NWB Nr. 29 vom Seite 2081

Sanierungsklausel durch EuGH wiederbelebt

Dr. Falk Loose | RA/StB, Hogan Lovells International LLP, München

EuGH: Sanierungsklausel nicht beihilferechtswidrig im Sinne des EU-Kommissionsbeschlusses

Der war ein guter Tag für das deutsche Sanierungssteuerrecht und die Sanierungsbranche. Dies gilt auch für die Souveränität der Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung der Steuergesetze, da der EuGH seinen Willen demonstriert hat, die Beihilferechtsargumentation der EU-Kommission zu Steuernormen genau zu überprüfen und so den ggf. zu weitgehenden Einsatz des Beihilferechts als Instrument zu Eingriffen in die nationale Steuergesetzgebung zu beschränken.

Nach mehr als sechs Jahre dauernden Verfahren hat der EuGH am in vier parallelen Urteilen (C-203/16 P, C-208/16 P, C-209/16 P, C-219/16 P) den Beschluss der EU-Kommission zur Beihilferechtswidrigkeit der sog. Sanierungsklausel (§ 8c Abs. 1a KStG) für nichtig erklärt. Er hat festgestellt, dass sowohl die EU-Kommission als auch das EuG in der Vorinstanz das für die Prüfung des selektiven Charakters einer steuerlichen Maßnahme entscheidende Referenzsystem falsch bestimmt haben. Beide Organe haben laut EuGH die Regel des Verfalls von steuerlichen Verlusten (§ 8c Abs. 1 KStG) fehlerhaft als maßgebliches Referenzsystem für die Beurteilung des selektiven Charakters der Sanierungsklausel eingestuft, obwohl diese Regel als Ausnahme von der Grundregel des Verlustvortrags (§ 10d EStG) nicht die allgemeine/„normale“ Steuerregelung darstellen könne.

Aufgrund der EuGH-Urteile kommt § 8c Abs. 1a KStG für Vergangenheit und Zukunft wieder zur Anwendung, nachdem das BMF die Urteile im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht hat. Der Gesetzgeber hatte die Sanierungsklausel nach dem EU-Kommissionsbeschluss nicht gestrichen, sondern ihre weitere Anwendung unter den Vorbehalt gestellt, dass z. B. der EuGH den Beschluss für nichtig erklärt (vgl. § 34 Abs. 6 KStG). Die Bekanntmachung der Urteile im Bundesgesetzblatt dürfte auch für die involvierten Bundesministerien eine Genugtuung sein, nachdem der Bund für ein eigenes EuG-Verfahren zuvor an der Klagefrist gescheitert war (vgl. ).

Die wiederbelebte Sanierungsklausel ermöglicht, dass unter Einhaltung der Voraussetzungen der Norm im Falle eines Anteilseignerwechsels von über 25 % bei einer Kapitalgesellschaft die steuerlichen Verluste des Sanierungsunternehmens anteilig bzw. vollständig fortbestehen. Die Sanierungsklausel trifft allerdings jetzt auf ein neu gestaltetes Regelungsumfeld, da bedingt durch das die anteilige Verlustwegfallvorschrift des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG für Beteiligungserwerbe zwischen dem und dem nach dem Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2018 keine Anwendung mehr findet, das erneut das BVerfG nunmehr hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG angerufen hat und § 8d KStG eingeführt wurde.

Falk Loose

Fundstelle(n):
NWB 2018 Seite 2081
NWB JAAAG-88501