NWB Nr. 20 vom Seite 1473

„Fingerzeige und Mosaiksteine“

Reinhild Foitzik | Verantw. Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Vorbeugen ist besser als heilen –

ein Rat, der in vielen Lebensbereichen seine Berechtigung hat, so auch bei Vertragsgestaltungen und der Planung steuerlicher Vorgänge. Die „Kautelarjurisprudenz“ hat genau dies zum Ziel – die vorsorgliche Verhütung rechtlicher Probleme. Eine für die „Kautelarjurisprudenz“ wichtige Entscheidung hat kürzlich der Bundesfinanzhof zur Mitunternehmerschaft getroffen. Ein „heikles“ Rechtsgebiet, kann der einkommensteuerliche Mitunternehmerbegriff doch nur durch eine unbestimmte Zahl austauschbarer Merkmale beschrieben werden. Fest steht, nicht jeder zivilrechtliche Gesellschafter einer Personengesellschaft ist auch Mitunternehmer. Vielmehr muss er als solcher Mitunternehmerinitiative entfalten und Mitunternehmerrisiko tragen. Daran mangelte es aber im aktuellen Urteilsfall, in dem der (Schein-)Gesellschafter eine von der Gewinnsituation abhängige, nur nach dem eigenen Umsatz bemessene Vergütung erhielt und zudem von einer Teilhabe an den stillen Reserven der Gesellschaft ausgeschlossen war. Zwar wird die Besteuerungspraxis auch nach dieser Entscheidung damit leben müssen, dass die zentralen Vorbedingungen einer steuerlichen Mitunternehmerschaft, nämlich Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko, auch in Zukunft einer Würdigung im Einzelfall unterzogen werden müssen. Dennoch sind – so Kraft/Schreiber auf – den Urteilsgründen „wesentliche Fingerzeige und bemerkenswerte Mosaiksteine“ für den rechtssicheren Entwurf von Gesellschaftsverträgen zu entnehmen.

Einem befürchteten Steuerausfall in Milliardenhöhe vorbeugen möchte der Steuergesetzgeber mit der „Abtretungslösung“ nach § 27 Abs. 19 UStG. Zwar hatte er auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Steuerschuldnerschaft bei sog. Bauleistungen schnell reagiert und mit dem Kroatien-Anpassungsgesetz die alte Rechtslage wieder hergestellt. Für „Altfälle“ waren jedoch zahlreiche Anträge von Bauträgern auf Korrektur der Steuerschuld zu erwarten, bei denen der Fiskus wegen der Vertrauensschutzregelung nach § 176 Abs. 2 AO auf den Erstattungen „sitzen geblieben“ wäre. Ob die vom Fiskus gefundene „Abtretungslösung“, die den Vertrauensschutz nach § 176 AO quasi aushebelt, verfassungsgemäß ist, ist umstritten und vor den Finanzgerichten anhängig. Der Fall des LG Düsseldorf, den Kettler/Schlegel auf vorstellen, wies noch eine zusätzliche Besonderheit auf: Im Zeitpunkt der Umsatzsteuererstattung an den Bauträger durch das Finanzamt war § 27 Abs. 19 UStG noch gar nicht in Kraft getreten. Hier hatte das Finanzamt mit seiner „Abtretungslösung“ keine Chance. Das LG Düsseldorf hat eine diesbezügliche ergänzende Vertragsauslegung abgelehnt. Gut zu wissen und wichtig in allen Fällen, in denen das Finanzamt Erstattungsansprüche des Bauträgers mit anderen Steueransprüchen aufgerechnet hat.

Beste Grüße

Reinhild Foitzik

Fundstelle(n):
NWB 2016 Seite 1473
NWB JAAAF-73110