NWB Nr. 41 vom Seite 3057

Abzug von anschaffungsnahen Aufwendungen

Prof. Dr. habil. Heinrich Weber-Grellet | Vorsitzender Richter am BFH i. R.

Präzisierung der Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG

Der BFH hat in drei Entscheidungen vom den in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG normierten Begriff der anschaffungsnahen Aufwendungen weiter präzisiert und einige Unschärfen beseitigt. Die Entscheidungen klären, dass auch Schönheitsreparaturen (BFH IX R 25/14; IX R 22/15) und Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft (BFH IX R 15/15) zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten gehören. Nicht zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten gehören Erhaltungsaufwendungen, die üblicherweise jährlich anfallen (BFH IX R 22/15). Der IX. Senat lässt sich in seinen Entscheidungen insbesondere vom Zweck des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG leiten.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist durch das Steueränderungsgesetz 2003 als Reaktion des Gesetzgebers auf die Änderung der Rechtsprechung (Urteile vom - IX R 39/97, IX R 52/00) in das Gesetz aufgenommen worden. Zutreffend hebt der IX. Senat hervor, dass die handelsrechtliche Einordnung nicht maßgeblich ist. Zu den Aufwendungen i. S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören danach unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Kosten für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen und nicht nach Satz 2 der Vorschrift ausdrücklich ausgenommen sind (BFH IX R 25/14, Rn. 22). § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG ist gegenüber § 255 HGB als einkommensteuerrechtliche Sonderregelung zur Behandlung von Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Anschluss an den Erwerb eines Gebäudes zu verstehen (BFH IX R 22/15, Rn. 21).

Erhaltungsaufwendungen, die jährlich üblicherweise (oder üblicherweise jährlich) anfallen, können nach Satz 2 der Vorschrift sofort abgezogen werden, z. B. Aufwendungen für regelmäßige Wartungsarbeiten wie laufende Heizungs- oder Aufzugswartungen, Beseitigung von Rohrverstopfungen und -verkalkungen oder Ablesekosten (BFH IX R 22/15, Rn. 24). Bei einem aus mehreren Einheiten bestehenden Gebäude ist nicht auf das gesamte Gebäude, sondern auf den jeweiligen selbständigen Gebäudeteil abzustellen, wenn das Gesamtgebäude in unterschiedlicher Weise genutzt wird und daher in verschiedene Wirtschaftsgüter aufzuteilen ist. Maßgeblich ist insoweit, ob die einzelnen Gebäudeteile in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehen (BFH IX R 25/14, Rn. 24). Die Erstattung von Aufwendungen (auch in einem späteren Veranlagungsjahr) führt nicht zu Einnahmen, sondern zur Kürzung der anschaffungsnahen Herstellungskosten und mindert die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der AfA (BFH IX R 25/14, Rn. 25).

Die Entscheidungen des BFH tragen dem Zweck des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG Rechnung und dienen – wie vom Gesetzgeber beabsichtigt – der Rechtsvereinfachung und Rechtssicherheit.

Heinrich Weber-Grellet

Fundstelle(n):
NWB 2016 Seite 3057
NWB OAAAF-83226