BBK Nr. 14 vom Seite 645

Folgenlose Fehler – Kartenzahlungen in der Kassenbuchführung

StB/WP Wolfgang Eggert | BBK-Herausgeber

Wer derzeit wissen will, [i]BMF, Schreiben v. 14.11.2014 - IV A 4 - S 0316/13/10003 NWB HAAAE-37193 wie unbare Vorgänge in der Kasse zu behandeln sind, hat die Qual der Wahl. Die GoBD führen aus, dass „in der Regel“ die nicht getrennte Verbuchung von baren und unbaren Geschäftsvorfällen ohne genügende Kennzeichnung gegen die Grundsätze der Wahrheit und Klarheit einer kaufmännischen Buchführung verstößt. Zu beachten ist, dass danach zweifelsfrei die ungetrennte Verbuchung problematisch ist, nicht aber die Verbuchung selbst.

Die Bundessteuerberaterkammer beginnt [i]Bundessteuerberaterkammer, Stellungnahme v. 27.4.2018 www.bstbk.de eine Anfrage an das BMF mit der Ausführung, es sei in letzter Zeit umstritten, ob Zahlungen mit Geld- oder Kreditkarten im Kassenbuch auftauchen dürfen. Bedenken bei der Kammer hat insbesondere die OFD Karlsruhe verursacht, die in einem Merkblatt ausführt, nur Barumsätze seien im Kassenbuch zu erfassen. Unbare Zahlungen müssten dagegen „auf separaten Konten“ abgebildet werden.

Weiterhin existiert noch [i]OFD Karlsruhe, Kurzinfo v. 22.2.2018 NWB OAAAG-78879 ein Schreiben des BMF an den DStV e. V., das ebenfalls bestimmt, im Kassenbuch sind nur Bareinnahmen und -ausgaben zu erfassen. Die Erfassung unbarer Geschäftsvorfälle im Kassenbuch stellt einen formalen Mangel dar und widerspricht dem Grundsatz der Wahrheit und Klarheit einer kaufmännischen Buchführung.

Der Autor plädiert seit [i]BMF, Schreiben v. 16.8.2017 - IV A 4 - S 0316/13/10003-09längerem in diversen Schulungen dafür, die Realität, aber auch die Regelung der Kassensicherungsverordnung nicht aus dem Blick zu verlieren und stellt folgende Thesen auf:

Die Erfassung von unbaren Einnahmen im Fall einer offenen Ladenkasse ist überflüssig und verursacht im Zweifel bei kaufmännisch nicht versierten Mandanten sogar Fehler. Sie ist weder notwendig noch sinnvoll und sollte deshalb unterbleiben. Die Erfassung von unbaren Vorgängen in elektronischen Kassen („Aufzeichnungssystemen“) ist alltägliche Praxis und organisatorisch zwingend notwendig. Oder sind denjenigen, welche die Gegenauffassung vertreten, Vorgänge erinnerlich, bei denen die Kassiererin im Supermarkt nach der Vorlage der Kreditkarte alle erfassten Einkäufe wieder storniert, weil keine unbaren Vorgänge in der Kasse erfasst werden dürfen?

Hinzu [i]BR-Drucks. 487/17 v. 8.6.2017, Begründung, Teil B, zu § 2 Nr. 5 kommt: Die Kassensicherungsverordnung schreibt in § 2 Satz 2 Nr. 5 vor, dass die Zahlungsart erfasst wird; die möglichen Eingaben sind bar und unbar. Ist es tatsächlich vorstellbar, dass eine Verordnung bzw. die zugehörige Begründung einen Zahlungsweg vorgibt, der unzulässig ist? In Übereinstimmung mit den GoBD ist deshalb meiner Ansicht nach die Auffassung richtig, dass die Erfassung von unbaren Vorgängen in elektronischen Aufzeichnungssystemen zulässig und formell ordnungsgemäß ist, wenn diese sofort als „unbar“ gekennzeichnet werden, auf jeden Fall aber einen Forderungsbestand und nicht den Kassenbestand erhöhen. Zusätzlich sei hierbei angemerkt, dass in diesem Fall auch jederzeit ein Kassensturz durchgeführt werden kann. Der Abgleich des Ist- mit dem Sollbestand ist hinsichtlich des erfassten Kassen(bar)bestands problemlos möglich, weil aufgrund der Erhöhung des Forderungskontos der bare Kassenbestand davon unberührt bleibt. S. 646

