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BGH Beschluss v. - VIII ZR 232/16

Erneuerbare Energien: Verringerung der Einspeisevergütung als Sanktion bei Nichterfüllung der Meldepflicht des Betreibers einer Photovoltaikanlage gegenüber der Bundesnetzagentur; Rückforderungsanspruch des Netzbetreibers gegen den Anlagenbetreiber

Gesetze: § 17 Abs 2 Nr 1 Buchst a EEG vom , § 25 Abs 1 S 1 Nr 1 EEG vom , § 35 Abs 4 S 1 EEG vom , § 35 Abs 4 S 3 EEG vom , § 52 Abs 3 Nr 1 EEG, § 57 Abs 5 S 1 EEG vom , § 57 Abs 5 S 3 EEG vom , § 100 Abs 1 Nr 3 Buchst b EEG vom , § 812 Abs 1 S 1 Alt 1 BGB

Instanzenzug: Az: 11 U 108/15 Urteilvorgehend LG Itzehoe Az: 6 O 122/15 Urteil

Gründe

I.

1Die Klägerin ist Netzbetreiberin in Schleswig-Holstein. Der Beklagte betreibt eine Photovoltaikanlage. Diese nahm er am zunächst ohne Netzanschluss in Betrieb. Seit dem speist er den mit der Anlage erzeugten Strom in das Netz der Klägerin ein und erhielt von dieser die EEG-Vergütung. Bereits vor der Inbetriebnahme der Anlage hatte er am ein ihm von der Klägerin übersandtes Formblatt mit Angaben zu der Anlage ausgefüllt und zurückgesandt. Dieses Formblatt trägt die Überschrift "Vorläufige Erklärung zur Ermittlung der Förderfähigkeit und der maßgeblichen Vergütungshöhe für Strom aus Photovoltaikanlagen nach dem Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz-EEG)". Die unter Ziffer 17 des Formblattes gestellte Frage "Werden Sie den Standort und die Leistung der Photovoltaikanlage der Bundesnetzagentur melden? (§ 17 Abs. 2 EEG)" bejahte der Beklagte. Weiter heißt es in dem Formblatt (unmittelbar über der Unterschrift des Beklagten): "Der Betreiber der Stromerzeugungsanlage versichert hiermit, dass die vorstehenden Angaben der Wahrheit entsprechen. [...]. Sofern vorstehende Angaben des Betreibers der Stromerzeugungsanlage unzutreffend sein sollten, behält sich der Netzbetreiber eine verzinsliche Rückforderung gezahlter Einspeisevergütungen im entsprechenden Umfang vom Betreiber der Stromerzeugungsanlage vor."

2Die Meldung der Anlage bei der Bundesnetzagentur nahm der Beklagte jedoch erst am vor und erklärte mit Schriftsatz vom hinsichtlich möglicher Rückzahlungsansprüche der Klägerin den Verzicht auf die Einrede der Verjährung bis zum .

3Im Revisionsverfahren streiten die Parteien - wie bereits im Berufungsverfahren - noch um die Frage, ob sich wegen der zunächst unterbliebenen Meldung der Anlage bei der Bundesnetzagentur der Vergütungsanspruch des Beklagten für den streitgegenständlichen Zeitraum vom bis zum gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EEG 2012 auf den tatsächlichen Monatsmittelwert des energieträgerspezifischen Marktwertes - hier mithin auf einen Betrag von 47.198,27 € - und für den Zeitraum ab dem (dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des EEG 2014) bis zum gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 100 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EEG 2014 auf null verringert hat und der Klägerin demzufolge insgesamt ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 197.123,84 € nebst Zinsen gegen den Beklagten zusteht.

4Das Landgericht hat der Klage (auch) insoweit stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren in dem vorstehend genannten Umfang weiter.

II.

51. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht (mehr) vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

6a) Das Berufungsgericht (OLG Schleswig, Urteil vom - 11 U 108/15, juris) hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) zugelassen, da die streitige Frage nach einer Pflicht der Betreiber von Photovoltaikanlagen zu einer Rückerstattung der EEG-Einspeisevergütung, die diese vor der Meldung der Anlage an die Bundesnetzagentur erhalten haben, in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftrete und hierzu eine höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht vorhanden sei. Die für die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage maßgeblichen Rechtsfragen sind mittlerweile jedoch geklärt. Es liegt auch keiner der weiteren im Gesetz genannten Revisionszulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) vor.

