Wider dem Formalismus bei der Kassenprüfung – Analyse des BFH-Beschlusses X B 65/17
[i]Sachliche Gewichtung im Einzelfall statt formaler HinzuschätzungenDer BFH-Beschluss X B 65/17 zur notwendigen Beweiserhebung bei der Dokumentation eines PC-Kassensystems war in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Anders als bei vielen anderen Entscheidungen deutete in dem Beschluss wenig auf substanzielle Mängel der Buchführung jenseits der Kasse hin, die es müßig gemacht hätten, noch über Fragen wie fehlende Programmierprotokolle nachzudenken, sondern wo es zwischen den Beteiligten ausschließlich um die Höhe der Hinzuschätzung geht. Das Finanzamt stützte seine Hinzuschätzung auf rein formale Mängel und traf keine Feststellungen dazu, ob diese festgestellten Mängel denn tatsächlich auch ins Gewicht fallen. Zudem sollten die Organisationsunterlagen über die Programmierung des Kassensystems in Papierform vorliegen, obwohl das eingesetzte System die entsprechenden Parameter auch elektronisch dokumentiert. Vermutet werden darf, dass der Prüfer nicht wirklich erklären könnte, inwieweit damit ein Erkenntnisgewinn oder größere Urteilssicherheit verbunden wären, wenn die mutmaßlich vielen tausend Seiten tatsächlich vorgelegen hätten. Der BFH-Beschluss jedenfalls stellt für die Kassenführung eine Zäsur dar, so das Fazit von in seinem Beitrag ab . Denn der rein formalen Argumentation für eine Hinzuschätzung ist der Boden entzogen, der BFH verlangt eine nachvollziehbare sachliche Gewichtung aller Mängel im jeweiligen Einzelfall, um die Manipulationssicherheit der Systeme des Steuerpflichtigen einschätzen zu können. Dass weder Rechtsprechung noch Finanzverwaltung aber die gesetzgeberischen Versäumnisse aufbügeln können, analysiert in dieser Ausgabe ab , der sich in seinem Beitrag mit der Frage beschäftigt, wie Manipulationsmöglichkeiten überhaupt ausgeschlossen werden können.
Das Steuerberatungsgesetz erlaubt Buchhaltern, Steuerfachwirten [i]Verfassungsgerichtliche Überprüfung des Berufsrechts bleibt offenund geprüften Bilanzbuchhaltern die geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen nur in einem sehr geringen Umfang. Und dieser Umfang hat seinen Ursprung in zwei grundlegenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts von 1980 und 1982. Mit Spannung war daher erwartet worden, wie das Bundesverfassungsgericht auf die Beschwerde gegen das reagiert und ob Buchhalter nicht z. B. die Erstellung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen übernehmen dürfen. Leider hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde gegen das BFH-Urteil nicht zur Entscheidung angenommen. Die Frage bleibt also weiter offen, denn das Gericht hat sich zur Sache nicht geäußert. nimmt in seinem Beitrag ab die Regelungen zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen durch Buchhalter noch einmal kritisch unter die Lupe.
Beste Grüße
Christoph Linkemann
Fundstelle(n):
BBK 2018 Seite 389
FAAAG-82066