Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, ist in den neuen Bundesländern auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft tätig. Sie betrieb ihr Unternehmen im Wesentlichen auf gepachteten Flächen, die sie in die Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) einbezogen wissen will. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) lehnte dies ab. Er kürzte den Gewinn aus Gewerbebetrieb lediglich um jenen (geschätzten) Teil des Ersatzwirtschaftswertes gemäß § 125 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG), der auf den zum Betriebsvermögen gehörenden Grundsatz entfiel, und setzte den einheitlichen Gewerbesteuer-Messbetrag für das Streitjahr 1994 entsprechend fest.
Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) bezog sich in erster Linie auf den Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG, wonach eine Kürzung nur für solchen Grundbesitz in Betracht komme, der zum Betriebsvermögen des gewerblichen Unternehmens gehöre. Gepachtete Flächen gehörten aber zum Betriebsvermögen des Verpächters. Der Zweck des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG widerspreche dem nicht. Zwar solle dadurch eine doppelte steuerliche Belastung des Grundbesitzes mit Grund- und Gewerbesteuer vermieden werden. Zum einen werde dieser Gesetzeszweck aber nur unvollkommen und typisierend verwirklicht. Denn zu kürzen sei auch dann, wenn tatsächlich keine Grundsteuer anfalle. Umgekehrt entfalle die Kürzung trotz Grundsteuerbelastung, wenn für das Grundstück kein Einheitswert oder Ersatzwirtschaftswert festgestellt werde. Zum anderen gehe es aber auch darum, Betriebe, die ihr Gewerbe in eigenen Geschäftsräumen betrieben, den Gewerbetreibenden mit gepachtetem oder gemietetem Grundbesitz gewerbesteuerlich gleichzustellen. Da die Pacht oder Miete Betriebsausgaben darstellten, sei es deswegen nicht gerechtfertigt, außerdem noch die Kürzung zu gewähren. Andernfalls würden Gewerbetreibende mit Pacht- oder Mietflächen gegenüber Gewerbetreibenden mit eigenem Grundbesitz besser gestellt.
Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung von § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG.
Sie beantragt, das FG-Urteil betreffend das Streitjahr 1994 aufzuheben und den angefochtenen Gewerbesteuer-Messbescheid dahin zu ändern, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb um 22 342,80 DM zu kürzen ist.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnung um 1,2 v.H. des Einheitswertes des zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehörenden Grundbesitzes gekürzt. In den neuen Bundesländern wird jedoch kein Einheitswert des Betriebsvermögens festgestellt, sondern nach § 125 Abs. 2 BewG für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft anstelle der Einheitswerte gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 BewG ein Ersatzwirtschaftswert ermittelt und ab dem der Besteuerung zugrunde gelegt. Der Bildung des Ersatzwirtschaftswertes ist die Nutzungseinheit zugrunde zu legen, in die alle regelmäßig selbst genutzten Wirtschaftsgüter des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens einbezogen werden, auch wenn der Nutzer nicht Eigentümer ist. Der sich hiernach ergebende Ersatzwirtschaftswert gilt für die Grundsteuer und wird im Grundsteuermessbetragsverfahren ermittelt (§ 126 Abs. 1 BewG). Für andere Steuern ist bei demjenigen, dem Wirtschaftgüter des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens zuzurechnen sind, der Ersatzwirtschaftswert oder ein entsprechender Teil an diesem Wert anzusetzen. Die Eigentumsverhältnisse und der Anteil am Ersatzwirtschaftswert sind im Festsetzungsverfahren der jeweiligen Steuer zu ermitteln (§ 126 Abs. 2 BewG).
2. Im Rahmen der Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG kann der hiernach maßgebliche Ersatzwirtschaftswert nur insoweit für die Berechnung des Vomhundertbetrages zugrunde gelegt werden, als er sich auf solchen Grundbesitz bezieht, der zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehört. Gegebenenfalls ist er entsprechend aufzuteilen (ebenso FG des Landes Brandenburg, Urteile vom 4 K 1962/97 F, Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2000, 184, und vom 2 K 1965/97 F, EFG 2000, 886).
Dies ergibt sich bereits aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut, wonach nur der zum Betriebsvermögen gehörende Grundbesitz zu kürzen ist. Bei angepachtetem Grundbesitz, der nicht im Eigentum des Unternehmens steht, ist dies nicht der Fall. Gepachtete Flächen sind regelmäßig dem Verpächter zuzurechnen und gehören nicht zum Betriebsvermögen der Nutzer. Der Regelungszweck steht dem nicht entgegen. Zwar zielt die pauschale Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG darauf ab, die doppelte steuerliche Belastung des Gewerbetreibenden mit Grund- und Gewerbesteuer zu vermeiden (vgl. Senatsurteil vom I 258/64, BFHE 90, 299, BStBl II 1968, 65; Gosch in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 16. Aufl., § 9 GewStG Rz. 19). Deshalb ist jedoch nicht von einem sich aus diesem Regelungszweck ergebenden allgemeinen Grundsatz des Ausschlusses von Doppelbelastungen auszugehen (Senatsurteil vom I R 235/81, BFHE 145, 76, BStBl II 1986, 72). Denn die Kürzung bezweckt zugleich die Gleichstellung der auf eigenem Grund und Boden tätigen Gewerbebetriebe mit solchen, die ihrem Gewerbe in gemieteten oder gepachteten Räumlichkeiten nachgehen und die die gezahlte Miete oder Pacht als Betriebsausgaben geltend machen können. Dieser Zweck würde aber unterlaufen, wenn die pauschale Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG unter Einbeziehung der in Rede stehenden Ersatzwirtschaftswerte auch bezogen auf angepachtete oder angemietete Grundstücke berechnet würde.
Der Umstand, dass in den gemäß § 125 Abs. 2 BewG ermittelten Ersatzwirtschaftswerten im Gegensatz zum Einheitswert alle selbst genutzten Wirtschaftsgüter einzubeziehen sind, auch solche, an denen der nutzende Betrieb der Land- und Forstwirtschaft kein Eigentum hat, und dass dieser Nutzer das land- und forstwirtschaftlichen Vermögens gemäß § 40 Satz 2 des Grundsteuergesetzes (GrStG) überdies abweichend von § 10 GrStG Schuldner der Grundsteuer ist, ändert daran nichts. Denn anstelle des Verpächters ist es dann der Pächter, der seinen Gewinn um die Grundsteuer als Betriebsausgabe mindern kann. Die dennoch gewährte Kürzung würde also einen doppelt entlastenden Effekt nach sich ziehen, der vom Gesetz gerade nicht gewollt ist. Für gleichheitsrechtliche Bedenken besteht angesichts dessen kein Anlass.
3. Ihrem Umfang nach ist die vom FA vorgenommene, an § 126 Abs. 2 BewG orientierte Aufteilung der Ersatzwirtschaftswerte nicht zu beanstanden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dem FA hierbei Fehler unterlaufen wären.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 82
BFH/NV 2003 S. 82 Nr. 1
DStRE 2002 S. 1394 Nr. 22
ZAAAA-68125