BFH Beschluss v. - X B 129/00X B 130/00

Gründe

Die vom Senat in entsprechender Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden haben keinen Erfolg - teils weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in der erforderlichen Weise dargelegt wurden, teils weil sie nicht gegeben sind. Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit dies nach der FGO in der vor dem geltenden alten Fassung (a.F.) oder aber nach der seither geltenden Neufassung (FGO n.F.) zu beurteilen ist (s. dazu Art. 4 und 6 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom —2.FGOÄndG—, BGBl I 2000, 1757).

1. Der von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) vor allem geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F. ist nur bezeichnet (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.), wenn im Beschwerdevorbringen ein abstrakter Rechtsgrundsatz herausgearbeitet ist, auf dem das angefochtene Urteil beruht und der —bei gleichem oder zumindest vergleichbarem Sachverhalt— ausdrücklich oder stillschweigend zu einem ebensolchen, ein bestimmtes Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) tragenden Rechtsgrundsatz in Widerspruch steht (BFH in ständiger Rechtsprechung, s. z.B. Beschluss vom VIII B 52/99, BFH/NV 2000, 1487, m.w.N.). Begründet ist ein solcher Einwand, der nach neuem Recht die Zulassung zum Zweck der Fortbildung des Rechts bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO n.F. rechtfertigt, wenn sich eine solche substantiiert und in sich schlüssig vorgebrachte Rüge nach Aktenlage bestätigt. Das ist hier nicht der Fall.

a) Entscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) kommen für eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F. von vornherein nicht in Betracht (, BFH/NV 1999, 1390, 1391; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 115 Rz. 19, m.w.N.).

b) Auch im Übrigen kann es zur Zulassung aus Gründen der Divergenz hier nicht kommen.

aa) Wenn das Finanzgericht (FG) hinsichtlich der gesamten unternehmerischen Betätigung des Klägers nur von einem Gewerbebetrieb ausgegangen ist und auch die zur Errichtung des Feriendorfs erworbenen, später enteigneten Grundstücke entsprechend zugeordnet hat, so liegt hierin kein Widerspruch zu der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung, sondern die Beurteilung eines anderen Sachverhalts mit einem anderen Ergebnis, als es die Kläger (nunmehr) für richtig halten. In dieser Hinsicht geht es vorliegend vor allem um eine Tatfrage, für deren Beantwortung die jeweilige konkrete Einzelfallgestaltung maßgeblich ist (vgl. , BFHE 158, 80, BStBl II 1989, 901). Im Übrigen ergibt sich aus den Akten und aus der Behandlung der Vorgänge durch den Kläger selbst kein Anhaltspunkt dafür, dass hinsichtlich des in Frage stehenden Projekts die für die Annahme zweier Gewerbebetriebe erforderliche Selbständigkeit (BFH in BFHE 158, 80, BStBl II 1989, 901) vorgelegen haben könnte.

Ungeachtet dessen führt das Vorbringen der Kläger, infolge Fortfalls des Unternehmenszwecks aufgrund behördlichen Eingriffs habe der Betrieb/Teilbetrieb zu bestehen aufgehört, nicht notwendigerweise zu den von ihnen beanspruchten steuerrechtlichen Folgen. Denn Entschädigungszahlungen können ggf. auch zu nachträglichen Betriebseinnahmen führen. Nachträgliche Erträge sind insbesondere dann nach § 24 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 15 EStG steuerbar, wenn sie weder in der Schlussbilanz gewinnwirksam erfasst worden noch dem Veräußerungs- oder Aufgabegewinn zuzuordnen sind. Solches ist vorliegend in Betracht zu ziehen, wenn —wovon das FG ausgeht— im Jahre 1986 ein Entschädigungsanspruch (noch) nicht zu aktivieren war. Auch die Kläger tragen vor, dass zum von ihnen angenommenen Zeitpunkt einer Beendigung des Gewerbebetriebs ”keinerlei Anspruch auf eine Entschädigung dem Grunde nach bestand”. In dieser Hinsicht haben die Kläger nicht dargelegt, dass die gerügte Divergenz zu den Rechtsbegriffen ”Betrieb” und ”Teilbetrieb” entscheidungserheblich ist.

