„Nur wo Nutella draufsteht, ist auch Nutella drin“
Auf der Suche nach dem gesetzgeberischen Willen
Mit wenigen Worten eine (oft komplexe) Botschaft zu vermitteln, ist keine leichte Aufgabe. Das gilt für Werbetexte, das gilt aber auch und ganz besonders für Gesetzestexte. Gesetzesauslegungen und -interpretationen gehören daher zum juristischen Alltag. Ausschlaggebend ist dann der gesetzgeberische Wille, und hier wird gern auf die Gesetzesbegründung verwiesen. Dass diese für die Gesetzesauslegung allerdings ihre Grenzen hat und dass – in Abwandlung zum oben zitierten Werbespruch, wonach nur drin ist, was auch draufsteht – nur gilt, was im Gesetz auch drinsteht, darauf weisen Bundesverfassungsgericht und Bundesfinanzhof regelmäßig hin. So einmal mehr in der von kommentierten Entscheidung des VI. Senats des BFH zur Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen nach § 37b EStG. In ihrer Urteilsbegründung führen die Richter aus: „Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, so wie er sich aus dem Gesetzeswortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist [...]. Es genügt [...] nicht, dass sich die Voraussetzungen oder Rechtsfolgen allein der Gesetzesbegründung entnehmen lassen. Der sogenannte Wille des Gesetzgebers oder der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten kann hiernach bei der Interpretation nur insoweit berücksichtigt werden, als er auch im Text Niederschlag gefunden hat [...].“ In Konsequenz kommt das Gericht daher zum gleichen Ergebnis wie zuvor schon die Fachliteratur (vgl. nur Kanzler in Kanzler/Kraft/Bäuml, EStG-Kommentar, § 37b EStG Rn. 21): (1) Die Pauschalierungswahlrechte nach § 37b Abs. 1 Satz 1 EStG und nach § 37b Abs. 2 Satz 1 EStG können unabhängig voneinander wahrgenommen werden. (2) Die in § 37b EStG eingeräumten Wahlrechte sind widerruflich. – Und was heißt das für die Praxis? Nun, der Werbetexter würde sagen: „Da weiß man, was man hat!“.
Auch bei der Präzisierung der Auslegung des in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG normierten Begriffs der anschaffungsnahen Aufwendungen greift der Bundesfinanzhof auf die Gesetzesbegründung zurück. Quasi im Umkehrschluss folgert das Gericht, auch Schönheitsreparaturen und Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft gehören zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten, nicht hingegen Erhaltungsaufwendungen, die üblicherweise jährlich anfallen. Denn – so die Richter des IX. Senats – weder der Gesetzeswortlaut noch der systematische Zusammenhang der Sätze 1 und 2 der Vorschrift sprechen dafür, dass Schönheitsreparaturen ausgenommen sind. Zudem würde es dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck, hier eine typisierende Regelung zu schaffen, widersprechen, wenn einzelne Arbeiten dann doch wieder isoliert und damit stets der konkrete Fall betrachtet werden müssten. Die Auswirkungen dieser Gesetzesauslegung stellt anhand eines Musterfalls dar.
Beste Grüße
Reinhild Foitzik
Fundstelle(n):
NWB 2016 Seite 3425
WAAAF-85925