Nunmehr schreibt das BMF an den [i]BMF, Schreiben v. 29.6.2018 - IV A 4 - S 0316/13/10003-09 NWB XAAAG-87935 DIHK, den HDE und den ZdH erneut, die Erfassung von unbaren Vorgängen im Kassenbuch stelle einen formalen Mangel dar. Unter der Voraussetzung aber, dass die Kassensturzfähigkeit gegeben ist, sei dieser formale Mangel „bei der Gewichtung weiterer formaler Mängel im Hinblick auf eine eventuelle Verwerfung der Buchführung nach § 158 AO regelmäßig außer Betracht“ zu lassen.

Die Klimmzüge des BMF sind beachtlich und neidlos anzuerkennen: Denn selbstverständlich kommt es nicht infrage, dass die obersten Finanzbeamten eingestehen, mit diesem Schreiben an den DStV e. V. etwas mitgeteilt zu haben, dass a) den eigenen GoBD nicht entspricht und b) gegen die Kassensicherungsverordnung verstößt oder mit dieser mindestens in einem erheblichen Konflikt steht. Immerhin bedauert das BMF, dass sein Schreiben zu „Missverständnissen“ geführt habe.

Mehr war und ist vermutlich nicht zu erwarten gewesen, weshalb wir nun den – nach meiner Erinnerung – einmaligen Vorgang haben, dass eine Handhabung als formal fehlerhaft gewertet wird, die Fehlerhaftigkeit aber regelmäßig außer Betracht bleibt.

Die Praxis wird damit vermutlich leben können, denn ob eine Handhabung formal fehlerlos ist oder formal fehlerhaft, dieser Fehler aber außer Betracht bleibt, ist im Endergebnis, nämlich bei der Frage, ob die Kassenbuchführung zu verwerfen ist, ohne Bedeutung. Kommt dabei jedoch einem BBK-Leser der BMF-Schreiben das Stichwort Rechthaberei in den Sinn, kann er zumindest sicher sein, dass dieser Gedankengang für den Autor nachvollziehbar ist.

Wie sich Fachkundige mit dem Thema „unbare Vorgänge in der Kassenbuchführung“ kompetent beschäftigen, kann der erwähnten Stellungnahme der Bundessteuerberaterkammer entnommen werden. Diese macht sich ausführlich Gedanken nicht nur über die technische, sondern auch die buchungstechnische Umsetzung der Praxishandhabung, zeigt die Probleme für die umsatzsteuerliche Entgelttrennung auf, falls die unbaren Vorgänge eben nicht mehr im Kassensystem erfasst werden, und beachtet auch das Erfordernis der Kassensturzfähigkeit.

Es wäre allen Beteiligten zu wünschen, die zuständigen BMF-Beamten würden sich zumindest informell mit den Referenten der Bundessteuerberaterkammer beraten, bevor das nächste missverständliche Schreiben denjenigen Steuerpflichtigen verwirrt und vielleicht sogar erbost, der nur ein Ziel hat: nämlich seine Kasse mit einem möglichst vertretbaren Aufwand richtig zu führen und von Diskussionen, die keinerlei realen und einen mehr als fraglichen rechtlichen Hintergrund haben, gerne verschont werden möchte.

Beste Grüße

Wolfgang Eggert

Fundstelle(n):
BBK 2018 Seite 645 - 646
PAAAG-88726