7b) Der Senat hat - nach Erlass des Berufungsurteils - in einem vergleichbaren Fall entschieden, dass dem aufnehmenden Netzbetreiber gegen den Betreiber einer Photovoltaikanlage, der gegen seine Pflicht zur Meldung des Standorts und der installierten Leistung der Anlage an die Bundesnetzagentur verstoßen hat und dessen EEG-Vergütungsanspruch deshalb für den Zeitraum dieses Verstoßes gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EEG 2012 bis zum auf den tatsächlichen Monatsmittelwert des energieträgerspezifischen Marktwertes und für den Zeitraum ab dem gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 100 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EEG 2014 auf null verringert ist, gemäß § 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012 beziehungsweise § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014 ein Anspruch auf Rückzahlung des darüber hinausgehenden Mehrbetrages der geleisteten EEG-Vergütung zusteht (Senatsurteil vom - VIII ZR 147/16, juris Rn. 19 ff.).

8Die vorstehend genannten Sanktionen für den Fall einer Nichterfüllung der Meldepflicht des Anlagenbetreibers gegenüber der Bundesnetzagentur verstoßen, wie der Senat in dem vorbezeichneten Urteil ebenfalls entschieden hat, nicht gegen den verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Senatsurteil vom - VIII ZR 147/16, aaO Rn. 77 ff.). Auch ändert die mittlerweile durch den Gesetzgeber getroffene Regelung in § 52 EEG 2017 nichts an dem vollständigen Entfallen des Vergütungsanspruchs des Anlagenbetreibers für den im Zeitraum ab dem - hier bis zum - eingespeisten Strom. Denn diese Vorschrift, die unter bestimmten Voraussetzungen eine mildere als die vorstehend genannte Sanktionierung des Verstoßes des Anlagenbetreibers gegen seine Meldepflicht vorsieht (§ 52 Abs. 3 Nr. 1 EEG 2017), findet, wie der Senat in seinem Urteil vom (VIII ZR 147/16, aaO Rn. 38 ff.) im Einzelnen ausgeführt hat, keine Anwendung auf ältere Bestandsanlagen, die - wie die Anlage des Beklagten - im Zeitraum nach dem und bis zum Inkrafttreten des EEG 2014 am in Betrieb genommen worden sind.

9Weiter hat der Senat bereits entschieden, dass der Rückforderungsanspruch des Netzbetreibers gegen den Anlagenbetreiber nach § 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012 beziehungsweise § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014 sowie die Verpflichtung des Netzbetreibers, die zurückgeforderte Vergütung bei der nächsten Abrechnung als Einnahme zu berücksichtigen und sie auf diese Weise dem EEG-Ausgleichsmechanismus zuzuführen, nicht davon abhängen, dass der Netzbetreiber seinerseits durch den Übertragungsnetzbetreiber auf eine entsprechende Rückzahlung in Anspruch genommen wird. Auch kommt es nicht darauf an, ob der Netzbetreiber einem möglichen Rückforderungsanspruch des Übertragungsnetzbetreibers die Einrede der Verjährung entgegenhalten könnte (Senatsurteil vom - VIII ZR 147/16, aaO Rn. 55 ff.).

10Schließlich hat der Senat in seinem vorbezeichneten Urteil auch geklärt, dass der Netzbetreiber grundsätzlich weder verpflichtet ist, den Anlagenbetreiber auf dessen Pflicht zur Meldung seiner Photovoltaikanlage und zur Übermittlung von deren Standort und installierter Leistung an die Bundesnetzagentur hinzuweisen, noch ihn über die rechtlichen Folgen einer Nichterfüllung dieser Pflicht aufzuklären. Der Betreiber einer Photovoltaikanlage, der Fördermittel nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz in Anspruch nehmen will, hat sich über die geltende Rechtslage und über die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Förderung zu informieren und ist deshalb grundsätzlich auch selbst verantwortlich für die Erfüllung seiner Meldepflichten gegenüber der Bundesnetzagentur (Senatsurteil vom - VIII ZR 147/16, aaORn. 65 ff.).

112. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung anhand der vorstehend genannten Maßstäbe- hinsichtlich der vom Berufungsgericht für den Rückzahlungsanspruch herangezogenen Anspruchsgrundlage (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) allerdings nur im Ergebnis - stand.

12Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsfehler zu der Beurteilung gelangt, dass sich infolge der zunächst unterbliebenen Meldung der Photovoltaikanlage des Beklagten bei der Bundesnetzagentur dessen Vergütungsanspruch für den streitgegenständlichen Zeitraum vom bis zum gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EEG 2012 auf den tatsächlichen Monatsmittelwert des energieträgerspezifischen Marktwertes - hier mithin auf 47.198,27 € - und für den Zeitraum ab dem bis zum - dem Tag der Meldung der Anlage - gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 100 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EEG 2014 auf null verringert hat. Dies zieht im Ausgangspunkt auch die Revision nicht in Zweifel. Im Ergebnis ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auf dieser Grundlage einen Rückzahlungsanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten in der mit der Klage insoweit geltend gemachten Höhe von 197.123,84 € nebst Zinsen bejaht. Der Umstand, dass das Berufungsgericht diesen Anspruch nicht auf die oben genannten einschlägigen speziellen Vorschriften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (§ 35 Abs. 4 Satz 1, 3 EEG 2012 bzw. § 57 Abs. 5 Satz 1, 3 EEG 2014), sondern auf § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB gestützt hat, ändert im Ergebnis nichts an der Richtigkeit des Berufungsurteils.

13Entgegen der Auffassung der Revision ist der Rückforderungsanspruch der Klägerin, soweit er sich auf die an den Beklagten gezahlte Vergütung für die im Jahre 2012 erfolgte Stromeinspeisung bezieht, nicht gemäß § 35 Abs. 4 Satz 2 EEG 2012 beziehungsweise § 57 Abs. 5 Satz 2 EEG 2014 erloschen. Wie der Senat in seinem Urteil vom (VIII ZR 147/16, aaO Rn. 48 ff.) entschieden hat, ist in diesen Vorschriften, nach denen der die Zahlung einer höheren als der gesetzlich vorgesehenen EEG-Vergütung betreffende Rückforderungsanspruch des Netzbetreibers gegen den Anlagenbetreiber mit Ablauf des 31. Dezember des zweiten auf die Einspeisung folgenden Kalenderjahres verjährt und die Pflicht des Netzbetreibers zur Rückforderung des Mehrbetrages erlischt, eine Verjährungsfrist im rechtstechnischen Sinne und nicht, wie die Revision meint, eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist geregelt, die von Amts wegen zu beachten sei und zum Erlöschen des Rückforderungsanspruchs führe. Nach den rechtsfehlerfreien und insoweit von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte auf die Erhebung der Einrede der Verjährung bis zum verzichtet und ist die vorliegende Klage vor Ablauf dieser Frist erhoben worden.

14Ebenfalls vergeblich hält die Revision dem Rückzahlungsanspruch der Klägerin entgegen, diese habe nicht vorgetragen, dass der Übertragungsnetzbetreiber ihr gegenüber entsprechende Rückforderungsansprüche geltend mache oder solche gegen sie jedenfalls noch geltend machen könnte. Denn wie oben (unter II 1 b) ausgeführt, kommt es hierauf nicht entscheidend an.

15Ohne Erfolg macht die Revision schließlich geltend, die Rückzahlungsforderung der Klägerin sei entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durch die von dem Beklagten erklärte Aufrechnung mit einer in gleicher Höhe gegen die Klägerin bestehenden Schadensersatzforderung (§ 280 Abs. 1 BGB) wegen Verletzung von Hinweis- und Aufklärungspflichten erloschen. Wie oben (unter II 1 b) ausgeführt, ist der Netzbetreiber nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich weder verpflichtet, den Anlagenbetreiber auf dessen Pflicht zur Meldung seiner Photovoltaikanlage und zur Übermittlung von deren Standort und installierter Leistung an die Bundesnetzagentur hinzuweisen, noch ihn über die rechtlichen Folgen einer Nichterfüllung dieser Pflicht aufzuklären.

163. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2017:190917BVIIIZR232.16.0

Fundstelle(n):
VAAAG-70764