OFD Karlsruhe

AO Aktuell

1 Ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes (§ 238 AO); BFH-Beschluss VIII B 15/18

Mit (BStBl 2018 I S. 722) wurde festgelegt, dass für Verzinsungszeiträume ab dem auf Antrag des Zinsschuldners Aussetzung der Vollziehung zu gewähren sei. Für Verzinsungszeiträume vor dem sei nur im Ausnahmefall AdV zu gewähren.

Nunmehr hat der (Az. ) entschieden, dass auch für einen Zinslauf von November 2012 bis September 2016 AdV zu gewähren sei.

Entgegen dem oben genannten BMF-Schreiben können nunmehr (ausschließlich) bei AdV-Anträgen, in denen sich Steuerbürger/innen auf den o. g. BFH-Beschluss berufen, auch Verzinsungszeiträume vor dem ausgesetzt werden. Der Aufwand, bei AdV-Anträgen ggf. eine Aufteilung in einen auszusetzenden und einen nicht auszusetzenden Zinsanteil vornehmen zu müssen, entfällt damit in diesen Fällen.

2 Einwendungen gegen die Höhe der Säumniszuschläge

Unter Berufung auf die bezüglich der Höhe des Zinssatzes gem. § 238 AO anhängigen Verfahren wird aktuell von einigen steuerlichen Beratern geltend gemacht, dass auch die Säumniszuschläge in verfassungswidriger Weise zu hoch seien. Oftmals geschieht dies in Form von Anträgen auf (teilweisen) Erlass der Säumniszuschläge.

Die Vorschrift des § 238 AO gilt ausschließlich für Zinsfestsetzungen und nicht für Säumniszuschläge. Das und die BFH-Beschlüsse zur AdV von Zinsen sind nicht auf Säumniszuschläge anwendbar. Gegen den in § 240 Abs. 1 AO festgelegten Satz von 1 % sind derzeit keine eigenen Verfahren anhängig.

Diesbezügliche Anträge sind – unabhängig von ihrer Bezeichnung (bspw. als „Erlassantrag”) – als Anträge auf Erteilung eines Abrechnungsbescheids nach § 218 Abs. 2 AO anzusehen (vgl. AEAO zu § 240, Nr. 8). Gegen die Abrechnungsbescheide eingelegte Einsprüche sind zurückzuweisen. Ruhen des Verfahrens und Aussetzung der Vollziehung sind nicht zu gewähren.

3 Auskünfte in österreichischen Verlassenschaftsverfahren

Aus gegebenem Anlass möchten wir darauf hinweisen, dass das Steuergeheimnis (§ 30 AO) Auskünfte an österreichische Notare/Gerichtskommissäre zum Zweck der Gebührenfestsetzung für das Verlassenschaftsverfahren verbietet.

Das österreichische Erbschaftsverfahren unterscheidet sich vom deutschen Erbschaftsverfahren dahingehend, dass die Rechtsnachfolge nicht kraft Gesetzes eintritt. Erst nach Durchführung eines Verlassenschaftsverfahrens tritt die Gesamtrechtsnachfolge ein. Das Verfahren wird in der Regel mit der Übermittlung der Sterbeurkunde an das Verlassenschaftsgericht eingeleitet. Dieses bestellt zur Durchführung des Verfahrens den zuständigen Notar als Gerichtskommissär. Der Gerichtskommissär hat die nach Aktenlage als Erben in Frage kommenden Personen zur Erklärung aufzufordern, ob und wie sie die Erbschaft antreten wollen. Das Verlassenschaftsverfahren endet schließlich mit der Einantwortung, in deren Rahmen die Erben Eigentümer des Nachlasses werden.

Die Gebühr für die Durchführung des Verfahrens richtet sich primär nach dem Wert des Verlassenschaftsvermögens. Liegt unbewegliches Vermögen vor, ist dieses gem. § 167 Abs. 2 Außerstreitgesetz grundsätzlich mit dem dreifachen Einheitswert zu bewerten.

Ein österreichischer Notar/Gerichtskommissär hatte sich an die OFD gewandt, weil ein Finanzamt unter Hinweis auf das Steuergeheimnis die Auskunft über die Einheitswerte in Deutschland belegener Grundstücke des Nachlasses verweigert hatte. Nach Aussage des Notars würden andere Finanzämter die erbetene Auskunft erteilen.

Die OFD hat dem Notar geantwortet, dass sich das Finanzamt zu Recht auf das Steuergeheimnis berufen hat. Insbesondere ist der Gerichtskommissär im Verlassenschaftsverfahren nicht Vertreter der Erben. Eine Auskunft darf daher nur erteilt werden, wenn alle betroffenen Erben zustimmen.

OFD Karlsruhe v.

Fundstelle(n):
HAAAG-98868