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Grundlagen vom

Prüfungsschwerpunkte der DPR für 2018

WP/StB Dr. Hans Lieck

I. Hintergrund

Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung DPR e. V. ist seit 2005 vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz damit betraut, zuletzt gebilligte bzw. festgestellte Konzernabschlüsse und Jahresabschlüsse sowie die dazugehörigen Lageberichte, jeweils einschließlich der zugrunde liegenden Buchführung, zu prüfen. Betroffen sind Unternehmen, die als Emittenten von bestimmten zugelassenen Wertpapieren i. S. des § 2 Abs. 1 WpHG Deutschland als Herkunftsstaat haben. Durch sogenannte Enforcement-Prüfungen von ausgewählten Konzern- bzw. Jahresabschlüssen nach bereits erfolgter Prüfung durch einen Abschlussprüfer und den Aufsichtsrat soll die Qualität der Rechnungslegung verbessert und das Vertrauen des Kapitalmarkts in die Richtigkeit der Abschlüsse gestärkt werden.

Von der DPR werden Prüfungen aus einer gezogenen Stichprobe, auf Verlangen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) oder aus konkretem Anlass eingeleitet. Die Auswahl der Unternehmen für die Prüfung erfolgt in einem dreistufigen System:

Auf der 1. Stufe erfolgt eine risikoorientierte Auswahl. Bei einem konkreten Anhaltspunkt für eine fehlerhafte Rechnungslegung und bestehendem öffentlichen Interesse leitet die DPR eine Anlassprüfung ein. Konkrete Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften können sich aus Mitteilungen der Abschlussprüferaufsichtsstelle (§ 66c WPO) und von Whistleblowern oder aus veröffentlichten Nachrichten ergeben. Unternehmen mit abstrakten Risiken, z. B. aufgrund eines erstmaligen Listings, wegen des Vorliegens außergewöhnlicher Transaktionen oder Auffälligkeiten in vorhergehenden Enforcement-Prüfungen, bilden eine Risikogruppe. Aus der Risikogruppe wird einmal im Jahr eine Zufallsauswahl im Umfang von 40  % gezogen.

In einer 2. Stufe sollen durch eine Auswahl mittels eines geschichteten Stichprobenverfahrens Unternehmen aus dem DAX, MDAX, SDAX und TecDAX innerhalb von vier bis fünf Jahren und die übrigen Unternehmen innerhalb von acht bis zehn Jahren geprüft werden.

Auf einer 3. Stufe werden nochmals alle Unternehmen erfasst, die in dem betreffenden Jahr nicht auf der 1. und 2. Stufe ausgewählt wurden. Aus dieser Gruppe wird einmal jährlich eine Zufallsauswahl von zehn Unternehmen gezogen. Hiervon werden drei so ausgewählt, dass keine übermäßige Belastung eines Unternehmens durch das Enforcement eintritt. Damit soll sichergestellt werden, dass jedes Unternehmen jederzeit zur Überprüfung ausgewählt werden kann.

Prüfungsgegenstand der DPR können ggf. auch der zuletzt veröffentlichte verkürzte Abschluss und der zugehörige Zwischenlagebericht (Halbjahresfinanzberichterstattung) und Abschlüsse für das vorausgehende Geschäftsjahr sowie Zahlungsberichte bei konkreten Anhaltspunkten oder auf Verlangen der BaFin sein, nicht jedoch im Rahmen einer stichprobenartigen Prüfung.

Die DPR hat in circa 14 % der im Zeitraum 2014 bis 2016 abgeschlossenen Prüfungen eine fehlerhafte Rechnungslegung festgestellt. Stimmen die betroffenen Unternehmen den Feststellungen der DPR zu, ordnet die BaFin in der Regel deren Veröffentlichung im Bundesanzeiger an (§ 37q WpHG). Wenn ein Unternehmen den Feststellungen der DPR hinsichtlich der Bilanzierung nicht zustimmt oder an einer Prüfung durch die DPR nicht mitwirkt, z. B. angeforderte Informationen nicht bereitstellt, kann die BaFin Prüfungshandlungen mit hoheitlichen Mitteln durchführen (§ 37p WpHG).

Zu den Aufgaben der ESMA gehört unter anderem die Koordination der Tätigkeit der nationalen Enforcement-Institutionen der EU. Damit soll eine Harmonisierung des Enforcements zur Vermeidung von Regulierungsarbitrage und eine einheitliche Anwendung der IFRS in der EU erreicht werden. Zur Harmonisierung werden im Rahmen von sog. European Enforcers Coordination Sessions (EECS) konkrete Fälle in anonymisierter Form besprochen. Auszüge ausgewählter einzelner Entscheidungen von nationalen Enforcern werden von der ESMA veröffentlicht, nicht jedoch die deutschen Feststellungen der DPR oder der BaFin zu Rechnungslegungsfehlern. Diese werden von den Unternehmen im Bundesanzeiger bekannt gemacht.

