BGH Beschluss v. - IX ZB 89/15

Verbraucherinsolvenzverfahren: Zuständiges Gericht für Feststellung der Massezugehörigkeit einer Forderung bei Streit zwischen Schuldner und Verwalter

Leitsatz

Der Streit zwischen Schuldner und Verwalter über die Zugehörigkeit einer Forderung zur Masse ist vor dem Prozessgericht und nicht vor dem Insolvenzgericht auszutragen.

Gesetze: § 35 Abs 1 InsO

Instanzenzug: LG Kempten Az: 43 T 713/15 Beschlussvorgehend AG Kempten Az: IK 666/13 Beschlussvorgehend AG Kempten Az: IK 666/13 Beschluss

Gründe

I.

1In dem über das Vermögen der    D.     (nachfolgend: Schuldnerin) am eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren wurde der weitere Beteiligte zum Treuhänder bestellt.

2Durch Schreiben vom gab der weitere Beteiligte für die Mietwohnung der Schuldnerin gegenüber deren Vermieter   F.    die Enthaftungserklärung nach § 109 Abs. 1 InsO ab. Nachfolgend kündigte der Vermieter das Mietverhältnis gegenüber der Schuldnerin wegen Eigenbedarfs zum . Die von der Schuldnerin geleistete Kaution in Höhe von 700 € kehrte er an den weiteren Beteiligten aus. Die Schuldnerin vereinbarte am einen Mietvertrag über eine neue Wohnung, durch den sie sich zur Zahlung einer Kaution in Höhe von ebenfalls 700 € verpflichtete. Diesen Betrag konnte die Schuldnerin nur aus den Mitteln eines ihr gewährten Privatdarlehens aufbringen.

3Die Schuldnerin hat beantragt, das Kautionsguthaben in Höhe von 700 € zuzüglich Zinsen freizugeben, hilfsweise, das Guthaben zum Zwecke der Stellung einer Kaution bei ihrer neuen Vermieterin freizugeben. Die Vordergerichte haben dieses Begehren abgelehnt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Schuldnerin ihre Anträge weiter.

II.

4Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft, weil bereits die sofortige Beschwerde gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 InsO unzulässig war.

51. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO) ist für das Rechtsbeschwerdegericht nicht bindend, wenn die Rechtsbeschwerde gegen die angefochtene Entscheidung nicht statthaft ist (, NJW-RR 2006, 286 Rn. 4). Das gilt erst recht, wenn schon das Rechtsmittel zum Beschwerdegericht nicht zulässig war (, NJW 2004, 1112, 1113 mwN; vom , aaO; Beschluss vom - IX ZB 54/04, NZI 2006, 239 Rn. 4; vom - IX ZB 161/08, WM 2009, 1582 Rn. 5; vom - IX ZB 24/15, WM 2016, 425 Rn. 6). War die Ausgangsentscheidung unanfechtbar, fehlt es an einer Grundlage für das Rechtsbeschwerdeverfahren; ein gültiges und rechtswirksames Verfahren vor dem Rechtsbeschwerdegericht ist nur möglich, solange das Verfahren nicht rechtswirksam beendet ist ( aaO). Eine Entscheidung, die vom Gesetz der Anfechtung entzogen ist, bleibt auch bei - irriger - Rechtsmittelzulassung unanfechtbar. § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO steht dem nicht entgegen, weil die Vorschrift nicht dazu dient, gesetzlich nicht vorgesehene Rechtsmittel zu schaffen ( aaO; vom - IX ZB 61/15, Rn. 4 jeweils mwN).

62. Die Rechtsbeschwerde ist nicht eröffnet, weil die sofortige Beschwerde gegen die Ausgangsentscheidung unstatthaft war.

7Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 InsO nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen die Insolvenzordnung die sofortige Beschwerde einräumt (, WM 2007, 169 Rn. 6). Der Streit zwischen Schuldner und Verwalter über die Zugehörigkeit einer Forderung zur Masse ist vor dem Prozessgericht und nicht vor dem Insolvenzgericht auszutragen (, WM 2008, 415 Rn. 7; Beschluss vom - IX ZB 166/07, NZI 2009, 824 Rn. 2). Darum kann die Schuldnerin nur durch eine Klage vor dem Streitgericht eine Klärung herbeiführen, wem das Kautionsguthaben nach Beendigung des Mietvertrages zusteht. Soweit das Insolvenzgericht fehlerhaft über den Antrag der Schuldnerin entschieden hat, sieht § 6 Abs. 1 Satz 1 InsO für beide Seiten kein Rechtsmittel vor (vgl. aaO). Hat das Beschwerdegericht - wie hier - auf eine unzulässige sofortige Beschwerde die unanfechtbare Entscheidung in der Sache bestätigt, ist die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde selbst dann unstatthaft, wenn das Beschwerdegericht sie zugelassen hat (vgl. , WM 2009, 1582 Rn. 5; vom , aaO).

83. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nach den vorstehenden Erwägungen abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Kayser                           Gehrlein                           Grupp

                  Möhring                       Schoppmeyer

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2016:070416BIXZB89.15.0

Fundstelle(n):
DB 2016 S. 7 Nr. 19
NJW 2016 S. 9 Nr. 21
NJW-RR 2016 S. 907 Nr. 15
WM 2016 S. 985 Nr. 21
ZIP 2016 S. 988 Nr. 20
UAAAF-73381