bb) Entsprechendes gilt für den Einwand, das FG habe dem geplanten ”Waldferiendorf” in Abweichung zur einschlägigen BFH-Rechtsprechung die Eigenschaft eines Teilbetriebs abgesprochen: Insoweit kommt allenfalls eine andere Gesamtwürdigung (s. auch hierzu BFH in BFHE 158, 80, BStBl II 1989, 901, und im Urteil vom X R 1/86, BFHE 155, 521, BStBl II 1989, 376) in Betracht, zumal auch diesbezüglich der Akteninhalt nichts für die hierfür notwendige Verselbständigung hergibt.

cc) Für seine Ansicht, der im Betriebsvermögen des Klägers begründete Entschädigungsanspruch sei der Höhe nach rechtskräftig erst durch das Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts festgestellt worden und habe zu einem früheren Zeitpunkt im Hinblick auf seine Ungewissheit nicht rechtswirksam entnommen werden können, hat sich das FG vor allem auf das (BFHE 174, 140, BStBl II 1994, 564) berufen. Die Kläger haben hierzu in der Beschwerdeschrift zwar ihre eigene abweichende Meinung, aber keine Divergenz in abstrakten Rechtssätzen dargelegt. Im Übrigen ist der von den Klägern betonte Unterschied in der Art des jeweils zu beurteilenden Anspruchs (dort zum Ersatz eines Brandschadens, hier einer Enteignungsentschädigung) für die beiden Judikaten zu Grunde liegende Aussage (keine Entnahme von im betrieblichen Bereich entstandenen, aber ungewissen bzw. bestrittenen Forderungen) irrelevant. Das Vorbringen der Kläger zur Entstehung des hier in Frage stehenden Entschädigungsanspruchs (Beschwerdeschrift S. 8) ist in sich nicht schlüssig (s. dazu im Übrigen Art. 14 Abs. 3 Satz 3 des GrundgesetzesGG—, sowie Art. 30 Abs. 1 des Bayerischen Gesetzes über die entschädigungspflichtige Enteignung i.d.F. vom , BayR S 2141-1-I; s. auch , BFHE 157, 121, BStBl II 1991, 213).

dd) Unbegründet ist auch die Rüge, im Widerspruch zu mehreren in der Beschwerdeschrift zwar aufgeführten, aber nicht nach den sie tragenden Rechtssätzen bezeichneten BFH-Entscheidungen, habe das FG zu Unrecht § 24 Nr. 3 i.V.m. § 34 EStG nicht berücksichtigt. Schon aus der vom FG (Urteilsbegründung S. 6) in Bezug genommenen Einspruchsentscheidung vom (dort S. 10 f.) nämlich ergibt sich, dass dies ersichtlich nicht zutrifft: In Übereinstimmung mit der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (s. z.B. , BFHE 186, 214, BStBl II 1998, 560) hat das FA den Standpunkt vertreten, als einzige Vergünstigungsregelung komme § 24 Nr. 3 i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 3 EStG in Betracht, und dies auch nur für einen Teil der Entschädigungsleistung, d.h. soweit diese eine Zusammenballung auf höchstens drei Jahre darstelle. Soweit diese Voraussetzungen hier vorliegen, hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) die Steuerfestsetzung auf Grund der Einspruchsentscheidung herabgesetzt. Selbst wenn diese vom FG geteilte Ansicht unzutreffend wäre, und den Klägern eine höhere Steuerermäßigung zustünde, könnte darin keine Divergenz, sondern allenfalls ein Rechtsanwendungsfehler gesehen werden, der für sich allein weder nach altem noch nach neuem Recht die Revisionszulassung rechtfertigt.

2. Inwieweit der Streitfall ansonsten im Interesse der Allgemeinheit unter dem Gesichtspunkt der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO n.F.), ist nicht ersichtlich.

3. Schließlich kann das Rechtsmittel auch unter dem Gesichtspunkt des Verfahrensmangels keinen Erfolg haben: Die Kläger haben einen solchen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ebenfalls nicht dargetan, und zwar schon deshalb nicht, weil sie, ihre Rüge, das FG habe seine Pflicht zur Sachaufklärung verletzt, durchweg nicht —wie erforderlich— vom materiell-rechtlichen Standpunkt der Vorinstanz aus substantiiert haben (dazu näher: Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 65 und § 120 Rz. 39, m.w.N.).

4. Von einer weiteren Begründung des Beschlusses wird abgesehen (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO n.F.).

Fundstelle(n):
FAAAA-66422