WP Praxis Nr. 5 vom Seite 1

Wirtschaftsprüfung 2.0

Heinrich Steinfeld | Leitung Programm Praxis

Erfordert die Industrie 4.0 eine „neue“ Wirtschaftsprüfung?

Industrie 4.0 bezeichnet die vierte industrielle Revolution. Merkmale der neuen industriellen Revolution sind z. B. die digitale Vernetzung von Maschinen und Menschen oder cyberphysische Systeme, die autonom Prozesse steuern und Entscheidungen treffen (Automationssysteme) – nicht nur im Produktionsbereich, sondern in allen Bereichen des Unternehmens. Durch die immer weiter gehende Digitalisierung entstehen enorme Datenmengen, sog. big data. Das Datenvolumen bei big data ist dabei zu groß oder zu komplex, um es noch mit klassischen Methoden auswerten zu können. Wesentliche Herausforderung für Industrie und Dienstleistungssektor in diesem Zusammenhang ist die Datensicherheit (insb. Kundendaten seien hier genannt).

Aber: Ist das alles für Sie als Wirtschaftsprüfer/in relevant? Müssen Sie sich mit den technischen Weiterentwicklungen und den digitalen Herausforderungen Ihrer Mandantschaft beschäftigen? Etwa auch dann, wenn Sie keine großen Konzerne prüfen?

Die Antwort ist ein klares JA.

Auch vor dem Mittelstand macht die Digitalisierung keinen Halt: Neue ERP-Systeme werden eingeführt, die die komplette Wertschöpfungskette abdecken und möglichst weitreichend automatisieren. Weitere Schritte der Digitalisierung, wie z. B. cloud computing und eine allgemein größer werdende Abhängigkeit von IT-Systemen, werden folgen – sofern sie nicht bereits vorliegen. Belege werden nur noch als Dateien vorliegen. Allein für die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der IT-Systeme wird sich die Prüferin bzw. der Prüfer gezwungenermaßen auf die technischen Neuerungen einstellen müssen. Oder aber man dreht den Spieß um und nutzt die neuen technologischen Möglichkeiten selbst möglichst früh in der eigentlichen Abschlussprüfung, beispielsweise in der Datenanalyse, oder um neue Geschäftsfelder abseits der Prüfung aufzutun. Wer Großunternehmen prüft, die u. U. in der technischen Entwicklung noch weiter fortgeschritten sind, kommt um entsprechende Anpassungen bei Prüfungstätigkeiten ohnehin nicht herum. Die Wirtschaftsprüfung 2.0 wird also kommen, eher früher als später.

Bereits im September letzten Jahres hat Gerber die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bei der Auslagerung von IT-Prozessen einschließlich cloud computing erläutert und ist dabei auf IDW RS FAIT 5 eingegangen (NWB OAAAF-81204). In dieser Ausgabe stellen Burg, Klüber, Langenbrink und Pott ab die Chancen und Risiken der Industrie 4.0 für die Wirtschaftsprüfung dar. Der Beitrag ist theoretischer als unsere regulären Beiträge, da hier größtenteils noch Erfahrungswerte aus der Praxis fehlen. Nichtsdestoweniger erhalten Sie einen Einblick, was mittelfristig sowohl an positiven als auch negativen Facetten auf Sie in der Wirtschaftsprüfung zukommen könnte. Auch in Zukunft werden wir das Thema Digitalisierung weiter aufgreifen, Ihnen neue Entwicklungen präsentieren und möglichst auch Hilfestellungen für die tägliche Arbeit bieten.

Beste Grüße

Heinrich Steinfeld

Fundstelle(n):
WP Praxis 5/2017 Seite 1
NWB ZAAAG-43139