Darüber hinaus erarbeitet die ESMA Stellungnahmen zu bestimmten Rechnungslegungsfragen. Abschlüsse bestimmter europäischer kapitalmarktorientierter Unternehmen werden von der ESMA hinsichtlich ausgewählter IFRS-Vorschriften in Zusammenarbeit mit den nationalen Enforcern durchgesehen. Die ESMA führt allerdings selbst keine konkreten Prüfungen durch. Dies ist den jeweiligen nationalen Enforcement-Institutionen vorbehalten.

Die ESMA veröffentlichte Ende Oktober 2017 europäische Enforcement-Prioritäten für 2018. Diese wurden in Zusammenarbeit mit den europäischen nationalen Enforcern festgelegt. Bei der Auswahl der Prüfungsschwerpunkte spielen die bisherigen Erfahrungen in Bezug auf Sachverhalte mit einer hohen Fehlerträchtigkeit, einer verbesserungswürdigen Berichterstattung, neu anzuwendenden Standards oder Risiken aus der aktuellen wirtschaftliche Lage eine bedeutende Rolle.

Bei den gemeinsamen europäischen Prüfungsschwerpunkten für 2018, die auch von der DPR zu berücksichtigen sind, handelt es sich um folgende Themen:

  • Anhangangaben zu den erwarteten Auswirkungen der Anwendung wesentlicher neuer Standards in der Berichtsperiode ihrer erstmaligen Anwendung (IFRS 9 Finanzinstrumente, IFRS 15 Erlöse aus Verträgen mit Kunden und IFRS 16 Leasingverhältnisse)

  • Ausgewählte Aspekte zu Ansatz, Bewertung und Angaben nach IFRS 3 Unternehmenszusammenschlüsse

  • Ausgewählte Aspekte zu IAS 7 Kapitalflussrechnungen

Die Veröffentlichung der europäischen Enforcement-Prioritäten ist mit der Erwartungshaltung verbunden, dass diese bei der anstehenden Abschlusserstellung von den Unternehmen und ihren Abschlussprüfern beachtet werden. Im Nachgang führt die ESMA mit Unterstützung der nationalen Enforcer Analysen von Abschlüssen durch, um die Anwendung der IFRS hinsichtlich der veröffentlichten Enforcement-Schwerpunkte zu überprüfen und europaweit zu vergleichen.

Die DPR hat neben den europäischen Enforcement-Prioritäten im November 2017 folgende zusätzliche Themen als ihre Prüfungsschwerpunkte veröffentlicht:

  • Ansatz und Bewertung von Rückstellungen gem. IAS 37 Rückstellungen, Eventualverbindlichkeiten und Eventualforderungen sowie zugehörige Anhangangaben

  • Konzernlagebericht und Konzernerklärungen

Praxishinweis:

Da der gesamte Abschluss Gegenstand einer Enforcement-Prüfung ist, ist diese nicht auf die veröffentlichten Schwerpunkte beschränkt. Prüfungsgegenstände könnten z. B. auch werden:

  • Aktuelle Themen (z. B. die Auswirkungen der im Dezember 2017 in Kraft getretenen umfangreichen US-Steuerreform Tax Cuts and Jobs Act – H.R. 1)

  • Bedeutende Transaktionen (z. B. Verkäufe von Geschäftsbereichen)

  • Unternehmensindividuelle Schwerpunktthemen (z. B. Immobilienbewertung)

Mit der Bekanntgabe der Prüfungsschwerpunkte sollen Unternehmen, Prüfungsausschüsse und Abschlussprüfer für bestimmte Themen sensibilisiert werden, um gegebenenfalls die eigene Bilanzierungspraxis zu überprüfen und eine dazu eine angemessene Dokumentation vorzunehmen. Die Festlegung von Prüfungsschwerpunkten kann daher als ein Instrument gesehen werden, die Finanzberichterstattung präventiv, d. h. unabhängig von einer tatsächlichen nachfolgenden Prüfung durch die DPR, zu verbessern und Fehler bei der Bilanzierung zu vermeiden.

Die Bekanntgabe von Prüfungsschwerpunkten ist aber auch einer zügigen Durchführung eines Enforcement-Verfahrens förderlich. Durch eine bereits im Vorfeld einer Enforcement-Prüfung erstellte hinreichende Dokumentation über wesentliche Bilanzierungsentscheidungen und der zugrundeliegenden Annahmen wird es den Unternehmen erleichtert, die im Enforcement-Verfahren übliche Frist zur Beantwortung der Fragen der DPR von zwei Wochen einzuhalten.

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