestimmen lasse (Urteil in BFH 134, 113, BStBl 1982, 37, unter 3.b. der Entscheidungsgründe). Aber der Umstand, dass bei der Entscheidung für eine Zuordnung der gesamten Schuldzinsen zu nur einer Sphäre Praktikabilitätsgesichtspunkte eine Rolle gespielt haben, rechtfertigt es nicht, sie dann zu Lasten des Steuerpflichtigen aufzuteilen, wenn sich ausnahmsweise bei einer konkreten Kapitalanlage das Verhältnis von nichtsteuerbarer Wertsteigerung und steuerpflichtigen Einnahmen jedenfalls dann berechnen lässt, wenn der Steuerpflichtige sie bis zu ihrer Fälligkeit behalten wird. Die Berechenbarkeit des Verhältnisses von Wertsteigerung und Einnahmen ist kein sachlich einleuchtender Grund dafür, den begünstigenden Rechtssatz, die Schuldzinsen insgesamt der Einkunftssphäre zuzuordnen, solange die Einkunftserzielung im Vordergrund steht, ausnahmsweise zu Lasten des Steuerpflichtigen nicht anzuwenden. Es würden in ihrem wirtschaftlichen Ergebnis vergleichbare Sachverhalte —die voraussichtliche Höhe der Einnahmen aus der Kapitalanlage übersteigt die Ausgaben— nach unterschiedlichen Grundsätzen beurteilt werden. Dementsprechend hat auch bereits der RFH in einem Fall, in dem im Veranlagungszeitpunkt die Höhe des steuerfreien Gewinns aus Aktien bereits feststand, entschieden, dass der Abzug von Zinsen für eine zum Erwerb von Aktien aufgenommene Bankschuld nicht etwa —ausnahmsweise— nur insoweit zuzulassen sei, als es dem Verhältnis der bezogenen Dividende zu dem bereits feststehenden steuerfreien Gewinn entspreche (Urteil vom VI A 77/29, Steuer und Wirtschaft —StuW— 1929, Nr. 779).
c) Der BFH es auch abgelehnt, die §§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1, 3c EStG dahin zu verallgemeinern, dass Ausgaben nicht abziehbar seien, soweit sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit Vermögensmehrungen stehen, die —gleich aus welchem Grund— nicht besteuert werden; er hat darin eine unzulässige Analogie zu Ungunsten des Steuerpflichtigen gesehen (vgl. , BFHE 124, 317, BStBl II 1978, 346; vom VIII R 153/78, BFHE 129, 342, BStBl II 1980, 352; vgl. auch Wüllenkemper, FR 1992, 1, 5; derselbe in DB 1993, 406, 408). Er hat ferner festgestellt, dass die Abziehbarkeit von Aufwendungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG nicht als Umkehrung des sich aus § 3c EStG ergebenden Abzugsverbots zu verstehen ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37, unter 3.c. der Entscheidungsgründe).
Ein teilweises Abzugsverbot der Schuldzinsen, die durch die Einkünfte aus Kapitalvermögen veranlasst sind, lässt sich auch nicht mit § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG rechtfertigen. Danach dürfen Aufwendungen für die Lebensführung weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Dazu hat der Senat bereits in dem Urteil in BFHE 134, 113, BStBl II 1982, 37 (unter 3.b. der Entscheidungsgründe) klargestellt, dass der Erwerb einer Kapitalanlage —vorbehaltlich der §§ 17 und 23 EStG— ein einkommensteuerrechtlich neutraler Vorgang ist und nicht in den Regelungsbereich des § 12 EStG fällt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2003 II Seite 937
BB 2004 S. 982 Nr. 18
BFH/NV 2003 S. 1638
BFH/NV 2003 S. 1638 Nr. 12
DB 2003 S. 2368 Nr. 44
DStR 2003 S. 1830 Nr. 43
DStRE 2003 S. 1367 Nr. 22
FR 2003 S. 1287 Nr. 24
INF 2003 S. 885 Nr. 23
KÖSDI 2003 S. 13936 Nr. 11
TAAAA-72021